Studie zu genetischen Veränderungen nach Vergewaltigung

Gibt es demnächst themenbezogene TV- oder Radio-Sendungen? Kinofilme? Fanden Sie interessante Artikel oder Pressemeldungen in Zeitschriften oder im Internet, Bücher oder DVD's? Hier können Sie die anderen davon informieren...

Eremit
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 00:09

Aditi hat geschrieben:ich merke, in diesem forum kann man nicht sachlich über einen aspekt eines vielschichtigen themas diskutieren. sofort darf man sich sagen lassen . . . - siehe oben!
Und welcher Aspekt sollte dies nun sein? Möchtest Du über Biologie, Neurochemie oder Traumabewältigung reden?

Es wurde ja bereits von Gothika erwähnt, inwiefern diese Studie und ihre Ergebnisse aufgrund der Methodik anzuzweifeln ist. Ich habe dem noch einige Zweifel hinzugefügt, wennauch meine Argumente aus einem anderen bereich stammen.

Ein solch vielschichtiges Thema muß entsprechend vielschichtig diskutiert werden. Für solche komplexe Probleme gibt es keine einfachen Lösungen, auch, wenn uns das diverse Institutionen und Konzerne gerne weiß machen möchten.
Aditi hat geschrieben:davon, dass ich einen aspekt von gewalt angesprochen habe, kann man nicht ableiten, dass ich die anderen aspekte nicht sehen will/kann. - das ist reine interpretation.
Warum fokussierst Du dann auf weibliche Opfer? Warum nicht auch die männlichen Opfer aufzählen? Oder gar weibliche Täterinnen? Siehe zum Beispiel: http://www.lerke-gravenhorst.de/pdf/vor ... enchen.pdf

Tatsache ist, daß Männer natürlich die Hauptverantwortung für die Gräuel des Krieges tragen, aber auch ungleich häufiger in Krieg zu Opfern wurden als Frauen und ungleich schwerer traumatisiert wurden. Warum dann noch immer der einseitige Fokus auf Frauen, wenn es um Aufarbeitung und Hilfeleistungen geht?
Aditi hat geschrieben:und wie schaut die deiner meinung nach aus? kann man so ein komplexes thema wie "gewalt" auf einen tusch und in bausch und bogen enttabuisieren, oder geht es hier nicht auch so, wie bei vielen themen schritt für schritt.
Der erste Schritt wäre eine Überarbeitung des Täter- und Opferbildes. So lange Männer in die Täterrolle hineingedrückt werden und Frauen in die Opferrolle, so lange wird sich nichts an den Problemen ändern. Ich bin gegen die Tabuisierung männlicher Opferschaft und weiblicher Täterschaft. Beide Geschlechter müssen in die Verarbeitungsprozesse gleichberechtigt einbezogen werden.

Zu dem Beispiel mit den Kindern aus den rumänischen Heimen möchte ich nur festhalten: Es ist ein Unterschied, ob es sich um traumatisierte Kinder oder Erwachsene handelt, nicht nur neurochemisch. Mich würden aber interessieren, was das für "Löcher" gewesen sein sollen und ob klar und deutlich festgestellt werden kann, daß Traumatisierungen zu solchen "Löchern" führt. Und, womit diese wieder aufgefüllt werden. Ist es nicht auch so, daß diese Kinder extrem unterernährt waren? Könnte vielleicht auch chronischer Eiweißmangel zur Bildung solcher Löcher führen? Und bedeutet das Verschwinden dieser Löcher ein Verschwinden des Traumas? Für mich klingt das ein wenig nach gefährlichem Halbwissen...

