Wie Einsicht in Suchtproblem bei Sohn wecken?

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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Clouds
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Beitrag Di., 08.10.2013, 20:00

Eremit hat geschrieben: Meine Erfahrung ist, daß es schlimmer wird, wenn der Süchtige auf seine Sucht reduziert wird. Und das macht nahezu JEDER im Umfeld des Süchtigen. Deswegen versuchen sich ja auch Süchtige dem zu entziehen. Was sie allerdings wiederum unglücklich macht und weiter in die Sucht treiben kann, sowohl die Reduktion, als auch die Isolation.
@Eremit,
was meinst du damit, dass jemand auf seine Sucht reduziert wird? Ich verstehe das nicht ganz.

Ich verstehe, was du mit dem Loslassen meinst. Ich sehe, dass dies viel zu spät und/oder inkonsequent stattfand. Wir als Eltern hätten uns viel früher mit der Problematik befassen müssen. Das Problem ist vor allem, dass mein Exmann den Unterschied zwischen Loslassen und Fallenlassen nicht einsehen kann. Er ist der Auffassung, dass er immer mehr und mehr tun muss. Ich sehe das anders, aber wenn ich versuche mich ihm verständlich zu machen, unterstellt er mir, meinen Sohn aufgegeben zu haben.
Und ich selber bin auch inkonsequent. Ich kontrolliere mein Verhalten schon stark, aber ich glaube auch, dass ein "Kind" spürt, wenn das Loslassen zwar äußerlich, aber nicht emotional geschieht.
Es ist so schwer, die Grenze zu finden zwischen sinnvoller Unterstützung und Überbemutterung (hier eigentlich eher Überbevaterung). Und nein: Ich gebe meinem Exmann keine Schuld. Er hat sich so verhalten wie er es für richtig hielt und wie er es kann und konnte, das Einzige, was man ihm vorwerfen kann ist, dass er sich gegenüber anderen möglichen Ansätzen verschließt.

Es wäre erheblich einfacher, wenn man die Gewissheit hätte, dass er sich wieder aufrappelt, wenn man ihn dann wirklich auf die Straße setzt. Es bleibt eben die Angst, dass er dort liegen bleibt. Aber vermutlich muss man dieses Risiko einsehen.
Und ach, es sagt sich so leicht und tut sich so schwer.

Dass eine Einweisung im Grunde wieder ein Schritt wäre, mit dem man ihm Verantwortung abnimmt, war mir so nicht bewusst. Es ist halt so, dass man sich immer wieder denkt: Das eine mache ich noch und dann soll er sehen.
Ich erhoffe mir von der Drogenberatung, dass wir im Gespräch eine gemeinsame Gangart finden. Das Katastrophalste für ein Kind in so einer Situation sind wohl Eltern, die unterschiedliche Ansätze verfolgen und dabei auch noch inkonsequent sind.

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* LinDa *
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Beitrag Di., 08.10.2013, 20:33

Clouds hat geschrieben:Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es nur noch drei Möglichkeiten gibt: (Zumindest fallen mir keine weiteren ein)
1. Ihn konsequent fallen lassen, in der Hoffnung, dass er dann selber einsieht, dass er etwas tun muss. Aber auch damit rechnen müssen, dass dies nicht geschehen wird und er untergeht.
2. Oder eben, ihn in eine Klinik einzuweisen, beispielsweise dann, wenn er das nächste Mal zugedröhnt nach Hause kommt.
3. Einen Entzug und eine anschließende Therapie als Bedingung für weitere, spätere Unterstützung einfordern.

Die Frage, die ich mir stelle ist nur die, ob Punkt 2 und 3 überhaupt Erfolg haben können, da sie nicht von ihm ausgehen. Kann eine Therapie etwas bewirken, wenn man sich nicht selber ohne wenn und aber dazu entschlossen hat?
Hallo Clouds, wie du selber schreibst, bist du dir doch eigentlich völlig im klaren was geht.
Du glaubst selbst, dass gegen seine eigene Einsicht nichts geht, möchtest aber dennoch hier auf Antworten warten, die eine wunderbare andere Lösung als Möglichkeit bieten.
Ich würde dir auch zur Option 1 raten, glaube aber auch nicht, dass du da absolut Konsequent sein kannst, dafür scheinst du nicht hart genug, aber vllt. reicht ja, was du umsetzen kannst.
Aber unbedingt erforderlich ist mMn, dass du und sein Vater absolut auf einer Linie agiert. Da darf bei eurem Sohn nur EINE Meinung und EIN Verhalten sichtbar sein. Er darf keine Zweifel/Missverständnisse spüren!
Wenn du seinen Vater nicht überzeugen kannst, wird es schwer.
Und wenn man die Option 1 wählt, gibt es natürlich keine Garantie auf einen glücklichen Ausgang. Die gibt es aber sowieso absolut nie dabei! Wahrscheinlicher ist immer das Gegenteil!
lg


