Die Ohnmacht der Super Nannys (Artikel)

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Natalie
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Beitrag Di., 05.02.2008, 11:15

Auch hier kurz nachgefragt: Wie soll erzogen werden? Was würdest Du beispielsweise für die Situation von oben (Erwachsene wollen sich unterhalten, Kind interveniert) als wünschenswertes Verhalten der Erwachsenen vorschlagen?
Hallo, aus meiner Erfahrung sage ich das es auf das Alter des Kindes ankommt, und auch auf das kind. Was bei meinem Erstgeborenen zu gut funktionierte (und mein großer Fehler war, dass ich das nicht bemerkte) funktionierte bei meinem zweiten schon wenigergut. Und bei meinem dritten schon gar nicht. Auf jedes Kind muss anders eingegangen werden, was wiederum zu Schwierigkeiten und eiversüchteleien unter den Geschwistern führen kann. Es ist fast unmöglich alles Richtig zu machen, denn durch andere Behandlungen unter Geschwistern, können auch schon wieder negative Gefühle entstehen. Ich bin aber draufgekommen, dass wenn man zu dem einen Kind ganz klar sagt, ja, xy braucht dieses Einschlafritual und man dann noch erzählt, was für eines x als kleines Kind hatte, dass es dann akzeptiert wird, weil das eine Kind sich dann auch beachtet fühlt. Man kann Kinder ab einem gewissen Alter und je nach Wesen und Bedürfnissen sehr gut erklären, wenn man zu der Wahrheit steht. ( ja.......xy braucht länger zum kuscheln als du das möchtest......aber das ist in Ordnung so.....jeder ist anders.....) (als sehr simples Beispiel)


Wenn mein 7 jähriger mir lautstark in eine Unterhaltung fällt, dann sehe ich zu ihm hin, und sehe, ob er was schlimmes hat, oder etwas was warten kann. Wenns nichts bedrohliches ist, sage ich ihm kurz und klar, dass er noch warten muss, bis ich fertig bin, und das ich mich dann um sein Problem mit ihm zusammen kümmere. Das fördert in meinen Augen auch seine Selbständigkeit mit dem Wissen, ich habe schon Zeit für ihn, aber nicht sofort und dann lösen wir es zusammen. Und dann mach ich das auch. Wie oft, werden Kinder enttäuscht, und dann trotz Abmachung nicht beachtet, weil die Zeit ja davongerannt ist..........und wenn etwas wirklich mal nicht geht (warum auch immer) dann gibt es auch mal ein nein, aber mit Begründung. Macht er jedoch weiter (war anfangs öfters der Fall) dann sprech ich nochmal mit ihm, und dann wird eine klare Grenze gesetzt. Wie zb. das er ruhig weiter lästig sein kann, aber währenddessen er auf mich warten muss, er auch etwas spielen könnte. Das funktionierte bei ihm sehr gut. Mittlerweile läuft das harmonisch ab und beiden geht es gut dabei. (Anfangs gabs da schon noch Schwierigkeiten, weil er das ja nicht gewohnt war, und es war schon so schlimm, dass ich mich fast nicht mehr traute, ihn mit zu fremden Leuten zu nehmen, da er mich so dirigierte und auch anbrüllte. Ich hatte ihm auch nicht richtig zugehört, weil es einfach nur noch nervte. Heute weiß ich, dass er nervte, weil ich ihm nicht zuhörte, und er sich unbeachtet fühlte)

Ich habe das bei meinem jüngsten erst vor zwei Jahren erkannt. Er war ein sogenannter kleiner Tyrann und ich wusste mir schon keinen Rat mehr. Ich dachte lange, dass ist ein reines Machtspiel von ihm. War ein Irrtum, es war meine Macht, (die ich nicht bemerkte) die ihn dazu gezwungen hatte, laut und rebellisch zu werden.


lieben Gruß

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sino
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Beitrag Di., 05.02.2008, 12:33

Hallo Natalie,

möchte ich voll und ganz unterschreiben, habe selber drei Kinder und jedes braucht eine andere Form der Zuwendung und was beim einen gerade noch reicht kann beim anderen schon verletzend sein.

