Trauma - weiß ich es?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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sofa-held
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Beitrag Sa., 10.12.2011, 23:08

@Gold-Marie, ich find das sehr wohltuend was du da schreibst. Ich hab meine körperlichen Reaktionen auch lange weggeschoben, oder als nicht zusammenhängend mit meinem Trauma-Erlebnis eingeordnet (kann mich erinnern) nur um es meinem Leben rauszubuchsieren. Ich achte jetzt auf meinen Körper und wie er auf bestimmte Trigger anspringt...

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Gold__Marie
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Beitrag Sa., 10.12.2011, 23:21

@ sofa-held: das freut mich zu lesen! Und im Endeffekt erspart man sich auch so manche Therapiestunde damit

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Juline
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Beitrag So., 11.12.2011, 11:35

Hallo

Gold-Marie, danke für deinen Beitrag.
In deine Zeilen könnte man sich wirklich reinlegen, sehr wohltuend.

Wenn dies allerdings meine Thera lesen würde, würde sie wohl eher sagen: "Juline. Nicht vergessen, worauf wir zurzeit hinarbeiten...! " Ich lebe mit vielen somatischen Formen (von Klein auf) und höre seeeeeehhhr viel auf meine Gefühlswelt oder eben diese körperlichen Symptome. Fast ausschließlich (würde meine Thera sagen).
Ich muss lernen, dass ich abseits dieser Gefühlswelt WAHRNEHME, was wirklich IST. Das ist viel allgemeiner zu fassen. Ganz alltägliche Situationen bewerten meine Gefühle / mein Körper als DIE KATASTROPHE, obwohl ich möglicherweise gerade nur beim Bäcker anstehe .

Deshalb bin ich ja so übervorsichtig mit meinen Signalen zu einem ev. Trauma. Und deshalb habe ich auch sooooo große Angst mit meiner Thera über all das zu reden. Ich habe keine Fakten, außer ein paar, die für mich mit meinen Gefühlen nicht übereinstimmen.

Aber ich glaub ich muss mit ihr reden. Mir macht das ganz schön Bauchweh, dass meine Thera glaubt, dass ich viel mehr weiß als ich in Wirklichkeit tue.

Liebe Gold-Marie, dennoch kann ich mir jedenfalls daraus mitnehmen: Etwas weniger quälen, Zeit nehmen und diese Gefühle nicht bekämpfen sondern immer wieder beruhigen. Das ist ein schöner Ansatz!
Wie gehts dir dabei? Wie lange steckst du schon in deinem Nicht-Wissen? Versucht ihr in der Therastunde immer wieder darüber zu sprechen oder habt ihr es erstmal beiseite gelegt?

Fleur-de-lis, ja ich mache auch eine tiefenpsych. Therapie. Nach vielen ausprobierten Therapieformen, bin ich hier zum ersten mal richtig aufgehoben, bei mir zuhause = in mir und nicht an meinem Außen herumformend. Auch wenn es dort bei mir zuhause noch ziemlich dunkel ist und nachdem ich mich vor Dunkelheit sowieso fürchte ..... Aber Licht einschalten und alles deutlich zu sehen --- Puh...! Dann doch lieber so:

LG


montagne
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Beitrag So., 11.12.2011, 18:23

Hi Juline,
was du schreibst könnte echt genau so von mir sein. Genau so ist es bei mir auch. Nur ist es bei mir so.. einmal geht es um Dinge in der Kindheit, da weiß ich es wirklich nicht genau, es ist eben nur dieses ganz ganz schreckliche Gefühl, diese Ahnung, genau dieses: Ich weiß was aber eigetlich weiß ich nix.
Dann gibt es noch etwas in meiner Biographie, später, da geht es mir subjektiv genau so, da gibt es aber objektive Beweise.
Das lässt mich schon denken... ich kenne die Diskussion um falsche Erinnerungen... ich eknne es aber auch von mir selbst, dass nach jahren wirklich noch was auftauchen kann an Erinnerungen und manches taucht eben icht auf und das quält einen fast noch mehr.

