Schuld des Psychiaters bei Suizid?

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Corumbra Myosotis
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Beitrag So., 27.10.2013, 00:57

Danke, Rilke. Ich wünschte, das würden viel mehr Leute (auch Psyche-Menschen) so sehen bzw. sich trauen auszusprechen. Mich haben immer die viel mehr erreicht, die sagten "Es ist okay ..." als die, die eine Leben-um-jeden-Preis-Meinung, teils vehement, äußerten (Denn ich glaube bei Ersterem fühlt man sich zumindest ernstgenommen und wertgeschätzt; das ist ja schon einmal etwas ... )

Und genau das schwingt mMn in dem Artikel mit ... "Denen mag es ja schlecht gehen, aber mir geht es damit ja auch schlecht (viel schlechter!)!" Aber vielleicht reagiere ich darauf auch nur besonders allergisch, weil das so eine Problematik mit meinen "Angehörigen" ist.
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But break, my heart; for I must hold my tongue.“

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Hamna
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:00

Fundevogel hat geschrieben:Aber wer darf die Macht haben, das zu bestimmen, wann diese Folge unvermeidlich ist und wann nicht. Und wann der Tod besser ist als das Leben.
Meiner Meinung nach darf niemand über das Leben oder den Tod einer anderen Person über deren Willen hinweg bestimmen. Und deshalb kann letzteres auch niemand für einen anderen entscheiden.
Der Tod kommt immer am Ende des Lebens, unvermeidlich.
Dennoch reden wir nicht darüber, nicht über den Tod und auch nicht über Suizidwünsche.
Warum eigentlich.
Kenne ich von mir wenig anders.
Also, ich kenne das von mir tatsächlich ganz anders. Ich rede darüber. Auch über Suizidwünsche (als ich sie noch hatte). Ging auch nicht anders, nach zwei Versuchen war ich einigen Menschen Antworten schuldig.

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Fundevogel
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:13

kaja hat geschrieben: Niemand hat das Recht für einen anderen festzulegen was er ertragen kann und was nicht.
Zustimmung.

Aber wenn meine Mutter sich heute selbst töten würde,
hätte sie damit auch für mich festgelegt, was ich ertragen muß und was nicht.

Wir bestimmen selbst, was wir ertragen wollen und können oder nicht.
Aber wir leben nicht im luftleeren Raum.

@Corumbra
Würdest du dich besser fühlen, wenn deine Angehörigen dir sagen, es ist okay, wenn du dich umbringst?
Leben um jeden Preis IST Scheizze, das finde ich auch.

@ Rilke
ok, danke. Ich rede darüber fast nur in der Therapie.
Das mit dem Willen, da stimme ich dir zu. Aber: Kann der freie Wille durch psychische Krankheiten beeinträchtigt sein? Der Wille vielleicht nicht, aber die Urteilskraft? Die Depression ist ein Monster, die kenne ich selbst, die Schizophrenie nicht minder, Alkoholismus, Traumatisierungen, schlimme Dinge, die passieren...

Ok, ich glaube, ich höre jetzt wirklich auf, ich höre mich gerade so an wie die Leute, gegen die ich früher so gewütet habe und ich vehement das Menschenrecht auf Suizid verteidigt habe. Ich gehe schlafen.
Fundevogel

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Hamna
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:25

Corumbra, ich denke, für viele Menschen ist der Tod und eben auch Suizid ein ganz großes Tabu und irgendwie unvorstellbar. Ich sehe das seit meiner Depressionen und seit ich selbst versucht habe mich zu suizidieren, viel 'entspannter' (ist jetzt vielleicht ein blödes Wort in dem Zusammenhang, trifft es aber einfach ganz gut). Ich hätte mir damals auch gewünscht, jemand hätte mir mal gesagt "Ich kann dich verstehen." Denn alles andere sind oftmals nur Floskeln, die eben aus diesem Tabu heraus bestehen und dann auch so geäußert werden 'müssen'. Man sagt das halt so, man HAT das so zu sagen, wie eine moralische Verpflichtung: "Du hast doch noch so viel vor dir, du hast soviele Möglichkeiten, soviel Potential, es wird irgendwann besser..." blablabla. Manchmal IST es aber eben nicht so.

