Die spinnen doch, die Analytiker! Oder doch nicht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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neko
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 13:51

liebeoffy,
ne, ich will dir nicht erzählen, dass freud nur provozieren wollte. vielmerh will ich sagen, dass freud sich grad zu dem thema mißbrauch in verschiedenen zeiten sehr unterchiedlich, ja gegensätzlich geäußert hat. hat wohl auch was damit zu tun, dass er lange glaubte, von seinem vater mißbraucht worden zu sein und das später verwarf - mit dem üblichen renegaten radikalismus. neuere forschung geht z.T. davon aus, dass freud tatsächlich von seiner mutter mißbraucht wurde, dass aber nicht ertragen und sehen konnte. machts auch alles nicht besser, ist aber - wie ich finde - ein plausible erklärung für sein herumgeeiere.

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metropolis
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 13:53

Eve... hat geschrieben:
Der gesamte Ansatz von Freud bezieht sich ja aufs Sexuelle.

Heutzutage arbeiten die wenigsten Analytiker noch mit diesem sexuell-geprägten Analyse-Ansatz, auch die dogmatischen nicht. Oder? (Was sagen die anderen Analysanden hier?)

Mein Thera kam mir nie mit Penisneid, Kastration, Ödipus-Komplex oder sonstigem wirren Zeug. Ich glaube nicht, dass das heute noch eine PA ausmacht.

Komischerweise nimmt mein Thera sogar Abstand von Begrifflichkeiten wie Übertragung/ Gegenübertragung und Abstinenz. Er umschreibt es lieber mit anderen Worten.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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MrN
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:01

Na ja, meine Therapeutin hat mich mal mit der Einschätzung überrascht, das Spielen mit Schneckchen (also diesen Glibbertieren mit Häuschen) im Kleinkindalter sei doch wohl schon ziemlich "libidös"...

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Gast
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:14

Spinnen die Analytiker? Nein.
Nur - eine ganze Reihe ist schlicht eingebildet. Und zwar grundlos. Aber Einbildung ist eben auch `ne Bildung.

Zur Thematik ein auch für "blutige" Laien gut lesbares Buch:
Die Heiler. Wirkungsweisen psychotherapeutischer Beeinflussung. von Jerome D. Frank.

Ein Vergleich von Theraiieformen und Verusch, herauszufinden, was ihnen als heilendes Moment gemeinsam ist. Vom Schamanismus bir zu Heilern der Neuzeit (Psychoanalyse, Gesprächspsychotherapie etc. ).

... 312&sr=1-1

Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Sa., 01.05.2010, 14:15, insgesamt 1-mal geändert.

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Eve...
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:15

metropolis hat geschrieben:
Eve... hat geschrieben:
Der gesamte Ansatz von Freud bezieht sich ja aufs Sexuelle.
Heutzutage arbeiten die wenigsten Analytiker noch mit diesem sexuell-geprägten Analyse-Ansatz, auch die dogmatischen nicht.
Mein Thera kam mir nie mit Penisneid, Kastration, Ödipus-Komplex oder sonstigem wirren Zeug. Ich glaube nicht, dass das heute noch eine PA ausmacht.
Komischerweise nimmt mein Thera sogar Abstand von Begrifflichkeiten wie Übertragung/ Gegenübertragung und Abstinenz. Er umschreibt es lieber mit anderen Worten.
Ja schon - ist aber eine Bestätigung dessen, dass Freud überholt ist, denn es hat in der Tat kaum noch etwas mit dem Ursprung der PA zu tun, sondern handelt sich um eine angepasste, "modernisierte" Form.
Zuletzt geändert von Eve... am Sa., 01.05.2010, 14:20, insgesamt 1-mal geändert.