Und die Eifersüchteleien um die Gunst der Eltern und das Aufrechnen, was der eine darf und in welchem Alter decken sich mit meinen Erfahrungen. Letztlich wenn man offen in die Welt blickt und auf die Rückmeldungen der Kinder achten kann, lernt man von ihnen einiges und begreift sich auch selbst als Person besser.

Und Kinder können da ziemlich hart zueinander sein. Strenger als die Eltern. Meine älteste will es den jüngeren Brüdern gar nicht gönnen einen Film anzuschauen, weil sie eben älter ist und ihren Status gefährdet sieht. Auch wenn wir befinden, dass die FSK nicht der Weisheit letzter Schluss ist und der Film dennoch von den jüngeren auch gesehen werden könnte.

Ich hätte selbst nie geglaubt wie sinnlos manche Regeln, die für den einen funktionieren für den anderen sind. Größtenteils versuchen wir auch alles so gut es geht zu erklären und zu begründen und stoßen dabei meist auf Verständnis, was aber dennoch zu den unterschiedlichsten Ergebnissen führt. Der eine verzichtet freiwillig auf Schokolade, da es ihm wichtig ist sich gesund zu ernähren, seit wir ihnen erklärt haben, dass Vitamine wichtig sind. Mama ist das gesund? Ja! Und schon ißt er den Salat auch wenn er ihm nicht unbedingt so gut schmeckt. Der andere mit demselben Alter und Wissensstand ist nur durch Androhung von Süßigkeitenentzug dazu zu bewegen, seinen Salat zu essen und würde sich nur von Marmelade und Milchbrot ernähren.
You were born. And so you're free. So happy birthday. Laurie Anderson

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Natalie
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Beitrag Di., 05.02.2008, 20:10

Hallo sino,

ja, ich hätte das vor ein paar Jahren niemals für möglich gehalten, meine Kinder unterschiedlich zu behandeln. Man möchte ja fair bleiben und eine Gute Mutter sein, dazu gehört doch auch, Gesetzte, und kein verrücken! das dachte ich. Ich bin sehr froh, dass ich nun anders darüber denke.

Früher glaubte ich eine Beziehung zu meinen Kindern zu haben. Heute fühl ich, ich habe zu jedem Kind einen individuelle Beziehung, und das ich somit ihre Bedürfnisse viel besser stillen kann, und somit ein schönes gesundes Gleichgewicht entstanden ist (wenn ich gebe, was sie brauchen, bekomme (fühle) ich mich wie auch die Kinder angenommen (was auch gewisse Grenzen miteinschließt), dass ist ganz ein anderes Gefühl, als Sie tun was ich sage, und ich habe gesiegt)

Lieben Gruß

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Stöpsel
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Beitrag Sa., 09.02.2008, 16:14

Hallo,

sehr interessante Diskussion. Kann die nicht ein Mod/Admin irgendwohin verschieben, wo es nicht nach 90 Tagen gelöscht wird?
Fände es schade, wenn die vielen positiven Beispiele hier drin im Nirwana verschwinden.

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UncleK
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Beitrag Sa., 09.02.2008, 18:24

Im Kontext dieses Threads sind folgende zwei Interviews nicht uninteressant:


Aus Hilflosigkeit wird ohnmächtige Wut
Ursachen der Kindesmisshandlung
[hr][/hr]
Immer wieder sterben Babys, von ihren Eltern zu Tode geschüttelt. Wie es zu solchen Krisen kommen kann, erklärt Ruth Wollwerth de Chuquisengo, Diplompsychologin im Münchner Kinderzentrum.

Interview in der SZ


Wenn die Seele immer wieder blutet
Gewalterfahrungen
[hr][/hr]
Gewalttätige Eltern haben in ihrer Kindheit oft selbst Misshandlungen erfahren. Ein Traumaexperte erläutert, wie die Kette der Gewalt durchbrochen werden kann.

