Der AB meiner Therapeutin und ich

[kleines2010]

Hallo, muss mich auch nochmal zu wort melden. Also verstehen kann ich's schon, aber ich frage mich, warum sprecht ihr nicht einfach auf den AB, bittet um einen Rückruf oder wenn ihr euren Thera persönlich am Apparat habt, warum sprecht ihr nicht einfach? Ich meine, also das wäre doch viel besser als wie nur die Stimme zu hören?!? Und für Einsamkeitsgefühle, also dafür gibt's doch auch Freunde oder andere Strategien. Damit muss man ja auch umgehen lernen. Und bei Dissos wäre es doch auch besser mit Thera zu reden am Telefon als wie einfach wieder aufzulegen.

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[Anne1997]

Hallo, "kleines 2010",

warum sprecht ihr nicht einfach auf den AB, bittet um einen Rückruf oder wenn ihr euren Thera persönlich am Apparat habt, warum sprecht ihr nicht einfach?

Weil er ja nicht da ist und weil es in dem Moment darum gar nicht geht (habe keine Lust, ihm "auf den Wecker zu gehen" - außerhalb der Zeiten), ihn "live" zu sprechen. Zu Urlaubszeiten konnte man den AB auch nicht besprechen. Zur Not hätte ich natürlich "richtig" angerufen, das ginge aber auch nicht zu Urlaubszeiten.

Und für Einsamkeitsgefühle, also dafür gibt's doch auch Freunde oder andere Strategien. Damit muss man ja auch umgehen lernen.

Klar! Manchmal reichte das aber nicht (auch Freunde müssen nicht alles "abkriegen") und der AB (das habe ich nur selten benötigt) war eine "Strategie" damit umzugehen (so wie Tagebuch schreiben, Sport, Massen an Büchern, Musik, Freunde, Familie, Umgang mit Kindern, Auszeiten usw.). Mit Einsamkeit meine ich eine teilweise mir unaushaltbar erschienene abgrundtiefe Leere.
Und die kam eben oft am Wochenende, zu Urlaubszeiten oder auch mal abends.

Herzlichen Gruß,
Anne

[LovisTochter]

Wenn zu normalen Uhrzeiten Not an der Frau ist, dann rufe ich sie ja auch an und spreche dann mit ihr, bzw. hinterlasse eine Nachricht auf dem AB.
Wenn ich keine Nachricht hinterlasse, dann geht es mir gar nicht darum mit ihr zu sprechen, sondern viel mehr darum um den Kontakt zur Realität nicht zu verlieren. Dies sind keine Situationen, in die ich Freunde mit hinein ziehen wollen würde. Und da sie nun mal die jenige ist, die mir in solchen Situationen am besten helfen kann, nutze ich den AB. Und das übrigens seit heute mit Erlaubnis! Sie hatte sich so was schon gedacht und meine Nummer auch schon mal erkannt. Bei der unterdrückten Nummer wusste sie eben nur nicht welche Patientin den AB nutzt. Für sie ist das absolut ok und ich habe ihr das Versprechen gegeben, dass wenn ich etwas von ihr brauche, ich auch aufs Band spreche.
Liebe Grüße,
LovisTochter

[Tristezza]

Komisch, ich neige sehr zur Abhängigkeit von Therapeut(inn)en, aber habe noch nie das Bedürfnis verspürt, ihren AB abzuhören. Das würde mir, glaube ich, wenig bringen, weil es ja in dem Moment keine Resonanz gibt. Im Gegenteil, mir würde dadurch die Unmöglichkeit, sie momentan zu sprechen, nur noch stärker bewusst. Aber es ist gut, dass das manchen von euch hilft. Erstaunlich finde ich, dass davon sogar in Lehrbüchern für Therapeuten die Rede ist. Wie wird das denn dort bewertet?

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[Dunkle]

man ist ja nicht allein, "dank" Internet...

Darüber bin ich auch froh, wenn auch im Nachhinein. Und wenn ich hier von den meisten Patientinnen lese, dass das hin und wieder passiert, denke ich fast auch, dass T.s auf solche Dinge gefasst sind.

ich frage mich, warum sprecht ihr nicht einfach auf den AB, bittet um einen Rückruf oder wenn ihr euren Thera persönlich am Apparat habt, warum sprecht ihr nicht einfach? Ich meine, also das wäre doch viel besser als wie nur die Stimme zu hören?!?

Sicher. Das wäre das Mutige, Offensive, so wäre es "normal". Aber wenn einem schon so etwas passiert, dass man so eine "Kinderei" anstellt, dann ist man nicht ganz im Besitz seiner erwachsenen Vernunft. Man möchte etwas nicht offen erfragen oder erbitten, sondern sich die Scham ersparen (obwohl das oft wahrscheinlich nicht nötig wäre) und die Niedertracht, offen zugeben zu müssen, dass man so bedürftig ist.

Und für Einsamkeitsgefühle, also dafür gibt's doch auch Freunde oder andere Strategien. Damit muss man ja auch umgehen lernen.

Ja, muss man. Aber da wird man auch nicht in kurzer Zeit perfekt darin.
Und Freunde/Familie, die sind zwar lieb und auch besorgt, aber das, was man mit dem T. in der Therapie hat, das teilen sie doch oft nicht. Sie kennen die Seiten nicht, die man einzig und allein seinem T. offenbart hat. Darum wird die Situation der Therapie-Unterbrechung ja oft auch so kritisch, weil in bestimmten Phasen der/die T. eine so große Rolle spielt.

[montagne]

Man möchte etwas nicht offen erfragen oder erbitten, sondern sich die Scham ersparen (obwohl das oft wahrscheinlich nicht nötig wäre) und die Niedertracht, offen zugeben zu müssen, dass man so bedürftig ist.

