Weinen in der Therapie: Könnt ihr’s? Warum (nicht)?

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Wildkatze
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Beitrag So., 22.11.2009, 23:28

Mir fällt es schwer, in der Therapie so richtig doll zu weinen, weil ich Angst davor habe, dass meine Therapeutin nicht richtig darauf eingeht. Dass sie mich nicht trösten oder wenigstens beruhigen kann.
Dann würde ich mich wieder so alleine und abgelehnt fühlen wie als Kind. Denn wenn ich als Kind weinte, wurde ich nicht getröstet.
Das möchte ich nicht immer wieder erleben.

Ich sehe mich in den Momenten, in denen ich in der Thera weine, auch oft von außen. Wie ich dann so dasitze, so mit verzerrtem und verquollenem Gesicht. Wie blöd sieht das denn aus.
Das passt nicht zu meiner Vorstellung, die ich als erwachsener Mensch von mir habe, nämlich dass ich gut aussehe, stark und eine Hilfe für andere bin.
*AufdemWeg* hat geschrieben:Aber das kommt bei mir schlichtweg einfach daher
dass ich mich bei meiner Therapeutin so
sicher und so gut fühle,
dass mir bei ihr einfach nie zum weinen zumute ist.
Hm... ich sehe da nicht so den Zusammenhang zwischen sich "sicher und gut fühlen" und deswegen nicht zu weinen.
Gerade wenn ich mich bei meiner Thera sicher fühle, kann ich weinen.

Heißt das im Umkehrschluss, liebe ADW, dass man in der Thera weinen kann, wenn man sich unsicher und schlecht fühlt?
Das klingt für mich so nach verdrehter Welt.

Ich krieg das Geschriebene von Dir gerade nicht so auf die Reihe und überlege, ob Du wohl Argumente für Dich suchst, weil Dir in der Thera nicht nach Weinen zumut ist?

Möchtest Du das Gefühl, dass Du gerne weinen würdest, unterdrücken, indem Du so positive Argumente wie "sich sicher und gut fühlen" vorschiebst?
Hm, das geht mir gerade so durch den Kopf....

Für mich hat Weinen so etwas Ehrliches zu sich selbst, so etwas von Zulassen unterdrückter Gefühle zu tun.
Deswegen habe ich ja auch solche Probleme damit, eben weil ich jahrelang nicht ehrlich zu mir selbst war und weil ich meine Gefühle unterdrückt habe.
Und deswegen habe ich solche Probleme, Deine Worte nachzuvollziehen, liebe ADW.

LG
Wildkatze

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hungryheart
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 07:13

Hallo ihr Lieben, hi Sandy...

daheim weinst du, dass heißt du kannst es also... kämpfst du denn mit den Tränen, wenn du bei ihm sitzt, spürst du die Traurigkeit?

Vielleicht bist du in den Stunden zu wenig bei dir und zu viel bei deiner Beziehung zu ihm?

Sandy, willst du denn weinen? Oder hast du das Gefühl, weinen zu müssen?

lg HH
Nimm was du willst und zahl dafür.

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*AufdemWeg*
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 08:53

Hallo Wildkatze,

schau, ich kann ja nur von MIR sprechen
und ich fühle mich IN den Stunden eben so sicher,
dass ich mit meinem Gefühlen nicht dahin falle,
wo ich weinen müsste.
Am Anfang habe ich immer gedacht:
"Ja, wenn du weinst in der Therapie, dann wird alles gut"
Heute denke ich da gaaaaanz anders drüber
weinen ist für mich nicht mehr der ausschlaggebende Punkt
ich habe das völlig überbewertet das weinen
und es steht auch für mich
nicht in Zusammenhang mit ehrlich zu sich selbst sein
aber das gilt nur für MEINE Person.


ADW
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.



