Containing in der Psychoanalyse/Psychotherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Widow
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 17:44


Hm, Ihr bringt mich wirklich zum Grübeln ...

Liebe carö,
carö hat geschrieben:habe viele situationen erlebt, wo mir die ruhige und unaufgeregte anwesenheit und sich von meinen "zuständen" nicht aus der fassung zu bringende wesen auf mich sehr beruhigend und haltgebend wirkte.
Entsprechende Situationen habe ich noch nicht erlebt (die waren außerhalb der Analyse und Mr. Gemini52 hat gehandelt - ob ruhig und unaufgeregt, das weiß ich also nicht, allerdings definitiv nicht in meinem Sinne und damals weder beruhigend noch haltgebend). Meine "Zustände" lasse ich seit diesen Erfahrungen jedenfalls tunlichst bei mir, aber nicht auf der Couch "frei".
Ich freu mich aber, dass Du das so ganz anders erleben konntest.


Liebe titus2,

da ich selbst kein Kind habe, weiß ich nicht, ob ich imstande wäre, den Unterschied beispielsweise zwischen Hunger und Angst zu erkennen, wenn es brüllte. Und ich weiß dementsprechend auch nicht, ob ich im Falle von Angst - die für einen komplett abhängigen Säugling, der ja noch nicht mal weiß, wo sein Fuß anfängt oder aufhört, eigentlich eine überwältigende Panik sein muss - dann tatsächlich diese Angst ihm abnehmen, in mir verwandeln und vor allem dann irgendwie (wie auch immer, denn reden geht ja nicht) als aushaltbare wieder zurückgeben könnte. Wie gesagt, ich halte das Konzept für eine Metapher, eine Hilfskonstruktion, die was veranschaulichen soll, von dem man eigentlich nicht konzeptuell, also begrifflich sagen kann, wie's funktioniert (wenn's funktioniert).
Dann:
titus2 hat geschrieben:wie es sich anfühlt, die Aufmerksamkeit des Analytikers zu spüren und wie es ist, mit Worten und Gesten 'gehalten' zu werden. Also, bei mir hat das schon so Einiges bewirkt.
Davon hast Du ja schon verschiedentlich berichtet (danke übrigens fürs Teilhabenlassen!), doch das ist wohl wirklich was, was man erlebt haben muss. Mr. Gemini52 hat den Eisbären ja auch schon 'gehalten' bzw. jenes holding zumindest mal angesprochen, doch der Bär wird dann immer extrem bissig. Ich WILL mich nicht mehr halten lassen, von niemandem mehr: So ein 'Halt' entpuppt sich über kurz oder lang als endlich. Bei mir war's über kurz. Und das will ich nicht noch einmal erleben. Erst mich drauf einlassen, und dann kommt wieder der Tod, wenn ich gerade mitten drin hänge - letztlich im freien Fall ... (Aber das ist meins - und vermutlich wieder analsysezersetzend; gerade montagne noch gelesen - yep, auf diesen "kontraproduktiven" Einfluss mancher Patienten wiesest Du wohl hin.)


Liebe Tristezza,

die Altersdifferenz zwischen Säugling und unsereins ist ein weitere Aspekt, der mir das Containing-Konzept auch zweifelhaft erscheinen lässt.
Danke für den Thread übrigens! Und @ all, danke fü die Anregungen ...

Edit: montagne gerade noch gelesen.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 17:58

**AufdemWeg** hat geschrieben:Warum?
Gefühle werden zu Hauf transportiert in den Therapiestunden
also müssten sie doch dann quasi abgegeben sein und damit schon mal nicht mehr belastend.
Der Therapeut "verdaut" und gibt zurück...

Dann sind wir alle Telepathen, oder was?

Dann müsste das ja auch mit Gedanken ganz locker gehen, daß man die irgendwem überträgt.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:01

ja eben deswegen mutet mich dieses containing auch irgendwie seltsam an
weil ich nicht weiss WIE GENAU das funktionieren soll
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Tristezza
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:36