Meine Therapeutin gibt mir auch das Gefühl als würde sie denken, ich wisse konkretes und wolle es nur nicht sagen. Wenn ich sagen, ich köne ihr doch gar nichts sagen, ich sei mir nicht sicher was war, ob was war, dann sagt sie, ich WOLLE nicht darüber sprechen (und das sei auch okay).
Und ich dachte lange, hey, Shice, ich will ja, aber ich kann nicht, weil da nichts ist.

Inszwischen sehe ich aber, das sich da was ändert.
Das nämlich:
Was ich dir sagen will: vertraue deinen Gefühlen, nimm sie als einen Teil von dir an. Und erst wenn du sie annimmst wirst du dich ihnen stellen können, wirst du sie bewältigen können! Ich drück dir ganz fest die Daumen dabei!

Nimm dir Zeit dazu!! Und zwar so viel, wie du eben dazu brauchst! Selbst wenn man es manchmal ganz schön eilig damit hat...(Kenn ich nur zu gut, aber da muss man sich dann manchmal einfach bremsen)
Es geht nicht primär darum genau zu wissen was war. Es geht darum dass ich mir und meinen Gefühlen vertraue, sie ernst nehme. Und ich brauche nicht genau zu wissen was war, um mein Gefühl, wie es ist ernst nehmen zu können. Seit ich es ernst8er) nehmen, merke ich auch, wie es eigentlich weniger bedrohlich und belastend wird.

Ich habe das irgedwann auch so konkret angesprochen, dass es mich eben auch belastet nicht genau zu wissen... wir haben dann vereinbart, dass ich darüber nochmal sprechen kann, das wir das bearbeiten, wenn es so weit ist. das ist für mich gut, ich muss nicht, aber kann darf... das einiges tages vllt. jemand "Zeuge" des gefühls, der Unsicherheit wird, das ich es teilen kann.
amor fati

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Juline
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Beitrag So., 11.12.2011, 19:11

montagne hat geschrieben: Es geht nicht primär darum genau zu wissen was war. Es geht darum dass ich mir und meinen Gefühlen vertraue, sie ernst nehme. Und ich brauche nicht genau zu wissen was war, um mein Gefühl, wie es ist ernst nehmen zu können. .
Hallo montagne,

es tut gut zu lesen, dass du mein Wirr-Warr an Gedanken nachvollziehen kannst. Gleichzeitig tuts mir leid, dass es doch offenbar einigen ähnlich geht.
Deine Anregung klingt gut, ich verstehe es auch irgendwie. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das umsetzen soll. Wie kann ich mein Gefühl "ernst nehmen" ohne es zu übersetzen (weil es mir auch nicht möglich ist)??
Das klingt vielleicht blöd, aber soll ich dann mit meinem Gefühl "reden", als eigenen Anteil? Und es somit zu beruhigen versuchen? Oder bin ich da nun ganz verkehrt? Tut mir leid, dass diese Frage vielleicht ganz dumm wirkt: Aber wie macht ihr das, eure unübersetzbaren Gefühle ernst zu nehmen?

LG Juline

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Juline
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Beitrag So., 11.12.2011, 19:25

montagne hat geschrieben: Meine Therapeutin gibt mir auch das Gefühl als würde sie denken, ich wisse konkretes und wolle es nur nicht sagen. Wenn ich sagen, ich köne ihr doch gar nichts sagen, ich sei mir nicht sicher was war, ob was war, dann sagt sie, ich WOLLE nicht darüber sprechen (und das sei auch okay).
Respekt, dass du so offen mit deiner Thera sprichst. Mir macht das ganz große Angst, wie sie eben reagieren wird. Mich vielleicht für dumm verkauft, mich zu sehr bedrängt, mich verurteilt/abstempelt, zusätzlich etwas reininterpretiert, mich zu wenig ernst nimmt....
montagne hat geschrieben: Ich habe das irgedwann auch so konkret angesprochen, dass es mich eben auch belastet nicht genau zu wissen... wir haben dann vereinbart, dass ich darüber nochmal sprechen kann, das wir das bearbeiten, wenn es so weit ist. das ist für mich gut, ich muss nicht, aber kann darf... das einiges tages vllt. jemand "Zeuge" des gefühls, der Unsicherheit wird, das ich es teilen kann.
Das klingt gut.
Dein letzter Satz erinnert mich schon bereits an ein sehr intensives Gefühl während meiner weggetretenen Phasen. Zwischendurch habe ich meine Thera auch registriert und sie war mir sehr nah (nicht räumlich zu verstehen). Sie hatte zwar keine Ahnung was los ist, ich ja auch nicht.... aber ich spürte ihre vorsichtige Anteilnahme. Ich konnte dieses "Etwas" teilen und es war jemand da. So schlimm das alles auch für mich war, ist diese Erfahrung mit meiner Thera in dem Moment eine ganz besondere gewesen. Aber vielleicht handelte sie auch nur so, weil sie dachte, ich bin in einem konkreten Film...


