Keine Diagnostik / Behandlung trotz Betreuung

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.
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hawi
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Beitrag Do., 09.02.2012, 17:47

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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 19:27

Ach hawi, ist das schön !

Also weiter im Text....
Zuerst mal für mich selbst, um meine Gedanken zu sortieren, mir Klarheit zu verschaffen.
Wenn ich eine falsche Abzweigung nehme, bitte Bescheid sagen.
Nach bestem Wissen und Gewissen....

Projekt: Operation deiner Freundin!

Es gibt einen Ist Zustand. Beschreibung
Derzeitige Lebensumstände, Beeinträchtigungen durch Krankheit(en)!, Perspektive mit und ohne OP

Es soll eine OP geschehen. Beschreibung
Art des Eingriffs, vllt. Hinweis auf ganz bestimmtes Krankenhaus, warum jetzt und nicht schon früher, aber auch nicht später, mögliche Risiken, soweit ich diese als Laie beurteilen kann

Es soll dadurch ein besserer Ist Zustand erreicht werden. Beschreibung.
höhere Lebensqualität, geringeres Risiko für zweiten Schlaganfall, keine Folgeerkrankungen, weil Ursache "behoben" ist

Allein schon aus ärztlicher Sicht sollte Zustand nach der OP erheblich besser Sein als vor der OP!
Das ist von den Ärzten bisher nie ernsthaft angezweifelt worden. Aus ärztlicher Sicht steht die Frage ja/nein eigentlich gar nicht, weil sowas in jedem Fall und, salopp gesagt, ohne jede Diskussion operiert werden muss. Eigentlich. Natürlich nur mit Zustimmung des Patienten, an der es bekanntlich scheitert. Es besteht eigentlich auch kein Zweifel daran, dass sich das Wohlbefinden, der Allgemeinzustand deutlich verbessert, wenn sich nur das im Körper befindet, was da auch hingehört. Aber das kann man aus unterschiedlichen Perspektiven sehen, keine Frage.

Denn, wie du ja schon geschrieben hast, die OP selbst ist sehr riskant!
Ja. Wie riskant ist riskant? Da besteht Klärungsbedarf. Auch weil ich den (vllt. falschen) Verdacht habe, dass es (auch) ein Kompetenzgerangel ist. Da müssen Fakten auf den Tisch, zumindest ca.-Aussagen über und welches Risiko.

Verbietet sich somit von allein, wenn
- der Ist Zustand eher nicht absehbar lebensbedrohend ist und/oder

akut lebensbedrohlich nicht, sonst wäre schon operiert worden, und absehbar lebensbedrohlich? das weiß niemand, es kann täglich zu schweren Komplikationen kommen, die eine Not-OP mit ungewissem Ausgang erforderlich machen, aber es kann auch noch Jahre gutgehen, von zunehmenden Schmerzen und Beeinträchtigungen anderer Organe mal abgesehen, die Ärzte prognostieren meiner Freundin ohne OP eine geringere Lebenserwartung, eben bedingt durch Folgeerkrankungen
es ist ein Abwägen zwischen.... (muss nachdenken)

- der durch OP angestrebte Zustand nicht erheblich besser als der jetzige ist
siehe oben, aus medizinischer Sicht deutlich besser, für meine Freundin? möglicherweise unverändert, weil sie es jetzt auch völlig verdrängt, nur wird sie es auf Dauer nicht verdrängen können, zunehmende Probleme sind vorhersehbar, schwierige Frage, nochmal vertiefen

Das Projekt braucht also erst mal einen Mediziner, der selbst ans Projekt glaubt
Und klar, der müsste auch für Angehörige ansprechbar sein, nicht nur für die Betreuerin.
Am besten nicht nur, weil es sein Pflicht ist, nahen Verwandten Auskunft zu geben, sich mit ihnen zu besprechen.

ist noch zu eruieren, der letzte Facharzt, den ich gesprochen habe, berief sich auf das halbe Jahr "Sperrfrist" nach einem Schlaganfall, innerhalb der ersten sechs Monate wird nur im absoluten Notfall operiert, danach muss man neu entscheiden, das steht jetzt an, darüber hinaus gab es nebelhafte Aussagen, dass es eine schwierige OP wird (allerdings auch mit weiteren Erklärungen warum schwierig, also schon nachvollziehbar), aber nicht die Aussage: ja, machen wir

Wenn es den gibt, braucht das medizinische Projekt Unterstützer!
Familie, Freunde deiner Freundin, die möglichst alle sagen, wir wollen das so.

Kein Problem, die Unterstützung ist vorhanden, aber das Problem liegt woanders. Alle verlassen sich auf meine Meinung, weil entweder völlig entscheidungsunfähig oder Gottvertrauen, dass ich schon das richtige denke und tun werde. Das macht es für mich nicht leichter.

Fortsetzung folgt...
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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 19:59

Spätestens hier wird dann deine Freundin und ihr Wille, Unwille, mutmaßlicher Wille maßgebend.
Wie war sie vor ihrem Schlaganfall zu solchen Dingen eingestellt?

tricky, ich kann die Frage beantworten, lass es absichtlich hier mal weg, aber (ketzerische) Gegenfrage: Warum der Schlaganfall als "break"? Ok, ist rhetorisch, ich denke für mich drüber nach...

