analytische Therapie im Alter 50+

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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ENA
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Beitrag Do., 08.08.2013, 09:45

Okay, wenn die meisten, die hochgradige Probleme mit sich selbst hatten, sehr gebildet und intelligent waren, könnte das ja heißen, dass Leute, die weniger gebildet sind, auch weniger Probleme haben und die Leute, die gebildeter sind und (dadurch?) mehr Probleme mit sich haben, auch eher in einer Klinik sind, als Leute mit weniger Intelligenz und weniger Problemen. Hm.

Ich weiß nicht. Ich glaub, ich geh mal frühstücken.

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kaja
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Beitrag Do., 08.08.2013, 09:48

Da kann man natürlich unken wer sonst keine alltäglichen Probleme hat (Finanzen,Job etc.) sondern gut abgesichert ist (ist der durchschnittliche Akademiker oft), hat genug Zeit seine Neurosen zu hegen und zu pflegen. Wer einen täglichen Existenzkampf führt hat für diesen "Luxus" keine Zeit.
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hopelife
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Beitrag Do., 08.08.2013, 09:50

ena,ja könne es heißen, sag aber nicht das es so ist. Ich habe das so erlebt und daraus resultiert meine Meinung. Ich rede dabei nicht von psychosozialen Problemen, sondern von Problemen mit sich selbst.
Gruß hopelife
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leberblümchen
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Beitrag Do., 08.08.2013, 09:51

ENA, ich glaub, es sagt doch niemand, dass nur Analysen toll sind und entsprechend nur Menschen, die eine Analyse machen, die Größten sind.

Aber hier speziell ging es ja nun mal um diese Therapieform - und die hat nun mal bestimmte Voraussetzungen. Ohne eine gewisse Reflexionsfähigkeit und ohne die Fähigkeit, sich irgendwie sprachlich auszudrücken, funktioniert es nicht. Und diese Fähigkeiten finden sich nun mal häufig bei Akademikern, nicht bei allen, natürlich! Und umgekehrt gibt es auch massenhaft Nicht-Akademiker, die reflektieren und sich gut ausdrücken können. Nur dann ist eben die Frage, ob die den Weg zur Analyse finden? Ich hab schon oft gelesen, dass genau das ein Problem ist: dass nicht alle, die dafür in Frage kommen, auch eine Analyse machen.

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kaja
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Beitrag Do., 08.08.2013, 09:56

Vielleicht weil der Resilienzfaktor bei Menschen aus "besseren Verhältnissen" geringer ausgeprägt ist? Wer keine Erfahrung mit Klippen hat wird schwer mit ihnen umgehen können wenn sie auftauchen. Die Menschen die ich kenne und die einige hier vermutlich unter "weniger intelligent" einordnen würden, gehen sehr pragmatisch und lösungsorientiert mit ihren Problemen um, gerade weil sie schon so viel schlimmes erlebt haben.
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leberblümchen
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Beitrag Do., 08.08.2013, 09:58

Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen 'Klippen' und der Herkunft oder Intelligenz.

Und das, was du weiter oben geschildert hast, dürfte zutreffen. Wenn sich im Alltag alles darum dreht, wie man praktische Probleme löst, weil das Geld knapp ist oder man irgendwie anders akut bedroht ist, dann hat man natürlich drängende Sorgen als grundsätzliche Sinnfragen. Deshalb ist es ja durchaus richtig, dass Analysen v.a. für die Leute geeignet sind, die einerseits stabil sind und die andererseits auch so 'gestört' sind, dass die Folgen gravierend sind, dass jedoch der Alltag einigermaßen läuft.


ziegenkind
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:04

ich glaube, dass bildungoft ein hindernis für eine erfolgreiche analyse ist. ist nicht selten eine gute startchancen für aufwendiges schwelgen im rationalisieren, theoretisieren und was der kommoden abwehrmechanismen sonst noch so sind.

jemand, der mich unendlich beeindruckt, weil er trotz schwerem und ganz früh beginnendem sexuellem missbrauch in der familie die bewegenste analyse gemacht hat, von der ich je gehört hat, dieser jemand, der heute so viel ruhe und glücks- und beziehungsfähigkeit ausstrahlt, hat nicht einmal hauptschulabschluss.

andersherum hab ich eine horrorgeschichte von einer gescheiterten analyse im ohr. eine freundin. professorin. kulturwissenschaftlerin. an die kam keiner der vielen analytiker je ran. immer wenn es schmerzlich wurde, hat sie die wortgewaltig zu idioten erklärt, die ihr intellektuell nicht das wasser reichen können. (stimmte wahrscheinlich sogar, hat nur nix mit analyse zu tun)

ich weiß: das einige therapeuten patienten jenseits der 50 für analyse nur im ausnahmefall akzeptieren.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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hopelife
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:06

ja ich habe mal gehört, dass die Frustrationstoleranz nicht so ausgeprägt ist, bei Menschen, die in Watte und in Elterns Wiege legen konnten, dafür haben die Menschen mit einer stabilen Kindheit und die sichere Bindung weniger Probleme, die aus inneren Konflikten resultieren.
Es gibt ja unterschiedliche Problemfelder.
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stern
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:06

na ja, gibt ja statistischen, welche Patientengruppen noch am ehesten zu PT erhalten, platt gesagt: jung, dynamisch und erfolgreich .

