Wollen Sie wissen, was Ihr Therapeut über Sie denkt?

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...
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stern
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:05

leberblümchen hat geschrieben:Die brauchen auch Hilfe - aber ob sie deshalb bereit sind, sich so weit zu öffnen, wie es nötig wäre? Du erhoffst dir einen Rat, du schlägst beim Supervisor auf, und dann stellt sich irgendwie die Frage: "Au weia! Hat das etwa was mit mir zu tun?"
Also Supervision verstehe ich (als Patient, der noch nie an einer teilgenommen hat, versteht sich *gg*) schon so, dass ggf. auch geschaut wird, ob es auch etwas mit dem Therapeuten zu tun haben könnte. Notfalls muss halt der Supervisor sozusagen dem Therapeuten auf den Zahn fühlen (muss ein Therapeut dem Patienten ja auch manchmal). Oder eben, dass thematisiert wird, wie man mit einer spezifischen Problematik umgeht.

Bei meiner Thera habe ich schon den Eindruck, dass sie auch schaut, was es mit ihr zu tun hat. Ich weiß leider keine Details, aber auch die Beratung muss etwas in die Richtung gäußert haben, dass Sie sich (emotional) in etwas hineinziehen hat lassen.

Ich überlege, wie man das sauber trennen kann... bzw. ob man das überhaupt kann (zumal Beziehungsdynamiken ja wechselseitig sind). Jedenfalls kann man das über die Hintertür gut und gerne doch wieder auf den Patienten zurückwerfen à la na ja, kein Wunder bei der Störungsdynamik des Patienten kann das passieren. Oder der Patient hat ja auch dies oder jenes auf sie projiziert. Usw. Genauso könnte der Patient sagen: aber hallo, sind ja der Therapeut und sollten damit doch umgehen können. Glaube aber nicht, dass das das Rätsels Lösung ist... wenn es dann nur um Zuschreibung geht, mit wem es zu tun ohne zu schauen was evtl. zu ändern ist.

Dass natürlich gewisse Ängste vorhanden sein können, von der Supervision oder Intervisionsgruppe eins auf den Deckel zu bekommen, ist würde ich als menschlich erachten (Supervisoren machen das ab und an). Wenn nicht, kann man sich ja eine Supervision wirklich sparen, wenn weder Therapeut noch Supervisor der Sache kritisch auf den Grund gehen wollen und von der Grundannahme ausgehen, dass es natürlich nie etwas mit dem Therapeuten zu tun haben kann.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 05.07.2014, 18:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Widow
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:07

leberblümchen hat geschrieben:Ja, dass Therapeuten nicht wirklich gesünder oder glücklicher sind als ihre Patienten, ist wohl leider so. [Herv. v. Widow]
Dürfte ich ergebendst um die Quelle der statistischen Erhebung bitten? (Sollte dieser Satz indes auf eine persönliche Einschätzung zurückgehen - und das vermutende "wohl" spricht dafür -, dann wäre es vielleicht sowohl der persönlichen Entwicklung dienlicher als auch gegenüber einem ganzen Berufsstand [mit aktuell ca. 21.600 niedergelassenen, also ambulant praktizierenden Mitgliedern; die Anzahl der stationär beschäftigten hab ich jetzt grad nicht zur Hand) fairer, ihn auch als persönliche Einschätzung zu markieren, anstatt im erzernen "Es ist so [und nicht anders]"-Modus zu schreiben.)

Ich lernte übrigens gerade kürzlich durch eine als repräsentativ bezeichnete Befragung seitens der Ärztekammer - glaub ich, oder waren's die Krankenkassen? -, dass Psychotherapeuten im Vergleich zu Medizinern zwar deutlich schlechter verdienen (Edit: Und man möge mich da nicht falsch verstehen - die Jungs und Mädels verdienen nun wahrlich nicht schlecht!), aber auch signifikant glücklicher mit und in ihrem Beruf sind.
Zuletzt geändert von Widow am Sa., 05.07.2014, 18:12, insgesamt 1-mal geändert.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:12

Bei mir war es definitiv so, dass mein Theraeput nach seiner Intervision einen Schalter umgelegt hatte und plötzlich davon sprach, wir müssten nun gemeinsam meine Störung bekämpfen. Sein gesamtes Vokabular wurde ausgetauscht, und ich hab regelrecht gemerkt, dass das gar nicht seine Worte waren (ob das nun richtig oder falsch war, sei mal dahingestellt...). Circa einen Monat später hat er sich dann dafür entschuldigt und war wieder der Alte.

