Stabilisierung <-> Trauma-Bearbeitung/-Konfrontation

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Wandelröschen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 994

Beitrag Mo., 18.08.2014, 17:31

Waldschratin hat geschrieben: Ich kanns nicht nur verstehen,sondern finde es einfach nur klug,wenn eins ne Konfrontation erstmal auf später verlegt,weil grade die Kinder klein sind z.B.,oder der Job die Lebensgrundlage sichert etc.pp.
Für manche ergeben sich daraus dann vielleicht sogar lebenslange Modelle,mit Stabi zurechtzukommen - und warum auch nicht?Das mag jeder entscheiden aufgrund seiner eigenen Lage und dessen,was er sich für sein Leben wünscht.
Sehe ich ähnlich. Konfrontation passt natürlich nicht in jede Lebenslage. Manchmal ist Stabilisierung (sehe ich als eine Art der Verdrängung an) besser/passender.
Aber: beides kostet Energie, eine nicht zu vernachlässigende.

Waldschratin hat geschrieben: Ich seh auch gar nicht so nen großen Unterschied im "Kraftaufwand" zwischen Verdrängung/Distanzierung und Konfrontation/Verarbeitung.Das Eine braucht halt auf weitaus längere Sicht nen etwas "dezenteren" Kraftaufwand mit nur ab und zu mal "Spitzen" drin,das Andere braucht viel Kraftaufwand über kürzere Zeit mit weniger "Erholungsmöglichkeiten" dazwischen,dafür besteht da die Möglichkeit auf "Befreiung" von der Last an sich.Gut,dafür zahlt man aber auch den Preis der Konfrontation.
Ob die Energiebilanz bei den beiden Strategien ähnlich ist, wage ich doch etwas zu bezweifeln.
Bei der Konfrontation ist der Energieaufwand erst einmal sehr hoch und es besteht die Möglichkeit der „Befreiung“ (dann also kein Energieaufwand mehr). Ja, und das ist eben natürlich auch ein Risiko, dass man eingeht, denn Garantie auf Heilung/Befreiung gibt es nicht, trotz sehr hohem Energieeinsatz für die Konfrontation.
Bei der Stabilisierung ist der Energieeinsatz geringer, dafür über die ganze Zeit, aber da weiß man wenigstens, was man hat.
Wirklich? Weiß ich, ob durch geänderte Lebensbedingungen nicht doch wieder neue Trigger zum Tragen kommen, die für Instabilität und Symptome sorgen. Weiß ich, ob nicht durch z.B. Krankheit im Alter so viel Energie abgezogen wird, das ich zum Aufrechterhalten der psychischen Stabilität nicht mehr genügend zur Verfügung habe (und dann habe ich zur Konfrontation erst recht keine mehr). Also auch Risiko und Unsicherheit.
Die Verantwortung liegt natürlich bei jedem selber, was er macht.

Ich wollte das hier nur mal aufzeigen und ja, auch ermutigen zur Konfrontation.
Denn dadurch haben wir zu einer ungeahnten/unbekannten Lebendigkeit gefunden, die wir nie für möglich gefunden hätten. Klar ist noch nicht alles 100% . Aber wir kennen jetzt den Unterschied zwischen „Leben“ und „funktionieren“, und das „Leben“ fühlt sich tausenmal besser an.
Heilung = Leben
Stabilisierung = funktionieren


Und Leben heißt natürlich nicht Friede-Freude-Eierkuchen, nicht dass ihr mich falsch versteht. Leben heißt sich täglich den Widrigkeiten und dem Angenehmen im Leben stellen und hingeben zu können, mit der beruhigen Gewissheit in einem drin, das alles zu bewältigen und nicht daran unter zu gehen. Eine Lebendigkeit, Zuversicht, Gelassenheit, Liebe (für sich selbst und andere) …
Und das war der enorme Energieaufwand wert. Jetzt haben wir die Energie frei zur Verfügung, z.B. um neues zu wagen, um ins Leben hinaus zu treten. Hab z.B. keine Angst mehr, gesehen zu werden und hab mich beruflich selbstständig gemacht, sehr erfolgreich. Dort werde ich gesehen.