Wollte sie da für sich oder ganz allgemein Ärzte, wollte sie dass eingegriffen wird, auch bei hohem Risiko, oder hätte sie lieber gehabt, auch schon vor ihrem Schlaganfall, dass Ärzte dann nicht an ihr „rumpfuschen“?
Sowohl als auch. Das war bei ihr schon immer etwas diffizil. Bestimmten, langjährig bekannten Ärzten hat sie vertraut und sich untersuchen und behandeln lassen, jeder fremde Arzt war ihr potentieller Feind. Das hat Gründe, traurige Gründe. Aber genau dieser Umstand wird jetzt (und später) natürlich im Krankenhaus mit fremden Ärzten zum Problem. vllt., wenn den Ärzten das bekannt wäre, mit ein bisschen Einfühlungsvermögen...., in der Reha hat es ganz gut geklappt, aber da wollte sie auch niemand operieren....

Wollte sie wenigstens allgemein jede Art von Leben oder sagte sie eher, nee lieber sterben als so leben?
Leben! Eindeutig. Für die Zeit vor dem Schlaganfall kann ich das zu 100% so sagen. Danach ist es schwer zu beurteilen. Objektiv, ohne eigene Projektionen. So schwer wie es sie getroffen hat, gehört eine gewisse Apathie und bspw. nur kurze Aufmerksamkeitsspanne zum Krankheitsbild dazu. Aussage der Ärztin war auch, wenn sie merken, dass es ihr psychisch nicht gutgeht, bekommt sie die Gute-Laune-Pillen. Das war bisher wohl noch nicht notwendig.

geht durchaus, dass das Projekt dem Betreuungsrichter erst mal selbst vorgetragen wird, dass erst mal der einerseits von der Notwendigkeit Mitteilung erhält,
kein Problem

aber auch womöglich davon, dass halt deine Freundin vor ihrem Schlaganfall die riskante OP gewählt hätte.
Hm... , muss ich hier mal offen lassen.

Hapert es an der Notwendigkeit, auch schon daran, dass sich nach der OP im Vergleich zum vorherigen Zustand gar nicht viel verbessern kann, dann wäre schon da das Projekt gestorben.
Von wo aus gesehen? Was ist besser? Die Folgen des Schlaganfalls können und werden damit nicht aus der Welt geschafft. Aber eine Beeinträchtigung weniger, ist auch besser. Viel besser?

-----

Es bestand schon vor dem Schlaganfall eine Betreuung...
Ebenso das Problem mit der nicht durchgeführten OP...
Nun kam der Schlaganfall dazu und man (also die Ärzte, Betreuerin, Angehörige) waren sich einig es nach einem halben Jahr (also ca. Januar) nochmal neu zu entscheiden, entscheiden zu müssen. Das wurde jetzt (unfreiwillig) durch die auftretenden Beschwerden forciert.

Fazit?
Es ist ein Gespräch mit dem zuletzt behandelnden Facharzt notwendig. Mir fehlt das Gefühl für das OP-Risiko.

Lilly
... legt eine Denkpause ein
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Lilly111
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Beitrag Do., 09.02.2012, 20:36

Kurzer Nachtrag zu "absehbar lebensbedrohlich".

Vllt. nicht unbedingt absehbar. Aber es ist absehbar, dass es sehr wahrscheinlich irgendwann lebensbedrohlich wird. Und dann steht schon jetzt fest, dass sich über die Zeit die OP-Bedingungen nochmal verschlechtert haben werden und somit das Risiko steigt. D.h., es ist auch ein Abwägen zwischen jetzt hoffentlich erfolgreicher OP und später ziemlich sicher nicht mehr möglicher OP, weil dann das Risiko definitiv zu hoch ist.
De facto man operiert jetzt (in absehbarer Zeit, in einigen Monaten) oder man kann es für alle Zeit vergessen und dann nur noch auftretende Symptome behandeln.

Eine gerichtliche Anordnung heißt nicht automatisch auch OP. Das hieße erstmal genauere Diagnostik, ob nicht vllt. sogar schon jetzt eine OP nicht mehr angezeigt ist. Das kann momentan niemand wirklich wissen, weil die entsprechenden Untersuchungen nicht stattgefunden haben.
Aber es bleibt eine Zwangsmaßnahme. Auch wenn eigentlich - nach allgemeinem Ermessen - nichts schlimmes stattfindet. Aber für meine Freundin ist es schlimm. Und das zählt.

Lilly
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hawi
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Beitrag Fr., 10.02.2012, 09:22

Hallo Lilly!

Du hast geschrieben, ich hab gelesen.
Für mich?! Einerseits wird manches klarer, nicht grad einfacher, aber verständlicher.

Wichtig, für so einiges wichtig, dass der Schlaganfall gar nicht am Anfang des jetzigen Dilemmas steht. Nicht nur! Weder war der Anlass deiner Freundin eine Betreuerin zur Seite zu stellen, noch ist der Schlaganfall jetzt Anlass für die „notwendige“ OP.

Das ändert zwar nicht alles, aber schon einiges. Das hatte ich halt nach deiner Schilderung für mich anders zusammen gereimt.
Wohl auch deshalb, weil ich es halt selbst bei Mutter so erlebt habe. Schlaganfall und drei, vier Tage später ne Not OP. Im nachhinein auch eine OP, die nur zum Teil durch den Schlaganfall notwendig wurde. Gallensteine als Ursache für innere Blutungen.
Genaues weiß ich gar nicht mehr, aber diagnostiziert, ggü. mir kommuniziert wurde damals, dass wegen der Blutungen operiert werden sollte, dass Ergebnis der OP … ???
Ich glaub weils damals so übel klang, ist da jetzt grad meine Erinnerung futsch!