Albert Einstein, 14.03.1879 - 18.04.1955

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Pfötchen
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 16:24

hi,
konnte in der Therapie auch nie weinen,es hat mehrere Gründe, ein Punkt ist wahrscheinlich, dass mir nie ganz klar war, wie eine Tröstung dort denn aussehen würde-Berührung oder nicht, dass läuft ja nach vorheriger Absprache und irgentwie blockiert mich dieses "Absprachen treffen müssen" noch mehr. Gerade letzte Woche habe ich gemerkt, dass ich Trost brauche (Todesfall in der Familie), ich besuche ein Meditationszentrum und konnte meine Tränen da plötzlich nicht mehr zurückhalten- ganz fallen lassen konnte ich mich dann nur mit Hilfe einer Aufforderung "na, komm mal her" ....und ich sank in die Arme einer völlig fremden Frau. In der Therapie stehe ich als die Oberkontrollierte da- das setzt mich auch unter Druck, klingt so, als wenn es zu den absoluten Therapieerfolgen gehört, dass man dort auch seine Tränen zeigt, fühl mich damit weniger gut.
Pfötchen

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Laura13
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 16:30

Ich möchte das gar nicht allgemein werten, das Weinen oder Nicht- Weinen...
Meiner Meinung nach hat das nichts mit der Therapie zu tun. es ist eben so: Jeder Mensch ist anders. Jeder Mensch verarbeitet anders, liebt anders, trauert anders.

Man muss nicht weinen in der Therapie, man kann, man darf, es ist der Raum dafür da.

Ich persönlich glaube, dass es für MICH gut wäre, wenn ich es DORT könnte.
Allerdings bin ich schon froh, dass ich überhaupt wieder weinen kann, wenn auch nur zu Hause und für mich alleine. Das bedeutet für mich Zugang zu meinen Gefühlen zu haben, sie annehmen zu können und mich durch das Weinen erleichtern zu können.
Denn die ungeweinten Tränen schmerzen mehr als die geweinten. Da ist was dran.

LG
Laura
Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.
Schau, ich will nichts, als deine Hände halten
und still und gut und voller Frieden sein.

Rainer Maria Rilke

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:24

Caramel hat geschrieben:Tut dir dieser Gedanke weh?
Hallo, liebe Caramel.
Deine Frage, kurz wie sie ist, hat mich lange zum Nachdenken angeregt.
Tut es mir weh, dass da was fehlt? Hm, schwierig zu sagen. Es gibt ja z.B. Frauen, die sagen, sie bräuchten beim Sex keinen Orgasmus, ihnen genüge die Nähe zum Partner. Ich gehöre definitiv nicht zu diesen Frauen.
Genauso könnte ich sagen, dass ich es als nicht vollauf befriedigend empfinde, bei meinem Therapeuten zu sein, und - trotz Tränendruck und großer Traurigkeit - diese mit ihm nicht gemeinsam durchzustehen. Es tut mir nicht weh, aber befriedigender und befreiender wäre es mit.
Seit gestern Abend sehe ich Tränen auch als ein Geschenk, welches man dem Therapeuten machen kann ...

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:27

Hallo liebe ADW:
dass ich mich bei meiner Therapeutin so
sicher und so gut fühle,
dass mir bei ihr einfach nie zum weinen zumute ist.
Das heißt, du weinst viel außerhalb der Therapie und suchst dann die Erlösung davon bei ihr? Kommen dir manchmal Freudentränen, weil es dir bei ihr so gut geht?

Gruß
Sandy

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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:33

Hallo Silence:
Und trotzdem will ich ihm einfach Manches nicht zumuten. Es könnte (bei mir) zumindest so sein, dass ich ihm meine Tränen einfach nicht auch noch aufbürden möchte.
Ich kann jetzt verstehen, was du meinst. Mein Therapeut vermutet bei mir Ähnliches, aber ich bin mir fast sicher, dass es das bei mir nicht sein kann. Hätte ich eine Mutter-Übertragung auf ihn (das wünscht er sich manchmal), dann könnte ich ihm diese überaus rücksichtsvollen Gefühle gewiss entgegenbringen. So wie ich ihn zur Zeit wahrnehme, meine ich, dass er durchaus mit meiner Traurigkeit umgehen können sollte und könnte.