Zur Konfrontation
Viele glauben ja vielleicht, dass sie es nicht können, dass sie die Gefühle, die dabei auch hoch kommen, nicht aushalten können, dass das zu heftig, zu schwer, zu viel wird, man abstürzt.
Sicher, ein Zuckerlecken ist das nicht, beileibe nicht, sehr, sehr intensiv.
Aber:
Damals in der traumatisierenden Situation war man ein Kind, und man hat dieses real passierte Trauma überlebt. Jetzt in der Konfrontation steht das Trauma mit all seiner Heftigkeit wieder vor einem, aber jetzt ist das Trauma nicht real sondern eine Erinnerung und man ist jetzt erwachsen, hat also auch selber mehr und bessere/effektivere Möglichkeiten, damit fertig zu werden, und jetzt ist man im Gegensatz zu damals als Kind nicht allein. Der Thera ist auch noch dabei.

Diese Gedanken haben mir auch Kraft gegeben, die Konfrontation anzugehen.

Und meine Signatur ist inzwischen mein Lebensmotto. Ihr kennt den Spruch wohl eher als „wenn nicht jetzt, wann dann?“
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

Werbung

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag Mo., 18.08.2014, 17:42

Wandelröschen hat geschrieben:
Was du hier beschreibst, diese allgemeine Stabilisierung, ist aber eigentlich keine Stabilisierung im traumatherapeutischen Sinne, denn da solltest du lernen, selber dich wieder zu stabilisieren bzw. bei auftretenden Triggern eben nicht in die totale Instabilität abzudrifften.
Danke! Ich bin nämlich schon völlig durcheinander wer hier überhaupt von Traumatherapie schreibt.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

hopelife
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1430

Beitrag Mo., 18.08.2014, 17:55

candle, kannst Du mich dann vielleicht persönlich anschreiben oder darauf hinweisen?
Ich habe 80 Stunden Bearbeitung gehabt / ambulant, zusätzlich 8 Monate stationär auf der Traumastation.
Ich kann hier noch das wiedergeben, wie ich es für mich subjektiv erlebt habe.
Wenn Du eine prof. Antwort suchst, geh zum Traumatherapeuten oder kauf Dir ein Buch darüber.
Ich habe hier versucht einzubringen, dass der Fokos bei mir innerhalb der therapeutischen Beziehung lag
und sobald diese endete, begann alles wieder erneut.
Bin jetzt auch hier raus.

Danke wandelröschen für Deine Antwort und Dir waldschratin auch.
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Mo., 18.08.2014, 18:01

Wandelröschen hat geschrieben:Was du hier beschreibst, diese allgemeine Stabilisierung, ist aber eigentlich keine Stabilisierung im traumatherapeutischen Sinne, denn da solltest du lernen, selber dich wieder zu stabilisieren bzw. bei auftretenden Triggern eben nicht in die totale Instabilität abzudrifften.
Doch... auch die Stabilisierung von äußeren Faktoren zählt (unter anderem) zur Stabilisierung im traumatherapeutischen Sinne...

Gibt vielleicht auch kein Schema F, was die Stabi angeht.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Werbung

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Mo., 18.08.2014, 18:09

Ich habe hier versucht einzubringen, dass der Fokos bei mir innerhalb der therapeutischen Beziehung lag
und sobald diese endete, begann alles wieder erneut.
Soweit ich weiß, lehnen manche Theras das strikt ab, äh also dass die Stabilität zu sehr an die Beziehung geknüpft ist (eine tragfähige Beziehung ist aber natürlich wichtig) (habe ich auch mal etwas dazu gelesen),
andere finden das akzeptabel .

... insofern: Läuft halt nicht bei jedem so, wie in der eigenen Therapie . Muss man halt sehen, was individuell passt, meine Meinung.