Ich nehme an, dass diese völlig neue Beziehungsgestaltung etwas war, das entstanden ist - aber da lehne ich mich ein bisschen aus dem Fenster -, weil er Teile des Geschehens zwischen uns geleugnet hatte: Plötzlich war ich der 'Feind', was ja Wochen vorher noch ganz anders geklungen hatte; ich nehme nicht an, dass er dort erzählt hat, was er MIR gesagt hatte...

Widow, bitten darfst du; ich fürchte aber, bei Interesse müsstest du selbst forschen. Ich schreibe mir nicht zu jedem Gedanken aus einem Buch die Quelle und Seitenzahl auf, falls ich es mal in einer Diskussion verwenden wolllte. Also: take it or leave it.


Widow
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:15

Na, Leberblume, dann weißte doch, was ich wähle.
Übrigens: Ich bin hier ausnahmsweise mal nicht OT geworden.
Aber mir wird das hier jetzt entschieden zu botanisch - ich will Butter bei de Fisch! Drum ciao-ciao!

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leberblümchen
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:17

Butter kann ich dir zwar nicht geben, aber was die von dir erwähnte Berufszufriedenheit betrifft: Ich bin mit meinem Studium auch zufrieden, und trotzdem bin ich nicht glücklich, sondern gestört. 'Berufszufriedenheit' hat mit 'Glücklichsein' nur bedingt etwas zu tun.


Widow
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:21

leberblümchen hat geschrieben:Ich bin mit meinem Studium auch zufrieden, und trotzdem bin ich nicht glücklich, sondern gestört. 'Berufszufriedenheit' hat mit 'Glücklichsein' nur bedingt etwas zu tun. [Herv. v. w.]
Bild -> => +
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Zuletzt geändert von Widow am Sa., 05.07.2014, 18:33, insgesamt 1-mal geändert.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 18:32

http://www.readers-edition.de/2008/03/2 ... erapeuten/

Das ist zwar nicht das, was ich ursprünglich meinte, aber Eva Jaeggi dürfte ja ein Begriff in diesem Kontext sein.


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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 19:55

@ leberblümchen,
Ja, dass Therapeuten nicht wirklich gesünder oder glücklicher sind als ihre Patienten, ist wohl leider so.
*Zustimm*

Psychotherapeuten sind ja auch nur Menschen, die in derselben Welt leben wie ihre Klienten und die das, was ihre Klienten erleben, auch selber erleben, wie z.B. Trennungen, Misserfolge, Todesfälle, Traumatisierungen, ... Zu wissen, wie man andere therapiert, bedeutet noch lange nicht, dass man mit seinen eigenen Problemen und Gefühlen umgehen kann.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 19:58

Ja, das ist so, und da schließt sich der Kreis zur Ausgangsfrage: Wie viel Autorität kann / möchte der Patient dem Therapeuten zugestehen; viel viel steht im sozusagen 'per Gesetz' zu? Es ist wohl eine Phantasie, der Therapeut sei allwissend und seine Einschätzungen und Deutungen seien heilig - und damit eine Nummer zu groß für den Patienten...


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Beitrag Sa., 05.07.2014, 20:04

Wer Links wünscht, hier kommen ein paar:

Auch Helfer sollten sich helfen lassen
http://www.aerztezeitung.de/medizin/kra ... sid=523369

Gehäuft Depressionen bei Psychiatern?
Jeder Zweite hatte nach eigenen Angaben schon eine depressive Episode / Umfrage auf Ärztekongressen
http://www.aerztezeitung.de/medizin/kra ... sid=499959

Psychotherapeuten sind oft depressiv
http://www.rp-online.de/gesundheit/Psyc ... 35408.html
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 20:07

Burn-out bei Psychiatern und Psychotherapeuten besonders häufig
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... aeufig.htm

Lebensqualität von Psychotherapeuten: Ständige emotionale Beanspruchung
http://www.aerzteblatt.de/archiv/39334/ ... nspruchung
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sandrin
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 20:10

Ich hab mir den Link von oben mal durchgelesen. Auch wenn man es sich schon denken kann, liest es sich doch erschreckend.

