Namentlich nicht... aber das dahinter stehende Leid gab es schon lange, irgendwann hat jemand Einteilungen vorgenommen (schon im alten Griechenland... später hat sich, meine ich, auch Freud eingehender damit beschäftigt, aber auch viele andere) und es gibt es auch heute noch. Flapsig gesagt: Man nennt es heute schlichtweg anders. Z.B. Dissoziation, histrionische PS, Konversions- oder Somatisierungsstörung, etc. Von "kaum bis gar keine Rolle" kann also sicherlich nicht die Rede sein.Populärstes Beispiel ist die "Hysterie", die Ende des 19. und im beginnenden 20. jahrhundert inflationär überwiegend Frauen attestiert wurde und heute kaum bis gar keine Rolle mehr spielt.
Und ähnlich verhält es sich meiner Sicht nach mit dieser Healthy eating disorder. Ging früher jemand zum Arzt, weil er sein Leben nicht mehr auf die Reihe bringt, da er z.B. obsessiv rund ums Essen beschäftigt ist, etc., woraus Leiden entsteht, so hätte das vielleicht ein Arzt als zwanghaft (Zwang) gesehen oder vielleicht auch als eine sonstige Essstörung. Oder ja nach Ausprägung auch als "normales" Essverhalten. Und jetzt hat ein Arzt solche Essgewohnheiten/Essstörungen näher beschrieben, die nach typischen, ähnlichen Muster zu verlaufen scheinen, und einen eigenen Namen dafür vergeben. Gibt es deswegen mehr Essstörungen nur weil sich Bezeichnungen wandeln oder eine neue Bezeichnung eingeführt wird. Ich meine nicht, insbes. wenn ein Leid bzw. eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung schon vorher offensichtlich da war.
Kritisch sehe ich auch, wenn Diagnosenbegriffe zu weit gefasst werden und mithin zu viel umfassen... sehe aber keine inflationären Entwicklungen dahingend. Und die Orientierung an Befindlichkeiten der Patienten, inwieweit nicht nur unerhebliche Störungen/Beeinträchtigungen/Leiden da sind oder wahrscheinlich werden, sind IMO ein wichtiger Gradmesser, wie weit oder eng man eine Diagnose fassen mag bzw. ob man eine stellt. Insoweit ist auch Eigenverantwortung und Vertrauen gefragt, dass der menschliche Körper oder die Psyche auch mal ohne ärztliche Interventionen das eine oder andere kleinere Zipperlein selbst heilen kann... und man bei einem kleineren Zipperlein nicht nicht schon fast auf eine Krankheitsettiketierung pocht a la: "weil man muss ja wegen Zipperlein xy sicherlich gaaanz schwer krank sein, und es kann ja nicht sein, dass der Arzt das mir nur Entspannung empfiehlt, weil sich das dann wieder legen soll... ich will ein Medikament, weil ich muss doch schwer krank sein" (überspitzt gesagt). Eine rigide Externalisierung auf "böse Pharma- und Lebensmittelkonzerne" erscheint mir vor dem Hintergrund eher etwas als Abwehr, z.B. dahingend dass man manche gesellschaftlichen Entwicklungen vielleicht selbst mitgestalten kann. Z.B. auch in Bezug auf ein Kind, das permanent vor der Klotze hockt (was Selene als Beispiel nannte, in dem Fall die Eltern).