montagne
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Beitrag So., 11.12.2011, 20:05

Aber ich habe keine Ahnung, wie ich das umsetzen soll. Wie kann ich mein Gefühl "ernst nehmen" ohne es zu übersetzen (weil es mir auch nicht möglich ist)??
Das klingt vielleicht blöd, aber soll ich dann mit meinem Gefühl "reden", als eigenen Anteil? Und es somit zu beruhigen versuchen? Oder bin ich da nun ganz verkehrt?
Ich denke jeder muss da eh seinen eigenen Weg finden. Wenn es dein Weg wäre, damit zu reden, als Anteil, warum nicht?

Bei mir ging es um zwei Dinge: Das sehen können, ernster nehmen können, was ich konkret erinnere. das hat bei mir zumindest gedauert, der Prozess läuft noch, das für mich zu sehen, das und das war einfach falsch, hat mir geschadet. Das konnte ich früher gar nicht so verstehen, obwohl gewisse Erinnerungen da waren.

Dann geht es aber eben auch darum das Gefühl ernst zu nehmen. Ich habe früher auch gedacht, wenn ich es ernst nehme und sage.. ja ich habe dieses gefühl, dann würde ich möglicherweise lügen, weil ich dann etwas in den Raum stelle, was vllt. nicht so gewesen ist. "Ungerechtfertigtes Mitgefühl" bekommen, widerlich.

Mir hat genau das geholfen, nachdem meine Therapeutin immer wieder Anmerkungen gemacht hat, zu sagen, dass mich weniger die konkreten Erinnerungen belasten, als das diffuse Gefühl und das, was ich NICHT erinnere.
Es war, wie du es beschreibst, ein Moment großer Nähe zwischen uns. Ich habe mich gesehen und ernst genommen gefühlt mit dem "Etwas", ja ein etwas ist es bei mir auch. Ein bisschen wie ein teilen. Es war wie eine Erlaubnis mich ernster nehmen zu dürfen. Fühlt sich aber schon noch unsicher an.

Ich mache es so, dass ich zur Zeit ein Trauma bearbeite, dass ich als Erwachsene erlebt habe, bei dem ziemlich viele konkrete Erinnerungen da sind. Zur zentralen Frage leider allerdings auch nicht. Aber da ist wirklich einiges da, was mich auch konkret belastet. Das bearbeiten wir jetzt und danach entscheide ich, ob ich das diffuse auch nochmal angehe. Vllt. gleich danach, vllt. später mal in einer anderen Therapie oder gar nicht.

Was ich halt auch merke.... je mehr es in mir reift, umso fassbarer und umso besser in Worte zu bringen ist das gefühl. Die Erinnerungen werden kaum konkrter, aber das Gefühl wird hm.. konkrter, benennbarer. und dadurch und auch dadurch, dass ich zumindest die Erlaubnis habe es ernst zu nehmen, wird es irgendwie erträglicher und ich fühle mich mutiger darüber zu sprechen.

Noch vor einiger Zeit hätte ich da snicht mal hier in der relativen Anonymität so tun können.
amor fati

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Gold__Marie
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 19:30

Hallo Juline!