Seis drum, ich rätsele dadurch grad.
Es braucht vor dem Projekt, neben dem Projekt womöglich so was wie ne Zeittafel, nen krankheitsbezogenen Lebenslauf für die wichtigen Ereignisse, für das, was der Schlaganfall zwar jetzt arg verschlimmert hat, was aber bereits einen Vorlauf hat.
Zum einen der Vorauf in Sachen OP, zum anderen aber auch der Vorlauf in Sachen Betreuung, Vielleicht ja der selbe, vielleicht ein anderer.

Im Moment lass ich mal das Projektschema beiseite. Es passt für mich so, wie es grad aussieht nicht mehr ganz.

Und zwar vor allem auch grad im Hinblick den Willen deiner Freundin bezogen.
Spätestens hier wird dann deine Freundin und ihr Wille, Unwille, mutmaßlicher Wille maßgebend.
Wie war sie vor ihrem Schlaganfall zu solchen Dingen eingestellt?

tricky, ich kann die Frage beantworten, lass es absichtlich hier mal weg, aber (ketzerische) Gegenfrage: Warum der Schlaganfall als "break"? Ok, ist rhetorisch, ich denke für mich drüber nach...
Ich hab das deshalb so formuliert, weil für mich Beginn allen Übels der Schlaganfall war.
Vorher: Gesund an Geist und Körper, nachher Körper geschädigt und Geist auch.
Und in solchen Fällen, wenn keine Patientenverfügung für so was da ist, dann wird halt schon versucht zu ermitteln, was denn ein Patient zu alldem gedacht hat, haben könnte, als er noch eindeutig dazu fähig war.

Klar, weils doch um einiges anders bei deiner Freundin ist, macht Schlaganfall als „Break“ nicht mehr ganz so viel Sinn.

Jetzt? Eher negativ, dass die „Projekt OP“ bereits vor dem Schlaganfall im Raum stand, aber……, wohl nicht grad positiv von deiner Freundin gesehen wurde.

Umso wichtiger scheint mir die Historie zu werden, die negative, die aber womöglich für ein Einsortieren des jetzigen Unwillens deiner Freundin im Ergebnis positiv sein kann.

Ihre (berechtigte) Angst gegenüber fremden Ärzten!
Was es auch immer im Ergebnis bringt, je klarer der Unwille deiner Freundin den wichtigen Leuten wird, je mehr sich dieser Unwille auch rational begründen lässt, auch Übles in der Vergangenheit zurückführen lässt, das halt jetzt blockiert, desto besser.

Noch mal, erst mal geht es mir nicht um Entscheidungen, „nur“ um Information, Überblick für alle. Und da ist schon einiges gewonnen, wenn grad auch der Unwille so rational wie möglich gesehen werden kann, er von allen besser verstanden werden kann.

Neuen Ärzten wäre grad auch das nahe zu bringen! Einem Richter, einer Betreuerin, soweit sie es noch nicht wissen. Und auch wenn sie es wissen, sollten sie rein menschlich immer mal wieder drauf hingewiesen werden, wenn der Unwille im Weg steht, aber wenigstens ab und zu verständlicherweise im Weg steht.
Info, nicht um dann zu fordern, was zu verlangen, außer das halt mitzudenken, zu beachten.

.....
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hawi
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Beitrag Fr., 10.02.2012, 09:25

.....

Zum Arzt, zum „OP Termin“, auch all dem, was eben im Projekt sehr viel medizinische Einschätzung ist.
Klar, beim Zusehen drängt es einen, grad wenn es nicht gut aussieht. Aber mir scheint das OP Projekt da genau in der Zeit zu sein, nach dem, was du schreibst.
Viel früher als jetzt wäre es ja anscheinend ohnehin eher nicht gegangen und ein wenig zeitlicher Spielraum scheint auch noch vorhanden. Passt also im Moment noch so ziemlich.
Und alles, was im Projekt damit zu tun hat, sind eher Positionen, die zunächst mal ein Arzt auf seine Weise ausfüllen muss, sollte. Du? Wenn ich dich einfach mal zur Projektleiterin ernenne, dann bist du eine umso bessere, je mehr du nur koordinierst, kommunizierst, ohne den Spezialisten, Fachleuten jeweils reinzureden, ihre Arbeit schon mal selbst machen zu wollen oder ihnen in ihrer Arbeit zu viel Vorgaben zu machen.
Allein gutes Kommunizieren erreicht oft mehr, auch ein höheres Tempo, eine bessere Arbeitsqualität, als es bei fehlendem, fehlerhaften Austausch der Fall ist. Versuchst du zu schnell was darüber hinaus, bremst das wieder. Eigene Meinung? Dein Wille? Den darfst du zwar haben aber nach außen? Sehr dosiert! Viel besser da im Zweifel (wenn es geht) die eigentlichen Spezialisten jeweils ihrs machen zu lassen. Wenn dann ein Arzt operieren will, ein Richter/eine Betreuerin das verhindert, dann ist auch da am besten, es so zu belassen, so zu kommunizieren und eher den Versuch zu machen, zu vermitteln, gemeinsam nach etwas zu suchen, mit dem alle „zufrieden“ sein können.

Womöglich ist Projekt - so gesehen - besser und länger Leben für deine Freundin.
Nur OP ist womöglich zu fixiert, zu viel OP als „Selbstzweck“

LG hawi
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hawi
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Beitrag Fr., 10.02.2012, 09:43

Bestimmten, langjährig bekannten Ärzten hat sie vertraut und sich untersuchen und behandeln lassen, jeder fremde Arzt war ihr potentieller Feind.
Ließe sich einer dieser bestimmten Ärzte mit ins Projekt einspannen?
Würde es was bringen, wenn so ein Arzt versuchen würde, bei wichtigen Entscheidungen deine Freundin zur Zustimmung zu bewegen anstelle von ihr unbekannten Fachärzten?
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Lilly111
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Beitrag Fr., 10.02.2012, 10:27

Hallo hawi !
Du hast geschrieben, ich hab gelesen.
Für mich?! Einerseits wird manches klarer, nicht grad einfacher, aber verständlicher.
Danke!
Natürlich auch für dich! Wie ich schrieb mit der vllt. falschen Abzweigung, meint, wenn ich mich irgendwo gedanklich verrenne, dann bitte "geraderücken". Das machst du hier, das brauche ich und dafür bin ich dir dankbar.