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stern
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 07:02

Finde ich jetzt auch beachtlich, dass aus einem Thread, ob Gewalt sich auch auf genetische Strukturen auswirken kann, nun eine Gleichberechtigungsdebatte wird. Natürlich gibt es auch männlich Opfer und weibliche Täter... und das Kriegserlebnisse von Männern und Frauen traumatisch verarbeitet werden können stellt doch auch niemand ernsthaft in Frage. Und das wollen auch Studien gar nicht widerlegen, sondern der Frage nachgehen, inwieweit sich auch Umweltfaktoren genetisch niederschlagen können. Und das, sry,
Ob das eine ausschließliche Fokussierung auf das weibliche Geschlecht bezüglich Erforschung und Bereitstellung notwendiger Hilfeleistungen rechtfertigt, wage ich mal anzuzweifeln.
das reimst du dir doch zusammen, Eremit.... es wird doch nicht rein einseitig frauenspezifisch erforscht, Eremit. Und nicht jede geschlechsspezifische Untersuchung ist gleichzeitig Ausdruck von Männerdiskrimierung. Vielleicht lässt sich das thema ja (soweit keine biologischen Geschlechtsunterschiede zu berücksichtigen gibt) geschlechtsneutral diskutieren?
Liebe Grüße
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Eremit
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 09:41

stern hat geschrieben:das reimst du dir doch zusammen, Eremit.... es wird doch nicht rein einseitig frauenspezifisch erforscht, Eremit.
Und wo sind sie, die männerspezifischen Studien? Ich bitte um Hinweise. Ich konnte so gut wie keine finden. Wenn ich aber statt "Männer" "Frauen" als Suchbegriff verwende, werde ich überschüttet mit Studien und Hilfsangeboten. Interessant, nicht? Tatsache ist, Männer schauen durch die Finger.
stern hat geschrieben:Und nicht jede geschlechsspezifische Untersuchung ist gleichzeitig Ausdruck von Männerdiskrimierung.
Wenn aber so gut wie alle Ressourcen der Erforschung weiblicher Traumabewältigung zugeordnet werden, ist das sehr wohl Männerdiskriminierung.
stern hat geschrieben:Vielleicht lässt sich das thema ja (soweit keine biologischen Geschlechtsunterschiede zu berücksichtigen gibt) geschlechtsneutral diskutieren?
Wünsche ich mir eigentlich auch, obwohl nicht im Sinne der Threaderstellerin. Weil Gewalt eben kein Geschlecht hat. Es gibt auch männliche Opfer und weibliche Täter: http://www.mann-als-opfer.com/downloads ... rinnen.pdf

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stern
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 09:58

Wünsche ich mir eigentlich auch, obwohl nicht im Sinne der Threaderstellerin. Weil Gewalt eben kein Geschlecht hat. Es gibt auch männliche Opfer und weibliche Täter: http://www.mann-als-opfer.com/downloads ... rinnen.pdf
das stelllt doch hier NIEMAND in Frage. oder ist z.B. in den von mir verlinkten Artikeln (ohne dass ich damit eine Wertung zum Ausdruck brachte) eine Differenzierung zu entnehmen... kann es daher vielleicht um die AUSWIRKUNG VON UMWELTEINFLÜSSEN AUF GENETISCHE STRUKTUREN BEI M E N S C H E N (GENANNT EPIGENETIK) gehen? Sorry, für mich ist wenig nachvollziehbar, in was du dich gerade verschießt und/oder wohin du die Diskussion bringen willst.
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Aditi
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Beitrag Mo., 10.05.2010, 10:38

Eremit hat geschrieben: Wünsche ich mir eigentlich auch, obwohl nicht im Sinne der Threaderstellerin.
nachdem es auch für mich nicht nachvollziehbar ist und eremit sogar meint zu wissen, was in meinem sinne ist, beende ich hiermit meine teilnahme an der diskussion zu diesem thema.
mlg
aditi


Eremit
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Beitrag Do., 13.05.2010, 16:26