Persönliche Meinung: Ich finde, das ist eine nicht unwesentliche Säule... aber alleine darauf zu bauen würde ich nicht, kann heikel sein (kommt halt wie so oft im Leben darauf an).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

leere
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 41
Beiträge: 80

Beitrag Mo., 18.08.2014, 18:48

Liebes Wandelröschen,

Du machst mich neugierig. Gerade dein Punkt anstatt funktionieren leben zu können ist mein Thema. Ich funktioniere aber lebe nicht. Habe die meiste Zeit das Gefühl nicht da zu sein.
Ich habe wie viele Menschen Traumatas erlebt die lt. Therapeut ursächlich verantwortlich sind für meine Depression.

Ich frage mich schon länger ob eine Traumatherapie auch dann sinnvoll ist wenn man keine Diagnose PTB hat sondern Chronische Depression.

Leere

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag Mo., 18.08.2014, 18:49

stern hat geschrieben: Soweit ich weiß, lehnen manche Theras das strikt ab, äh also dass die Stabilität zu sehr an die Beziehung geknüpft ist (eine tragfähige Beziehung ist aber natürlich wichtig) (habe ich auch mal etwas dazu gelesen),
andere finden das akzeptabel .
Ich weiß ja nicht warum du jetzt den Zunge raustreck Smilie genutzt hast, aber so gesehen spielt der Zeitfaktor ja schon eine Rolle. Bei 80 Stunden läßt sich da nicht viel machen mit Beziehungsarbeit und Traumaaufarbeitung. Ob Therapeuten das nun gerne machen oder nicht, weiß ich nicht, habe letzt aber irgendwo in einem Filmchen gesehen, dass es wohl eher problematisch ist eine Traumatherapie zu beginnen, wenn innerhalb der therapeutischen Beziehung Probleme auftauchen. Das wäre dann auch ein viel zu instabiler Faktor, der Stabilität auch für die Traumaaufarbeitung gar nicht fördert.

Da ich mich ja letztens irgendwie gefragt habe, ob Diagnosen doch nicht irgendwo alle gleich sind wie auch Therapien, komme ich in diesem Thread doch zu dem Schluß, dass die Therapieformen, Diagnostik und Behandlung doch unterschiedlich sind. Insofern: Danke! Wobei natürlich auch Therapeuten gerne andere Elemente anderer Therapieformen mit einbringen, das nur nochmal nebenher bevor hier der große Zeigefinger hochkommt.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild


Tipi tipi hoe
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 42
Beiträge: 712

Beitrag Mo., 18.08.2014, 19:05

Mir ist diese Haltung "ohne Konfrontation keine Heilung" zu dogmatisch.
Es ist besser, das zu überschlafen, was du zu tun beabsichtigst, als dich von dem wach halten zu lassen, was du getan hast.
(Afrikanisches Sprichwort)