Vielen Dank für deine Erläuterungen, Montagne!
montagne hat geschrieben:Hi, Tristezza, weiß nicht obs dich beruhigt.
Esotherisch ist die Theorie gar nicht. Es ist eine der anerkanntesten Theorien überhaupt, die im Gegensatz zu so manch anderem Konstrukt breite Anwendung in Psychotherapie und auch Pädagogik erfährt.
Es beruhigt mich etwas... Wenn auch Winnicott und Bion nicht gerade die aktuellsten Autoren sind. Ganz zu schweigen von Melanie Klein, deren "projektive Identifizierung" ja auch in das Containing-Konstrukt mit einbezogen ist. Und damit kann ich mich kaum identifizieren.
montagne hat geschrieben:Es ist nicht als verfahren an sich zu sehen, sondern eher eine Einstellung, wie ein Therapeut oder Pädagoge auf seine Klienten zugeht, wie er/sie arbeitet. Es kann im Rahmen einer langen Therapie genutzt und gesehen werden, aber auch in einer einzigen Situation.
Interessant - wenn es eine Einstellung ist, wirkt es schon deutlich weniger esoterisch.
montagne hat geschrieben:Einen Effekt wird es aber sicher haben und es passiert halt.
Ja, zumindest einen vorübergehend entlastenden Effekt. Ob damit aber tatsächlich von traumatischen Kindheitserfahrungen dauerhaft entgiftet werden kann... ich weiß nicht.
montagne hat geschrieben:Wobei eine der Schwierigkeiten eben darin besteht, dass manche KlientInnen (viele? keine Ahnung), Interaktionen, die Containing möglich machen würden bewusst oder unbewusst verbauen, sowohl in der Therapie, als auch im Leben. Weil sie es so sehr brauchen, wünsche, aber dennoch große Angst davor haben, eben aus schlechter Erfahrung heraus.
Lieber selbst etwas verbauen, als feststellen zu müssen, das der andere meine Gefühle wieder nicht halten konnte, mir wieder nicht zugänglich machen konnte. etwas, das viele in der Kindheit sicher zu genüge erlebt haben.
Ja, solche haben wir hier ja auch im Thread... Ich werde gerade auch von meiner Analytikerin schwer ermutigt, erstmal zu meinen Gefühlen zu stehen, sie nicht abzuwerten oder klein zu machen.

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leberblümchen
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:37

Auf dem Weg: Ich denke, man sollte sich das nicht so vorstellen wie eine Art chemische Reaktion oder so. Ich finde gut, wie montagne das beschrieben hat, als Haltung.

Mich irritiert jetzt eher (so bringen wir uns gegenseitig zum Nachdenken, wie schön ), dass es offenbar auch eine 'legitme' Art der Analyse sein kann, seine 'Zustände' für sich zu behalten. Ich jedenfalls bin voll auf die Übertragungsgeschichte 'reingefallen'. Ich kann gar nicht anders. Und so kann ich auch diese ganzen Gefühle von Trennungsangst, Eifersucht, Gier usw. nicht raushalten.

Und in diesem Zusammenhang hab ich tatsächlich das Gefühl, dass diese Gefühle dort gut 'aufgehoben' (im doppelten Wortsinn) sind.

Was die Säuglinge betrifft: Ich glaube, für eine halbwegs gesunde Entwicklung ist es gar nicht nötig, dass die Eltern das Kind immer verstehen; oft, so meine ich, reicht schon ein Verstehenwollen - im Gegensatz zu einer geistesabwesenden Haltung einiger Eltern, die meinen, so ein vermeintlich dummes Ding würde sowieso nichts verstehen von der Welt.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:40

Mit Haltung kann ich mehr anfangen...aber so ganz dahinter steige ich noch nicht
kommt vielleicht noch
mal weiterlesen was hier noch so kommt
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carö
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:46

titus2 hat geschrieben:Mich irritiert jetzt eher (so bringen wir uns gegenseitig zum Nachdenken, wie schön ), dass es offenbar auch eine 'legitme' Art der Analyse sein kann, seine 'Zustände' für sich zu behalten.
das verstehe ich jetzt nicht. wie ist das gemeint titus ?
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)


Widow
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:51

Bissl OT, sorry ...
titus2 hat geschrieben:Mich irritiert jetzt eher (so bringen wir uns gegenseitig zum Nachdenken, wie schön ), dass es offenbar auch eine 'legitme' Art der Analyse sein kann, seine 'Zustände' für sich zu behalten. Ich jedenfalls bin voll auf die Übertragungsgeschichte 'reingefallen'. Ich kann gar nicht anders. Und so kann ich auch diese ganzen Gefühle von Trennungsangst, Eifersucht, Gier usw. nicht raushalten.

Ich glaube langsam, dass auch Mr. Gemini52 das allmählich nicht mehr "legitim" findet - heute jedenfalls hat er mich richtig rund oder eher platt gemacht und zwar mit einer intellektuellen Höchstleistungseinmannshow, die ihn fünf Minuten überziehen und mich sprachlos (aber kopfschüttelnd) aus dem Behandlungszimmer tappen ließ ... (sorry, irgendwie schien mir das hier doch gerade zu passen, obwohl das Thema ja anders lautet, und ich trage ziemlich schwer dran; vermutlich muss ich's auf der Scholle irgendwann auch noch deponieren - die Scholle: Mein Eisschrank anstelle eines Containers! - Nur die Schollenpost von außen, die ist noch warm, wenn sie dort landet ...)


leberblümchen
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:52

carö, ich hab mich auf widow bezogen, die gesagt hat, sie würde ihre 'Zustände' für sich behalten.

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carö
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 18:56

achso...

ja also ich habe auch nicht alles preisgegeben. muss und kann man ja auch gar nicht.

aber wenn es um "zustände" ging (was auch immer das für den einzelnen sein mag), dann waren die (bei mir) kaum steuerbar und insofern so oder so offensichtlich...

aber ich glaub ich schreib gerade an euch vorbei
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Widow
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 19:00

Liebe carö, ich hatte Dich und das Wort "Zustände" zitiert, warum löst das jetzt Irritationen aus?