Eremit hat geschrieben:(...) Weil Gewalt eben kein Geschlecht hat. (...)
stern hat geschrieben:das stelllt doch hier NIEMAND in Frage.
Hust...
Aditi hat geschrieben:wo frauenunterdrückung draufsteht, da ist männergewalt drin.
Aditi hat geschrieben:tatsache ist auch, dass die massenvergewaltigung in kriegszeiten von männern (die liebende väter, ehemänner, freunde sind) ausgeht.
Statt des Wortes "ausgeht" hätte ich mir das Wort "überwiegt" gewünscht - das wäre auch näher an der Wahrheit gewesen. Statt dessen gab's wieder einmal einen dicken, fetten Täterstempel für die Männer. Dabei sollte einem doch der Fall Lynndie England noch in Erinnerung sein. Auch schon wieder vergessen? Na ja.

Wie auch immer - Aditi, mit solchen Sätzen wie...
Aditi hat geschrieben:kein mann würde sich freiwillig das antun, was frauen meinen sich antun zu müssen, um beachtet, begehrt - geliebt zu werden.


...hast Du Dich von Anfang an selbst disqualifiziert für diese Diskussion. Wie viele Frauen ziehen in den Krieg, weil sie ihre Ehemänner und ihre Kinder ernähren müssen oder einen Feind abzuwehren haben? Für was sonst gehen so viele Männer in den Krieg sterben? Weil's so eine Gaudi ist? Glaubst Du, es ist eine tolle Sache, Menschen zu töten, Aditi? Das macht verrückt! Ist die simpelste Erklärung für das abartige Verhalten, welches zu den Massenvergewaltigungen führte. DAS gehört mal erforscht und therapiert!

Fragt sich nur noch: Was ist das größere Trauma? Vergewaltigt zu werden oder mit den eigenen Gedärmen in den Händen über Leichen zu klettern, auf der Suche nach dem Sani für die letzte Morphium-Dröhnung, damit der Übergang ins Licht nicht ganz so schmerzhaft ist?


luciabava
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Beitrag Do., 13.05.2010, 17:12

Eremit hat geschrieben: Fragt sich nur noch: Was ist das größere Trauma? Vergewaltigt zu werden oder mit den eigenen Gedärmen in den Händen über Leichen zu klettern, auf der Suche nach dem Sani für die letzte Morphium-Dröhnung, damit der Übergang ins Licht nicht ganz so schmerzhaft ist?
Du willst doch nicht ernsthaft ein Leid gegen das andere ausspielen?
Bitte lies dir mal diesen Artikel zu den Massenvergewaltigungen im Kongo durch - die Frauen dort werden seit Jahrzehnten systematisch gefoltert und komplett zerstört. Es ist unfassbar. Dass auch Männern Gewalt angetan wird, wird durch diese Feststellung doch nicht geleugnet (Tatsache ist auch, sehr viele dieser Frauen sterben an den Folgen dieser Vergewaltigungen).

http://www.stern.de/panorama/kongo-verg ... 94225.html

Im übrigen: Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen während des 2. Weltkriegs werden erst seit ein paar Jahren überhaupt systematisch erforscht - vorher schien das auch niemanden sonderlich zu interessieren. Trauma durch sexuelle Gewalt? Gab es doch bis vor ein paar Jahren offiziell gar nicht.

Es gibt überhaupt keinen Grund, Fronten zu schaffen. Weil sich angeblich niemand für gefolterte/vergewaltigte Männer interessiert, sollen auch die vergewaltigten Frauen außen vor bleiben?
Ich selbst wünsche mir auch, dass geforscht und geforscht und geforscht wird, und zwar an allen Enden, damit wir wissen, warum diese Männer vergewaltigen, und es irgendwann keine weiteren Opfer mehr gibt.

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Aditi
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Beitrag Mo., 17.05.2010, 14:55

Eremit hat geschrieben: Wie auch immer - Aditi, mit solchen Sätzen wie...
Aditi hat geschrieben:kein mann würde sich freiwillig das antun, was frauen meinen sich antun zu müssen, um beachtet, begehrt - geliebt zu werden.


