Geburtstrauma, beziehungslos, Jungfrau, verzweifelt

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

montagne
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Beitrag Sa., 02.08.2014, 18:10

Auch wenn es provokant und gar wenig nett klingen mag, kleinerPrinz, möchte ich dennoch meine Meinung zu deinem Problem darlegen. Auch unter dem Aspekt, dass ich die Situation, bzw. die Folgen Frühgeburt, Brutkasten, medizinischer Stress, Trennung von der Mutter selbst kenne, wenn auch nicht so gravierend wie bei dir.
Du sprichst von Missbrauch. Missbrauch aber ist etwas, wenn dir jemand absichtlich, wissentlich weh tut, wnen dir jemand Schaden zufügt, um sich selbst in irgend einer Weise zu bereichern, sei es emotional, sei es materiell. Dies ist nicht die Situation eines unreif geborenen Kindes. Da sind erstmal viele Menschen, die versuchen zu helfen. Und wie du selbst sagst, bei dir, in Anbetracht der schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme, ganz außerordentlich erfolgreich.
Auch wollte dich deine Mutter ja wohl nicht absichtlich verlassen. Die Trennung war unter damaligen Umständen Not-wendig.

Leider ist es so, dass haben mehrere Pädiater und Psychiater so geäußert (in Vorlesungen, die ich besuchte), dass es noch vor ca. 30 Jahren üblich war den Müttern zu sagen, sie sollen nach Hause gehen und erst kommen, wenn das Kind bereit ist zur Entlassung. Sowas wie Bonding, wie es das heute gibt, gabs eh nicht. Man nahm das Schreien des Kindes nach der Mutter (sofern ein Frühchen das kann, aber diese Regel galt für alle Kinder) als schlechtes Zeichen. War die Mutter eine Weile weg, so hörten die Kinder auf zu schreien und man nahm an, sie haben sich nun beruhigt, dass sei gut. man wusste es schlicht nicht besser. Heute weiß man, es war schlicht die Verzweiflung des Kindes und ein elementares Verlassen-sein, was dazu fürhte, dass die Babys und Kinder aufhörten zu schreine.
Leider haben heute viele Menschen, gerade um die 30 schwer daran zu tragen und auch viele Mütter sicher. war ja grad so die Zeit, wo die Perinatalmedizin aufgeblüht war, man aber eben noch so wenig wusste über die Psyche der Babys. Man wollte erstmal nur die Gesundheit und das Leben retten. Sicher hat man auch über Schmerzverarbeitung und Reizverarbeitung bei Babys damals noch nicht das gewisst, was man heute weiß.

Und ich glaube diese andere Sichtweise ist auch übertragbar auf dein Problem mit Frauen. Ja, Frauen in deinem Leben werden dir weh tun. Das wird passieren. Aber die wenigsten werden es mit Absicht tun. (Wie auch du Frauen und Männern weh tun wirst und sicher schon weh getan hast.) Und wenn dich doch jemand mit Absicht verletzt (ausnutzen glaube ich nicht, denn du wirkst eben in deinen Grenzen recht gefestigt), so wird es nicht dazu führen, dass du krepierst.
Schmerz, schlechte Gefühle und mehr noch Schwamigkeit, Ödnis gehören zum Leben dazu. Dein erstes Mal wird vllt. nicht wow, wird nicht der Himmel, aber auch nicht traumatisch. Wahrscheinlich einfach nur "na ja, okay halt".

Ich will damit in keinem Fall deine Probleme herabwerten, im Gegenteil. Ich denke nur, du wühlst zu sehr in deiner Geburtsgeschichte. Die IST irre wichtig, aber eher so, wie du es selbst schon angesprochen hast und wie candle es versuchte zu erfragen. Sie wird das Verhältnis zwischen dir und deiner mutter sehr geprägt haben. Leider ist es nicht selten so, dass Eltern von Frühchens und anderen Kindern, die zu Beginn des Lebens sehr krank war, dann überbehütend werden und ja auch manipulieren, um vermeintlichen Schaden vom Kind abszuwenden. "Ich beschütze dich, aber du sollst es nicht merken." Und ja der Satz hat Analogie zum Satz "Ich missbrauche dich, aber du sollst es nicht merken", frei nach Miller. Nur es ist dennoch nicht der selbe Satz.


Wie gesagt, es wird ein Trauma gewesen sein, für dich und für deine Eltern und damit für dich doppelt, da deine Mutter dies nun an dir durch überführsorge abarbeitet. Naturkatasstrophen können auch traumatisch sein. Nur ist dies eben etwas anderes, als mutwillig, böswillig durch andere Menschen Leid und Schaden zu erfahren.
amor fati

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Thread-EröffnerIn
kleinerPrinz
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Beitrag Mo., 04.08.2014, 20:03