Vielleicht sollte ich mich hier gar nicht äußern, vielleicht ist meine Ansicht zu fatalistisch, denn es ist tatsächlich so: mir bedeutet Leben nicht mehr allzu viel. Dass ich überhaupt noch lebe, ist einerseits schlicht eigene Blödheit, gaaaanz viel 'Glück' oder auch Zufall, andererseits Rücksicht auf meine Angehörigen.

Es sterben sooooo unsagbar viele Menschen auf der Welt, tagtäglich. Und? Weinen wir darüber? Nö - solange es uns nicht irgendwie persönlich betrifft, können wir das ja so schön ignorieren. Der Tod ist immer und überall, aber solange er uns nicht zu nahe kommt, ist ja alles ok.

Ich sollte besser aufhören. Mach ich jetzt auch.

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Corumbra Myosotis
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:30

Liebe Fundevogel,

was ist so schlimm daran seine Meinung zu ändern oder ihr zumindest einen Verlust des Absoluten zuzugestehen? Menschen, Dinge, Umstände ... ändern sich.

Ja, ich würde mich besser damit fühlen. Jedenfalls würde mir das weit besser gefallen als das (falsche) Drama, das sich mir unter den gegebenen Umständen auftut ... Ich meine damit nicht, daß man es gutheißen muss, auch nicht, daß man nicht sagen darf "Das wäre schlimm für mich.", aber diese ganze Selbstprojektion geht mir halt völlig ab ... (à la "Wie kannst Du MIR das nur antun?!", "Du kannst mich doch nicht im Stich lassen!", etc,)

Ich bin der Meinung, daß, wenn man einen Menschen wirklich wertschätzt oder gar liebt, man sein Wohl, auch hinsichtlich der Konsequenzen für einen selbst, akzeptieren, nicht sein eigenes als wichtiger einordnen sollte. Und wenn dieses Wohl eben nur noch einen Weg kennt (lang, trotz Versuchens), dann soll auch der in Ordnung sein. Schließlich ist das ja bei Nicht-Mentalen-Leiden ja durchaus auch möglich ... Akzeptanz des Wunsches nicht "ewig" unerträglich leiden zu müssen.

Aber vielleicht bin ich da auch einfach nur seltsam in meiner Einstellung ...

(Rilke noch nicht gelesen.)
Zuletzt geändert von Corumbra Myosotis am So., 27.10.2013, 01:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Holunder
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:34

Es gibt aber auch Menschen, die von einem Suizid abgehalten worden sind und heute froh sind noch am Leben zu sein.

Edit. Ich kenne drei dieser Menschen!

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Corumbra Myosotis
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:38

Und es gibt Menschen, die abgehalten worden sind oder es nicht geschafft haben und nicht froh darüber sind ...

(Null Aussage. Standardfloskel. Was für einen Menschen gilt, kann man nicht automatisch auf einen anderen übertragen. Auch wenn wir zu einem Großteil gleich sind, unterscheiden wir uns alle.)
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Holunder
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:48

Corumbra Myosotis hat geschrieben:Was für einen Menschen gilt, kann man nicht automatisch auf einen anderen übertragen. Auch wenn wir zu einem Großteil gleich sind, unterscheiden wir uns alle.
Ja, gerade drum habe ich auch mal diese Perspektive aufgezeigt.

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Hamna
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:48

Holunder hat geschrieben:Es gibt aber auch Menschen, die von einem Suizid abgehalten worden sind und heute froh sind noch am Leben zu sein.