Ja, ich wusste ja logischerweise schon bei Threaderöffnung, dass es eine lange, komplizierte Geschichte mit ganz vielen Facetten ist. Je mehr Punkte (hier) offenbar werden, desto komplizierter wird es.
Hätte ich alles auf einmal schreiben sollen/müssen? Ich konnte und wollte es nicht, sorry. Es fehlen auch jetzt noch ein paar Puzzlesteine. Mir geht das alles sehr nahe, ich kann da nicht drüber schreiben, als wenn es irgendeine Geschichte aus irgendeinem Leben ist. step by step, drüber schreiben und sich die Gedanken dazu entwickeln lassen. Ok? Ich bin in den letzten Tagen schon sehr viel weiter gekommen (Verständnis für die rechtlichen Aspekte, ein bisschen emotionaler Abstand, langsam kristallisiert sich das weitere Vorgehen).

Was ich auch aus deinen Zeilen rauslese...
Mehr Zurückhaltung meinerseits wäre gut. Koordinieren ja, Meinung beeinflussen nein.
Da bin ich grundsätzlich bestimmt nicht traurig drüber, weil es auch bedeutet ein Stück weit die Verantwortung abzugeben. Eine sehr große Verantwortung... Es ist für mich schwer den Mittelweg zu finden zwischen "einfach laufen lassen, ich kann sowieso nichts ändern" und "alles richtig machen wollen". Bei letzterem spielen bei mir auch (vermeintliche) Versäumnisse in der Vergangenheit eine Rolle und daraus resultierende Schuldgefühle. Der Gedanke, ihr wenigstens jetzt zur Seite stehen zu müssen.
Womöglich ist Projekt - so gesehen - besser und länger Leben für deine Freundin.
Nur OP ist womöglich zu fixiert, zu viel OP als „Selbstzweck
Die Krux dabei: besser und länger leben erreicht man (nur) mit der OP.
Ließe sich einer dieser bestimmten Ärzte mit ins Projekt einspannen?
Würde es was bringen, wenn so ein Arzt versuchen würde, bei wichtigen Entscheidungen deine Freundin zur Zustimmung zu bewegen anstelle von ihr unbekannten Fachärzten?
Das habe ich früher schon mal versucht. Ich war in Kontakt mit genau dieser Ärztin, Ergebnis war eher negativ. Aber angesichts der neuen Entwicklung (Schlaganfall) gibt es vllt. auch eine andere Meinung dazu. Ja, ich sollte es auf jeden Fall mit anregen, in der Hoffnung, dass das Verständnis für die Befindlichkeiten meiner Freundin größer ist, als das Kompetenzgerangel.

Soweit in Kürze, auf Details gehe ich heute Abend noch näher ein, muss erstmal weg.

Danke hawi ! Ich hoffe, du hast Verständnis, wenn einiges hier so häppchenweise rüberkommt.

Lilly
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hawi
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Beitrag Fr., 10.02.2012, 12:06

Hallo Lilly,

wenn es nicht wirklich sehr gute Gründe dafür gibt, bin ich eher gegen umfassend detailliertes Offenlegen von Privatleben im Internet. Ich tu es für mich nicht und erwarte es auch nicht von anderen. Eher sogar im Gegenteil.

An mein Verständnis müsstest du also wenn, dann umso mehr appellieren, wenn du hier wirklich auch das aller Privateste sofort und in vollem Umfang berichten würdest. Geht auch, aber richtiger fühlt es sich für mich so an, wie du es jetzt grad hier machst.

In Richtung Projekt gedacht? Zum Teil muss es da ohnehin weiter gehen als hier im Forum und da ……. hängt zwar auch von den Beteiligten ab, aber da meine ich, dass große Offenheit, also auch ein sich öffnen, wo es dir selbst schwer fällt, eher gut für alle ist. Z.B. auch eine Betreuerin, wenn sie nicht völlig daneben ist, verstände sie dann womöglich ab und an besser, warum du ihr grad mal wieder…….!
Etwas persönlich nehmen, oft glaube ich gut, wenn auch das einfach ehrlich rüber kommt, umso eher kommt es richtig rüber, oft auch nah, sympathisch rüber, nimmt es ein gegenüber nicht allzu schnell selbst persönlich (negativ). Kann ich selbst allerdings in der Theorie viel besser so sehen als es in der Praxis immer umzusetzen.

LG hawi
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Lilly111
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Beitrag Fr., 10.02.2012, 21:32

Hallo hawi,

gut..., dann bleibe ich bei meinem Stil hier zu schreiben.

Auf das zentrale Thema "Wille" gehe ich später noch ein.
...hängt zwar auch von den Beteiligten ab, aber da meine ich, dass große Offenheit, also auch ein sich öffnen, wo es dir selbst schwer fällt, eher gut für alle ist. Z.B. auch eine Betreuerin, wenn sie nicht völlig daneben ist, verstände sie dann womöglich ab und an besser, warum du ihr grad mal wieder…….!
Da sind wir dann wieder bei "alle an einen Tisch" und warum es im Interesse meiner Freundin so wichtig ist. Und Offenheit.... ja. Miteinander reden, auch über scheinbare Tabus. Die jüngste Eskalation der Ereignisse, im Krankenhaus, ihr völliges blockieren, was bis dahin so nicht war, verdeutlicht wie wichtig das ist.