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carö
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 19:12

ähm, ich glaub versteh die frage irgendwie nicht.

warum ich irritiert bin ?

wenn ich das immer so genau wüsste

ich glaub ihr habts gerade von was anderem (und von was versteh ich halt grad nicht so richtig.. von den legitimen zuständen oder so *grübel* egal) .. hat nix zu heissen, war ein langer tag bei mir


deswegen
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montagne
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 19:25

Aktuell im Sinne von ihre Theorien kommen noch zur Anwendung, stimmen mit dem heutigen Stand der Erkenntnis überein, sind Bion und Winnicott ja schon noch, was man über Melanie Klein sicher nicht uneingeschränkt sagen kann, da muss man Abstriche machen. Nur sicher haben diverse andere Autoren noch ihr Ding hinzugefügt, zu Bion und Winnicott.
Ob damit aber tatsächlich von traumatischen Kindheitserfahrungen dauerhaft entgiftet werden kann... ich weiß nicht.
Ich glaube darum gehts auch nicht primär, da die Theorie eben etwas aussagt über Objektbeziehungen. Wie die Mutter-Kind-Beziehung, die primäre Beziehung funktioniert und damit wie alle weiteren Beziehungen funktionieren, bzw. Teile davon. Wie der Mensch Selbstregulation, Affektregulation lernt.

Therapeut trifft auf in Kindheit geschädigten Klienten ist ja nur ein Spezialfall davon. Der weitaus häufigere Fall sollte sein: Mutter und Vater treffen auf Kind. Erzieherin, Pädagogin trifft auf Kind. Ehepartner treffen aufeinander, enge Freunde treffen aufeinander.
Es geht um Wachstum. Ob dies nun Wachstum nach traumatischen Erfahrungen ist oder ohne solche im Vorfeld spielt erstmal nicht die Rolle.
Es kommt aber sicher (dann aus anderen Theorieansätzen) in einer Therapie hinzu, wenn es gebraucht wird.

Trotzt alle dem würde ich aus meiner Therapie-Erfahrung sagen es hilft auch bei sehr negativen Kindheitserfahrungen. Meine Kindheitserfahrungen bleiben ja wie sie sind, daran ändert sich nichts, egal wie man die Kuh aufzäumt. Aber diese neuen Erfahrungen mit meiner Therapeutin, dass sie eben durchaus emine gefühle haltren, modifizieren und mir so zurückgeben konnte, kann, dass ich damit was anfangen kann, was ich vorher meist nicht konnte, das steht als Gegengewicht.

Sowohl was ich eben neues lerne, Selbstregulierung, Affektregulierung, als auch die Tatsache, dass sich jemand mit mir diese Mühe macht. Lerne, dass es überhaupt möglich ist, Affekte nun auch in MIR zu regulieren, zu modifizieren, für mich produktiv nutzbar zu machen.

Nicht dass es stets und ständig gelingt, aber ich weiß um die Möglichkeit dessen und nehme es als konstanten Lernansporn oder Entwicklungsansporn.
Zuletzt geändert von montagne am Mo., 09.07.2012, 20:25, insgesamt 1-mal geändert.
amor fati

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Tristezza
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 19:26

Widow hat geschrieben: Ich glaube langsam, dass auch Mr. Gemini52 das allmählich nicht mehr "legitim" findet - heute jedenfalls hat er mich richtig rund oder eher platt gemacht und zwar mit einer intellektuellen Höchstleistungseinmannshow, die ihn fünf Minuten überziehen und mich sprachlos (aber kopfschüttelnd) aus dem Behandlungszimmer tappen ließ ... (sorry, irgendwie schien mir das hier doch gerade zu passen, obwohl das Thema ja anders lautet, und ich trage ziemlich schwer dran; vermutlich muss ich's auf der Scholle irgendwann auch noch deponieren ...)
Sollst du jetzt den Container für die intellektuellen Ergüsse von Mr. Gemini spielen oder wie? Rollenumkehr?


Widow
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Beitrag Mo., 09.07.2012, 19:33

Tristezza hat geschrieben:Sollst du jetzt den Container für die intellektuellen Ergüsse von Mr. Gemini spielen oder wie? Rollenumkehr?
Hm, auf die (natürlich meinem megalomanischen Narzissten-Gnom Zuckerchen reichende) Idee bin ich noch gar nicht gekommen, heute, dazu bin ich immer noch ein bissl zu platt(gemacht).
Und um ehrlich zu sein: Nee, irgendwie glaub ich nicht, dass es das war. Ich glaub, der war heute echt sauer (in Thera-Jargon: Ob meines impertinenten Intellektualisierens). Da wollte er mir wohl mal zeigen, wo der Hammer hängt. Dass der aber nicht hing, sondern rhythmisch auf einen Kopf niederging, meinen, das hat er in der Situation nicht gesehen. (Aber das ist nun wirklich OT, sorry.)
Immerhin war es mal nicht mein eigenes Schlagwerkzeug ... (ich sag doch immer, dass ich toxisch und ansteckend bin)

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