Psychotherapie als Überwindung der Sinnlosigkeit

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Onyx
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 01:18

Kehrusker hat geschrieben: Dein Nihilismus ist mir nicht fremd. Aber als ich ihn damals erfuhr, wollte ich nicht mehr leben. Der einzige Sinn lag für mich nur noch im Suizid.

Wie oft ziehst du ihn in Erwägung?
Ach naja. Meine ehemalige Therapeutin war der Ansicht, dass ich "chronische Suizidgedanken" habe, wie ich einmal zufällig mitbekam.
Ich kann die Frage ehrlich gesagt gar nicht beantworten. Suizidgedanken sind für mich meistens Normalität. Einmal habe ich den Suizid ein wenig zu ernsthaft in Erwägung gezogen. Und ansonsten sind das einfach nur Gedanken unter vielen. Manchmal verschwinden sie auch längerfristig. Aber dann tauchen sie wieder auf.
Ich sehe allerdings keinen Sinn im Suizid. Denn es ist vollkommen gleichgültig, ob ich lebe oder sterbe, jemals gelebt habe oder nicht gelebt habe.
Die Zeit, die ich hier lebe, ist so kurz und der Einfluss so gering, dass meine Existenz mit dem "Nichts" gleich zu setzen ist. Und wenn ich mich auslösche, werde ich auch nicht mehr sein. Also ist es irrelevant, ob ich lebe oder sterbe. Für mich. Für andere vielleicht nicht. Ich weiß, dass ich Menschen Leid zu fügen würde, wenn ich mich suizidieren würde. Außerdem gibt es auch keine "sinnvollen" Gründe, die für Suizid sprechen - genauso wenig wie es "sinnvolle" Gründe dagegen gibt.
Manche Menschen, unter anderem meine Therapeutin sagten mir beispielsweise zu meinen Gedanken sinngemäß, ich könne doch trotzdem das Beste aus meinem Leben machen und solle es nicht einfach wegschmeißen. Es wäre ja das einzige was ich hätte, vermutlich. usw. Mmmh, naja, das ist für mich auch wieder so eine Vermittlung von Illusionen eines Sinns. Irgendwie konnte ich mit solchen Gedanken, die in diese Richtung gehen, nie etwas anfangen.
Ich glaube Suizidgedanken entstehen, wenn die Psyche überfordert ist. Ich denke außerdem, dass die Psyche bestimmte "Wahrheiten" nicht verkraften kann. Eigentlich bräuchte ich Illusionen, denen ich glauben könnte, die mir einen Sinn geben würden. Ich denke, dass das meine Suizidgedanken reduzieren oder sogar auflösen würden. Aber es gibt für mich keine Illusionen denen ich glauben kann. Außer vielleicht einige moralischen Werte. Daran glaube ich. Und deshalb lebe ich vielleicht, weil ich weiß, dass ich mit meinem Suizid anderen Menschen schaden würde. Und weil es mir egal ist, ob ich lebe oder sterbe und mir eine wirkliche Motivation für einen Suizid fehlt.
Kehrusker hat geschrieben:Der einzige Sinn lag für mich nur noch im Suizid.
Und wie ist das jetzt? Denkst du noch darüber nach?


*Dannie hat geschrieben:Zitat:
Alle Taten finden aufgrund der Verknüpfung der Naturkräfte in der Zeit statt, aber der Mensch in seiner selbstsüchtigen Verblendung denkt, er selbst sei der Handelnde.


Bhagavad Gita (5-2 Jh. v. Ch.)

(...)

Ich war 1 Mal in meinem Leben Indisch essen. Ich hatte den Durchfall meines Lebens.
Ich hoffe, meine Speisekarte ist bei näherer Betrachtung multikulturell.

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*Dannie
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 01:47

Onyx hat geschrieben:
Ich hoffe, meine Speisekarte ist bei näherer Betrachtung multikulturell.