...hast Du Dich von Anfang an selbst disqualifiziert für diese Diskussion. Wie viele Frauen ziehen in den Krieg, weil sie ihre Ehemänner und ihre Kinder ernähren müssen oder einen Feind abzuwehren haben?
wie so oft in diskussionen, die nur schreibend durchgeführt werden können, auch hier diese vermischung/verdrehung/interpretation/unterstellung/bewertung ect.
wenn du nachliest, so wirst du erkennen, dass sich mein obiger satz nicht auf ein/das kriegsgeschehen bezog/bezieht.
um es dir zu verdeutlichen, was ich meinte nur ein beispiel:
ich habe noch nie einen mann mit high-heels gesehen. frauen ziehen freiwillig schuhe an, die ihre wirbelsäule schädigen.

ich kann nicht beeinflussen, was du, eremit, aus meinen beiträgen herausliest und interpretierst. was ich allerdings beeinflussen kann ist, mich solchen unterstellungen nicht auszusetzen und mich nicht bewerten zu lassen von menschen, die mich überhaupt nicht kennen, allerdings sofort ein urteil zur hand haben und darum: ende meiner beiträge hier!

aditi

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miss
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Beitrag Mo., 17.05.2010, 17:14

Gothika hat geschrieben:
Was die Methodik der beiden Versuche angeht, so habe ich erst Recht ein großes Fragezeichen auf der Stirn. Denn man kann postmortem keine Genaktivitätsmuster feststellen. Logisch, oder?! Wie will man postmortem denn einen Gendefekt feststellen?
Gendefekt ist nicht gleich Genaktivitätsmuster. Es geht um "ein bestimmtes Gen namens "NR3C1". Es enthält die Erbinformation für die Glucocorticoid-Rezeptoren... Und dieser Rezeptor fehlt/mangelt. Die Gensequenz kann post mortem sehr wohl festgestellt werden.
Das ist schon Schwachsinn. Höchstens die Abfolge der Basenpaare.
Abfolge der Basenpaare = Gensequenz.
Überhaupt diese Huhn-oder-Ei-Fragerei. NATÜRLICH verändert Stress das Aktivierungsmuster der Gene. Wohlgemerkt das Aktivierungsmuster, nicht die Gene selbst. [...] Das sagt doch rein gar nichts über die Ursache aus, woher die Depression bzw. Ähnliches kam?!
Darum geht es auch nicht.
Mit "Vererbung" hat das alles noch rein gar nichts zu tun. Weil Vererbung findet nur über die Keimbahnen statt. Und die sitzen nicht im Gehirn. Nein, nicht mal beim sog. Mindfuck. (Wofür ich diese Artikel halte).
In jeder Zelle sind idente Gene, sowohl im Gehirn als auch in Zellen der Keimbahn. Es geht v.a. darum, dass vermutlich die Mutationen vorher da waren und der Körper dem entsprechend anders reagiert als mit nicht mutierten Genen. Ob diese neue Form der Reaktion sich als biologisch wertvoll oder als Schrott herausstellt, na du weißt ja, Selektion. Im Nervensystem werden andere Gene aktiviert als in der Muskelzelle.
Und wie isoliert man eigentlich DNA aus Blutproben, wo es sich beim Hämoglobin doch um die einzigen KERNLOSEN Zellen handelt?
Es werden ja auch keine Erys genommen, sondern Leukozyten.
Meint jetzt die vorzeitige Zellalterung mit lebenden Probanden. Bei der ich bezüglich der (natürlich nicht genannten Methodik) auch die Stirn akut in Falten ziehe.
PCR, Sequenzanalyse. Labor-Standard
Wie dem auch sei: Da wird der "Stress" von Ratten, die weniger Aufmerksamkeit bekamen mit Kriegs- und Missbrauchsopfern gleichgesetzt! Und vor den Monitoren oder Zeitschriften drücken sich dann die Leser die Nase platt und halten das für ganz großes Kino.
Wissenschaftliches Arbeiten - irgenwo muss man ja anfangen zu arbeiten, Hypothesen aufzustellen, sie verifizieren, abzuändern, auszubauen... und vielleicht jemandem helfen können! Oder auch schaden, was schon Einstein/M. Curie wahrscheinlich nicht wollten.
Was sind jetzt die großen Erkenntnisse dieser Studien, deren Betreiber schließlich auch nur Geld verdienen wollen. (Was ich sogar wertneutral meine, ich würde sonstwas dafür geben, wieder selbst im Genlabor zu stehen, nur weiß ich daher eben auch, dass Naturwissenschaftler sich herzlich wenig um das Wohl der Welt scheren, im Grunde wissen, dass sie nichts wissen, sondern schlichtweg einfach nur ihre Arbeit tun).
Das ist auch gut so. Aber man kann natürlich auf den Fortschritt verzichten, die Wissenschaft verteufeln und predigen, dass die Erde eine Scheibe ist. Das unterstelle ich dir natürlich nicht!
Die Neugier ist eine Grundeigenschaften der Menschheit. Wohin sie führt, ja das weiß keiner.