Es tut mir unendlich leid, was da im Krankenhaus passiert ist. Die Betreuerin hat mir ein paar Situationen im Detail geschildert. Da waren alle Beteiligten überfordert, aus Unkenntnis bzw. (zwangsläufig) falscher Einschätzung der (wahrscheinlichen) Ursache für das blockieren.

Ich habe mit den Angehörigen gesprochen, vor zwei Wochen, 'warum, so war sie doch sonst nicht, OP nein, ja ok, aber alles andere ging doch, ab wann genau hat sie blockiert, welcher Arzt wollte untersuchen usw.'. Nach Beantwortung dieser Fragen stand für mich ein Verdacht im Raum. Nachfragen. Gab es da mal was? Könnte sein, dass... ? Hört sich an, als wenn.... Und dann kam leise, langsam eine Geschichte raus. Eine, die mich sprachlos gemacht hat. Die so einiges in einem anderen Licht erscheinen läßt. Die nicht zuletzt Mitauslöser für noch ganz andere Probleme sein kann.

Wie gehe ich damit um?
Zunächst den eigenen Schock verarbeiten. Schock lähmt, macht handlungsunfähig, ganz schlecht.
Als nächstes kein Porzellan zerschlagen. Keine Vorwürfe, die ändern die Vergangenheit auch nicht.
Und dann? Die Angehörigen davon überzeugen, dass Ärzte und Betreuerin davon wissen sollten ! - Und schon kommt das abwiegeln, das schönreden, das nichts genaues weiß man nicht, ist schließlich niemand dabei gewesen, ausser meiner Freundin. Sie hat nie darüber gesprochen, aber sie war verändert, deutlich verändert, dafür hat man damals Gründe gefunden, vllt. die falschen? Es ist nur ein Verdacht. Stimmt. Aber ein ziemlich naheliegender.
Und genau diesen Verdacht könnte man den Ärzten mitteilen.
Ich bin der Meinung man sollte es den Ärzten und der Betreuerin mitteilen.
Im Interesse meiner Freundin.
/ironie on
Da ist mein Verkaufstalent gefragt.
/ironie off
Mir werden hoffentlich noch die richtigen Argumente einfallen.

Oder sollte ich mich raushalten? Die drei Affen? Ich bin nicht der Typ dafür.
Meine Freundin hat eine Zukunft, so bescheiden sie für Aussenstehende auch erscheinen mag, aber es ist ihre Zukunft, eine andere hat sie nicht. Die sollte nicht schwerer sein, als sie es ohnehin schon ist. "Nur" aus Scham heraus, Scham über das Thema, Scham über das lange Schweigen, Scham über das eigene "Versagen". Was ist höher zu bewerten? Ich habe für mich eine eindeutige Antwort darauf.

Lilly
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hawi
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Beitrag Sa., 11.02.2012, 08:37

Guten Morgen Lilly!

Soll ich sagen, es sei eins meiner Lieblingsthemen? Passt nicht!
Dennoch, ehrlich und einigermaßen offen kommunizieren, grad auch dann wenn schwer fällt, wenn Ängste hindern, ist wohl schon ein arg wichtiges Thema für mich.
Ganz allein für mich, weil es mir früher noch schwerer als heute fiel, mich danach zu verhalten und mir an der ein oder anderen Stelle persönlich im Weg stand, mich belastet, behindert hat. Ich mich jedoch auch widersprüchlich benehme, benommen habe. Scheinbar Offenheit selbst umso besser kann, je eher ich andere als unoffen erlebe.
Nicht dass ich pauschal dafür plädiere, alles in jeder Situation sofort offen zu kommunizieren, das sicher nicht. Aber…
Aus ner Menge von Erfahrungen heraus, es hat viel mehr Vorteile als Nachteile, wenn grad belastendes, persönlich emotionales, all das, was eben oft auch einem selbst so vor kommt, als ob es besser sei, es nicht zu sagen, ob nun aus eigener Angst, Schwäche heraus oder aus vermeintlicher Fürsorglichkeit andern gegenüber, aus dem Grund, sie nicht belasten zu wollen o.ä., kommuniziert wird. Über das wie, wann, darüber darf/muss jeder schon nachdenken, sich klar werden, um Fehler möglichst zu vermeiden, sie zu minimieren. Aber im Zweifel dann gar nicht zu reden, das ist fast immer verkehrt.