@montagne: Ich sehe deinen Post keineswegs als provokant oder "wenig nett", sondern extrem fachlich fundiert und hervorragend beschrieben.
War mir sehr hilfreich, weil er mir etwas die Augen geöffnet hat in puncto "Missbrauch".
Bin die letzten Tage in mich gegangen und hab mal das Thema "Frauen/Sex(incl. pornos)/Beziehung" komplett ignoriert, und es ist mir sehr gut gegangen. Da dies nun öfters der Fall war (wenn ich mich damit beschäftigt habe, spürte ich immer diesen Widerstand, diesen Druck, es tun zu "müssen" - wenn ich mich mit anderen Lebensbereichen beschäftigte fühlte ich mich zufrieden und in mir ruhend), denke ich nun, dass ich überhaput keinen Sex/Beziehung MÖCHTE, bezieungsweise es mir einfach derAufwand nicht (sei es jetzt Zeit oder Geld) wert ist, es mir zu beschaffen. Getreu dem Motto "Wenn ich etwas will, dann tue ich es, ansonsten will ich es nicht". Denke mal, ich wollte mich selbst immer dazu zwingen bzw. hab es von mir erwartet, aus welchen Gründen auch immer. (eigener Anspruch, "es gehört dazu", usw...)

Momentan bin ich gerade dabei, dass ICH ES MIR SELBST ERLAUBE, (momentan) nicht an einer Beziehung interessiert zu sein bzw. mir der Aufwand, sexuelle Kontakte zu Frauen herzustellen, zu Zeit/Kostenintensiv sind. Dass, wenn ich es mit mir selbst ausmachen kann, es kein problem ist, so lange Jungfrau zu bleiben wie ich möchte, es nichts ist, wofür ich mich zu schämen brauche, und ich es keinem erzählen muss bzw. es keine Lüge darstellt, wenn jemand etwas anderes von mir glaubt.
Momentan fühlt es sich sehr gut und befreiend an. da das nicht immer so bleiben muss, gelten für mich folgende Notfallstrategien:
-sollte in mir der Wunsch nach Sex aufkommen, der mich sonst wieder unrund werden lässt, dann geh ich einfach ins Puff ohne viel nachdenken.
-sollte in mir der Wunsch aufkommen, Frauen zu verführen (ob dann Sex daraus entsteht wird man sehen), dann tue ich es, ansonsten will ich es nicht.

Erzwingen werde ich diesbezüglich jedoch gar nichts.

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wind of change
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Beitrag Sa., 09.08.2014, 01:53

Lieber kleiner Prinz !

Hab eben grad erst Deinen Post durchgelesen. Besonders bei Deinen ersten Beiträgen hatte ich ganz stark das Gefühl, dass da innerlich eine "Aufbäumung" bezüglich Sex (aus ANGST) ist / war und ich hatte gedacht (oh je), dem werde ich gleich schreiben in dem Sinne:"Tu Dir selbst bitte keine Gewalt an, indem Du aus Zwang mit jem. Schläfst ! Das ist ja eine Vergewaltigung an Dich selbst ! Und würde in gewisser Weise das Geburtstrauma wiederholen !!??!

Und dann kam ich zum letzten Beitrag von Dir !
BRAVO !!!

Zwischendurch kam ich zum Beitrag von Eremit (?), der Deinen Satz "gut gemeint ist schlecht" "auseinandergenommen" hat und hab gedacht: interessant (ich hatte bei dem Satz auch gestutzt, so wie er).
Dann hattest Du noch sowas gesagt wie, dass du denken würdest, die Frau würde erwarten, dass Du es ihr mal so richtig "besorgen würdest". Witzigerweise hab ich letztens zu meinem Therapeuten gesagt, dass es mich (als Frau) total "abturnt", wenn ich den Eindruck habe, dass da ein Mann ist, der sich (nach meinem Eindruck) denkt oder einbildet, er müsse es mir mal "so richtig besorgen". Ich z.B. erwarte es also keineswegs !

Was ich sagen will ist: nach deinem letzten Beitrag war / bin ich so richtig erleichtert, dass du jetzt zu dem Schluss gekommen bist, dich nicht unter Druck zu setzen (dir also sozusagen nicht "Gewalt anzutun" (wie damals, als Dir, zwar aus guten Absichten, aber dennoch, Gewalt angetan wurde)).

Falls ich noch einen Tipp geben darf: versuche bitte immer, auf deine innere Stimme zu hören ! Wie ? Man sagt doch wohl mal: irgendwie hab ich ein schlechtes Gefühl dabei, dies oder das zu tun ! Kann man vielleicht auch einüben, auf seine innere Stimme zu hören, schon bei kleinen Dingen. Bei mir z.B., dass ich nachher denk: ach, wieso hab ich jetzt die und die Person angerufen, eigentlich hatte ich doch vorher schon ein schlechtes Gefühl dabei. Und dann immer wieder sich selber beobachten und aus diesen kleinen Alltagserfahrungen lernen

Alles Gute Dir !

Wind of change
Gehe so weit, wie du sehen kannst. Wenn du dort ankommst, wirst du sehen, wie es weitergeht.
(Autor unbekannt)
Wege entstehen, indem man sie geht. (Franz Kafka)
Glaub nicht alles was du denkst (Heinz Erhardt (?))

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