Ich stecke jetzt ungefähr ein Jahr im Nicht-Wissen. Allerdings gab´s schon länger "Vermutungen" und ursprünglich habe ich mich in Psychotherapie begeben, weil ich "das Gefühl hatte etwas Wichtiges vergessen zu haben." (hatte damals aber noch keine Ahnung in welche Richtung das Ganze geht.)

Ich rede in den Therapiestunden darüber. Nicht immer, aber oft. Auch deshalb weil mich das Ganze in meiner Sexualität einschränkt und das momentan aus mehreren Gründen ein ziemlich zentrales Thema in meinem Leben ist.

Und ich versuche NUR in den Sitzungen darüber zu sprechen, es so gut wie es eben geht dort zu lassen. Momentan klappt das ganz gut, natürlich gelegentlich mehr und weniger gut. Ich habe auch gelernt in manchen Situationen ganz bestimmt "Nein" zu diesen Gedanken zu sagen. Zum Beispiel wenn ich lernen sollte, und mich dann abermals in Gedankenquälerei verirre. Da sag ich dann zu mir selbst:" Stopp. Jetzt nicht. Das kannst du wann anders immer noch tun. Du musst jetzt lernen."

Zum Glück gibt mir meine Therapeutin nicht dass Gefühl etwas zu wissen was ich nicht sagen will. Das stell ich mir sehr schwierig vor. Im Gegenteil, sie bestärkt mich in meiner Vermutung warum ich es NICHT wissen will bzw. wieso ich mich nicht erinnern KANN, weshalb mein Kopf das derzeit nicht zulassen will. Das tut mir persönlich sehr gut, weil ich absolut nachvollziehen kann, weshalb ich aus verschiedenen Gründen momentan nicht dazu bereit bin zu erinnern...

Hast du dir das schon mal überlegt? Weshalb du vielleicht im Moment einfach noch nicht bereit dazu bist zu erinnern? Wieso das gerade nicht in deine Lebenssituation passen würde (natürlich, wann passt das schon rein?! Aber vielleicht empfindest du ja Gefühle, die es momentan einfach nicht möglich für dich machen zu erinnern...)

Glg! Gold__Marie

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Juline
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 21:22

Hallo!

Also ein Erinnern stelle ich mir grundsätzlich sehr belastend vor. Aber ich sehe zurzeit keinen absolut falschen Zeitpunkt. Der richtige wird wohl sowieso nie kommen. Aber vielleicht braucht der Therapieprozess einfach noch. Vielleicht brauche ich mit ihr noch Zeit, mehr Stabilität und mehr Vertrauen, damit ich mich auch erinnern traue... wer weiß.

Ich finde es toll, wie du bereits mit deinen Gefühlen umzugehen gelernt hast! Ich versuche mir daraus etwas mitzunehmen...

Ich glaube meine Thera kann nicht so viel dafür, dass sie mir das Gefühl gibt, dass ich mehr wisse. Ich habe mich da selbst verlaufen. Ich hätte es einfach sagen müssen, dass ich Nichts weiß. Aber irgendwie war es in dem Moment auch so, als würde ich mehr als Nichts wissen, ohne es dennoch so weit zu wissen um auch darüber reden/denken zu können - so.... und jetzt schließt sich wieder der Kreis mit meinen Eingangspost

Heute war ich mal wieder so weit, dass ich mir dachte, ich habe einfach einen Knall. Da is nix und da war nix!... Ich steigere mich da nur in etwas rein um vielleicht besondere Aufmerksamkeit bei meiner Thera zu erregen oder von meinen wahren Problemen davon zu laufen, die viel komplexer und nicht auf konkrete Einzel-Ereignisse zu beschränken sind. In diesen Momenten beginne ich mich dann selbst zu hassen, weil ich (sollte das wirklich meine unbewusste Motivation sein) das so beschämend fände...

Es ist so als würde ich ständig einen Lichtschalter betätigen: Ein-Aus-Ein-Aus-Ein-Aus-Ein-Aus-Ein-Aus....
Gefühl, Angst, "Etwas", 1000 Gedanken, hineinsteigern: Ein
Is nix, war nix, Blödsinn: Aus

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Gold__Marie
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 23:25

Klar wird einem selbst kein Moment gut genug erscheinen um sich ein traumatisches Erlebnis (welcher Art auch immer) einzugestehen und erinnern zu wollen.
Ich für meinen Teil sehe bei mir die Ursache darin, dass es sich bei dem vermuteten Täter um ein Familienmitglied handelt. Ich bin noch nicht bereit dazu ihn zu hassen. Definitiv nicht. Obwohl meine Wut sich immer mehr gegen ihn richtet, anstatt auf mich selbst, was zweifellos der richtige Weg ist.

Und immerhin habe ich es aus mehreren Gründen endlich geschafft den Kontakt abzubrechen.
Und dennoch, mein Unbewusstes weiß, und daran glaube ich ganz fest, dass es mich in ein riesen Loch werfen würde, wenn mir plötzlich eine derart traumatische Erinnerung hochkommen würde und ich mir eingestehen müsste, dass dieser Mann, der einst der Mittelpunkt meines Lebens war, zu solch einer Tat fähig ist. Dazu bin ich definitiv noch nicht bereit, das dauert, dafür muss ich mich erst ein Stück mehr loslösen/distanzieren. Dann könnte ich mir vorstellen, dass eine Erinnerung ohne einem totalen Zusammenbruch möglich wäre...Verdrängen ist im Grunde ja nichts anderes als ein Selbstschutz. (Und zum hundertsten Mal: Wenn nicht! Umso besser!!!)

Klar, das ist vielleicht bei mir so, soll natürlich nicht heißen, dass es die gleich Situation bei dir ist.

Ich will damit nur sagen: Vielleicht erahnt ein Teil ihn dir, dass es irgendwann einen besseren Moment geben wird als jetzt, um einen Auslöser für dein Empfinden zu erinnern!

Und insofern ist es vielleicht gar nicht mal so schlecht, dass die Erinnerung dich jetzt nicht plötzlich überfällt, sondern dass du Zeit hast dich auf eine derartige Situation vorzubereiten, darauf hinzuarbeiten. Sie es als eine Chance: du hast die Chance dich darauf einzustellen und ich glaube, es gibt einige die diese Möglichkeit auch gern gehabt hätten! Insofern seh ich das eher positiv, für meinen Teil. Selbst wenn die Ungewissheit am Anfang natürlich quälend ist...

Und wie bereits erwähnt: Wenn sich alles als falsch herausstellt, umso besser, dazu gelernt hast du allemal etwas...

Nocheinmal: wenn du die Gründe für dein Verhalten und dein Empfinden hinterfragst, selbst wenn du vom Schlimmsten ausgehst, heißt das NICHT, dass du verrückt bist!! Das ist völlig normal und das würde jeder an deiner Stelle so tun. Schließlich würde ein solches Geschehen alles was du bisher über dich weißt noch einmal in Frage stellen... ist doch klar, dass man da beginnt zu glauben man ist am durchdrehen...vielleicht auch schlicht und ergreifend deshalb weil man es sich gar nicht erst vorstellen WILL, dass einem selbst etwas derartiges passiert sein könnte.

Und dieses "Ein", "Aus" was du da beschreibst, das kenne ich, und ich glaube, dass es einfach ein Stück akzeptieren und dann aber doch wieder ablehnen ist, weil die Zeit einfach noch nicht reif ist.

Versuch dich nicht verrückt zu machen, ich weiß das ist leicht gesagt, aber im Endeffekt musst du dich vorerst mal auf das Jetzt konzentrieren, das bestmögliche für deinen momentanen Gefühlszustand herausholen und ich denke, da bist du am richtigen Weg...

Alles Liebe, Gold__Marie

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Geistlein
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Beitrag Mo., 12.12.2011, 23:27

Hallo Juline!