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metropolis
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:18

Eve... hat geschrieben:
Das bezweifle ich nicht, ist aber nur eine Bestätigung dessen, dass Freud überholöt ist, denn es hat in der Tat kaum noch etwas mit Freud zu tun. Es ist eine angepasste, modernisierte Form der PA.
...was doch eher für die Analyse und die Analytiker spricht, oder?
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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Eve...
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:21

metropolis hat geschrieben:
Eve... hat geschrieben:
Das bezweifle ich nicht, ist aber nur eine Bestätigung dessen, dass Freud überholöt ist, denn es hat in der Tat kaum noch etwas mit Freud zu tun. Es ist eine angepasste, modernisierte Form der PA.
...was doch eher für die Analyse und die Analytiker spricht, oder?
Heißt das, Du verteidigst sie jetzt? *g*

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Gast
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:27

Hallo Eve . . .,
Eve... hat geschrieben:Der gesamte Ansatz von Freud bezieht sich ja aufs Sexuelle.
Ich weiß nicht weshalb. Zur klassisch-dogmatischen Psychoanalyse fällt mir immer der folgende Witz ein.
Weshalb, ich hab tatsächlich keine Ahnung. Das mögen die Psychoanalytiker deuten. Immerhin kommt da das Wort "Schwanz" vor.

Also:
Biologieunterricht in einer katholischen Schule.
Der Lehrer fragt: "Was ist braun, hat einen buschigen Schwanz und hüpft von Baum zu Baum?"
Klein-Fritzchen meldet sich: "Eigentlich würde ich sagen, das ist ein Eichhörnchen. Aber wie ich den Laden hier kenne, ist es bestimmt wieder das liebe Jesuskind."

Gruß
Anastasius

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metropolis
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 14:34

Eve... hat geschrieben:
metropolis hat geschrieben: Heißt das, Du verteidigst sie jetzt? *g*
Ich? Ja, warum nicht? Ich mache schließlich eine Analyse und profitiere sehr davon. Der Threadtitel spiegelt auch nicht meine Meinung wieder, sondern bezieht sich eher darauf, was viele andere über die PA denken.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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TimpeTe
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 15:40

Hallo metropolis

Egal aus welchem Blickwinkel man die PA zu analysieren oder zu beurteilen versucht, ich bezweifle, dass man zu einer objektiven Einschätzung gelangen kann.
Der Mensch- (hinter dem Therapeuten) ist mMn. genauso entscheidend, dass die Therapie gelingt.
Und bei einem selbstgefälligen selbstverliebten Therapeuten wäre ich nicht geblieben. Auch ein Therapeut, der auf alle Fragen sofort Antworten bereithält ist mir suspekt.
Letztendlich kann ich nur meine eigenen Erfahrungen glaubwürdig einbringen, alles andere wäre hypothetisch..
Ich bereue kein Jahr meiner Psychoanalyse. Es waren ganz schwierige Jahre, aber sie haben mich viel gelehrt. Wobei die Abhängigkeit eine der schwierigsten Begleiterscheinungen war. Nur dass ich diese nicht in der Person des Therapeuten gesehen habe- sondern vielmehr in meiner Hiflosigkeit dem Leben gegebüber. Mir war bewusst, dass er nicht mein Retter sein konnte- nur ich selber würde mich retten können. Die Abhängigkeit hatte für mich nur im weitesten Sinne mit dem Analytiker selber zu tun- sie war eher Ausdruck meiner Verzweiflung. Trotzdem war sie da- und hat mich zeitweilig fast umgebracht. Vor allem, weil ich bis dahin nie zuvor solches fühlen musste.
Und wenn ein Therapeut nicht um diese riesengrosse Verzweiflung seiner Patienten weiss,- wenn er nicht fähig ist, seine Patienten auszuhalten , nicht nach gemeinsamen Lösungen sucht, - dann hat er seinen Beruf verfehlt, und man sollte ihn nicht auf die Menschen loslassen.
Dass ein Therapeut eine gute Ausbildung in allen Bereichen hat (insbesondere Traumatherapie) , das setze ich voraus,
aber dann ist es doch vor allem der Mensch im Therapeuten der zu heilen vermag...
wie ich schon in andern Thread's geschrieben habe, bin ich dabei, mich von meinem Therapeuten zu lösen. Dass ich dabei manchmal wütend und enttäuscht bin, erachte ich als normal und nicht als Indiz für eine misslungene Therapie.
Das Leben besteht aus Abschieden, und ich würde mir wünschen, dass alle mit so viel Respekt und (Liebe) geschehen könnten. Es ist einfach ein weiterer Abschied..., Im Thread für Aphorismen habe ich folgendes gelesen : Abschied,- dass ist das Sterben proben...........
Stimmt!

