Das sehe ich anders. Menschen gehen unterschiedlich mit Wut um. Bei mir hängt es davon ab, ob ich mein Gegenüber schätze oder eher nicht. Wenn ich jemanden nicht mag, dann lasse ich die Wut auch gerne raus, verbal. Den Impuls, körperlich aggressiv zu werden, hatte ich, glaube ich, noch nie. Da mein Therapeut von mir sehr geschätzt wird, habe ich auch dort gar nicht den Impuls, die Wut rauszulassen. Dennoch ist diese Wut ja da. Ich spüre sie. Aber sie muss nicht ausbrechen. Ist nur das ein Gefühl, was ausbricht?montagne hat geschrieben:Sowas wie: "Ich werde jetzt aber sehr wütend..." bo.. nää... wer sowas noch sagen kann, ist nicht mal in der Nähe von Wut, würde ich mal sagen. sondern hat nur irgend ein Kommunikationstraining gemacht.
Meistens nehme ich die Wut erst mal mit und gucke sie mir an - Mann, bin ich reflektiert Und in der folgenden Stunde reden wir darüber.
Ich denke wirklich, dass niemand etwas davon hat, wenn man Wut unreflektiert rauslässt. Wie sollte das funktionieren? Der einzige Vorteil wäre, dass der Therapeut mal gucken kann, wie das so aussieht, wenn man wütend ist... Aber wie sollte das therapeutisch genutzt werden können, wenn man brüllt und bockig ist? Ich hab dann auch schon mal gesagt: "Letzte Stunde hatte ich den Impuls, aufzustehen und zu gehen" - und das hat, denke ich, gereicht, um es als Wut zu verstehen.
Wichtig ist meiner Meinung nach, dass das Gefühl als solches, die Wut, seine Berechtigung hat. Dass man sich nicht einredet, nur dann akzeptiert zu sein, wenn man immer freundlich lächelt. Sondern dass die Beziehung es aushält, wenn man sagt: "Ich bin gerade ziemlich wütend auf Sie!". Mein Therapeut meinte ja: "In solchen Situationen fängt die Therapie gerade erst an" - denn in freundlichen Situationen kann ja jeder mit jedem auskommen. Die Kunst ist, sich auch dann zu verständigen, wenn man einander gerade nicht wohlgesinnt ist. M.E. ist es dazu nicht unbedingt NÖTIG, die Einrichtung zu zerlegen...