Eremit
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Beitrag Di., 08.10.2013, 21:09

Clouds hat geschrieben:was meinst du damit, dass jemand auf seine Sucht reduziert wird? Ich verstehe das nicht ganz.
Daß er nur noch für alle der "Süchtige" ist. Eure Gespräche drehen sich garantiert nur noch darum. Alles dreht sich um die Sucht.
Clouds hat geschrieben:Das Problem ist vor allem, dass mein Exmann den Unterschied zwischen Loslassen und Fallenlassen nicht einsehen kann
Das kannst Du allerdings auch nicht, schiebst es aber auf Deinen Ex.
Clouds hat geschrieben:Er ist der Auffassung, dass er immer mehr und mehr tun muss. Ich sehe das anders, aber wenn ich versuche mich ihm verständlich zu machen, unterstellt er mir, meinen Sohn aufgegeben zu haben.
Aber genau darauf läuft es hinaus. Du mußt den Süchtigen aufgeben, damit sich der EIGENTLICHE Sohn aus dem Süchtigen "herausschälen" kann (sofern möglich). Das mußt Du für Dich lernen, das muß Dein Ex für sich lernen.
Clouds hat geschrieben:Ich kontrolliere mein Verhalten schon stark, aber ich glaube auch, dass ein "Kind" spürt, wenn das Loslassen zwar äußerlich, aber nicht emotional geschieht.
Richtig. Er spührt das garantiert, daß Du nicht bereit bist, ihn freizugeben.
Clouds hat geschrieben:Es ist so schwer, die Grenze zu finden zwischen sinnvoller Unterstützung und Überbemutterung (hier eigentlich eher Überbevaterung).
Weil Du Dir ebenso schwer damit tust, den Unterschied zwischen Loslassen und Fallenlassen zu erkennen.
Clouds hat geschrieben:Er hat sich so verhalten wie er es für richtig hielt und wie er es kann und konnte, das Einzige, was man ihm vorwerfen kann ist, dass er sich gegenüber anderen möglichen Ansätzen verschließt.
Das ist wiederum sein Problem. Könnte allerdings sein, daß er seine Lektion auch noch lernt, z.B. dann, wenn einmal seine ganze Bude ausgeräumt wurde, um damit den Konsum zu finanzieren. Irgendwann ist bei jedem die Schmerzgrenze erreicht.
Clouds hat geschrieben:Es wäre erheblich einfacher, wenn man die Gewissheit hätte, dass er sich wieder aufrappelt, wenn man ihn dann wirklich auf die Straße setzt. Es bleibt eben die Angst, dass er dort liegen bleibt. Aber vermutlich muss man dieses Risiko einsehen.
Nicht nur vermutlich. Letzten Endes wird Dir nichts anderes übrig bleiben.