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Mo., 18.08.2014, 20:41

Tipi Tipi hoe hat geschrieben:Mir ist diese Haltung "ohne Konfrontation keine Heilung" zu dogmatisch.
Ich persönlich seh das nicht als "Haltung",sondern es ergibt sich einfach aus den Fakten zu Traumatisierung,daß es ohne Konfrontation mit dem,was geschehen ist,keine wirkliche Verarbeitung geben kann.Mal ein bissl "hirntechnisch" gesprochen : Ein traumatisches Erlebnis bleibt nunmal so lange im "Arbeitsspeicher" des Gehirns und macht sich mit Flashbacks und Triggerbarkeit etc. bemerkbar,bis man den dazugehörenden Schockzustand aufgelöst bekommen und das Geschehen an sich zu nem "Ende" bringen kann fürs Gehirn.Dann "wandert" das Trauma erst als Erinnerung an was Schlimmes ins "Archiv" im Gehirn und tyrannisiert einen nicht mehr andauernd willkürlich.
Stern hat geschrieben:Doch... auch die Stabilisierung von äußeren Faktoren zählt (unter anderem) zur Stabilisierung im traumatherapeutischen Sinne...
Da gehören natürlich auch äußere Faktoren mit dazu,aber im Fokus der Stabi im traumatherapeutischen Sinn steht doch eindeutig,daß der Klient lernt, sich selber rausgeholt oder im besten Fall bewahrt zu bekommen von Panik,Flashbacks,Wiedererleben,Derealisation,Depersonalisation etc.
Was hopelife beschrieben hat,klang für mich auch nicht nach "Stabi" im traumatherapeutischen Sinn,sondern nach ner seelsorgerlichen Dauerversorgung durch nen Thera,um das Überleben zu sichern.
Stern hat geschrieben:... insofern: Läuft halt nicht bei jedem so, wie in der eigenen Therapie .
Stimmt.
Kann man aber auch "umgekehrt" sehen.
Ich für mein Teil bin froh,daß damals in meiner Traumatherapie NICHT die Beziehungsarbeit im Vordergrund stand - das wäre damals für mich gar noch nicht machbar gewesen,weil ich tatsächlich erstmal mein Leben retten mußte aus all diesen Wiedererleben und Flashbacks und der ganzen inneren Not,ständig mit Intrusionen überfallen zu sein.
Mein Thera hat damals "nur" dafür gesorgt,daß in erster Linie genug Vertrauen von mir in seine Zuverlässigkeit und sein Können als Traumathera sich aufbaute,aber um meine Beziehungsprobleme ging es immer nur am Rande.Das konnte ich wie gesagt damals noch gar nicht angehen.Erstmal mußte ich Ordnung in die Vielzahl der Traumatisierungen bekommen,mich damit auseinandersetzen,daß immer noch und noch und noch eine neue Erinnerung dazukam,die sich dann auch noch belegen ließen.
Für mich gings in dieser Zeit wie gesagt rein drum,mein Leben da raus zu retten.

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Mo., 18.08.2014, 20:49

Waldschratin hat geschrieben:Da gehören natürlich auch äußere Faktoren mit dazu,....
eben... und je nach dem, wie es um die bestellt ist, sind die nicht so leicht herstellbar und können der Konfro (nach Ansicht von Therapeuten) auch entgegenstehen...
aber im Fokus der Stabi im traumatherapeutischen Sinn steht doch eindeutig,daß der Klient lernt, sich selber rausgeholt oder im besten Fall bewahrt zu bekommen von Panik,Flashbacks,Wiedererleben,Derealisation,Depersonalisation etc.
Ist jetzt reine Definitionssache... soweit ich weiß, wird auf innere und äußere Faktoren abgestellt. Wenn im äußeren bei jemanden alles paletti ist, ist das natürlich obsolet... so dass sich manche Unterschiede vielleicht so erklären lassen.
Ich für mein Teil bin froh,daß damals in meiner Traumatherapie NICHT die Beziehungsarbeit im Vordergrund stand - das wäre damals für mich gar noch nicht machbar gewesen,weil ich tatsächlich erstmal mein Leben retten mußte aus all diesen Wiedererleben und Flashbacks und der ganzen inneren Not,ständig mit Intrusionen überfallen zu sein.
Schrieb ich ja, das Nur-Beziehungsarbeit für mich auch zu kurz greifen würde...

Es gibt aber Therapeuten, die stürzen sich TROTZDEM eher auf die Beziehungsarbeit...

Gibt unterschiedliche Zugänge, wie es bei hopi war, weiß ich nicht.

Andere sehen es nicht so sinnig an, dass die Stabilität auch am Thera gekoppelt ist (natürlich muss aber die Beziehung gut sein).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Mo., 18.08.2014, 20:57

Noch ein Nachtrag, weil wir ja kürzlich bei Huber waren
Waldschratin hat geschrieben:Ich für mein Teil bin froh,daß damals in meiner Traumatherapie NICHT die Beziehungsarbeit im Vordergrund stand - das wäre damals für mich gar noch nicht machbar gewesen,weil ich tatsächlich erstmal mein Leben retten mußte aus all diesen Wiedererleben und Flashbacks und der ganzen inneren Not,ständig mit Intrusionen überfallen zu sein.
Huber sprach sogar mal ein Ermahnung an die "Beziehungsarbeiter" aus, dass das ihrer Ansicht nach zu kurz greifen kann... sieht aber wohl nicht jeder so wie sie. Sprich:

Heißt auch: Die Therapeuten, die sich mehr auf die Beziehung fokussieren gibt es.