Das Gehirn ist unsere weiße Landkarte. Sie zu erforschen, ist ein spannendes Feld.

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Aditi
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Beitrag Sa., 29.05.2010, 15:27

liebe miss,

danke für deinen beitrag. ich finde ihn sehr interessant. da ich leider nicht vom fach bin (vom fach bin ich, was das erleben von sexualisierter gewalt betrifft) würde ich mich freuen, wenn sich hier weitere fachfrauen/-männer einbringen.
ohne sich gegenseitig zu bewerten. ein sammeln von neuen erkenntnissen, denn wie du schreibst
Das Gehirn ist unsere weiße Landkarte.
und das gehirn ist nicht alles, oder doch???
mlg
aditi


montagne
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Beitrag Mo., 05.07.2010, 14:59

Ich glaube keine seriöse Studie wird behaupten genetische Vererbung von sozialer "Vererbung" KLAR trennen zu können. das die Umwelt sehr wohl Einfluss auf die Aktivität der Gene hat, das ist nichts neues, wie Gothika ja schrieb.

Die Frage ist doch, was macht man mit solchen Informationen? Mir klingt das oft zu deterministisch an. es gibt ein gen, das für Sensibilität, Irritierbarkeit disponiert. Folge können sein psychische Störungen, bei Frauen wird Borderline posuliert, bei Männern Deliquenz. Tatsächtlich gibt es eine Studie in den USA, die gefängnisinsassen danach untersucht und da solche Zusammenhänge festellt. Es wird aber auch klar gesagt, das Menschen, die dieses Gen in sich tragen und normal und behütet aufwachsen keinerlei Störungen entwickeln müssen.
Dan gibt es auch wieder Menschen ohne dieses Gen, die werden trotzdem psychisch schwer gestört, manche haben schlimme Dinge in der Kindheit erlebt, andere nicht.

Ich denke man sollte nicht den Fehler begehen, sowohl als betroffener, als auch als Behandler fatalistische Schlussfolgerungen aus solchen Erkentnissen zu ziehen.

@Aditi: Das sich Traumata sozial weiter vererben weiß man doch. Die Diskusion um die soziale Weitergabe der Kriegserlebnisse, der seelisch verstörten Soldaten ebenso wie der belagerten und vergewaltigten Frauen ist auch geiwss nicht neu. Brauchen wir als Volk, brauchst du eine genetische Rechtfertigung uns mit der Trauer endlich auseinandersetzen zu dürfen?
Schon in den 60ern (!) schrieb Margarete Mitscherlich (Psychoanalytikerin) das Buch "Die Unfähigkeit zu trauern". Da geht es eben um den Umgang der Deutschen Familien mit den Kriegsgeschehnissen. Innerhalb der Fachwelt ein hochangesehenes Werk, auch jetzt noch, außerhalb offenbar wenig beachtet.