Auch wenn es ein ganz anderes Thema war, eigentlich schreib ich dir hier dazu nichts anderes, als vor kurzem in deinem andern Thread.
Und weils ja schon Ewigkeiten her ist, dennoch nicht so Recht ganz erledigt ist für mich, und das wohl grad auch wegen Unoffenheit, lande ich wieder bei meinem Vater.
Thema „Kriegsvergangenheit“ hatten wir schon. Thema „Krankheit, Sterben“: Er starb früh, ich war 23. Er starb an Krebs und es dauerte ca ein Jahr. Gleich zu Beginn zwei schwere Operationen. Und die Info der Ärzte an meine Mutter und mich, dass keine Chance auf Heilung bestünde. Die Ärzte wussten es, dann meine Mutter und ich. Nur meinem Vater wurde es bis zum Schluss nicht gesagt.
Unoffenheit! So übel auch die ganze Krankheit schon war, das Verschweigen, nicht drüber reden dürfen, nicht drüber geredet zu haben, für mich irgendwie halt wieder so was wie eine „offene Rechnung“. Die sich eben auch nicht mehr begleichen, ausgleichen lässt. Vielleicht bin ich ja zu genau, zu pingelig, zu….. ?
In dem Fall, es hätte an irgendwelchen Fakten nichts geändert. Es geht mir wohl auch eher nicht darum, zu behaupten, so eine Offenheit würde immer positiv für das sein, was geschieht. Nee, kann so sein, muss aber nicht. Nein, heute finde ich, dass falsche Verschwiegenheit ….. Es ist eine Form von Vermeidung, Verdrängung und für mich oft auch Ausdruck davon, Nähe, Vertrauen, Offenheit dort, wo sie sehr wichtig gewesen wäre, für alle, auch um die persönliche innere Last zu teilen, mitzuteilen, dass alle es gekonnt hätten, aber die Chance verpasst haben.
Du hast hier selbst schon von so was wie Pflichtgefühl geschrieben, dem Gefühl, eben alles, was du irgend kannst, fast schon tun zu müssen.
Sieht sicherlich Mensch im nachhinein nie völlig gleich, aber wenn es bei mir ab und an zu so etwas ein Rückdenken, Rückblicken gibt, dann zweifle ich kaum an all dem, was von mir und anderen wirklich getan wurde oder auch nicht. Wenn mal was nicht so gut war, dann ist da bei mir fast nie ein wirklicher Vorwurf übrig, dann seh ich manches nicht so tolle immer auch hektischen, stressigen Situationen geschuldet. Nein, wenn, dann bleiben mir Unfähigkeiten im offenen miteinander Reden, etwas in Richtung Vertrauen und Nähe in so einem Moment nicht richtig, ausreichen gelebt zu haben.
Scham, Angst, es gibt eine Zeit, in der es sehr wichtig wird, ist, die mit anderen zu teilen. Ein Zeitfenster! Wenn sich das wieder schließt, geht teilen nicht mehr. Und ich finde, dadurch behält dann jeder etwas, das er besser hätte teilen, mitteilen sollen.

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Beitrag Sa., 11.02.2012, 10:32

Guten Morgen hawi !

Ich habe mal wieder das Bedürfnis Danke zu sagen. Für deine einfühlsamen Zeilen. Für deine Hilfe ohne zu sagen: ich würde das so und so machen. Ich lese deine Meinung zwischen den Zeilen raus. Das ist für mich wertvoller als ein direkter Ratschlag.

Du kannst ruhig sagen, es ist ein Lieblingsthema. Oder vllt. ein Dauerbrenner-Thema. Für mich scheint Kommunikation oder das teilweise Fehlen derselben in meinen Beziehungen auch immer wieder ein zentrales Thema zu sein.

Du sprichst einen - auch für mich immer wieder - wichtigen Punkt an. Schutz. Selbstschutz und den/die anderen schützen zu wollen. Wenn ich für mich reflektiere... oft ist es wohl in erster Linie der Wunsch andere schützen zu wollen, mich erst danach. Zum Teil auch aus Erfahrung heraus. Erfahrung, dass der andere tatsächlich überfordert ist. Also stelle ich mir (teils unbewußt) immer erst die Frage wie viel oder wenig kann ich dem anderen zumuten. Darf ich zumuten. Da übernehme ich ein Stück weit eine Verantwortung, die ich gar nicht habe. Weil? Weil ich glaube manche Dinge sind unzumutbar. Ich bin unzumutbar.
Aber ist es nicht tatsächlich so, dass jeder nicht unbegrenzt breite Schultern hat? Aber dennoch sollte man wohl jedem selbst überlassen, was er tragen möchte und was nicht. Das muss ich für mich immer noch, immer wieder lernen. Wenn es zu viel für die eigenen Schultern wird, muss man etwas abgeben, es teilen. Das tue ich hier gerade, mit diesem Thread und auch mit dem anderen (der momentan im Hintergrund steht aufgrund der sich überschlagenden Ereignisse).

Was du von deinem Vater schreibst, tut schon nur vom lesen weh. Nicht so sehr die Krankheit, aber der Umgang damit. Ich kann nachvollziehen, dass es für dich eine offene, nicht mehr zu begleichende Rechnung bleibt. Vllt. auch die Frage (die ich mir wohl stellen würde) was wäre für ihn, deinen Vater, anders gewesen. Besser? Wirklich besser? Spontane Antwort: ja, natürlich besser, weil offener, ehrlicher. Ich würde es für mich selbst auf jeden Fall wollen, dass man offen mit mir umgeht, auch mit den "Katastrophenmeldungen". Aber....

Ich habe vor zwei Jahren einen Freund unter ähnlichen Umständen verloren wie du deinen Vater. Die Ärzte, die Angehörigen waren offen zu ihm, auch er selbst hat sich, Internet sei Dank, ziemlich genau über seine Krankheit und die entsprechende Lebenserwartung informiert. Hat es ihm geholfen? Hat er seine letzten Monate und Wochen besser gelebt als wenn er es nicht so genau gewußt hätte? Ich habe Zweifel. Nicht generell, will das nicht verallgemeinern, aber bei meinem Freund. Er war verbittert. Kann man es ihm verdenken? Nein. Durch dieses Wissen entsteht die Situation, dass man auf den Tag X hinlebt. Das tun wir alle, jeden Tag, jeder Tag ein Tag näher dem eigenen Tod. Aber im Normalfall weiß niemand so genau, wann das sein wird. Im Falle einer solchen Krankheit gibt es ziemlich klare "Vorgaben". Da wacht man morgens vllt. mit dem Gedanken auf 'war das heute dein letzter Sonnenaufgang oder hast du noch drei weitere? wenn ja, was fängst du mit diesen an?' Dieses nichts mehr mit sich und dem Leben anfangen können, war bei ihm ganz zentral. Für Aussenstehende war da das Gefühl, dass er seine Zeit nicht mehr zu nutzen vermag. Wie auch? Wie kann / sollte man sie nutzten? Was ist dann noch wichtig? Für ihn war Hoffnung wichtig, und wenn sie noch so unrealistisch war.

