Meine ehemalige Therapeutin hat sich das Leben genommen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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estelle
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Beitrag So., 15.08.2010, 16:09

Elle hat geschrieben:Und ich finde, dass jemand in einem Beruf, in dem andere Menschen mehr oder weniger stark von einem abhängen, auch Regelungen treffen sollte.
Das kann ja auch eine Kurzschlußhandlung gewesen sein, in dem Moment finde ich ist das etwas
zu viel erwartet, wenn sie dann auch noch an andere Menschen denken soll, das kann man dann
glaube ich nicht mehr, das ist einem dann sicher auch egal.
Ich glaube nicht das diese Psychotherapeutin das lange vorher geplant hat, dann wäre sie auch
noch in der Lage gewesen sich Hilfe zu holen.

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Justus
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Beitrag So., 15.08.2010, 16:25

Da gibt es viele Möglichkeiten:

Die Therapeutin könnte schon psychische Probleme oder suizidale Krisen in ihrer Jugend gehabt haben, die jetzt wieder hoch gekommen sind...

...vielleicht auch ein Grund für die Berufswahl...

Obwohl das ja nicht unbedingt von Nachteil sein muss, denn eine Therapeutin mit entsprechenden Erfahrungen könnte die Leiden der Patienten viel besser nachvollziehen als wenn sie diese nur aus irgendwelchen Büchern oder Fallstudien kennen würde!

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Elle
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Beitrag So., 15.08.2010, 16:33

Mir gehts echt nicht darum, jemandem Vorwürfe zu machen, der sich umbringt.

Ich finde aber, dass Verzweiflung UND Wut eine ziemlich normale Reaktion auf einen Suizid oder anderes plötzliches Verschwinden sind.

Ich glaube übrigens kaum, dass die Patienten von der Todesursache informiert werden. Die werden wohl eine Nachricht mit "unerwartet verstorben" erhalten.

Ich habe eben diese Erfahrung gemacht, dass nicht nur mein Therapeut plötzlich weg war, sondern dass dann niemand für die "verwaisten" Patienten zuständig ist. Und das fand und finde ich schlimm.

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Carry
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Beitrag So., 15.08.2010, 16:52

Mir gehts echt nicht darum, jemandem Vorwürfe zu machen, der sich umbringt.
Sorry, Elle, dann hab' ich dich missverstanden.
Es berührt mich halt sehr wenn die Verzweiflung so groß ist, daß ein Mensch als einzigen gehbaren Ausweg nur noch die Möglichkeit sich selbst zu töten sieht.
Und gleichzeitig gehört soviel Mut dazu...

Carry
Es gibt Leute, deren Geist immer Ferien hat.
Peter Sirius

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hungryheart
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Beitrag Di., 07.09.2010, 11:07

hallo ihr,

danke für euren trost und zuspruch .
es war schon ziemlich heftig, schlimm und sehr traurig, davon zu erfahren, aber es hat mich nicht anders getroffen, als es mich bei einem anderen mir gut bekannten und gemochten menschen treffen würde, weil es mir schon lange so stabil gut geht und ich mich schon lange nicht mehr als von ihr abhängig erlebe.

durch verbindungen zu ihr über einige ecken, habe ich inzwischen einiges über die hintergründe erfahren, was es für mich begreifbarer macht.
sie litt wohl schon sehr, sehr lange unter wiederkehrenden depressionen, die sie aber wohl gut im griff hatte.
in letzter zeit gab es einige schicksalsschläge- es wird vermutet, dass es eine kurzschlussreaktion im zusammenhang damit war.

aber wer kann das schon wissen


mich beschäftigt sehr die frage, wie ein mensch so verschiedene seiten haben kann.

naja, haben wir wol alle irgendwie, nicht?
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Alles_Klaro
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Beitrag Di., 07.09.2010, 13:39

Ohje,
das ist ja eine sehr eindrückliche Geschichte - gerade erst in Ruhe gelesen habe ...
Finde gut, wie du damit umgehst.

Trotzdem, ich kann gut nachfühlen: sowohl aus der Sicht der ehemaligen Patientin
als auch die der ehemaligen Therapeutin ...

Was meinst du jetzt mit "SO verschiedene Seiten"?

Laß dich nochmal trösten,
Klaro.

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Justus
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Beitrag Di., 07.09.2010, 16:49

Vielleicht meint sie die verschiedenen Seelenanteile, die jeder Mensch in sich hat und sich in ihrer Dominanz abwechseln!

Wahrscheinlich hat in diesem Fall ein Seelenanteil den Suizid gewählt...

...und die anderen Anteile wollten eigentlich nicht...