Manche nennen das schlichtweg sozial ungerecht.
Liebe Grüße
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kaja
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:09

Das ist nicht schlimm titus. Man kann ja nicht alles kennen.

Menschen aus sozial schwächeren Verhältnissen sind oft in der Lage einen hohen Resilienzfaktor auszubilden, weil sie vermehrt mit schwierigen Situationen konfrontiert werden. An denen sie aber nicht zerbrechen sondern "Stehaufmännchen" werden.
Jemand aus besseren sozialen Verhältnissen ist solchen Dingen im Regelfall nicht ausgesetzt (iwo hier gab es das Beispiel vom 30 jährigen Studenten den immernoch Mutti finanziert), wenn jemand ohne Erfahrung im Umgang mit schwierigen Situationen oder Lebensphasen (Klippen), auf eine solche trifft, kann er nicht auf den Faktor zurück greifen und wird deshalb "schwerer" getroffen.

Diese Zusammenhänge hat man vermehrt im Kontext sozialer Herkunft untersucht. Wahrscheinlich lässt es sich aber auch unabhängig davon auf das von hopelife genannte Beispiel übertragen.
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hopelife
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:11

ja da gibt es auch unter Psychotherapeuten so einen Ausdruck für hab ich vergessen. young attractive verbal social person.
Zuletzt geändert von hopelife am Do., 08.08.2013, 10:15, insgesamt 2-mal geändert.
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leberblümchen
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:13

Mir hat man damals gesagt - ich hab das nie bewertet und werde dies auch jetzt nicht tun -, dass eine Verhaltenstherapie für hochintelligente (was natürlich nicht dasselbe ist wie 'hochgebildet') Menschen nicht geeignet sei, weil diese Patienten die Therapeuten immer aushebeln würden und alle Maßnahmen durchschauen würden. So müssten diese Therapien scheitern, während bei einer Analyse der Verstand und die gesamte Persönlichkeit regelrecht gefördert werden. Wie gesagt: Stammt nicht von mir, sondern von einem mir bekannten Psychiater. Ich hab das dann damals an anderer Stelle diskutieren 'lassen' - und man hat das tendenziell bestätigt.

Nur mal so als Gegenentwurf zur analyseunfähigen Professorin. Dass es nahezu - dem deutschen Bildungswesen geschuldet - unendlich viele hochintelligente Hauptschulabsolventen gibt, dürfte sich herumgesprochen haben...

Ich selbst bin eher der Meinung, dass es auf die individuelle Passung ankommt, und da spielt dann womöglich auch - auch schon oft gelesen - der ähnliche soziale Background des Therapeuten mit dem potenziellen Patienten eine Rolle. Es scheint so zu sein, dass die Th. dazu neigen, eher Menschen anzunehmen, die aus ähnlichen Verhältnissen stammen.


leberblümchen
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:15

Kaja, du meinst ernsthaft, dass Menschen aus sog. 'guten' Elternhäusern weniger Probleme haben als die aus 'einfachen' Verhältnissen? Dass man in 'besseren Verhältnissen' liebevoller miteinander umgeht, z.B.? Dass die Eltern dort nicht sterben? Oder ihre Kinder misshandeln? - Oder was gilt für dich als 'Klippe'?

hopelife, ich glaube nicht, dass die sichere Bindung in 'besseren Verhältnissen' dramatisch häufiger zu finden ist als in 'einfachen Kreisen'.


kaja
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:20

Nein meine ich nicht. Wie ich bereits sagte ging es da um den Kontext von sozialer Herkunft. Konfrontation mit Existenzangst der Eltern, Alkohol und Drogenmissbrauch, Gewalt, Armut, Perspektivlosigkeit.
Das diese Faktoren in sozialen Brennpunkten gehäuft auftreten dürfte unstrittig sein. Sicher gibt es auch den saufnden, prügelnden Akademiker in seiner renovierten Altbauwohnung ( um mal ein paar Klischees zu bedienen), aber die prozentuale Häufung von Gewalt,Kriminalität und Co. spielt sich eher im Plattenbau ab.

Daraus lässt sich nicht automatisch ableiten das es immer und in jeder Familie so abläuft. Eigentlich hielt ich es für selbstverständlich das es keine auf jede Situation zutreffende Beschreibung ist.
Zuletzt geändert von kaja am Do., 08.08.2013, 10:23, insgesamt 1-mal geändert.
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stern
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Beitrag Do., 08.08.2013, 10:21

titus2 hat geschrieben:Aber hier speziell ging es ja nun mal um diese Therapieform - und die hat nun mal bestimmte Voraussetzungen. Ohne eine gewisse Reflexionsfähigkeit und ohne die Fähigkeit, sich irgendwie sprachlich auszudrücken, funktioniert es nicht. Und diese Fähigkeiten finden sich nun mal häufig bei Akademikern, nicht bei allen, natürlich!
Sich hinreichend verständlich auszudrücken schaffen die meisten Deutschen. Schwierigkeiten haben eher Leute mit Sprachbarriere (wenn sie der deutschen Sprache nicht so mächtig sind).

Und Selbstreflexion hat mit Intelligenz bestenfalls zu einem kleineren Teil zu tun. Wer beides gleichsetzt verwechselt vielleicht Selbstreflexion mit Intellektualisierung, um die es nun nicht unbedingt geht.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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