Nur in der Theorie Speisekarten zu studieren und Nabelschau betreiben und die eigene Grütze immer wieder zu zerkauen......... Meine Güte du bist wie alt? Was steht da 23? Hör auf mit dem Sch....

Du bist jung, hast Fragen, suchst nach Antworten, geh raus in die Welt.

Dannie

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*Dannie
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 01:58

Weißt du was ich glaube?

Du hast Angst zu leben und du hast Angst dich hinzugeben.

Doch, was hast du schon zu verlieren?

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Onyx
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 02:04

*Dannie hat geschrieben: Nur in der Theorie Speisekarten zu studieren und Nabelschau betreiben und die eigene Grütze immer wieder zu zerkauen......... Meine Güte du bist wie alt? Was steht da 23? Hör auf mit dem Sch....

Du bist jung, hast Fragen, suchst nach Antworten, geh raus in die Welt.
Was regst du dich denn jetzt so auf?

Wer sagt, das ich nur in der "Theorie Speisekarten studiere"?
Ich kann gleichzeitig "Speisekarten studieren" und draußen in der Welt sein. Aber ich denke nicht, dass mich allein das sonderlich weiter bringt.
*Dannie hat geschrieben:Du hast Angst zu leben und du hast Angst dich hinzugeben.
Was bedeutet hingeben? Sich Illusionen hingeben?
Nein, da irrst du dich. Ich habe keine Angst. Ich stehe dem Leben eher gleichgültig gegenüber.

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Celice
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 07:36

Onyx hat geschrieben:Ich habe keine Angst. Ich stehe dem Leben eher gleichgültig gegenüber.
Wenn ich jetzt Therapeutin wäre, würde ich mir denken: Die Gleichgültigkeit ist eine Abwehr. (Womöglich heftiger Emotionsstürme mit dem Schwerpunkt Wut)

Da ich aber gar keine Therapeutin bin, sag ich: @ Onyx: toller Thread! Es ist sehr beruhigend, dass noch andere Menschen solche Gedanken haben wie ich und es sich wagen, der Sinnlosigkeit des Lebens mitten ins dritte Auge zu schauen. Den meisten Menschen braucht man mit sowas nicht kommen. Hab ich eine Weile versucht. Die verrollen aber nur ihre (zwei) Augen. Da weiß ich dann immer nicht, ob die überheblich sind, oder ich. Du bist schlau Onyx. Das Leben hat keinen Sinn. Selbstmord allerdings in der Tat auch nicht. Denn meinen dissoziativen Erfahrungen nach kann man zwar töten WER man ist (denn das ist ohnehin nur eine Illusion), aber nicht WAS man ist (Geist, Leben, Gott - dafür gibt es viele Namen).

Das Leben ist zu meinem größten Bedauern unsterblich. Es ist zum irre werden.

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Ragneda
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 07:54

Onyx hat geschrieben:
Ragneda hat geschrieben: Also das ganze klingt so pessimistisch, dass mir die Ohren unwillkürlich einzurollen begannen.

Ragneda hat geschrieben:Ich finde, es ist alles eine Sache der Einstellung.
Dann erzeugt also die innere Einstellung jedes Individuums einen Sinn. Dieser Sinn wird jedoch mit dem Tod ausgelöscht, entsteht nur durch den Geist und ist deshalb auch eine Illusion und somit letztendlich nicht existent.
Was interessiert mich der Tod? Der ist sowieso unvermeidlich und das wissen wir alle. Ich lebe aber hier und jetzt. Warum soll ich die Zeit, was ich noch habe, an solche Gedanken vergeuden?
Ich gebe Dir in vielem Recht, vieles was Du schreibst hat einen tiefen Sinn. Nur ich persönlich, will nicht darüber all zu viel grübeln, weil ich der Meinung bin, dass es einem die Laune verdirbt und einen Schatten über eigene Existenz liegt. Um mich zu schützen, verdränge ich die negativen Gedanken, so weit es mir möglich ist. Natürlich habe ich auch Momente, wo mir alles sinnlos erscheint. Wenn alles so sinnlos ist und das ganze Leben eh für die Katz ist, dann bleibt einem nur die Brücke. Ich will es aber nicht. Noch bin ich nicht so weit. Ich will leben und genießen, sei es so kurz und sinnlos in den Augen andere Menschen . Aber diese Einstellung akzeptiere ich, jeder denkt nun mal anderes und hat ein Recht, das Leben so zu betrachten Für mich individuell, hat der kleiner Abschnitt- mein Leben- schon ein Sinn, denn ich empfinde nicht nur das negative. Und über schöne Momente kann ich mich freuen. Das ist mein persönlicher Sinn.
http://liebesforum.forumieren.de/