Zum Loslassen gehört eben auch, daß man die Entscheidung des Kindes respektiert, im Guten, wie im Schlechten.
Clouds hat geschrieben:Und ach, es sagt sich so leicht und tut sich so schwer.
Ich weiß.
Clouds hat geschrieben:Dass eine Einweisung im Grunde wieder ein Schritt wäre, mit dem man ihm Verantwortung abnimmt, war mir so nicht bewusst. Es ist halt so, dass man sich immer wieder denkt: Das eine mache ich noch und dann soll er sehen.
Das Spiel kann aber bis in alle Ewigkeit so weitergehen. Er muß anfangen, auf sich selbst zu achten. Selbstachtung ist auch etwas, das einem niemand beibringen kann, absolut niemand. Das muß er im Schmerz lernen, wie jeder andere auch, ungeachtet des Drogenproblems.
Clouds hat geschrieben:Ich erhoffe mir von der Drogenberatung, dass wir im Gespräch eine gemeinsame Gangart finden.
Das ist nicht möglich. Er muß das auf die harte Tour lernen. Das ist der einzige Weg. Er muß SELBST dorthin gehen, aus eigenen Stücken. Sollte er allerdings etwas ändern wollen, wird er die Drogenberatung nicht mehr brauchen.
Clouds hat geschrieben:Das Katastrophalste für ein Kind in so einer Situation sind wohl Eltern, die unterschiedliche Ansätze verfolgen und dabei auch noch inkonsequent sind.
Im Moment tut er erstmal alles, um der emotionalen Katastrophe auszuweichen. Sollte er es schaffen, wieder runterzukommen, werden ihn die Schuld- und Schamgefühle heimsuchen wie böse Geister. Dann kommt viel hoch, und auch da muß er allein durch, indem er sich an etwas festhält, wofür es sich lohnt, zu leben. Das könnt Ihr, Du und Dein Ex, nicht sein, das DÜRFT ihr gar nicht sein. Er muß sich sein eigenes Leben aufbauen, das er auch gewillt ist, zu verteidigen - auch, wenn er selbst sein eigener Angreifer ist.

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leuchtturm
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Beitrag Mi., 09.10.2013, 07:25

als allererstes würde ich dir dringend raten, dir klar zu machen, dass es gar nichts bringt, im Nachgang die Ursachen für die Drogensucht rausfinden zu wollen. Die werden nie monokausal sein, und in den allermeisten Fällen sind sie sehr schwer zu benennen. Als Elternteil macht man sich selbst geradezu verrückt mit der vermeintlichen eigenen Schuld. Man muss sich aber auch klar machen, dass niemals jemand von anderen in die Sucht getrieben wird. nicht von den eltern. Nicht von der Clique. Nicht von der Schule. Nicht von "der Gesellschaft". Jeder entscheidet selbst, wann er wie weit gehen will. Jeder hat auf dem Weg in die eigene Drogenkarriere sehr viele Stationen, an denen er/sie hätte stoppen, umkehren, aufhören können. Weiterzumachen ist oft eine bewusste Entscheidung, meist gepaart mit einer Art Haltung von "Mir wird schon nichts passieren" -- trotz aller Präventionen und Aufklärung.

Lange Rede kurzer Sinn:

Suche die Auslöser seiner Sucht nicht bei dir. Suche sie gar nicht, denn das spielt momentan keine Rolle. Wichtig ist, wie es weitergeht.
Und selbst wenn dein Exmann nicht mit dir an einem Strang zieht -- wichtig für dich ist deine klare Linie.
Und nein, es gibt keine Garantie, dass er therapieeinsichtig wird, wenn du ihn loslässt. Es gibt nur die Garantie, dass er vor die Hunde gehen wird, wenn du ihn nicht loslässt. Nur ein wenig langsamer vielleicht. Denn überlege dir mal: was genau hat euer Verhalten bislang verhindert? Dass er Drogen nimmt? Dass er kriminell wurde? Dass er stärkere /mehr Drogen nimmt? Dass er seine Ausbildung schelifen lässt?

Eben.

Du kannst mir gerne auch Pns schicken, wenn du noch Fragen hast. Nicht, dass ich die Expertin wäre, aber wie gesagt, bin in fast identischer Situation wie du.....

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Clouds
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Beitrag Mi., 09.10.2013, 09:51

Hallo Eremit, hallo Leuchtturm, hallo LinDA

nach allem, was ich in den letzten Tagen und Wochen über Sucht gelesen habe, ist mir der Weg, der gegangen werden muss, klar vor Augen. Wenn es mir gelingt aus der Rolle der betroffenen Mutter herauszutreten, dann finde ich auch genau die gleichen Worte wie ihr.
Und nein, Linda, ich erwarte nicht von der Forengemeinde, dass sie mir eine wunderbare Lösung präsentiert. Ich habe einfach gehofft, dass mir Menschen aus eigener Erfahrung berichten können, wie ihr Weg oder der ihres Kindes ausgesehen hat. Ich kenne im rl niemanden, den ich fragen kann: Wie war das denn bei euch? Wie seid ihr damit umgegangen? Was hat euch geholfen? Was hat euch geschadet?

