Nurse_with_wound hat geschrieben:
Sir hat geschrieben:Mooment mal, zunächst müßte erstmal jemand kommen und um Vergebung bitten. Wenn ich einfach so Persilscheine ausstellen würde, würde ich mich hinterher saumäßig fühlen.
inwiefern und warum ? Minderwertig?
Nicht minderwertig - saumäßig, vergeben ohne jede Gegenleistung?
Nurse_with_wound hat geschrieben:Naja hat mit Persilscheinen nix zu tun, finde das tut man ja nur für sich selbst und nicht für den anderen. Jemanden vergeben obwohl er ein Arschloch ist/war für sich . Der muss ja nix wissen. Soll ruhig mit beschissenem Gewissen leben *fg*.
Ne Art Selbstbetrug, wem's nützt.
Nurse_with_wound hat geschrieben:Mir ist aber nicht ganz klar warum du deine geschichte, im "Feinde lieben" niederschreibst.
Weil der ursprüngliche Threat geschlossen wurde.
Nurse_with_wound hat geschrieben:Aus welchen Gründen möchtest du nicht vergeben?
Schon deshalb. weil - wie Rilke richtig sagt - gar keiner mehr da ist, dem ich vergeben könnte.
Nurse_with_wound hat geschrieben: Oder belastet dich dein Schicksal immer noch sehr?
Das war alles schon mindestens 15 Jahre verarbeitet - wie man so schön sagt. Aber als ich vor über einem Jahr wieder die starken Depressionen bekam, kam der Haß wieder hoch. Ich habe im Oktober als ich meine Analyse begann, zu meiner Therapeutin gesagt, daß ich jeden Tag daran denken muß. Ich habe sogar einen bestimmten Tick, eine Art Schnippen mit dem Handgelenk für solche Situatioen, um mich abzureagieren. Ich beschrieb meiner Thera auch genau den Mordplan am Mieter, den ich noch genau im Kopf habe. Da wir dann immer intensiver auf andere Themen kamen, verschwand das hier dargestellte, ein schöner erster Therapieerfolg.
Nurse_with_wound hat geschrieben:Ich lese gerade online einige Übersetzungen von Tao Te King, es wird von loslassen gesprochen und bekanntich dass ein weiser Mensch frei von Emotionalität ist, also auch von Liebe im christlichen sinne und auch vom Hass weil er einfach zufrieden ist .
Damit kann ich als Abendländer und ganz speziell mit meinem Problem der Gefühlsverarmung nun überhaupt nichts anfangen.
Nurse_with_wound hat geschrieben:IHat dir dein Therapeut das gesagt, der vermutlich überhaupt keine Ahnung hat wovon du eingentlich sprichst wenn du über dieses System redest?
Ich bin ja nicht weggegangen, und meine Therapeutin ist eine Ossi - ich glaube, ein wenig links. Aber als gute Analystin läßt sie das weitgehend im Unklaren.
Nurse_with_wound hat geschrieben:Auch im Westen hätte ichs leichter gehabt, die Lehrer und die Schüler waren damals hier viel netter. Bei uns gabs noch körperliche Züchtigung
Wo??
Rilke hat geschrieben:
Wobei ja im Falle von Sir niemand mehr da ist, der um Verzeihung bitten könnte. Zumindest kommt es mir so vor, dass sein Hass sich eher auf die ehemaligen Mieter fokussiert als auf das Regime.
Ja, liebe Rilke, weil das konkrete Menschen sind. Aber eigentlich müßte ich "das System" hassen, weil es mir nicht geholfen, ja sogar mich benachteiligt hat. Man kann ein Abstraktum nicht hassen.
Rilke hat geschrieben:Sir, das Vergeben wäre also wirklich nur ein Akt für dich selbst, um "loszulassen", wie Nurse so treffend schreibt.
Mache ich auch.
Rilke hat geschrieben:Denn, du kannst sowieso nichts mehr ändern. Zugegeben, deine Geschichte ist heftig. Aber sieh es mal so: erstens ist es eine Frage des Blickwinkels. Die Mieter fanden die "Rechtsprechung" damals höchstwahrscheinlich richtig gut.
Ein Gedanke, der mich keineswegs besänftigen kann.
Rilke hat geschrieben:Zweitens schreibst du in einem anderen Thread, du hättest ein gutes Auskommen bzw. wärst vermögend oder so. Du bist also durch den ungleichgewichtigen Verkauf nicht in die Armut verfallen.
Das Eine hat aber mit dem Anderen nichts zu tun, selbst wenn ich Dir sage, daß mein Vermögen aus dem Verkauf zweier Mietshäuser resultiert, die ich dem Staat geschenkt hatte (da wegen der auf 1937er Niveau festgelegten Mieten man nur Ärger hatte) und erst durch die Wiedervereinigung zurückerhalten habe.
Rilke hat geschrieben:Schimpf jetzt nicht mit mir, bitte.
Das fiele mir bei Dir nie ein .
Rilke hat geschrieben:Aber, wie ich so schön gelernt habe: alles hat auch seine positive Seite. Kannst du die an der Geschichte irgendwo finden? Einfach nur für dich selbst?
Das ist wirklich schwierig. Das ist ja nicht die einzige wichtige Sache im Leben, bei der mir meine schwachen Nerven einen Streich gespielt haben. Ich schiebe es einfach auf die ungünstigen Gene .
Rilke hat geschrieben:und wenn ich es noch nicht sehen kann, sage ich mir: warte ab, irgendwann wird es sich schon zeigen, wofür das gut war.
Findest du das jetzt naiv?
Ist ganz hübsch gesagt.
Rilke hat geschrieben:Oder für dich nicht umsetzbar?
Für das von Dir erwähnte Beispiel und grundsätzlich gebe ich Dir recht. Aber in dem von mir erwähnten Fall fällt mir auch nach über 20 Jahren nichts Positives ein.
Demnächst werde ich mal in Deinen Liebesthreat reinschauen, erscheint mir erquicklicher.
Liebe Grüße
Sir