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carö
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 08:49

guten morgen onyx,

ich geh mal nur auf deine antwort an mich ein:
Ich übersetze allerdings Sinn mit Zweck, Ziel, Wert. Und einfach das Leben an sich als Sinn zu sehen, wäre dann wieder ohne Sinn. Es wäre einfach nur der Ist-Zustand.
sinn ist aber nicht zweck oder ziel. da verwechselst du was. mir scheint, du hängst einem ziemlichen leistungsdenken an.. also wertvoll ist das leben für dich nur, wenn es einem höheren zweck dient oder bestimmten zielen gewidmet ist? was ist mit menschen, die aufgrund einer krankheit oder behinderung das nicht vollbringen können, sondern damit beschäftigt sind, v.a. leben zu wollen und am leben teilzuhaben ?
du kommts damit schnell in die absolut menschenverachtende rhethorik bzw. gedanken des unwerten leben.. ist dir klar ?

ich vermute mal, dass du so denken kannst, weil dir dein eigenes leben so wenig wert ist... kann das sein ?

noch viel vergnügen beim filosofieren
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Phönixia
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 08:53

Hallo Onyx,
Emotionen werden erzeugt, um uns am Leben zu erhalten. Kein "inneres Programm" eines Lebewesens dieser Welt ist so programmiert, das es sich selbst zerstört
Da bin ich mir nicht so sicher, sieht der Mensch oder die Menschheit wirklich nach einem Lebewesen aus, dass so programmiert ist, dass es sich nicht selbst zerstört?

Die Menschelt hat sich Aufgrund ihres destruktiven und zerstörerischen Verhaltens gepaart mit Intelligenz und Technologie soweit dass sie sich auslöschen kann zusammen mit ihrer Umwelt. Der Mensch ist das einzige Wesen das Suizid begehen kann. Dass das Verlangen haben kann nicht zu leben! Kein Tier hat ein solches Verlangen, und wozu bräuchte es das auch....?
Ich glaube das menschliche Gehirn muss größtenteils eine Fehlleistung sein, das Fehlleistungen produziert. Sonst würde es nicht so lebensfeindlich und lebenszerstörisch sein. Beobachte den Menschen und du wirst sehen dass das stimmt.

Ich glaube dass der Sinn des Lebens den Tieren noch näher ist als den Menschen. Tiere ruhen in sich, sind selbstzufrieden (wenn sie nicht ummittelbar von Gefahr bedroht werden) sind in Harmonie und in Einheit mit dem Leben. Beobachte ein Tier und du wirst sehen dass das stimmt.
Auch Menschen haben manchmal solche lichten Momente, in Zustand der Freude etwa, oder wenn sie Schönheit wahrnehmen , dann sind sie auch in Einheit mit dem Leben.
Aber dann kommt wieder das menschliche Denken daher und bringt seine zerstörerisches Element hinein, sagt, was soll das alles für einen Sinn haben, das ist doch alles vergänglich, das ist nichts, nichts von wert, und erzeugt seine eigene kreierte Sinnlosigkeit und Lebensfeindlichkeit. Und ist bei all dem auch noch auf eine perverse Art selbstbewusst und selbstsicher.


Ich glaube dass das menschliche Denken, dem Sinn des Lebens im Weg steht, es kann nur entdeckt werden, wenn das Denken beiseite geschoben wird, und das Leben wahrgenommen wird.