metropolis....ich wünsch dir einen ganz schönen abend...medusa

P.S Was ich aus diesen Diskussionen mitnehme ist die Erkenntnis, dass ich sehr vorsichtig sein muss in Zukunft einem andern Menschen die PA weiterzuempfehlen. Was für mich gut war, muss es nicht für andere auch sein.
Zuletzt geändert von TimpeTe am Sa., 01.05.2010, 17:53, insgesamt 1-mal geändert.
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain 1835-1910)

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neko
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 16:46

ich fühl mich doch grad ein wenig geneigt, dem allzu beliebten freud-bashing etwas entgegen zu setzen. ja, sicher - vieles ist heute überholt, aber erstens muss man ja nicht das kind mit dem bad ausschütten und zweitens wär es doch mehr als mysteriös wenn dem nicht so wäre. der typ hat vor mehr als 100 jahren gelebt; in vielem war er für seine ´zeit revolutionär, in manchem war er halt seiner zeit auch sehr verhaftet und passt deshalb nicht mehr ins heute. erstaunlich finde ich da doch eher, dass doch einiges von ihm noch bestand hat - z.b. die traumdeutung und die einsicht, dass träume nicht der direkte schlüssel zum unterbewußten sind, sondern immer auch ausdruck eines kompromisses, der damit auch hinweise auf abwehr-mechanismen und das gibt, was mensch nicht zulassen mag. das finde ich nach wie vor in seiner komplexität genial - auch wenn man heute nicht mehr jede geträumte handtasche als symbol für eine vagina deuten wird. nur mal so in die runde gefragt - welchen denker von vor 100 jahren kennt ihr, von dem man trotz aller irrtümer noch so viel lernen kann?

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metropolis
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 16:54

neko hat geschrieben:welchen denker von vor 100 jahren kennt ihr, von dem man trotz aller irrtümer noch so viel lernen kann?
Nietzsche?
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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neko
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 17:06

ja, nietzsche finde ich auch einen guten kandidaten, wird ja heute auch nicht umsonst wieder heftig rezipiert. aber ich denk, für den gilt das selber wie für herrn freud, alles ist nicht genießbar. außerdem hat der es eh etwas einfacher, weil der so aphoristisch ist; da ist dann von vorneherin mehr flexibilität da.

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Beitrag Sa., 01.05.2010, 17:47

neko hat geschrieben:ich fühl mich doch grad ein wenig geneigt, dem allzu beliebten freud-bashing etwas entgegen zu setzen.
Sicher, er war, wie du schreibst, revolitionär. Ein Genius. Und es ist für einen Großen beileibe keine Schande, von der Zeit "überholt" oder gar in wichtigen Punkten widerlegt zu werden. Für mich geht es um die Adepten. Um die Nachbeter einer (für sie) sakrosankt erscheinenden Lehre.

Wie heißt es doch so schön bei Kant. Aufklärung sei der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit? Für manche Analytiker, und hoffentlich die wenigsten, ist die Psa. so etwas wie eine Säkular-Religion mit wissenschaftlichem Anstrich. Kurz und knackig nach J. Habermas ein "szientistisches Selbstmissverständnis".

Nicht zuletzt geht es da m. E. bisweilen auch um Pfründe bei der Selbstdarstellung. (Das profan Materielle sei da nicht außer acht gelassen.) Der Königsweg eben. Und der ist dann selbstredend auch ein bisschen teurer. Natürlich auch die "Kirchensteuer", sprich Ausbildungskosten.

Gruß
Anastasius

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metropolis
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Beitrag Sa., 01.05.2010, 17:52

Der Mensch ist vom Wesen her in einer Unmündigkeit gefangen, aus der es keinen Ausgang gibt. Aber gut, unter Unmündigkeit verstehen wir wahrscheinlich nicht dasselbe, Anastasius.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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