DIE Stabi gibt es wohl nicht... hängt ja auch davon ab, welchen Stabilisierungsbedarf jemand überhaupt hat... wo es brennt. Das ist ja (je nach Symptomatik) nicht einheitlich. Weeeeites Feld.

Insofern finde ich es nicht sinnig von Stabi im traumatherapeutischen Sinn zu sprechen... denn was soll das sein... natürlich müssen manche Faktoren stabil sein. Auch bestimmte äußere Faktoren... Sonst ist Retraumatisierung die Folge, wenn sich Patient oder Thera verschätzt. Meine Meinung.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Wandelröschen
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 50
Beiträge: 994

Beitrag Mo., 18.08.2014, 20:59

Zur therapeutischen Beziehung
(kam ja von Hopelife, aber auch Stern und Candle)

Klar ist die Qualität der therapeutischen Beziehung eine wichtige Säule in Bezug auf Stabilität. Wenn du als Patient daran auch nur den leisesten Zweifel hast, gehst du nicht in die Konfrontation, wenn du befürchten musst, dass dein Thera dich nicht gegebenenfalls abfangen kann oder wohlmöglich selbst abkackt.
Aber Stabilität, die sich nur über die therapeutische Beziehung definiert, ist keine echte Stabilität, sondern Abhängigkeit. Die Stabilisierung sollte dahin führen, dass du im RL in Krisen dir selbst helfen kannst und nicht darin bestehen, dass du weißt, wo die Tel-Nr. deines Theras ist, um ihn gleich anzurufen, damit er dich aus dem Loch zieht. Das sollte nur Ausnahme sein z.B. in der Anfangszeit, wenn es z.B. zu einer Dekompensation kommt und du noch nicht deine eigenen Strategien zur Stabilisierung aufgebaut hast.

Die therapeutische Beziehung bezieht sich auf die Stunde bei ihm, in seinen Räumlichkeiten und nicht im RL! Ausnahme: Intervention im RL zusammen mit dem Thera.
candle. hat geschrieben: Bei 80 Stunden läßt sich da nicht viel machen mit Beziehungsarbeit und Traumaaufarbeitung.
Ähm? Bei meinem jetzigen Thera bin ich (hab grad nachgerechnet) jetzt 90 Std. die letzte Traumakonfrontation ist jetzt schon fast ein Jahr her, haben wir da irgend watt falsch gemacht, dass das so „schnell“ ging? Und dass, wo unser Misstrauen zum Anfang so groß war, gegen das er ankämpfen musste. 80 Std sind schon eine ganze Menge Holz, aber ja, für alles reichten die auch nicht bei uns.
Waldschratin hat geschrieben: Mein Thera hat damals "nur" dafür gesorgt,daß in erster Linie genug Vertrauen von mir in seine Zuverlässigkeit und sein Können als Traumathera sich aufbaute,aber um meine Beziehungsprobleme ging es immer nur am Rande.
Ja genau, so war´s auch bei mir.
leere hat geschrieben:Ich habe wie viele Menschen Traumatas erlebt die lt. Therapeut ursächlich verantwortlich sind für meine Depression.
Ich frage mich schon länger ob eine Traumatherapie auch dann sinnvoll ist wenn man keine Diagnose PTB hat sondern Chronische Depression.
Warum nicht? Jeder reagiert auf ein Trauma unterschiedlich, muss ja nicht gleich eine voll ausgebildete PTBS sein. Und du schreibst ja, dass bei dir Traumata die Ursache ist.
Besprich das doch mal mit deiner There.
Tipi tipi hoe hat geschrieben:Mir ist diese Haltung "ohne Konfrontation keine Heilung" zu dogmatisch.
Ups, kommt das so bei dir an?
Vielleicht deswegen, weil wir eine unterschiedliche Auffassung/Definition von Heilung haben? Was ist für dich Heilung? Symptomfreiheit?