Ja auch.
Ich habe aber auch schon angerufen, genau dann, wenn ich wusste sie wird wahrscheinlich da sein und rangehen. Um eben sie wirklich zu sprechen.

Wenn ich den AB anrufe tue ich es, weil es mir einfach bei meinem Prozess der Verinnerlichung hilft, das hat nicht unbedingt was mit schlecht gehen und Bedürftigkeit zu tun.
Und wenn es was mit Bedürftigkeit zu tun hat, dann ist sie eben da und ich brauche DAs gerade. Aber den direkten Kontakt brauche ich in dem Moment nicht und will die Therapeutin daher auch nicht strapazieren. Der AB "reicht" dnan halt.

Ist vllt. ein Zwischenschritt, zwischen selbst klar kommen und Hilfe brauchen.

[Dampfnudel]

Und das übrigens seit heute mit Erlaubnis! Sie hatte sich so was schon gedacht und meine Nummer auch schon mal erkannt. Bei der unterdrückten Nummer wusste sie eben nur nicht welche Patientin den AB nutzt. Für sie ist das absolut ok und ich habe ihr das Versprechen gegeben, dass wenn ich etwas von ihr brauche, ich auch aufs Band spreche.

Super, dass Du das angesprochen hast Freut mich sehr für Dich! (Und für Deine Thera auch ) Und auch schön, dass sie so reagiert hat

Liebe Grüße
Dampfnudel

[Anne1997]

(...) Das würde mir, glaube ich, wenig bringen, weil es ja in dem Moment keine Resonanz gibt. (...) Erstaunlich finde ich, dass davon sogar in Lehrbüchern für Therapeuten die Rede ist. Wie wird das denn dort bewertet?

Hallo Tristezza,

mir brachte das schon Resonanz (da reichen Stimme, Stimmfärbung, Tonalität etc. aus) - so unterschiedlich sind Wahrnehmungen.
Zu den Lehrbüchern: z.B. bei Wolfgang Wöller (Trauma und Persönlichkeitsstörungen, Stuttgart: Schattauer 2006, S. 220 ff.) und ebenso bei Ulrich Sachsse (Traumazentrierte Psychotherapie; Aufsätze), bei Martin Bohus (DBT) und anderen, findet sich u.a. der AB (neben Aufzeichnung von Therapiesitzungen, Übergangsobjekten aller Art, Wissen um den Urlaubsort, Bild der Praxis usw.) in Unterkapiteln wie "Umgang mit Trennungen und fehlende Objektkonstanz", Repräsentanzen/Repräsentationen, Halt und Support / Kontakt - Support.
Es wird gar nicht bewertet (keiner berichtete über nervige Klienten, die den AB in Beschlag nehmen - gibt es sicherlich auch - ebenso wie klare, abgegrenzte Gegenmittel), sondern einfach erwähnt, was Klienten hilfreich war.

Gruß von Anne

[Tristezza]

Hallo Anne,

vielen Dank für die Infos! Finde ich gut, dass sich die Autoren der Lehrbücher da so tolerant zeigen und nicht auf der Wahrung von Grenzen etc. herumgeritten wird.
Mit fehlender Resonanz meine ich, dass ich zwar die Stimme höre, dass ich dabei aber weder gesehen noch gehört werde.

Lg, Tristezza

[neko]

bei mir ging es da definitiv nicht um einsamkeitsgefühle. und es ging mir auch nicht darum, mit meiner therapeutin zu sprechen. ich glaub, das sind bei mir dann wirklich auch so regressionsschübe gewesen, in denen ich gar nicht gewusst hätte, was ich sagen soll. objektkonstanz, welch ein merkwürdiges wort, ja das trifft es, die versicherung, dass es meine therapeutin wirklich gibt.

[Tröte]

hallo zusammen,
als ich in meiner tiefsten übertragsungsphase war (an weihnachten, alles war schlecht und dann meine thera drei wochen in urlaub) habe ich auch öfter ihren ab angerufen, nur um ihre stimme zu hören.
da war ich aber sicher, dass niemand ran geht (klar war ja niemand da)...

lg tröte

[lilly2204]

Hallo Ihr Lieben,

habe mir jetzt alle Seiten durgelesen und iwie schäme ich mich nun doch etwas.....
Habe das auch schon ein paar mal getan (2 mal mit gesendeter Nummer) aus Versehen, und wie letze Woche mit unterdrückter Nummer ( sie hatte Urlaub und mir gings gar nicht gut, hab sie einfach so nvermisst).....

Aber ich glaube ich belästige sie nicht allzu sehr. Da sie nur einmal die Woche telefonzeit hat und ansonsten eh nur der AB rangeht.
Mir hat es letze Woche einfach schon geholfen ihre Stimme zu hören.

Würde sie allerdings einmal rangehen, würde ich mich aber auf jeden Fall melden und was sagen....

Ansonsten mag ich sie aber nicht nerven und den AB vollreden... ..

Ist das nun wirklich sooo verweflich?

[NoWomanNoCry]

Jetzt hab ich die ganze Zeit nur mitgelesen und bin grad fast davor das selbst zu tun. Einfach um was beruhigendes zu hören nach diesen zwei Tagen....Aber auch bei mir ist die Hemmung und Angst. Wobei wenn sie merkt wers war spricht sie mich vllt an und ich kanns ihr erklären. Würd ich sogar tun.

[Nachtcafe]

Mir war es immer lieber wenn sie "live" am Telefon war. Vor ABs hatte ich schon immer irgendwie Angst, egal ob von Freunden, Bekannten oder allen anderen Menschen.

[blumen_mädchen]

Ist das nun wirklich sooo verweflich?

Ne ises nicht, finde ich halt! Wenns sogar in Lehrbüchern steht

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