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Justus
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 10:37

@ Onyx

Selbst wenn ALLES eine ILLUSION ist...

Na und?

Da kann ich mir doch einen super tollen Realitätstunnel aus ILLUSIONEN aufbauen und mich lustvoll daran ergötzen!

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Justus
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 10:47

Phönixia hat geschrieben: Ich glaube das menschliche Gehirn muss größtenteils eine Fehlleistung sein, das Fehlleistungen produziert. Sonst würde es nicht so lebensfeindlich und lebenszerstörisch sein. Beobachte den Menschen und du wirst sehen dass das stimmt.
Da musst du differenzieren...

...da uns oft von der herrschenden Klasse ein psychopathisches Weltbild übergestülpt wird, in dem wir alle angeblich kaltblütige RAUBTIERE seien...

Das gilt aber nur für eine Minderheit, aber die tummelt sich gerne an der Macht und gibt den Ton an!

Sie verstecken ihre Lebensverachtung hinter Pseudo-Logik, Intellekt, Realismus, Objektivismus und anderen Ideologien!

http://autismuskritik.twoday.net/storie ... en-kommen/

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Celice
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 11:10

Justus hat geschrieben:Da kann ich mir doch einen super tollen Realitätstunnel aus ILLUSIONEN aufbauen und mich lustvoll daran ergötzen!
Schön für den der das kann. Es gibt aber auch Leute, die glauben nicht, dass sie unsichtbar sind, nur weil sie die eigenen Augen schließen.

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Rezna
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 11:10

Ein sehr schöner Thread. Onyx, danke für deine Texte, ich sehe das in fast Allem genau so.

Ich beginne aber von einer anderen Seite aufzudröseln. So frage ich mich, warum "Sinnlosigkeit" hier per se als negativ aufgefasst wird. Sinnlosigkeit ist eben ein Zustand, wie viele andere auch, wie Helligkeit, Dunkelheit. Sie ist nicht negativ, sondern wird von einigen hier negativ bewertet. Und das führt zur Angst davor. Und das führt zu Flucht vor existentiellen Gedanken. Und das führt zur Illusion. Illusion ist ein Lügengebäude. Sie ist eine Welt die nicht existiert und die von der Wahrheit ablenken soll.
So.
Weiters leite ich Sinn auch gerne von Sinne ab. Sinne sind Werkzeuge der Wahrnehmung und daher die Messinstrumente der Interpretation der Existenz um uns herum. Unser Gehirn interpretiert die Daten und baut das ganze um in Farben, Töne, weiche und harte Materialen, auch wenn sie das "an sich" nicht sind, sie sind es für unser Gehirn dass nur unsere Sinne als Antennen zur Aussenwelt hat.
Somit wäre Sinn einfach nur Wahrnehmung. Nicht einmal Wahrheit, oder Illusion. Illusion verhindert meiner Meinung nach Wahrnehmung und ist in meiner Begrifflichkeit tatsächlich Sinn(e)los.

Der Zwang besteht meiner Meinung nach weniger darin, Sinn an sich zu finden, oder Sinnlosigkeit zu vermeiden, als die Erkenntnis zu vermeiden, dass man Materie ohne nähere Bedeutung ist. Denn worum geht es bei diesem "Sinn"? Um Bedeutung. Es ist etwas, das unserem Ego schmeicheln soll, ein narzisstischer Gedanke der nicht wahr haben will, dass unser Bewusstsein an sich Bedeutungslos ist. An sich Wertlos.

Nun schaffen wir aber Wertvorstellungen, was bedeutet: Wir zeigen wahllos mit dem Finger auf Dinge und finden manches gut, manches schlecht, manches billig, manches teuer... das sagt nichts über den Wert aus, sondern nur über unsere Beziehung zu dieser Sache. Manche zeigen mit dem Finger auf den Tod, und bewerten ihn als negativ, manche betrachten ihn neutral, andere sogar grundsätzlich positiv. (Man beachte hier Religionen, die den Tod als Erlösung und Eintritt ins Paradies, das Leben jedoch als Prüfung und Qual betrachten, Existenz ertragen um dem Totenkult zu frönen, wie in christlichen und anderen Religionen).