Ich nehme mal ein Beispiel, medizinisch, lässt sich aber meines Erachtens 1:1 auf ein Psychotrauma übertragen.
Stell dir vor, du hast einen komplizierten Trümmerbruch deines Armknochens, der kann aber nicht gleich behandelt werden, du schonst ihn und irgendwie wächst da im Laufe der Zeit auch wieder was zusammen, aber natürlich nicht richtig. Du arrangierst dich irgendwie mit dem Arm, auch wenn er nicht so belastbar ist, öfters mal schmerzt, in seiner Bewegung erheblich eingeschränkt ist. Stabilisierung besteht jetzt darin, einen Stützschlauch überzuziehen, so das er insgesamt etwas kräftiger ist, Salbe drauf zu schmieren, so dass die Schmerzen, die je nach Bewegung immer mal wieder kommen, weniger sind, vielleicht auch mal zeitweilig weg. Dann lernst du, diverse Bewegungsabläufe zu vermeiden. Das Äpfel-Pflücken delegierst du an jemanden anderes, denn du weißt, da musst du den Arm hochstrecken und das tut weh. Du kontrolliert sehr deine Bewegungsabläufe, damit du dich nicht aus Versehen beim Laufen mit den Arm irgendwo anstößt, was immer höllische Schmerzen auslöst. All das kostet zwar etwas Energieaufwand, aber damit kann man leben. Diese Energieaufwand ist aber das ganze Leben lang notwendig. Und wenn einem das reicht, ist das ja auch ok. Aber Heilung, auch wenn man das lange genug macht, ist das doch nicht. Du kannst zwar noch an deiner Einstellung/Sichtweise dazu arbeiten, es also gelassen sehen, so: na je, ist halt jetzt mal so, gibt schlimmeres (wenn er ab wäre), kann ja noch vieles damit machen, dafür dankbar sein, ist halt jetzt ein Teil von mir (es annehmen) … Auch das ist hilfreich, ohne Frage, aber Heilung? Es wird immer wieder Situationen geben, wo du vor Schmerzen aufschreist (jemand anderes stößt mit voller Wucht an deinen Arm).
Du kannst aber auch her gehen und mit Hilfe deines Arztes den Arm aufschneiden, ihr seht, dass da diverse Knochenbruchstücke nicht richtig aneinander liegen, teilweise schief zusammengewachsen sind. Ihr sortiert es alles wieder richtig zusammen, näht es zu, so dass der Knochen wieder richtig zusammen wachsen kann. So eine OP tut natürlich höllisch weh, ihr habt aber sehen können, warum der Arm nicht mehr richtig funktionierte und unter Belastung weh tat, habt es wieder gerichtet. Erst so ist Heilung möglich. Natürlich, und das Risiko besteht (hatte ich ja beschrieben), kann es trotzdem sein, dass der Arm nicht richtig zusammenwächst. Aber die Chance ist doch recht groß. Und ohne diese OP wäre er garantiert nicht richtig zusammen gewachsen. Also ist sie zur Heilung notwendig. Ist das jetzt dogmatisch?

Und wenn dieser Armbruch so früh in deinem Leben war, dass du gar nicht erst erfahren hast, wie es ist, zwei funktionierende Arme zu haben, sondern diese „Behinderung“ der Normalzustand war, ist es wirklich toll zu erleben, wie es nach der Heilung ist: diese Lebendigkeit, ohne Kontrollieren, ohne Vermeiden, ohne Schmerzen, ohne Einschränkung. Ohne den Energieaufwand, der dafür notwendig war.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Mo., 18.08.2014, 21:04

Wandelröschen hat geschrieben:Aber Stabilität, die sich nur über die therapeutische Beziehung definiert, ist keine echte Stabilität, sondern Abhängigkeit. Die Stabilisierung sollte dahin führen, dass du im RL in Krisen dir selbst helfen kannst
Wieso... wenn jemand eine sichere Bindung hat, so kann das Wissen darum aus sich selbst heraus stützen... die kann folgerichtig zu jedem Menschen bestehen. Anderen hilft vielleicht zu wissen, dass notfalls ein Ehemann da ist (und kein Täter) oder der Freund. Das heißt nicht, dass derjenige dauernd physisch präsent ist/sein muss.