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hungryheart
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Beitrag So., 31.10.2010, 10:22

ich war ja nicht auf der beerdigung (das hätte ich sehr unpassend gefunden).

aber irgendwie habe ich das bedürfnis, mich mit einem kleinen ritual zu verabschieden und denke schon die ganze zeit darüber nach, was ich tun könnte.

vielleicht einen brief schreiben und den dann zum grab bingen?

ich bin sehr unsicher...
habt ihr sowas schon mal gemacht, oder eine idee für mich?
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charlotta
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Beitrag So., 31.10.2010, 12:37

Hallo hungryheart,

ich kenne eine solche Situation, dass jemand gestorben ist, und ich mich nicht zur Beerdigung getraut habe, weil wir im Streit auseinander gegangen sind, und ihre Angehörigen mich kannten und davon wussten. Es war eine ehemalige Chefin von mir, die ich immer sehr sehr gemocht habe, da sie mich viel unterstützt hatte, und insgesamt sehr lieb war. Ich habe mich nie getraut, eine Aussprache zu forcieren (war auch erst 18). Vor zwei Jahren las ich ihre Todesanzeige in der Zeitung, und ich wollte unbedingt mich von ihr verabschieden. Daher bin ich einen Tag nach ihrer Beerdigung an das Grab, und habe mich versichert, dass ich dort alleine war. Ich habe ihr einen Strauss gelber Tulpen darauf gestellt, weil ich wusste, dass sie diese mochte und habe mit ihr Zwiesprache gehalten. Ich habe ihr erzählt, was sie für mich bedeutet hat, wie traurig ich es fand, dass wir Streit hatten und keine Möglichkeit zur Versöhnung. Ich hoffe nicht, dass Du denkst, ich bin etwas verrückt, aber ich habe sie gespürt, ihre liebevolle und mütterliche Art. Ich habe auch gespürt, dass sie mich trotz des Streits noch immer mag. Es war ein wunderschöner Moment, ich kam mir richtig befreit und zufrieden vor.
Ich hoffe, Du hast auch die Möglichkeit, soetwas erleben zu dürfen.

LG Lotte

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Charlie
Helferlein
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Beitrag So., 31.10.2010, 12:42

Hallo Hungryheart,

ich habe mich bisher noch nicht mit einem Ritual verabschiedet aber ich glaube wenn ich ihr gerne noch etwas sagen möchte, dann würde ich einen Brief schreiben. Wenn ich mich "nur" verabschieden möchte dann würde ich vieleicht eine Blume, einen kleinen Teddy oder irgendetwas anderes, was Du vielleicht mit ihr in Verbindung bringst, auf das Grab legen und in Gedanken vielleicht noch Abschiedsworte sagen. Es gibt auch teilweise sehr gute Karten mit vorgedruckten Texten für alle Lebenslagen. Ich glaube ich würde ihr auch eine Kerze anzünden (damit die Seele ins Licht findet). Und ich würde für sie beten, dass es ihr jetzt gut.

Liebe Grüße

Charlie
Folge nicht dem vorgezeichneten Pfad. Statt dessen wandle, wo kein Weg führt, und hinterlasse eine eigene Spur.
(Anonym)

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hungryheart
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Beitrag So., 31.10.2010, 18:50

danke ihr zwei (bin grad etwas sprachlos)
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Gast
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Beitrag So., 31.10.2010, 19:15

Hallo Hungryheart

ich weiß ja nicht, ob du mich gleich für bekl*** erklärst. Rosenrot backt für Tote

Ich hatte eine sehr liebe, sehr alte Nachbarin. Ich mochte sie, sie hatte soooo viel zu erzählen. soviel erlebt und war, trotz Familie verdammt allein gelassen.

Als sie starb, war ich nicht auf der Beerdigung. Ich hätte einen Anfall gekriegt über die Verlogenheit der Familie. Keiner hatte sich um sie gekümmert, aber zur Beerdigung versammeln sie sich. Boah.

Also bin ich ein paar Tage später hin und
habe ihr von ihren Lieblingskeksen welche mitgebracht. In einem kleinen Holzkästchen und ihr gesagt "Liebe Frau ....ins Krankenhaus durfte ich keine mitbringen, vielleicht schmecken sie dort auch besser, wo sie jetzt sind"

Das Kästchen habe ich unter ein wenig Erde versteckt, Blümchen drauf. Das war mein Abschied. Ich denke noch heute oft an sie, wenn ich an ihrer ehemaligen Wohnung vorbei gehe.

Rosenrot

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ENA
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 16:46

Hallo Ihr!

Ich finde solche Abschiedsrituale auch wichtig und gut.
...und Rosenrot:
Nein, ich finde Deine Idee mit den Keksen nicht bekloppt. Ich finde, das hat etwas ganz Kreatives, Sanftes, Liebevolles an sich.

Lieben Gruß, ENA.

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hungryheart
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Beitrag Fr., 12.11.2010, 08:46

hi rosenrot,
ich finde deine idee mit den keksen auch wunderschön.

ich habe für mich noch nichts konkretes gefunden (aber das hat ja auch zeit) , aber euer/dein umgang mit dem thema hat mich sehr inspiriert. danke

lg hh
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hungryheart
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Beitrag Mo., 04.04.2011, 13:37

Sir hat geschrieben:Die ursprüngliche Formulierung fand ich nicht nur wenig aussagekräftig, sondern auch - zurückhaltend ausgedrückt - sehr eigenartig.
die formulierung entstand damals "im affekt" außerdem wollte ich möglichst wenig reißerisch oder irgendwie schockierend formulieren....
was meinst du mit eigenartig?


@all ich wollte mich nochmal für eure tipps und anregungen bedanken. das hat mir alles sehr geholfen.
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