Insofern frage ich mich: Reden wir hier von Sinn, oder von Bedeutung? Von Wert? Menschen, die gewisse Aspekte des Lebens negativ bewerten, wie etwa Tod, oder Sinnlosigkeit, gehen davon aus, es sind Gedanken und Gefühle reiner Schmerzen, reiner Qual, sinnloses herumwerkeln an unangenehmen Gegebenheiten, und wenden sich davon ab, solange sie können. Aber sie haben damit nur für ihre eigene Wahrnehmung und Vorurteile recht. Andere können Sinnlosigkeit, auch Bedeutungslosigkeit, Wertlosigkeit annehmen wie sie sind, ohne dies negativ zu bewerten. Sie können damit gut leben. Auch mit dem Gedanken des Todes, dessen Unausweichlichkeit und dessen unerwarteten, von Gerechtigkeit losgekoppelten, eintreten. Andere flüchten aus Angst davor, wollen nicht nachdenken, das sie das eben negativ bewerten.

Ich sehe in Sinn eher die Fähigkeit zur Wahrnehmung an sich, der Interpretation der daraus gemessenen Parameter durch das Gehirn. Damit also eine Zusammenhang zwischen erfasstem und ausgewertetem. Und daher ergeben manche Situationen keinen Sinn, weil erfasstes und ausgewertetes nicht korrelieren. Beispielsweise ergibt es Sinn, viel oder intensiv etwas anzunehmen, das gut tut, positive Gefühle (also hormonelle Reaktionen) erzeugt. Es ergibt auch Sinn, sich selber zu schaden, wenn man Schuldgefühle hat. Hat es dagegen eine Bedeutung, ob wir uns einer guten Speise erfreuen, oder durch Schuldgefühle zerstören? Nein. Wie bewerten wir es? Die gute Speise wohl positiv, also wollen wir mehr davon. Die Schuldgefühle und Selbstzerstörung negativ, also wollen wir weniger davon. Wobei wir hier schnell unsere Positionen wechseln können, wenn die Umstände sich ändern. Einem Mörder würden wir eher Schuldgefühle wünschen, es positiv bewerten, wenn er sie hätte und darunter leidet. Jemand der ohnedies am platzen ist, sprechen wir positive Bewertung zu Genuss ab.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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intheair
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 11:44

Liebe Onynx

Deine Einträge sind interessant zu lesen. Du gehst logisch und Schritt für Schritt vor, baust Deine Gedanken nachvollziehbar auf... Man muss zuerst die passenden Fragen stellen um mögliche Antworten zu finden, was Dir beeindruckend gut gelingt. Und auf der Suche nach Antwort bist Du ja mit diesem Thread - ob das nun sinnvoll, oder sinnlos ist kannst Du vielleicht erst in Nachhineine beantworten, wenn Du auswertest, ob für Dich manche Antworten wertvoll sind.

In Deinen komplexen und merklich viel bedachten Überlegungen, scheint mir noch eine Komponente zu fehlen: die Bedeutsamkeit der Zeit. Es kommt darauf an, wie gross Du das Zeitfenster wählst um einen Sinn zu finden. Als einfaches Beispiel: Müde zu sein ist ein unangenehmer Zustand. Er reduziert die Leistungsfähigkeit (was das Streben nach Selbstwirksamkeit und Selbstaufwertung einschränkt) und die Genussfähigkeit. Da der Mensch beides anstrebt, hat es einen Zweck sich im Schlaf zu erholen, weil der ausgeschlafene Zustand den Wert mit sich bringt Genuss zu erleben. Dies ist allerdings nur dann so, wenn der ausgeschlafene Zustand sich auch tatsächlich gut anfühlt, nur dann nämlich, hat er einen Wert für den müden Menschen - er fühlt sich wertvoll an. Sinn, also ein Nutzen, ein Wert geht bei diesem Zeitfenster mit einem Wohlbefinden, einer Genussfähigkeit, dem persönlichen Erleben von Wert einher, was in dieser Diskussion schon einige als sinn-stiftend benannt haben und was auch meinem Empfinden entspricht. (Nebenbemerkung: es würde gleichzeitig erklären, warum sich in einer Depression, wenn sich alles leer anfühlt, eine Sinnlosigkeit einstellen muss.)