------
Bei 80 Stunden läßt sich da nicht viel machen mit Beziehungsarbeit und Traumaaufarbeitung.
Es leben die Klischees... hängt ja von vielem ab, wie viel Zeit notwendig/sinnvoll ist.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

hopelife
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1430

Beitrag Mo., 18.08.2014, 21:16

Wandelröschen, das ist das Ziel jener Therapie, wenn es optimal läuft, wünscht sich wohl jeder. Aber auch wie bei anderen Störungen und Erkankungen ist jeder Mensch auch von Hilfe von außen angewiesen. Ich sehe darin nicht nur Abhängigkeit, wenn mein Partner mir stützend einmal im halben Jahr am Telefon zuhört oder mich ablenkt, wenn es einen Auslöser für einen Flashback gab. Es kommt ja nicht jeden Tag vor.
Was du über die Therapie schreibst, habe ich so nicht formuliert. Ich rufe meine Analytikerin nicht an, sie ist auch nicht abrufbar, wenn ich eine Krise habe und ich suche auch nicht bei jedem Flashback ihre Telefonummer. Sie ist ja auch Fachfrau und hat im Gegensatz zu der Traumathera( Vtlerin) eine ausführliche Anamnese gemacht und kam zu der Entscheidung, was für mich hilfreich sein könnte. Das kann man doch auch nicht verallgemeinern, würde ich sagen. Ich war von 2005- 2011 sehr stabil. Keine Tab. keine Sucht, keine Depressionen, weil ich auch ein sehr stabiles Umfeld hatte, stabile Beziehung.
Ich wollte auch nur meine Erfahrungen der Traumathe. hier einbringen und nicht gleich zerlegt werden, mit ich sei abhängig oder meine Therapie klingt nach Dauerversorgung, das trifft mich dann auch sehr hier so etwas zu lesen.


Hopelife
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag Mo., 18.08.2014, 21:29

Wandelröschen hat geschrieben:
candle. hat geschrieben: Bei 80 Stunden läßt sich da nicht viel machen mit Beziehungsarbeit und Traumaaufarbeitung.
Ähm? Bei meinem jetzigen Thera bin ich (hab grad nachgerechnet) jetzt 90 Std. die letzte Traumakonfrontation ist jetzt schon fast ein Jahr her, haben wir da irgend watt falsch gemacht, dass das so „schnell“ ging? Und dass, wo unser Misstrauen zum Anfang so groß war, gegen das er ankämpfen musste. 80 Std sind schon eine ganze Menge Holz, aber ja, für alles reichten die auch nicht bei uns.
Ich habe jetzt nicht verstanden was du mir damit sagen wolltest Wandelröschen. Aber du hast sicher nichts falsch gemacht! Für mich sind 100 Stunden zu wenig um alles aufarbeiten zu können. Ein Jahr ging ja recht engmaschig mit Stabilisierung "drauf", teilweise dann Konfrontationen im Anschluß mit Doppelstunden, das frißt Zeit. Es ist übrigens meine erste Traumatherapie.
Aber Stabilität, die sich nur über die therapeutische Beziehung definiert, ist keine echte Stabilität, sondern Abhängigkeit.
Ich habe so den Eindruck, dass manche hier gar nicht wissen was Stabilisierung überhaupt ist und welche Methoden es dazu gibt.

Ansonsten haben Waldschratin und du es ja schon erklärt, dass die therapeutische Beziehung nicht maßgeblich im Vordergrund steht bei einer Traumatherapie. Oder sollte ich mich irren?

@ Tipi: Schreibst du heute nicht genau das Gegenteil zu deinen letzten Postings? Als Dogma würde ich in Therapie gar nichts bezeichnen.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag