muss man unbedingt weinen in der Therapie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Tristezza
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Beitrag Di., 17.07.2012, 07:36

Liebe HeAndMe,
HeAndMe hat geschrieben:Sie hat mich im Rahmen einer "inneren Kind-Arbeit" in einen Zustand geführt, der für mich unglaublich bedrohlich war.Ich hatte nur noch den einen Gedanken: raus zu kommen aus diesem bedrohlichen Zusatnd....ich bat sie "heraus" zu dürfen und sie sagte darauf diesen einen Satz, der sich einfach festgebrannt hat in meinem Kopf:"Wenn sie es jetzt nicht schaffen ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, zu weinen, zu toben oder was auch immer, dann werden sie immer in diesem Zusstand hängen bleiben, irgendwie zwischen Leben und Tod, und nach 80 Stunden aus der Therapie heraugehen und unendlich frustriert sein"
woher weißt du, dass dieser Satz stimmt? Ich kenne mich mit Traumatherapie nicht gut aus, aber es erscheint mir merkwürdig, dass man bei der Konfrontation mit dem Trauma unbedingt seinen Gefühlen freien Lauf lassen muss. Alleine die Tatsache, dass deine Thera dich in einen so bedrohlichen Zustand geführt hat, finde ich sehr fragwürdig (wie hat sie das denn gemacht?).
HeAndMe hat geschrieben:Gibt es Leser, die es geschafft haben die eigenen Mauern der inneren Abwehr,vielleicht auch erst nach langer Zeit, einzureissen?
Das klingt fast brutal, ähnlich wie das, was deine Thera von dir gefordert hat. Ich denke, gerade bei Traumatisierten hat die innere Abwehr auch eine wichtige Schutzfunktion, die man nicht auf Biegen und Brechen bekämpfen sollte. Bitte betrachte dich nicht als Versagerin, die ihre letzte Chance vertan hat. Was sagt deine Thera denn dazu, dass dir ihr Satz wie ein Fluch im Kopf hängt?

Alles Gute

Tristezza

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HeAndMe
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 00:12

Liebe ADW,
**AufdemWeg** hat geschrieben:warum setzt du weinen gleich mit emotionaler Offenheit?
das ist eine interessante Frage, die ich mir nie gestellt hätte,
ich dachte sogar daß sei normal: daß es einem schwehrer fälllt Trauer oder Angst zu zeigen, als Freude o.ä.
Ist Trauer nicht fast ein gesellschaftliches Tabu?

Bei mir ist es so, daß es etwas wie eine innere Sperre gibt, in Gegenwart anderer zu weinen oder andere, tendenziell von mir als "negativ" oder "schwach" empfundene Emotionen zu zeigen (Wut, Angst, Hilflosigkeit, Bedürftigkeit). Es ist dann so, als ob ein mächtiger Teil von mir dem anderen, schwächeren, den Mund zuhält.

Ich glaube, daran waren eben Ereignisse in meiner Kindheitn schuld, die eigentlich solche Gefühle erzeugt hätten oder entsprechende Re-aktionen des Umfeldes. Das ist aber nie passiert. Bis heute überdecken Tabus in der Familie die dahinter schwelenden Gefühle. Und ich habe die wenigen Erinnerungen unter einem "ich-fühl-nichts" Mantel verborgen.

In Kriesensituationen ist es dann eben so, daß ich damit "alleine" bin mit diesen "schwachen" Gefühlen und leider auch keine "Gegenmittel" habe.

Das Rezept meiner Thera ist wohl, solche Gefühle "mit anderen" zu teilen.

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HeAndMe
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 00:39

Liebe Tristezza
dass man bei der Konfrontation mit dem Trauma unbedingt seinen Gefühlen freien Lauf lassen muss.
ich weiß es nicht, bis zum Trauma sind wir noch nie richtig gedrungen. Und ich weiß auch nicht, ob sie das mit mir noch tut. Ich habe ihr kürzlich gesagt, daß ich diese dunkle Stelle gerne noch bearbeiten möchte, sie wirkte auf mich nicht wirklich motiviert dazu, die Zeit ist nun auch glaub ich schon zu knapp für so ein für mich "riesiges" Thema.
Und ich habe ehrlich gesagt auch Angst, daß ich bei dem Thema wieder so abrutsche daß sie mich nicht "herausholen" kann. Ach, es ist schwierig...sicherlich liegt daß auch an meinem starken Hang zum dissoziieren und der Unfähigkeit mir dann helfen zu lassen
Alleine die Tatsache, dass deine Thera dich in einen so bedrohlichen Zustand geführt hat, finde ich sehr fragwürdig (wie hat sie das denn gemacht?).
Mit bedrohlich meine ich natürlich die gefühlsmäßige Ebene.
Ich sollte mich in ein bestimmtes inneres Bild hineindenken, in dem ich zwei Anteilen von mir sehen konnte....als ich mich in den einen davon, warscheinlich den "Kleinkind"-Anteil, hineinversetzte, wurde ich einfach überflutet von einer Art Panik, unglaublicher existenzieller Angst...ich kann das selber nicht gut beschreiben...habe damit ja bisher auch noch keine Erfahrung gemacht.
Eigentlich weiß ich selber nicht recht, was da passierte.
Nur daß ich danach über eine Wochen brauchte, wieder richtig "in die Realität" zu kommen.

Vielleicht kann ja jemand zu solch einer Situation seine eigenen Erfahrungen schildern?
Was sagt deine Thera denn dazu, dass dir ihr Satz wie ein Fluch im Kopf hängt?
[/quote]
Leider hat sie dazu nichts gesagt... nur stumm geguckt.

Heandme
man müßte mit allem rechnen- auch mit dem Guten

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mitsuko
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 06:40

Weinen kann ja unterschiedliche Funktionen haben. Ich kannte mal eine Frau, die weinte sehr viel, nutze das Weinen teilweise auch als Druckmittel, besonders ihrem Mann und Kindern gegenüber. Ich war mit der Tochter befreundet und diese trieb das in den Wahnsinn.
Jedenfalls machte diese Frau eine Therapie und irgendwann erzählte sie der Tochter, die Therapeutin hätte einmal zu ihr gesagt, dass sie das ständige Weinen ihrer Patientin zunehmend kalt ließe. Sie war erst sauer, aber im Anschluss sei ihr sei klar geworden, dass sie permanent eine Opferhaltung eingenommen habe, weil sie die Überzeugung hatte, nur wenn es ihr schlecht ginge, könne sie erwarten, dass andere gut zu ihr sind. Für sie war es ein Durchbruch nicht mehr in der Therapie zu weinen.

Man muss gar nichts unbedingt in der Therapie und das was dem einen hilft ist für den anderen unwichtig. Eine Therapie ist eine sehr persönliche Sache, das es ja auch um die eigene Person dort geht. Und ich glaube auch nicht, dass emotionale Offenheit für jeden so ultimativ wichtig ist für die Therapie. Wenn jemand etwas ohne die Therapie nicht überstanden hätte, dann war die Therapie gut und derjenige hat es "geschafft" sie für sich zu nutzen.

Bei mir ist es auch so, dass sehr oft etwas in der Therapiestunde zwar angestoßen wird, ich das dort aber gar nicht so wahrgenommen habe. Und dann wirkt das in mein Leben ein, und darum geht es auch für mich. Ich muss das dann nicht immer besprechen. Es muss sich nicht alles um den Therapeuten drehen oder um die Sitzung selbst. Eine Therapie ist für mich nicht dann gut, wenn es eine tolle Therapeuten-Patienten Beziehung gibt, in der alles besprochen wird, sondern dann, wenn sie etwas im Leben des Patienten positiv bewegt - egal wie.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 08:04

Bei mir ist es auch so, dass sehr oft etwas in der Therapiestunde zwar angestoßen wird, ich das dort aber gar nicht so wahrgenommen habe. Und dann wirkt das in mein Leben ein, und darum geht es auch für mich. Ich muss das dann nicht immer besprechen. Es muss sich nicht alles um den Therapeuten drehen oder um die Sitzung selbst. Eine Therapie ist für mich nicht dann gut, wenn es eine tolle Therapeuten-Patienten Beziehung gibt, in der alles besprochen wird, sondern dann, wenn sie etwas im Leben des Patienten positiv bewegt - egal wie.


allerdings funktioniert das bei mir nur WENN die Beziehung zur Therapeutin stimmt...aber das ist wohl ein anderes Thema

LG ADW
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Waldschratin
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 09:55

heandme hat geschrieben:als ich mich in den einen davon, warscheinlich den "Kleinkind"-Anteil, hineinversetzte, wurde ich einfach überflutet von einer Art Panik, unglaublicher existenzieller Angst...ich kann das selber nicht gut beschreiben...habe damit ja bisher auch noch keine Erfahrung gemacht.
Eigentlich weiß ich selber nicht recht, was da passierte.
Nur daß ich danach über eine Wochen brauchte, wieder richtig "in die Realität" zu kommen.

Vielleicht kann ja jemand zu solch einer Situation seine eigenen Erfahrungen schildern?
Ich glaub,das passiert den meisten Klienten immer mal wieder,daß einen existentielle Ängste/Panik überfluten.Mich hat das anfangs auch ganz schön "mitgenommen",weils ja meist so überraschend über einen hereinbricht.
Bei mir war da als erstes dran,den Dissos nicht mehr so passiv ausgesetzt zu sein,sondern Wege zu finden,mich möglichst früh schon abgefangen zu bekommen und zu lernen,diesem "Kindanteil" das Erwachsene in mir an die Seite zu stellen.

Ich find das Vorgehen deiner Thera auch recht befremdlich...Sie "führt" dich in ne Konfrontation rein,um deine Gefühle "rauszulocken",ohne dir vorher was an die Hand zu geben,daß du selber dem dann nicht hilflos ausgeliefert gegenüberstehst...
Die angetriggerten Gefühle "distanzlos" auszuleben/auszudrücken löst sie doch längst noch nicht auf!Das wiederholt nur das Erleben des Ausgeliefertseins.
Da würd ich mich auch weigern zu weinen,mich "verletzlich" zu machen...
Zuletzt geändert von Waldschratin am Mi., 18.07.2012, 09:58, insgesamt 1-mal geändert.

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Wandelröschen
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 09:57

mitsuko hat geschrieben: Bei mir ist es auch so, dass sehr oft etwas in der Therapiestunde zwar angestoßen wird, ich das dort aber gar nicht so wahrgenommen habe. Und dann wirkt das in mein Leben ein, und darum geht es auch für mich. Ich muss das dann nicht immer besprechen. Es muss sich nicht alles um den Therapeuten drehen oder um die Sitzung selbst.
Genau so ist es bei mir, manchmal ist es nur ein kleiner Nebensatz, während der Stunde kaum beachtet, der erst später zu Hause wirkt und einiges anstößt.
mitsuko hat geschrieben: Eine Therapie ist für mich nicht dann gut, wenn es eine tolle Therapeuten-Patienten Beziehung gibt, in der alles besprochen wird, sondern dann, wenn sie etwas im Leben des Patienten positiv bewegt - egal wie.
Ja, aber eine tolle Therapeuten-Patienten-Beziehung hilft dabei ungemein.

Weinen? An die Gefühle herankommen? Doch, weinen kann ich schon, können wir aber nur unterschiedlich, es gibt ausgesprochene „Heulsusen“, aber auch welche, die keine Tränen herauslassen, einen ausgesprochenen Wüterich und welche, denen alles scheinbar kalt lässt und die erzählen, als wenn sie die aktuellen Börsendaten aus der Zeitung vorlesen. Gefühle zulassen? Auch bei mir noch ein schwieriges Thema, aber allmählich habe ich innerlich schon die Gewissheit, dass mein Thera mir hilft, dass das nur sehr fein dosiert passiert, so gut, wie er auf mich/uns/auf die Kleinen aufpasst, die vertrauen ihn mittlerweile sehr. Es werden keine Mauern eingerissen, dass es überflutet, war bis vor kurzem immer die tierische Angst, höchstens ganz langsam Stein für Stein und dann vorsichtig sehen, was passiert. Das dauert.
Und dann kommt wieder die rote und der geht es viiieeel zu langsam … Ich schaff es noch nicht, sie in ihre Schranken zu weisen, und bin so froh, dass mein Thera es schafft, sie zu bremsen und dadurch die Kleinen auch schützt.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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HeAndMe
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Beitrag Mi., 18.07.2012, 22:27

Hallo waldschratin,

Ja, ich fühle mich tatsächlich nicht gerade sicher bei meiner Thera im Moment...auch wenn sie tatsächlich für mich ständig erreichbar ist, was ich kaum nutze aber eine wertvolle Erfahrung ist:...jemand ist verläßlich und er ist da!
Nur ist die Therapie ja in absehbarar Zeit zu Ende und ich habe nicht das Gefühl wirklich gelernt zu haben, klarzukommen wenn gewisse Anteile die "Führung" übernehmen.
Waldschratin hat geschrieben:Bei mir war da als erstes dran,den Dissos nicht mehr so passiv ausgesetzt zu sein,sondern Wege zu finden,mich möglichst früh schon abgefangen zu bekommen und zu lernen,diesem "Kindanteil" das Erwachsene in mir an die Seite zu stellen.
Schade, genau das habe ich irgendwie zu lernen gehofft, solche konkreten Arbeiten gab es bei uns nicht, alles stand immer eher "zwischen den Zeilen". Jetzt, am Ende der Thera, macht sich ein Gefühl der Enttäuschung breit...ich hatte mir mehr konkrete Übungen o.ä. erhofft, wie ich mit meinem schwachen "Kind-Anteil" besser leben kann.
Wandelröschen hat geschrieben: Ich schaff es noch nicht, sie in ihre Schranken zu weisen, und bin so froh, dass mein Thera es schafft, sie zu bremsen und dadurch die Kleinen auch schützt.
Ach ja, seufz, da hätte ich mir auch so gewünscht. Wie genau macht dein Thera das, sie zu bremsen...geschieht das in direkter Ansprache oder indirekt?
Waldschratin hat geschrieben:Die angetriggerten Gefühle "distanzlos" auszuleben/auszudrücken löst sie doch längst noch nicht auf!Das wiederholt nur das Erleben des Ausgeliefertseins.
Da würd ich mich auch weigern zu weinen,mich "verletzlich" zu machen...
Ja, ich bin da total verunsichert. Denke oft ich bin einfach zu "gestört" um mich fallen zu lassen...auf der anderen Seite habe ich im Rahmen der Therapie diesen Wunsch "sich fallen zu lassen" als "kindlich, unreif" und damit nicht hilfreich/wünschenswert einsortiert...ach je, bin grade wirklich verwirrt.

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mitsuko
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Beitrag Do., 19.07.2012, 08:24

@AdW und Wandelröschen
Ja natürlich ist die gute Beziehung und Vertrauensverhätnis in den allermeisten Fällen ganz wichtig. Aber das kann eben auch Unterschiedliches bedeuten. Es bedeutet nicht immer unbedingt, dass jede Empfindung komplett auf den Tisch muss. Es gibt immer noch Themen bei mir, die ich in der Theapie nicht wirklich angesprochen habe - ich komme über die innere Hürde nicht drüber. Dieses Thema kann also nicht bearbeitet werden. Aber es ist ok, solange ich nicht kann, kann ich halt nicht. Ich sehe es nicht so, dass ich deswegen in diesem Punkt versagt hätte. Die Therapie ist auch nicht gescheitert, denn vieles anderes hat sich getan und ich meine, dass sie auch bei der besagten Sache wahrscheinlich mich in der Annäherung weitergebracht haben wird, ich aber eben noch nicht an den Punkt gelang bin, wo ich wirklich dran komme. Diese Härte gegen sich selbst, wenn so ein Nicht-Können nicht respektiert werden kann, sondern man sich dafür schämt oder enttäuscht ist, macht so viel kaputt.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Do., 19.07.2012, 08:28