Also meine Vorannahme: für den Moment und nur für diesen, hat es für jedes Leben einen Sinn, wenn es sich gut anfühlt. Ein gutes Gefühl ist für das Individuum wertvoll = sinnvoll.

Wenn Du nun das Zeitfenster grösser wählst, sagen wir, ein komplettes Leben, wird es schon viel komplexer. Die Vorannahme stimmt immer noch. Der Mensch erlebt einen Wert des Lebens dann, wenn er sich gut fühlt. Aber wann fühlt er sich gut: er braucht Nahrung, Geld, eine sich gut und wertvoll anfühlende Tätigkeit, Selbstbestätigung (sich selbst als wertvoll erleben), er vergleicht sich mit anderen und braucht daher von allen "Werten" mindestens gleichviel wie alle um ihn herum, er braucht Abwechslung, Unterhaltung, Herausforderungen und und und. Wenn sich die Wage nicht mehr halten kann zwischen Lusterleben und Unlusterleben, fällt die Sinnhaftigkeit dahin, das Leben fühlt sich für den betroffenen nicht mehr wertvoll an. Der einzige Ausweg aus der Sinnlosigkeit wäre die Wiedererlangung der Genussfähigkeit. Die Möglichkeiten dazu sind zahlreich und natürlich nicht für alle gleich. Psychotherapie ist nur eine davon.
Nun sicher die schwierigste Frage: was ist der Sinn in Anbetracht der Endlosigkeit der Zeit - so viele Einflüsse, so viele Unbekannte. Mein Leben heute ist mit grosser Wahrscheinlichkeit in spätestens 4 Generationen vergessen. Kein Mensch spricht mehr von mir, meine Spuren werden grösstenteils verwischt, oder nicht mehr auf mich zurückzuführen sein. Dennoch gewisse Dinge bleiben: 1. All meine Tätigkeiten unter freiem Himmel wurden von Licht erfasst und zurück ins All geworfen. Wird Jemand mit einer Entfernung von 100 Lichtjahren mit einem sehr starken Fernrohr auf meine heutige Position blicken, kann er verfolgen was ich mache. Unser Handeln vergeht nie, es fliegt über die Endlosigkeit der Zeit im Universum herum. Hat es einen Wert? Vermutlich nicht. Aber das können wir unmöglich mit Sicherheit sagen --> Ansichtssache 2. Wenn ich jemals Kinder habe, haben die wiederum die Möglichkeit Sinn im Moment zu erleben. Und wer sagt denn, dass Sinn über die Zeit beständig sein muss? Dass er nur dann "zählt", wenn er für die Ewigkeit erhalten bleibt? 3. Wenn ich ein "gutes" Leben führe, so dass ich für andere wertvoll bin, steigt mein Wert und vielleicht sogar der Wert anderer Leben, weil andere Menschen durch mein Handeln Angenehmes, Wertvolles, Nützliches und somit Sinnvolles erleben. 4. Wie es nach dem Tod weitergeht bleibt eine Unbekannte, die den ganzen Sinn noch einmal in ein völlig anderes Licht rücken kann. Wenn es irgendwie weiter geht, ist die Frage was bleibt, wieviel nehmen wir mit: Gedanken, Erlebnisse, Handlung, Energien? Was machen wir damit? Wo führt es hin? Ich bin kein besonderer Fan von Esoterik, aber niemand konnte sie bis jetzt wiederlegen. Wir wissen es einfach nicht. Es könnte über unsere Vorstellungskraft hinausgehen. Es bleibt also Deiner Einstellung überlassen, ob Du diese Möglichkeit zur Sinnhaftigkeit, oder Sinnfindung in diesem vierten Punkt offen halten möchtest, oder nicht. Sinn als Erlebensqualität, die beeinflussbar ist durch die Einstellung, wurde ebenfalls von Vorrednern schon identifiziert und auch davon bin ich überzeugt.
Zuletzt geändert von intheair am Mi., 28.09.2011, 11:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Mi., 28.09.2011, 11:46