Vllt. gibt es den goldenen Mittelweg. Sowohl als auch. Offenheit ja, aber nicht so schonungslos offen, dass jede Hoffnung zunichte gemacht wird.

Zeit...., Zeitfenster.... ja.
Das "vergesse", verdränge ich für mich gern mal. Auf den anderen Thread bezogen ist es wohl schon lange wieder geschlossen. Dennoch... für mich..., vllt. ist es für mich erst jetzt die richtige Zeit. Und hier, aktuell, empfinde ich jedes weiter Zeit verstreichen lassen als "Sünde". Als zusehen, dass vllt. unrechte Dinge geschehen, die hätten verhindert werden können.

Mir tut der Austausch hier gut. Da werden die Schultern entlastet.

für später.... "Wille & Break & Gedankenspiele"

Lilly
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Beitrag Sa., 11.02.2012, 11:54

Hallo Lilly!

Weil es sich durchaus nicht verallgemeinern lässt, schreib ichs nur einigermaßen konkret zu meinem Vater, der damaligen Situation, dem Schweigen, Verschweigen, dem Nicht-Drüber-Reden.
Was mich daran heute nicht oft aber manchmal beschäftigt, dürfte eher nicht so altruistisch sein, ist durchaus was, das ichbezogen ist, was mit mir zu tun hat.
Warum? Weil zwar durchaus in meinem Elternhaus privat über vieles geredet, sich ausgetauscht wurde, Gefühle zeigen ging, aber grad für meinen Vater auf einer gewissen Ebene halt überhaupt nicht. Eine Mischung aus seiner Person, seiner Art sich zu zeigen oder nicht, schon da hatte er seine Art, manches emotional zu verstecken, aber auch aus Erziehung, seiner Herkunft, Sozialisation heraus verbot sich so einiges.
Das tut man halt nicht, hat verhaltenstechnisch gar nicht stattzufinden!
Ich glaub also erst mal nicht, dass er so recht gekonnt hätte, gewollt hätte, dort zu reden, wo ich es für angebracht, hilfreich gehalten hätte.
Wie es damals gelaufen ist, vordergründig kam ihm das durchaus entgegen.
Trotzdem, für mich, meine Mutter aber auch für ihn selbst, ich bin mir recht sicher, mit ein wenig mehr Offenheit wäre für alle einiges einfacher gewesen. Offensichtliches zu verschweigen, es trennt, wie ich finde, belastet.
Verbittert, wie du es über deinen Freund schreibst, so hab ich meinen Vater eher nicht in Erinnerung. Nur ein wenig. Für mich hatte es am Ende eher was von einem zu großen Klammern ans „Restleben“. Kann für ihn ganz anders gewesen sein, aber zusehend war es für mich ab einem gewissen Punkt zuviel an Lebenswille, wo alles andere dann schon hin war. Am Ende lebte da mehr der Wille allein als sonst noch was von ihm. Und - auch das womöglich ein falscher Eindruck - ein Teil seines Willens war noch nicht mal der Wille, für sich noch leben zu wollen, nö, mir schien es war auch so was wie weiter Leben müssen, für meine Mutter und mich, weiterleben als seine Pflicht, seine Aufgabe.
Aber all das hochspekulativ, womöglich eher auf meinem eigenen Mist gewesen als real gewesen. Nichts genaues weiß ich nicht. Und das konnte ich noch nie gut, Nichtwissen mag ich nicht.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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Lilly111
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Beitrag Sa., 11.02.2012, 18:51

Hallo hawi !

... viele wahre Worte.
Ja, fehlende Kommunikation kann auch trennen. Nicht nur nicht verbinden, sondern direkt trennen. Das nehme ich für mich auch so wahr.

Verbittert...
Mein Freund war damals so verbittert, weil er so einen großen Lebenswillen hatte. Für ihn war es ganz schwer das Leben, sein Leben, loszulassen. Er wollte so unbedingt leben. Irgendwann war medizinisch der Punkt erreicht, wo die Chemo mehr Schaden als Nutzen gebracht hat, also abgesetzt werden musste. Er wollte sie aber unbedingt weiter nehmen, weil sie doch so gut geholfen hat. Eine abgrundtiefe Verzweiflung. Nicht sterben zu wollen und doch zu müssen.

Emotionen zu zeigen oder zuzulassen war für ihn (auch) sehr schwer. Zum Teil auch bedingt durch das Elternhaus und seine Erziehung. Er war ein "Unfall" auf Fronturlaub. Seine Mutter hat ihn zeitlebens spüren lassen, dass er ungewollt und ungeliebt war. Sein Vater hat versucht das etwas auszugleichen, aber fehlende Mutterliebe kann durch nichts und niemanden ersetzt werden.

In den letzten Monaten, im Wissen um die Krankheit und den nahen Tod, hat er.... ich weiß nicht, ob ich es jetzt richtig formuliere..., seine Scheu abgelegt. Er hat sich nicht mehr geschämt zu weinen, hat seine Verzweiflung gezeigt, ganz offen darüber gesprochen, dass er eine wahnsinnige Angst vorm sterben hat, es war, als wenn ich durch den Ausdruck seiner Augen direkt in seine Seele schauen konnte. Wir kannten uns so viele Jahre und waren uns gefühlt wohl nie so nahe wie in diesen Monaten.