Was mich aber ein wenig stört, ist, dass das Durcheinanderbringen von Sitzungsinhalten generell als negatives Zeichen gesehen wird. Kann nicht ein Therapeut bei der Fülle an Infos, die er täglich kriegt, auch mal was durcheinanderbringen? Das ist ja unmenschlich.
Klar, wenn er generell immer alles durcheinanderbringt und zerstreut ist, dann ist es wieder was anderes.

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stern
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 20:10

Wobei Trennungen, Misserfolge und Todesfälle keine pschischen Krankheit sind (und oft auch nicht zu einer auswachsen). Und Traumatisierungen auch nur, wenn Sie sich in einer PTBS oder einer anderen Folgestörung manifestieren. Na klar wird es ein paar Gestörte geben. Aber bei der Konstellation "akut depressiver oder frühstörter Thera therapiert frühgestörten Patienten" sage ich "gut' Nacht... ob das etwas werden kann". Ich nehme an und hoffe (ohne das belegen zu können), dass der Großteil der Therapeuten gefestigter ist als die anvertrauten Patienten. Wenn es mal eine Erkrankung in der Vorgeschichte gab, so muss das hingegen nicht hinderlich sein, sondern kann auch hilfreich sein, weil man dann mehr Bezug hat.

Um manches professionell therapieren zu können, muss man mit einigermaßen mit eigenen Gefühlen umgehen können - wage ich mal als These in den Raum zu stellen. In der Gegenübertragung kann es (je nach Patient bzw. Störung) in der Kiste rappeln. Andernfalls ist ja kaum ein reflektiertes Agieren möglich - so zumindest meine Vorstellung.

Noch nicht alles gelesen
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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 20:21

@ stern,
Um manches professionell therapieren zu können, muss man mit einigermaßen mit eigenen Gefühlen umgehen können - wage ich mal als These in den Raum zu stellen.
Wichtig (für den Klienten) ist nicht, dass ein Therapeut privat mit seinen eigenen Gefühlen umgehen kann, sondern dass er in der Therapie Professionalität an den Tag legt. Er kann durchaus unter der gleichen Störung leiden wie der Klient, doch seine gelernte professionelle Distanz erlaubt ihm, dem Klienten trotzdem helfen zu können - während er selber weiterhin drunter leidet.
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Beitrag Sa., 05.07.2014, 20:25

Jenny, vielen Dank, aber hier hat doch niemand behauptet, dass Therapeutens (schulenübergreifend ) nicht auch noch als Therapeutens (also nach ihrer Ausbildung) an den Krankheiten erkranken könnten, die sie zu behandeln ausgezogen sind.
Ich persönlich würde da aber 1. einen schulischen Unterschied machen hinsichtlich der Frage, wie schnell sich Therapeutens dann zu helfen wissen, wenn sie selbst erkrankt sind; und 2. würde ich darauf hinweisen wollen, welcher Quellen Du Dich da bedienst, nämlich mehrfach der beiden Hauspostillen der Kassenärztlichen Vereinigung (Ärztezeitung, Ärzteblatt) - und bekanntlich tobt zwischen Ärzten und Psychotherapeuten, seitdem sie in jener Kassenärtzlichen Vereinigung zusammengefasst sind (in der die Psychotherapeuten nichts zu sagen haben, auch nicht in den Ärztepostillen der Mediziner), ein irrsinniger Krieg - und einmalig eines zumindest Boulevard-nahen Blättchens, der Rheinischen Post.
Wie 'glaub'würdig also Deine Quellen sind, möge jeder selbst entscheiden.

Und 3. würde ich gern noch einmal einfach so in die Botanik hinein sagen: Wer tatsächlich der Auffassung (gewesen) ist, dass der Therapeut "allwissend" sei und seine Deutungen/Meinungen/Ansichten/Auffassung seien "heilig" - für den ist es vielleicht schon ein riesiger Therapiefortschritt, wenn ein Therapeut ihn damit konfrontiert, dass ein solcher 'Glaube' (denn was ist das anderes als ein 'Glauben'?) eine Illusion ist.
Zuletzt geändert von Widow am Sa., 05.07.2014, 20:34, insgesamt 1-mal geändert.

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