Fortsetzung:

Diese Tatsache und ebenfalls der Inhalt aus meiner Vorannahme, bringen mich zu der Überzeugung, dass nichts sinnvoll ist, wenn es nicht als sinnvoll erlebt wird. Das Erleben eines einzelnen Menschen hat die Möglichkeit einem Sachverhalt Sinn zu verleihen, dadurch, dass es als solchen empfunden wird. Woher sollte der Sinn denn sonst auch kommen, wenn nicht aus einem Gefühl heraus? Wer nun schlussendlich verblendet wurde, der, welcher Sinn erlebt, oder der, welcher ihn nicht erlebt, bleibt dahin gestellt. Ich persönlich halte dies auch nicht für relevant. Mir scheint Sinnfindung eine Kunst zu sein, eine Art der Betrachtungsweise, der Genussfähigkeit und der Einstellung und ich halte es für sinnvoll mich in dieser Kunst zu üben.

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Passat
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Beitrag Mi., 28.09.2011, 12:01

Onyx hat geschrieben:Einmal habe ich den Suizid ein wenig zu ernsthaft in Erwägung gezogen. Und ansonsten sind das einfach nur Gedanken unter vielen.
Ich kann es mir nur so vorstellen (und meine eigene Erfahrung hat dies gezeigt), dass ein Mensch von solchen Gedanken nur dann beherrscht wird, wenn er schwer depressiv ist. Dann wandelt sich mit der Zeit die Logik des Lebens in die Logik des Todes. (Eindrucksvoll beschrieben auch in "Hand an sich legen" von Jean Amery.)
Onyx hat geschrieben:Die Zeit, die ich hier lebe, ist so kurz und der Einfluss so gering, dass meine Existenz mit dem "Nichts" gleich zu setzen ist.
Es gibt nicht das "Nichts". Was soll das sein?
Onyx hat geschrieben:Mmmh, naja, das ist für mich auch wieder so eine Vermittlung von Illusionen eines Sinns. Irgendwie konnte ich mit solchen Gedanken, die in diese Richtung gehen, nie etwas anfangen.
Gute Ratschläge sind ja oft äusserst subjektiv. Oder phrasenhaft objektiv. Wenn z. B. deine Therapeutin dir sagt, was für dich sinnvoll werden könnte (oder sein sollte), weil es das für die allermeisten Menschen ist, dann solltest du ihr in die Augen schauen und sie fragen ob das ihr Ernst ist. Denn warum sollte sich eine Therapeutin nicht selbst Illusionen machen?!?

Der Welt oder den Dingen Sinn zu verleihen ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Von anderen vorgegeben werden kann der Sinn sicherlich nicht. Wenn jemand hauptsächlich seinen Lebenssinn darin gefunden hat Briefmarken zu sammeln, dann wirst du das nicht auch für dich als sinnvoll erachten.
Onyx hat geschrieben:Ich glaube Suizidgedanken entstehen, wenn die Psyche überfordert ist.
Suizidgedanken entstehen, wenn der Mensch depressiv ist (und daraus folgen ebenso jene Gedanken, die du hier vertrittst).
Onyx hat geschrieben:Und wie ist das jetzt? Denkst du noch darüber nach?
Ja, hin und wieder liebäugle ich noch mit der Option. Aber die Gedanken an Suizid dominieren mich nicht mehr. Inzwischen will ich leben - und darin sehe ich den Sinn: Das Leben will gelebt werden.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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