In den letzten Wochen gab es einen Palliativmediziner, was ein Glück war. Er sagte damals einen Satz, den ich nie vergessen werde: 'Es ist nur wenigen Menschen vergönnt, dass Körper und Seele gleichzeitig vom Leben loslassen.' Das wünsche ich jedem, wenn es mal soweit ist. Alles andere ist ein furchtbarer Kampf.

hawi, manchmal kann Nichtwissen vllt. auch eine Gnade sein. (ich war jetzt gedanklich in meinem anderen Thread)

Vorhin vergessen, finde ich aber interessant...
Scheinbar Offenheit selbst umso besser kann, je eher ich andere als unoffen erlebe.
Warum glaubst du ist das so?
Vllt. als Ausgleich? Wenn der andere sich nicht öffnen kann, dann tust du es für ihn? Stellvertretend? Oder zum "Mut machen", es dir nach zu tun?

Lilly
... as stubborn as a mule.

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Lilly111
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Beitrag Sa., 11.02.2012, 21:44

Es zählt der Wille meiner Freundin. Und nur der. Was ist ihr tatsächlicher Wille und welche Antworten und Reaktionen sind (nur) krankheitsbedingt? Dürfen sie deshalb vernachlässigt werden? Es macht die Kommunikation so enorm schwer, wenn ein Mensch gedanklich in einer anderen Welt lebt als man selbst. Es ist, als wenn beide verschiedene Sprachen sprechen. Wie sieht ihre Welt aus? Ich würde gern teilhaben und kann es doch niemals. Vllt. sollte ich es mir auch nicht wünschen. Vllt. herrscht bei ihr heilloses Chaos oder weitestgehende Leere? Ich weiß es nicht. Ich erreiche sie nicht. Und das nicht erst seit ihrem Schlaganfall. Wir sprechen schon lange verschiedene Sprachen. Manchmal, in guten Momenten, fanden/finden wir zur selben Sprache. Ich weiß, wie ich ein Lächeln auf ihr Gesicht zaubern kann, wann sie lacht und worüber. Das sind die Glücksmomente. Bevor sie wieder in Apathie versinkt. So nennen es die Gesunden. Für sie ist es wohl einfach nur ihre Welt, an der die anderen nicht teilhaben. Nicht teilhaben sollen? Sie ist sehr aufmerksam, scannt ständig ihre Umgebung nach möglichen Gefahren ab. Nach welchen? Wovor hat sie Angst? Das ihr jemand etwas tut? Sich über ihren Willen hinwegsetzt? Ich biete ihr offenbar keinen ausreichenden Schutz. Sie macht es auch in meiner Anwesenheit. Oder ist es einfach nur Neugier? Am Leben der anderen, ihrer Umwelt teilhaben wollen? Eher nicht. Sie wirkt feindselig, wenn sich eine fremde Person nähert.

Ich habe fast keinen Zugang zu ihr. Nicht zu ihrem Geist und nicht zu ihrer Seele. Sie hört mir zu, läßt sich von mir "zuquasseln", ist "höflich interessiert", lacht, wenn ich was Lustiges erzähle. Aber sie entspannt sich nicht wirklich. Sie ist nicht bei mir, läßt sich nicht ein. Sobald ich das Thema auf dieses Etwas in ihrem Bauch lenke, sind die Schotten dicht. Kommunikationsabbruch. Total. Mimik, Gestik, Sprache, alles auf Null. Für den Rest des Tages gibt es nur noch ihr Kuscheltier, alle anderen sind Luft. Ich bin die Böse. Weil ich ihr was wegnehmen will? Was sie unbedingt behalten will? Warum? Will sie es behalten oder darf nur niemand ihren Körper beschädigen? Es gab Zeiten, da hat sie homöopathische Mittel genommen, um "es" wegzukriegen. Das war nicht erfolgreich, seitdem ist es scheinbar akzeptiert. Aus Angst vor dem Skalpell? Oder weil die Unversehrtheit ganz oben an steht? Oder weil das Vertrauen fehlt? Narkose bedeutet Kontrollverlust, ausgeliefert sein, nicht wissen was geschieht.

Ich würde vieles geben und fast alles tun, wenn ich dadurch erfahren könnte was in ihrem Kopf vorgeht. Ich weiß es nicht. Und ich weiß auch nicht wer es wissen könnte. Wer wie einen Zugang zu ihr finden könnte. Sie war in Behandlung. Medikamente. Was noch? Small talk übers Wetter? Ich habe den Kontakt gesucht, damals, und auch bekommen, ja. Ärztliche Schweigepflicht, natürlich. Inzwischen ist Herr Prof. in Pension. An seinem Urteil, seiner Behandlung zweifelt niemand. Traut sich niemand zu zweifeln? Aber Zweifel sind auch nicht notwendig. Weil, medizinisch erwiesen, nach einem Schlaganfall ohnehin die Gehirnzellen einmal durchgeschüttelt, neu gemischt und wieder anders zusammengesetzt werden. Wer vorher saure Gurken für sein Leben gern aß, mag danach Schokolade. Nicht nur der Geschmackssinn verändert sich von Grund auf, sondern auch vieles andere. Was genau und wie, merkt man dann irgendwann am Patienten. Frische Luft ist ja auch nicht mehr so angesagt. Wo sie doch vorher jeden Tag unterwegs war, auch wenn es nicht sein musste, egal bei welchem Wetter.

Bliebe da noch die Frage nach dem Willen.

Lilly
... as stubborn as a mule.

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