Ich stimme dir da voll zu mitsuko...
auch ich habe mit Sicherheit nicht alles im Detail auf den Punkt gebracht und einiges auch gar nicht...
hängt für mich aber auch nicht mit einer guten/schlechten therapeutischen Beziehung zusammen...
und ich bin auch froh, sehr froh, dass meine Therapeutin das so sieht wie du es im letzten Satz beschreibst und nicht zwingt...macht sie nicht...

LG ADW
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Waldschratin
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Beitrag Do., 19.07.2012, 15:21

heandme hat geschrieben:Schade, genau das habe ich irgendwie zu lernen gehofft, solche konkreten Arbeiten gab es bei uns nicht, alles stand immer eher "zwischen den Zeilen". Jetzt, am Ende der Thera, macht sich ein Gefühl der Enttäuschung breit...ich hatte mir mehr konkrete Übungen o.ä. erhofft, wie ich mit meinem schwachen "Kind-Anteil" besser leben kann.
Ich hab jetzt nicht auf dem Plan,was für ne Therapie du machst,also kanns auch ganz einfach an der "Arbeitsweise" deiner Thera liegen,daß sie "so" nicht arbeitet.Aber sprech sie doch einfach mal direkt drauf an,daß du dir mehr konkrete "Übungen" wünschen würdest,eben um selber besser mit dem Kindlichen in dir klarzukommen.Müßte ja sehr in ihrem Sinne sein,daß du das lernst.
Ich selber war bei einem extra "fortgebildeten" Traumathera,der ansonsten VT war,aber bei Bedarf auch die unterschiedlichen "Stile" zu mischen wußte.
heandme hat geschrieben:Ja, ich bin da total verunsichert. Denke oft ich bin einfach zu "gestört" um mich fallen zu lassen...
Vertrau da ruhig deinem Gefühl - "krank" ist das nicht gleich.Sondern meistens eher "zeitversetzt",also grade bei den kindlichen Gefühlen.Dann erlebt mans als "überzogen" und die Umwelt als vielleicht "unangebracht" - aber mal aus der Zeit betrachtet,in dem diese Gefühle entstanden sind,werden einem die Zusammenhänge klarer.

Ich sehs auch noch so : "Gefühle zeigen" ist keine "Leistung",die du deiner Thera als "Lohn" bringen mußt - oder um dir selber zu beweisen,daß du "gut funktionierst".
Gefühle sind was ganz Ureigenes,Intimes - und nur man selber entscheidet drüber,mit wem man sie teilt oder eben auch nicht.(Soweit man nicht einfach mal von ihnen überflutet wird - aber das ist eh,denk ich,ein anderes Thema)
heandme hat geschrieben:auf der anderen Seite habe ich im Rahmen der Therapie diesen Wunsch "sich fallen zu lassen" als "kindlich, unreif" und damit nicht hilfreich/wünschenswert einsortiert...ach je, bin grade wirklich verwirrt.
Oh,das kenn ich auch!Das,was so sehr "nicht sein durfte" früher,möchte endlich mal seine "Daseinsberechtigung" bekommen,endlich mal gesehen und "anerkannt",also als "richtig" gewürdigt werden.Find ich was ganz Normales.
Einfach mal sein dürfen,wie`s in einem halt noch drinsteht - und keiner meckert drüber.
Da gehts dann mehr drum,das Kindliche von früher "eingebettet" zu bekommen in das,was jetzt in einem an Kompetenzen und "versorgen können" drin ist.
Da braucht man dann halt erstmal die Unterstützung vom Thera - deshalb geht man da ja auch hin.

Vielleicht hat dich deine Thera einfach noch nicht richtig verstanden in dem,wo du hinwillst und was du brauchst,und sieht nur,daß du von ihr dein inneres Kind versorgt haben willst.Vielleicht denkt sie in ihren "gewohnten Schienen",so wie du in deinen auch - und ihr redet einfach da noch aneinander vorbei. *mal frei vor mich hin sinnier*

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HeAndMe
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Beitrag Do., 19.07.2012, 23:03

Ach Waldschratin
ich danke Dir für Deine Einschätzungen und Deinen Zusspruch, der hat mir so gut getan!

Ja, das "nicht weinen können", vielleicht ist es genau wie Du sagst:
Etwas, das nie sein durfte, verlangt so sehr nach seinem Platz!
Ein kleines Kind, daß sich so gerne anlehnen möchte und trösten lassen, weil es doch innerlich weint, schon so lange, und keiner schaute je hin.
Und daß sich gleichzeitig so furchtbar schämt davor, daß die Thera genau das merken könnte und es dann für dumm erklärt und töricht und sich umdreht und geht.
Und da ist der erwachsene Teil, der genau weiß, daß diese Wünsche unreif sind, unselbstständig und daher nicht sein dürfen.
Und der daher das unglückliche Kind nimmt und es wieder einschließt in die geräuschdichte, dunkle Kammer,
in der diese unendliche grausame Einsamkeit herrscht und wo es keine Gefühle gibt, auch keine schlimmen,
und das ist eine Erleichterung.

Bin gerade wie auf "rohen Eiern" unterwegs, es ist gerade alles zu viel, und in all dem Trubel nehme ich innerlich Abschied von der Thera, die nun bald vorbei ist.
Mein Leben ist noch mehr im Chaos als vor der Therapie. Ich spüre mich zwar mehr, aber das schwächt mich, gibt mir das Gefühl "beschädigt" zu sein, nicht genug zu sein, noch nicht mal zum Weinen können....
Waldschratin hat geschrieben:Aber sprech sie doch einfach mal direkt drauf an,daß du dir mehr konkrete "Übungen" wünschen würdest
Ich habe sie einmal gebeten, diese "innere Kind Arbeit" weiter mit mir zu machen. Ich wollte mich besser kennenlernen, lernen mich selber zu schützen. Sie hat sich darüber gefreut und es in der Stunde zum Thema gemacht, aber danach hat sie es wohl einfach wieder vergessen.
man müßte mit allem rechnen- auch mit dem Guten


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Beitrag Fr., 20.07.2012, 06:31

HeandMe hat geschrieben:Ich habe sie einmal gebeten, diese "innere Kind Arbeit" weiter mit mir zu machen. Ich wollte mich besser kennenlernen, lernen mich selber zu schützen. Sie hat sich darüber gefreut und es in der Stunde zum Thema gemacht, aber danach hat sie es wohl einfach wieder vergessen.
Dann erinnere sie mal wieder dran. Und laß dich nicht schrecken davor,daß deine Thera bald vorbei ist.Manchmal reicht da ein kleiner Moment in einer Stunde,um den "Knoten" zu lösen.Weil du ja die ganze Therapie über auch nicht untätig warst (deine Thera auch nicht) und da schon was entstanden ist (du schreibst ja auch,daß du inzwischen viel mehr spürst/deine Gefühle mitkriegst),auch wenns nicht explizit um innere-Kind-Arbeit ging.
HeandMe hat geschrieben:ich danke Dir für Deine Einschätzungen und Deinen Zusspruch, der hat mir so gut getan!
Gern geschehen!
HeandMe hat geschrieben:Und da ist der erwachsene Teil, der genau weiß, daß diese Wünsche unreif sind, unselbstständig und daher nicht sein dürfen.
Wer sagt denn,daß die nicht sein dürfen?Die entsprechenden Leute von früher...Die ja auch sonst recht viel Mist gemacht haben...Warum sollten die ausgerechnet damit rechtgehabt haben?