Edit. Ich kenne drei dieser Menschen!
Ja, letztendlich bin ich (mehr oder weniger) auch einer dieser Menschen. Aber dennoch zählt das eben nicht für jeden!
Corumbra Myosotis hat geschrieben:Schließlich ist das ja bei Nicht-Mentalen-Leiden ja durchaus auch möglich ... Akzeptanz des Wunsches nicht "ewig" unerträglich leiden zu müssen.

Aber vielleicht bin ich da auch einfach nur seltsam in meiner Einstellung ...
Da bin ich gern mit dir zusammen seltsam - ich sehe es genau so!

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Holunder
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Beitrag So., 27.10.2013, 01:53

Rilke hat geschrieben:Ja, letztendlich bin ich (mehr oder weniger) auch einer dieser Menschen. Aber dennoch zählt das eben nicht für jeden!
Ja, das verstehe ich ja auch, dass das nicht für Jeden zählt. Meine Aussage bezieht sich lediglich darauf, dass es nicht nur sinnlos und/oder egoistisch ist, Jemanden davon abzuhalten zu versuchen. Man kann sich auch darüber streiten, ob das Zulassen eines Suizides Ausdruck von Gleichgültigkeit oder Egoismus ist. Einen Menschen, den man liebt, nicht gehen lassen zu wollen, hat nicht immer etwas mit Egoismus zu tun, sondern AUCH mit Liebe.

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hope_81
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Beitrag So., 27.10.2013, 08:34

Rilke hat geschrieben:Hopeless, hat dir damals niemand nahegelegt - also die Polizisten in der akuten Situation - dich freiwillig einzuweisen?
Nein haben sie bei mir nicht getan. Ich habe mich mit dem Messer verletzt damals und auch ein klein wenig Widerstand geleistet, sonst wäre ich nicht in die 8 gelegt worden.
Ich habe versucht wegzulaufen. Das war es dann. Was ich erschreckend fand war die Tatsache, das sich 4 Polizisten auf mich stürzten um mein Weglaufen zu verhindern. Das hatte eine kaputte Jacke und Nasenbluten zur Folge. Damals wog ich 48 kg. Also schon sehr übertrieben.
Aber danach bin ich gut von allen behandelt worden, auch vom Klinikpersonal.
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Fundevogel
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Beitrag So., 27.10.2013, 20:28

Corumbra Myosotis hat geschrieben:Ich bin der Meinung, daß, wenn man einen Menschen wirklich wertschätzt oder gar liebt, man sein Wohl, auch hinsichtlich der Konsequenzen für einen selbst, akzeptieren, nicht sein eigenes als wichtiger einordnen sollte.
Liebe Corumbra,

danke für diesen Satz.
Ja, genau so soll Liebe sein.
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Broken Wing
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Beitrag Mo., 28.10.2013, 07:57

Warum die Aufregung? Ich bin hier nicht gerade für Psychiatriefreundlichkeit bekannt, aber den Standpunkt dieses Psychiaters kann ich teilweise nachvollziehen. Man stelle sich vor, selbst einer zu sein. Würde man sich einfach dem Messer der Justizia ausliefern? Und würde man nicht versuchen, den Schaden an sich durch Klagen so gering wie möglich zu halten? Das muss einmal angesprochen werden. Ob Psychiater tatsächlich neigen, die Verantwortung immer bei sich zu suchen, ist fraglich. Ebenso die Anmerkung, dass er nicht extra verzweifelte Patienten zum Suizid ermuntert. A so? Wie kommt er darauf, dass man diese Meinung vertreten könnte? Gibts etwa überdurchschnittlich viele Biester in den eigenen Reihen, von denen man sich abgrenzen muss? Aber er hat die Spielregeln des Systems nicht festgelegt und es ist nur allzu verständlich, dass er seinen Job macht, ohne sich dafür zu Opfern. Strafbares Verhalten, dafür ist noch immer die Justiz zuständig.

Ich finde, dass eher hier ein Idealbild des Helfers vertreten wird.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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