Eremit, du schreibst an einer Stelle, dass man den Süchtigen aufgeben muss, damit sich der eigentliche Sohn herausschälen kann. Das ist ein für mich unglaublich wertvoller Satz und ich werde den auch an den Vater weitergeben, weil ich glaube, dass er mit dieser Differenzierung - so wie ich auch - etwas anfangen kann.

Dass der Mensch meistens nur durch Schmerz lernt, ist mir aus eigener Erfahrung klar. Als Elternteil leidet man in einem Winkel seines Herzens immer mit dem Kind, aber wissend, dass es nur so geht. Vielleicht ein Beispiel: Mein Sohn hat eine Ausbildung im Betrieb seines Vaters gemacht. Dazu wurde er vom Vater mehr oder weniger überredet. Mein Ansatz war damals schon ein anderer, den ich auch beiden klargemacht habe. Wenn ihm selber nichts einfällt und er nichts macht, dann macht er eben nichts, bekommt dann allerdings auch keine finanzielle Unterstützung von uns und muss sehen wie er sich durchschlägt. Man hat mich nicht gehört.
Dann ist mein Sohn zweimal durch die Prüfung gefallen. Ich stehe auf dem Standpunkt: Selber Schuld, wenn man Schule schwänzt und im Bett liegen bleibt, statt zur Arbeit zu gehen. Mein Exmann versuchte bei der Prüfungskommission alle Hebel in Bewegung zu setzen und gibt bis heute denen die Schuld.

Noch einmal: Es geht mir nicht darum, die Schuld meinem Exmann zu geben, sondern darum zu zeigen, dass ich da ein stückweit auf verlorenem Posten kämpfe. Mein Exmann handelt aus innerer Überzeugung so und zum großen Teil aus Angst, das kann ich kritisieren, aber nicht verurteilen.

Und um endlich die Geschichte mit dem Zahnarztbesuch aus der Welt zu schaffen. Mein Sohn fragte mich damals ob ich ihn begleite, weil er große Angst hatte und sich nicht sicher war, alles zu verstehen, was man ihm sagt, weil die Sache ziemlich kompliziert ist und verschiedene Zahnärzte bislang verschiedene Optionen vertraten. Hätte da wirklich nein sagen müssen, weil ich im Hinterkopf habe, dass er Drogen nimmt und dafür stiehlt?

Dann gab es noch ein Missverständnis wegen der Drogenberatung. Unser Sohn ist bei diesen Gesprächen nicht dabei. Es geht rein um Elternorientierung und -information. Ob er weiter das Angebot wahrnehmen wird dorthin zu gehen weiß ich nicht und ich werde ihn auch nicht danach fragen.

Leuchtturm, du schreibst, dass ich mich nicht verrückt machen soll mit der Frage nach meiner Schuld. Ich glaube, dass ich den Teil bereits hinter mir gelassen habe. Klar, kommt das immer mal wieder hoch, aber ich versuche mir klarzumachen, dass die Beschäftigung mit dieser Frage mich eigentlich nur lähmt und verhindert das richtige zu tun. Um so schlimmer, dass es in einigen Posts lediglich darum ging, mir mein Versagen vorzuhalten.
Und ich weiß auch, dass unser Erziehungsverhalten in den letzten Jahren nichts gebracht hat. Für mich ist deshalb der Punkt gekommen, etwas zu ändern, es anders zu versuchen. Man muss versuchen sich auf die Tatsachen zu beschränken und die sind nunmal so: Mein Sohn nimmt Drogen, er lügt und er stiehlt. Schon allein aufgrund der Tatsache, dass in der Wohnung meines Exmannes nichts mehr sicher ist, (mein Sohn stiehlt übrigens nicht nur dort, sondern auch bei seinen Freunden, völlig unsinniges Zeugs, das man weder verticken noch gebrauchen kann), kann er dort nicht mehr wohnen bleiben. Ich habe ganz klar gesagt, dass ich ihn nicht aufnehmen werde.
In meinem Kopf schwebte eben als Option, meinem Sohn zu vermitteln, dass wir Taten sehen wollen, wenn er weiter unterstützt werden will. Aber das ist wohl illusorisch und der Zeitpunkt, an dem das noch hätte funktionieren können, längst verstrichen.

LG in die Runde

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