Erstmal Entschuldigung, dass ich mich momentan so selten melde, mir geht es leider nicht besonders gut und mir fällt es schwer, mich zu konzentrieren..
Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich deine Zeilen lese. Ich kann das alles 1:1 unterschreiben. Es geht mir genauso! Ich habe ständig Angst, dass das alles einfach nicht stimmt. Dann habe ich aber auch gleichzeitig große Angst, dass es stimmt.
Ich weiß so genau, was du meinst! Genau so geht es mir auch!!!
Ich würde mir oft wünschen mit meiner Thera darüber zu sprechen und wüsste gar nicht wie, weil so viele Empfindungen einfach nicht in Worte zu fassen sind, mich selbst überfordern.
Und dann habe ich Angst etwas auszusprechen, das dann vielleicht nicht stimmt und ihr somit etwas "verkaufe", das nicht zu meiner wahren Geschichte gehört. Alles so verwirrend...
Oh man. Genau das kenne ich auch.
Man hat tierische Angst davor, irgendwie zu lügen oder völlig zu übertreiben...
Weiß deine Thera über deine aktuelle Lage Beschied? Wäre ja spannend, wie sie damit umgeht. Manchmal bin ich auch besorgt, dass sie mich nicht ernst genug nehmen könnte und das als "Nichts" abtun könnte oder selbst falsch heruminterpretiert.
Nein, meine aktuelle weiß es nicht. Bzw, sie weiß wohl, dass da irgendwas ist, aber nichts genaueres oder so... Ich schaffs nicht drüber zu reden. Aber ich hab ihr mehr oder weniger versprochen, es in der Klinik dann nochmal versuchen, auszusprechen etc.
Kp ob ich es schaffe...

Sie sagt jedenfalls dass es sehr wichtig wär, drüber zu reden!

Damals in der letzen Klinik hat mich meine Einzelthera zur "Traumatherapie" geschickt, eigenartigerweise weiß ich da fast nichts merh von, außer dass ich mich irgendwie auch "fehl an Platz" gefühlt hab...
Es war halt so ne Gruppentherapie..

Wie auch immer, ich wünsche dir alles Gute und hoffe dir gehts einigermaßen!

Liebe Grüße!
..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!

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Juline
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Beitrag Di., 13.12.2011, 16:18

Hallo!
Gold__Marie hat geschrieben:Und dennoch, mein Unbewusstes weiß, und daran glaube ich ganz fest, dass es mich in ein riesen Loch werfen würde, wenn mir plötzlich eine derart traumatische Erinnerung hochkommen würde und ich mir eingestehen müsste, dass dieser Mann, der einst der Mittelpunkt meines Lebens war, zu solch einer Tat fähig ist. Dazu bin ich definitiv noch nicht bereit, das dauert, dafür muss ich mich erst ein Stück mehr loslösen/distanzieren. Dann könnte ich mir vorstellen, dass eine Erinnerung ohne einem totalen Zusammenbruch möglich wäre...Verdrängen ist im Grunde ja nichts anderes als ein Selbstschutz.
Ja, das glaube ich eben auch, dass dieses Loch zu groß und zu tief für mich wäre. Ich finde es schön zu lesen, wie geduldig und reflektiert du mit dir bist. Auch wenn ich mir sicher bin, dass dies dennoch auch richtig schwer für dich ist.

Gold__Marie hat geschrieben:Und insofern ist es vielleicht gar nicht mal so schlecht, dass die Erinnerung dich jetzt nicht plötzlich überfällt, sondern dass du Zeit hast dich auf eine derartige Situation vorzubereiten, darauf hinzuarbeiten. Sie es als eine Chance: du hast die Chance dich darauf einzustellen und ich glaube, es gibt einige die diese Möglichkeit auch gern gehabt hätten! Insofern seh ich das eher positiv, für meinen Teil.
Gold__Marie... bist du wirklich erst 17? Ich bin immer wieder aufs neue von deinen Zeilen beeindruckt.
Ich halte besonders diesen Absatz für einen ganz wesentlichen POSITIVEN Aspekt. In all dem Chaos, in dieser Angst und in der teilw. Selbstverachtung, finde ich diese Perspektive wirklich toll! Du hast Recht... ich bereite mich vielleicht wirklich gerade darauf vor und diese ganzen wirren Mechanismen in mir ticken vielleicht im Sinne meiner Selbst genau richtig und "gesund". Danke Gold__Marie, diese Sichtweise hilft echt sehr!

Juline

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Juline
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Beitrag Di., 13.12.2011, 16:29

Hallo!