Aber ich weiß ja selber,wie sich das dann abrauft in einem : Erfahrung gegen momentanes bloßes Wissen...
HeandMe hat geschrieben:Ein kleines Kind, daß sich so gerne anlehnen möchte und trösten lassen, weil es doch innerlich weint, schon so lange, und keiner schaute je hin.
Und daß sich gleichzeitig so furchtbar schämt davor, daß die Thera genau das merken könnte und es dann für dumm erklärt und töricht und sich umdreht und geht.
Die Erfahrung : es ist jedes Mal so - gegen die Hoffnung/Erwartung : dieses Mal könnts anders sein,nur braucht man halt erstmal noch den sicheren "Boden" dazu,den die Thera geben sollte,damit man genug Sicherheit hat,um so ein erneutes Risiko tatsächlich eingehen zu können...

Ich hab mir meist dann vorgestellt,wie würde ich selber denn mit irgendeinem x-beliebigen Kind umgehen,dem es grade so geht wie meinem inneren?Würd ich das auch wieder fesseln und knebeln und wegsperren?Wohl kaum...

Du hast so ne schöne (und "vielsagende" ) Signatur.Vielleicht kannst du das deiner inneren Kleinen ein bissl näherbringen: auch sie darf mit dem Guten rechnen - auch mit Gutem von dir selber her,was du ihr geben kannst.

Schreibt sich alles so schön leicht - aber ich weiß ja auch,was da für Arbeit,Aushalten,Durchstehen drinsteckt...Ich find,deine Kleine (und du natürlich auch ) ist das absolut wert.

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HeAndMe
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Beitrag Fr., 20.07.2012, 21:05

Ach Waldschratin,

du hast so eine freundliche, einfühlsame Art zu antworten- wo nimmst Du nur die Gabe her, genau das zu schreiben was mir gerade so gut tut... tröstend und gleichzeitig Mut machend!
(Und ich habe mich sooooo über den Umarm-Smilie gefreut!!!!!!)
Waldschratin hat geschrieben: Die entsprechenden Leute von früher...Die ja auch sonst recht viel Mist gemacht haben...Warum sollten die ausgerechnet damit rechtgehabt haben?
Das ist ein wunderbarer Vergleich und natürlich ist das so paradox. Aber:
keine Gefühle zu zeigen, sich nicht ernst zu nehmen, Ängste zu ignorieren und wenn was schlimmes passiert nicht drüber reden...
...so groß geworden zu sein ist wie ein Käfig, aus dem man sich ganz schwer befreien kann.

Es ist gut, wahrnehmen zu können, was mir "meine Menschen" angetan haben. Aber es hat mich so einsam gemacht.
Mein näheres Umfeld hat sich ganz aufgelöst, lebenslange Bindungen sind zerbrochen. Es ist wie nach einem furchtbaren Sturm: geräuschloser, einsamer Stillstand.

Nun wäre es wohl an der Zeit mich um mich selber zu kümmern. Bloß: ich kann sie nicht finden, die Kleine die ich halten müßte.
Und wenn sie sich zeigt in ihrer Verzweiflung, dann ist da keine Große, die sie schützen könnte. Es ist so, als lebten sie in zwei getrennten Welten.

Ist das das Ergebnis von zwei Jahren Therapie?
So viel ist zerbrochen und so wenig Kraft ist mir geblieben.


Heandme
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Waldschratin
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Beitrag Fr., 20.07.2012, 22:02