Und ich finde das ist doch der Kern. Das wir endlich anfangen darüber zu reden, uns auseinanderzusetzen, damit ein Anfang gemacht wird, das NICHT mehr an die nächste Generation weiter zu geben. Ich denke die generation, grad der Frauen, die es betrifft, für die war es vllt. zu schmerzlich,. als das sie sich hätten auseinandersetzen können. So kenne ich es aus meiner familie. es war einfach zu viel, ein Trauma im wahrsten Sinne des Wortes. Es überstieg ihre Verarbeitungskapazität. Die jüngere Generation, meine, hat viel davon abbekommen, ungefiltert. Brauche ich eine genetische Rechtfertigung mich damit auseinanderzusetzen und zu sagen: Ja, das war auch für mich zu viel, war sich da abbekommen habe? oder kann ich mich nicht einfach so damit auseinandersetzen, meinen Frieden amchen, mit dem Möglichkeiten, die mir heute zur Verfügung stehen. Therapie, Austuasch mit Betroffenen.

So okay, war jetzt kein fachlicher Beitrag, sondern ein persönlicher. Hoffe sehr es wird als Anreguing verstanden, das soll es sein. Nicht als abbürsten.
amor fati

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Aditi
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Beitrag Mi., 07.07.2010, 19:18

vallée hat geschrieben: @Aditi: Das sich Traumata sozial weiter vererben weiß man doch.
brauchst du eine genetische Rechtfertigung uns mit der Trauer endlich auseinandersetzen zu dürfen?
liebe vallée,
danke für die interessanten gedanken. wer ist "man", der das weiß? meinem mann und ich gebe gerne zu, auch mir, war nicht bekannt, welche folgen die jahrelang erlebte sexualisierte gewalt für mich hatte. wir sind hier, wie menschen so oft, der idee aufgesessen, bei anderen, ja - doch nicht bei mir. heute weiß ich mehr, viel mehr.
für die trauer, obwohl ich mir mit trauer bezüglich meiner kindheit sehr schwer tu (für andere zu trauern, fällt mir viel viel leichter - ist wohl ein schutz) brauche ich die genetische rechtfertigung nicht. vlt. hätte ich mich nicht soooo schuldig gefühlt, was meine "störungen" betrifft. als ich meine therapie begann, hatte ich null ahnung davon, dass ein trauma spuren/veränderungen im gehirn hinterlässt, die auch meßbar/sichtbar sind. ich dachte immer, es liegt nur an mir. an meinem so-sein. an meinem verhalten, reagieren. vlt. wären meine schuldgefühle weniger intensiv gewesen, wenn ich damals schon gewusst hätte, was ich heute weiß.

es gibt menschen, für die eine "diagnose" belastend ist. ich bin jedesmal froh, wenn "das ding" einen namen hat, weil ich dann das gefühl habe, konkret damit umgehen zu können, mich damit auseinandersetzen zu können.
mlg
aditi

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Aditi
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Beitrag Mi., 07.07.2010, 19:24

brauchst du eine genetische Rechtfertigung uns mit der Trauer endlich auseinandersetzen zu dürfen?
jetzt habe ich noch einmal nachgespürt. und eindeutig: nein, dafür, für die trauer, brauche ich die genetische rechtfertigung nicht.
ich hätte sie gebraucht, um zu verstehen, weshalb ich anders als die anderen bin. dass es nicht an meinem unvermögen liegt. irgendwie ja schon, wenn genetische veränderungen tatsache sind. - verstehst du, was ich sagen will? der partner vermutet, ich würde aus jux und tollerei, also wenn ich mich zusammenreissen würde, anders sein können ect.

lg
aditi


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Beitrag Do., 08.07.2010, 18:47

Liebe Aditi, sorry ich dachte wirklich, das wäre irgendwie inszwischen bei Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigen Allgemeinwissen. Ja, Traumen können sozial von einer auf die nächste Generation weitergegeben werden. Dazu gibt es viel wissenschaftliche Literatur wie genau das geschiet.