[quote="Geistlein"] Erstmal Entschuldigung, dass ich mich momentan so selten melde, mir geht es leider nicht besonders gut und mir fällt es schwer, mich zu konzentrieren.. [quote]

Macht doch nichts. Ich freu mich von dir zu lesen. Es tut mir leid, dass es dir zurzeit nicht gut geht.

[quote="Geistlein"] Man hat tierische Angst davor, irgendwie zu lügen oder völlig zu übertreiben... [quote]

Ja, total. Oder aber schon auch, dass ich nicht genug ernst genommen werde. Beides ist wirklich keine schöne Vorstellung....

[quote="Geistlein"] Nein, meine aktuelle weiß es nicht. Bzw, sie weiß wohl, dass da irgendwas ist, aber nichts genaueres oder so... Ich schaffs nicht drüber zu reden. Aber ich hab ihr mehr oder weniger versprochen, es in der Klinik dann nochmal versuchen, auszusprechen etc.
Kp ob ich es schaffe... Sie sagt jedenfalls dass es sehr wichtig wär, drüber zu reden!
[quote]

Ich wünsche es dir jedenfalls, dass du es schaffst. Aber ganz im Namen von Gold__Marie .... wenn es vielleicht noch Zeit braucht, dann gib sie dir. Vielleicht ist es auch einfach noch nicht so weit. Und gleichzeitig weiß ich, dass da auch ganz viel in einem drängt, einen quält und eigentlich (bei mir zumindest) auch nach Halt und Hilfe sucht.
Vielleicht ermöglicht dir die Klinik einen stabileren Rahmen. Ich wünsche es dir jedenfalls wirklich sehr! Ich weiß ja, wie sich das anfühlt...

Alles Liebe
Juline


k.A. weshalb das Zitieren gerade nicht funktioniert.... komm auf meinen Fehler gerade nicht drauf... sorry! habs jetzt mit schriftformatierungen versucht zu lösen...

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Gold__Marie
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Beitrag Di., 13.12.2011, 23:49

Liebe Juline!

Um deine Frage zu beantworten:

Ja, ich bin erst 17! Demnächst steht, um das mal gesagt zu haben, schon mein 18.Geburtstag vor der Tür! *lach*

Ich glaube das kommt einfach daher, dass ich mittlerweile 4 Jahre in Therapie bin und dort sehr fleißig mitarbeite! Manchmal fällts mir natürlich schwer Freundschaft mit Gleichaltrigen zu schließen, weil ich denen von meiner Sichtweise, ohne hochnäsig zu wirken zu wollen(aber irgendwas muss die Therapie schließlich bewirkt haben ) gedanklich ziemlich voraus bin...
Auf jeden Fall freut es mich sehr zu lesen, dass ich dir ein Stück helfen konnte!
Ich wünsch dir, uns, ein gutes Gelingen!

Alles Liebe und viele Grüße, Gold__Marie

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Gold__Marie
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Beitrag Mi., 14.12.2011, 00:08

Und noch etwas liebe Juline:

Erst vor Kürze, da hab ich mich noch ebenso gequält wie du! Glaub mir, das ist gar nicht lange her...
Und das zieht sich so dahin, da muss man sich einfach mal so sehr damit rumquälen, dass man dem Ganzen dann irgendwann ganz bewusst ein Ende setzen muss/will!
Am Anfang will man das wahrscheinlich gar nicht, weil da ist das Ziel wohl eher zwanghaft auf irgendeine Erinnerung zu stoßen und somit quält man sich dann unvermeidlich selbst (und zwanghaft ist noch so gut wie kein Trauma in Erinnerung gerufen worden...)

Der Punkt, an dem du alle erdenklichen Szenarien durchdacht hast ist dann jener, wo du erkennst, dass dich das einfach nicht weiterbringt und an dem du aufhörst dich STÄNDIG,ohne Pause, zu quälen! Da muss man fürchte ich erst mal an seine Grenzen stoßen um das zu erkennen...

Die Situation wird sich von ganz allein bessern, solange du nicht aufhörst dir selbst gut zuzureden!

LG

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