Interview in der SZ

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Natalie
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Beitrag So., 10.02.2008, 11:02

In unserer Verwandschaft (angeheiratet) gibt es ein Kind das als Baby von seiner Mutter fast zu Tode geschüttelt wurde. Heute sitzt der 6 Jährige Junge im Rollstuhl, und ist schwerst behindert.

Der Vater des Babys trennte sich darauf hin von seiner Frau, und nahm das Baby mit, und kümmert sich bis heute liebevoll um den schwerstbehinderten Jungen. Was auch immer zu so einer schrecklichen Tat führen mag, jeder sollte seine psychischen Grenzen erkennen, und sich HILFE holen, bevor man so was schreckliches macht. Vorher sollte man bei einer Nachbarin klingeln, um das Kind lieber mal kurz wegzugeben, damit man mal selber schreien kann. Übrigens hat das meine Nachbarin mal bei mir gemacht. Sie konnte einfach nicht mehr. Ihr Sohn hörte nicht mehr auf zu schreien, und sie hatte Angst, etwas zu tun, was sie danach bereuen könnte. Ich finds mutig von ihr. Übrigens war ihr Junge so perplex (drei Jahre alt) das er endlich aufhörte zu schreien.

Obwohl man sich sicher immer selber hinterfragen sollte, warum das Kind so unaufhörlich schreit oder tobt, ist erster (kurzer) Abstand um einen klaren Kopf zu bekommen sicher nicht so schlimm, wie auszuflippen. Ich weiß auch, dass nicht immer die Eltern schuld sind, wenn ihre kInder schreien. Es gibt durchaus auch KInder, die sehr sehr lange in ihrer oder einer Trotzphase stecken, und somit ihren Eltern den letzten Nerv rauben. Man sollte wenigstens erkennen, wenn es alleine nicht mehr zu bewältigen ist, um schlimmes zu vermeiden. Gewalt ist niemals eine Lösung.

Lg.

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Irrlicht
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Beitrag Mo., 11.02.2008, 12:01

Gewalt ist leider nicht immer so offensichtlich wie in dem von Dir (Natalie) geschilderten Beispiel.

In meiner "Frauen-Kind-Gruppe" (alle Kinder 9-10 Monate) gibz eine Mutter, die ist so unreflektiert, dumm, dass ich ständig ne Krise bekomme. Nix gegen Dummheit - aber wenn sich das als Konsequenz aufs Kind niederschlägt..

Das Kind darf nicht auf dem Boden liegen/spielen, weils da zieht und ein Handtuch vor die Türritze "geht nicht", weils dann unordentlich aussieht.
Das Kind bekommt nachts Handschuhe an, damits nicht nuckelt. Davon würde der Mann wach.
Das Kind wird ständig gefüttert (anfangs gestillt) - denn dies ist ihre einzige Interpretation einer Unmutsäußerung (das Kind wiegt jetzt ca 12 Kilo).
Die Mutter fragte, ob wir anderen mit unseren Kindern spielen und wenn ja, wie lange und wann (null Wahrnehmung der Kontaktangebote vom Kind).

Das Kind wirkt lethargisch und bewegt sich kaum.

Ich versuche immer mal wieder, ihr zu sagen, was ich alles für nicht so günstig halte und versuche auch zu erklären, welche Auswirkungen das fürs Kind hat und warum das Kind wie handelt. Bringt nix.
Sie ist eine "nette", die allerdings keinen echten Bezug zu Gefühlen oder Handlungen anderer Menschen hat, auch nicht zu ihrem Kind. Ich wüsste aber nicht, was ich tun kann, denn es ist keine direkte Mißhandlung oder Vernachlässigung sondern eine indirekte.

.........