Ansonsten schon. Oder ich glaube zu verstehen, du brauchst die Rechtfertigung der harten Fakten. Genetik, Hirnforschung. Das kann ich nachvollziehen, mir geht es manchmal ähnlich. Und diese Rechtfertigung hast du! Trauma, selbst Depression verändern das Gehirn. Oder besser gesagt der dauerhaft erhöhte Cortisolspiegel lässt den Hippocampus schrumpfen, der u.a. an Gefühlsregulation und dem Überführen von Inhalten vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis mitwirkt. (Bestimmt wirkt er auch noch an anderen sachen mit, aber ich bin da echt keine Expertin.)
Ich sehe da aber zwei Probleme:
Die Veränderungen im Gehirn entstehen durch das Trauma ja, das Gehirn ist plastisch. Ebenso können die Veränderungen aber auch durch Therapie rückgängig gemacht werden. Also kippt da die Rechtfertigung schon. Überspitzt könnte man sagen: Das Gehirn ist Produkt deiner Aktivität und Erlebnisse. Du wurdest Traumatisiert oder hast eine reaktive Depression, okay, Hippocampus schrumpft und kann, so vermutet man seine Aufgaben wenigern gut wahrnehmen. Aber wnen du Therapie machst und es anpackst das Trauma oder die Depression zu überwinden, wächst der Hippocampus wieder.
Das zweite Problem hängt damit zusammen. wenn ich außer Acht lasse, dass das gehirn sich auch wieder regenerieren kann, dann muss ich doch eine fatalistische Haltung einnehmen. Einmal PTBS, immer PTBS. Einmal Depression, immer Depression.

Ich denke diese Dingre soch hochrelevant für die Forschung, auch Therapieforschung. Aber ich persönlich bezweifle, ob es für jeden einzelnen von uns gut ist, zu wissen, wie es um unsere Gene und unser Gehirn steht. Weil es eben zu fatalismus und resignation führt. Weil man das wahre Ausmaß, das wahre Verhältnis von Biologie und Umwelt gar nicht wirklich abschätzen kann. Es gibt schon Studien zu solchen Themen. Ich kenne keine einzige Studie, bei der die Probanden das Ergebnis ihres Gentests erhalten. Auch MRT-Auswertungen erhält der Proband oft nicht, auch dann nicht wnen er will. Die Ethik-Kommissionen geben es so vor.
Weil all dies ja nur indirekte Schlussfolgerungen sind. Statistisch: Soundso viele, die diese Hirn- oder Genanomalie haben, haben die und die psychische Störung. Siehe das von mir schon beschriebene Beispiel der Delinquenz.
Und aus diesem statistischen Zusammenhang darf man einfach keine Kausalkette machen.

Ich drehe mich im Kreis.
Mir ist nur wichtig zu sagen, Aditi: Lass dein Hirn und deine Gene sein wie sie sind. Höre auf dein Gefühl. Wenn dich das erlebte nach wie vor belastet, wenn du das Gefühl hast, Schwierigkeiten im Hier und Jetzt resultieren aus den schlimmen Erlebnissen, dann ist es für dich so. und dann hol dir auch Hilfe, wenn du sie noch nicht hast. Setze dich mit dem realen Schmerz, der realen Trauer, den Dingen die dir vorenthalten wurden auseinander. dazu brauchst da gar keine Rechtfertigung. Dein Wunsch, dein gefühl dies zu tun reicht. Wichtig ist, das es dir/euch gut und ebsser geht. Und dazu gibt es reale, gute Methoden, die schon vor der gen- und Hirnfoschung gewirkt haben und die jetzt unbekümmert immer noch wirken, egal was die Gene nun meinen.
amor fati

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