HeandMe hat geschrieben:(Und ich habe mich sooooo über den Umarm-Smilie gefreut!!!!!!)
Na denn : und again.
HeandMe hat geschrieben:keine Gefühle zu zeigen, sich nicht ernst zu nehmen, Ängste zu ignorieren und wenn was schlimmes passiert nicht drüber reden...
...so groß geworden zu sein ist wie ein Käfig, aus dem man sich ganz schwer befreien kann.
Ja,das stimmt,das ist so.Ich hab das wie ne enge kleine Kiste erlebt,in die ich eingesperrt war,mit lauter Ketten und extra Schlössern drumrum...
Bei mir brauchte und braucht das auch viel Zeit,ist nie "einfach in einem Schwung" aufzulösen gewesen.Immer wieder mal komm ich auch heut noch,halt mal wieder aus ner anderen Richtung,am selben Problem damit vorbei.Aber von Erfahrung zu Erfahrung wirds besser "änderbar".Leider gibts da keinen "Schalter" - den hab ich mir auch immer gewünscht... - den man "umlegen" kann und dann "laufen" die Gefühle von alleine.
HeandMe hat geschrieben:Mein näheres Umfeld hat sich ganz aufgelöst, lebenslange Bindungen sind zerbrochen. Es ist wie nach einem furchtbaren Sturm: geräuschloser, einsamer Stillstand.
War das Folge davon,daß du es hast wahrnehmen können,oder bestand dieses Umfeld aus den Menschen,die dir so wehgetan haben?
HeandMe hat geschrieben:Bloß: ich kann sie nicht finden, die Kleine die ich halten müßte.
Und wenn sie sich zeigt in ihrer Verzweiflung, dann ist da keine Große, die sie schützen könnte. Es ist so, als lebten sie in zwei getrennten Welten.
Das ist wohl auch so ähnlich...Ich kanns nur bedingt nachvollziehen,weil das bei mir etwas anders lag.Ich war multipel und da gab es mehrere Kleine und etliche Erwachsene dazu im System.Von daher war da immer irgendwo ein erwachsener Anteil "dabei" bei so ner Kleinen in ihrer Abgespaltenheit.Also von Haus aus dann schon leichter umsetzbar,der Kleinen ne Große zur Seite stellen zu können.

Aber uns "zusammenraufen" und gegenseitig unsere "Welten" kennenzulernen,das war bei uns auch nötig.Aber da komm ich dann wieder auf die Stabilität des "Ganzen".Wir konnten das auch erst,als unsere "Hauptleute" es gelernt hatten,uns selber halbwegs stabil zu bekommen und auch größere Abstürze zu managen.Dazu muß ich aber sagen,daß ich von Haus aus so ne Art "Grenze" in mir hatte,wie weit das gehen durfte,mich nie drin "verloren" hab,sondern bei uns war das oberste Gebot,um keinen Preis auffällig zu werden,für niemanden.Weil das als Kind überlebenswichtig war für mich.

Vielleicht wärs ne Möglichkeit,wenn du Große die Kleine mal mehr "einlädst" als "suchst".Bei uns war das jedenfalls so,daß unsere Kleinen vor den Großen eher Angst hatten - weil die Großen halt ihre Ruhe vor den Kleinen wollten und da manchmal recht ruppig und "plattmachend" waren ihnen gegenüber.

Und ja,das alles kostet unendlich Kraft - aber das Aufrechterhalten des Verdrängens etc. kostet die auch...Nur halt über lange Zeit weniger spürbar.Aber die Erschöpfung darüber kommt irgendwann auch durch.

Deine Einsamkeit und dieses Gefühl von Zerbrochensein versteh ich gut.Daß es dir jetzt bewußter ist,daß es "da" ist,das ist natürlich erstmal schrecklich und schwer aushaltbar.Aber anders kriegt mans ja auch nicht zu fassen - und damit verändert.
"Da" war das auch vorher schon - nur halt verdrängt,nicht unmittelbar spürbar.

Sich den Tatsachen in sich zu stellen,ja,das kenn ich auch : Katastrophenstimmung!Das ganze Kartenhaus,das man in so mühsamer Kleinarbeit sich drumrum aufgebastelt hat,ist eingestürzt.
Aber so ein Kartenhaus "versteckt" das Eigentliche halt auch nur...

Ich wünsch dir in all dem jetzt erstmal ne ordentliche Portion gesunder "Entrüstung" (falls Wut noch zu viel wäre... ) über diese "deine Menschen",die das angerichtet haben in dir.Die Trauer drüber ist ja schon da - und das braucht es auch.Und auch das braucht seine Zeit,genauso wie die Erschöpfung über all das lange Aushalten.

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