Eine andere Mutter, die ich kenne, lacht so gut wie nie, hält ihr Kind schweigend umklammert. Ich weiss nicht, ob sie depressiv ist oder einfach ein sehr wenige Gefühle zeigender, verschlossener Mensch. Das Kind lacht ebenfalls kaum, wenn ich "Späßchen" mache (die eig bei jedem Kind Wirkung zeigen), schaut das Kind nur ernst, was ich da tue.
Ich las den Artikel über die Spiegelneuronen - würd passen. Das Kind wird bestens versorgt und auch gekuschelt, aber selten mal angelacht. Ob so ein Kind später zu Depressionen neigt, bereits im Kindergartenalter seltsam auf andere Kinder wirkt?
Nur kann man (ich) hier auch nix tun, ich kann ja niemanden zwingen, mit seinem Kind lustig zu sein

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Natalie
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Beitrag Mo., 11.02.2008, 12:35

Hallo Irrlicht, da hast du vollkommen recht. Ich habe da ein sehr extremes Beispiel auf das Interview von uncle K geschildert. Bei uns lebt ein Junge in der selben Straße, der sowohl sichtbare als auch unsichtbare Gewalt erfährt. Es ist sehr schlimm nicht helfen zu können. Ich versuchte es mal vor 2 Jahren, als ich das Gespräch mit seiner Mutter suchte. Ganz kurz zu dem Jungen, vom Vater gibts Schläge im Zimmer, und von der Mutter " oh, mein lieber Junge, man darf doch kein Baby schlagen......ect. Es ist so schlimm, das kein Kind in der Gegend mit ihm spielen möchte. Er schlägt, stielt die Sachen der anderen Kinder, macht alles mutwillig kaputt, und schreit die wüstesten Wörter Erwachsenen hinterher. Er ist ein armer Junge, der zwischen zwei Welten steht. Mittlerweile schon Stammgast beim Direktor (erste Volksschulklasse).

Als er meinen Jungen im Kiga türranisierte, suchte ich mit ihr das Gespräch. Wir unterhielten uns, nachdem ihr Junge meinem Jungen mit Fussballschuhen im Training mutwillig auf die Brust gesprungen ist (mit Stollenschuhen) weil meiner ein Tor geschossen hatte, ihr Junge war Torwart. Nur eine von vielen Geschichten. Diese Mutter sagte mir dann, dass sie jeden Abend ihm eintrichtert, was er alles nicht machen darf, und was geschieht, wenn er im Kiga nicht brav und artig ist. Ich fragte sie, ob ihr Junge von ihr auch mal positives zu hören bekommt, und nicht den ganzen Tag lang Verwarnungen, die er nutzt um mit ihr in Kontakt zu kommen. (Es ist ja so, dass wenn ihn die Nachbarin zu ihr bringt, weil er wieder alles kaputt macht, und sagt, er darf eine Stunde nicht mehr kommen, dass er trotzdem gleich wieder drüben steht. Der Mutter ist es schon egal, und sie ist froh, wenn sie sich nicht um ihn kümmern muss)

Ich sagte zu ihr, sag ihm am Abend vor dem Schlafen doch was liebes. Umarme ihn und sag ihm, was heute ganz schön war, oder was sie morgen zusammen unternehmen könnten. Ihn mit ins Gespräch miteinzubinden. Der Junge liegt im Bett, und seine Mutter droht ihm schon die Strafe für den nächsten morgen an, usw. Übrigens sagt er aus dem Stegreif heraus, sobald man was zu ihm sagt, jajaja ich machs nie wieder. Egal bei wem, und ohne das man fertig gesprochen hat.

Wie gesagt, steht er in meinen Augen zwischen zwei Welten, und Vater und Mutter sind blind und taub und gewalttätig. Sie verbauen ihm sein Leben, dass er sicher nur mit schwerstarbeit mal in den Griff bekommen wird. Gewalttätig ist er ja jetzt schon.

Wie du geschrieben hast, man möchte am liebsten helfen. Solche Menschen wollen oder können sich ja nicht selber sehen. Und das Kind wird zur Ursache aller Probleme gemacht. (schauder)

lg.

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