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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:40

Hallo Elena:
dass der Therapeut einen nicht richtig beruhigen kann, gerade, wenn man als Kind traurige und negative Gefühle mit sich selber ausmachen musste und es nicht kennt, getröstet und beruhigt zu werden.
Ja, so langsam nähere ich mich der Überzeugung, dass dies ein wichtiger Faktor ist. Meine Kindheitserfahrungen sind die eine Ursache, die Tatsache, dass mein Vater tot ist (und ich vermutlich eine Vaterübertragung + unumstößliches Wissen um seinen Tod am Laufen habe) und mich deshalb gar nicht trösten könnte auch wenn er es wollte, die andere.
Ja, in dieser Hinsicht, was meine Traurigkeit anbelangt, waren meine Eltern schon während meiner Kindheit quasi "tot" für mich.
Ich müsste also anfangen, in meinem Therapeuten eine zweite Mutter oder einen zweiten Vater zu sehen. Mit Übertragung ließe sich diese Aufgabe nicht meistern, vermute ich.
Wie schafft man so etwas?

Lg
Sandy

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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:47

Hallo Wildkatze:
weil ich Angst davor habe, dass meine Therapeutin nicht richtig darauf eingeht. Dass sie mich nicht trösten oder wenigstens beruhigen kann.
Dann geht es dir wie mir. Ich frage mich auch, WIE denn der Therapeut TRÖSTEN könnte?

Meiner meinte nach meinem zweiten Weinanfall (Gedanken an die Todesumstände meines Vaters) - ich schluchzte so verloren auf meinem großen, schwarzen Sessel sitzend vor mich hin -
"Ich kann Sie jetzt nicht trösten!"
Und seine Worte waren durchaus betroffen, ebenfalls traurig und mit ganzer Anteilnahme geäußert.
Ich fühlte mich danach etwas vor den Kopf gestoßen, als wäre mein Weinen nur der Versuch gewesen, sein Mitleid und seinen Trost zu ergattern.
Deshalb reagierte ich barsch:
"Das brauche ich jetzt auch gar nicht!"
Er:"Doch. Das brauchen Sie!"

Dann war wieder alles gut. Aber ich saß immer noch alleine mit meinen Tränen auf dem Sessel.

Hm, kann das "Trösten" eines Therapeuten noch mehr beinhalten?

LG
Sandy

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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:50

Hallo Hungry:
Sandy, willst du denn weinen?
Ja, ich will weinen!

und zu viel bei deiner Beziehung zu ihm?
Wie meinst du?

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:52

Hi Pfötchen:
ein Punkt ist wahrscheinlich, dass mir nie ganz klar war, wie eine Tröstung dort denn aussehen würde-Berührung oder nicht, dass läuft ja nach vorheriger Absprache und irgentwie blockiert mich dieses "Absprachen treffen müssen" noch mehr.
Das frage ich mich auch gerade. Welche Absprachen? Also ich habe keine Absprachen mit meinem Therapeuten diesbzgl. getroffen? Du? Ihr?
Wie sehen die konkret aus?

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SamuelZ.
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 19:56

Hallo Laura:
Allerdings bin ich schon froh, dass ich überhaupt wieder weinen kann, wenn auch nur zu Hause und für mich alleine. Das bedeutet für mich Zugang zu meinen Gefühlen zu haben, sie annehmen zu können und mich durch das Weinen erleichtern zu können.
Seit ich in Therapie bin, weine ich häufiger, wenn auch nur bzw. meist zuhause. Das ist sicherlich erst einmal ein großer Zugewinn. Es bedeutet für mich, dass ich mir ganz neue Räume meines Innenlebens neu erschließe und betrete, die mir vorher größtenteils verschlossen geblieben sind.

Aber, und ich denke, da hat mein Therapeut recht, wäre es schön, wenn er diese neuen Räume mit mir gemeinsam begehen könnte, ich sie auch mit seinen Augen sehen könnte.

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Elena
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 20:25

Hallo Sandy,
SandyP. hat geschrieben:Ich müsste also anfangen, in meinem Therapeuten eine zweite Mutter oder einen zweiten Vater zu sehen. Mit Übertragung ließe sich diese Aufgabe nicht meistern, vermute ich.
Wie schafft man so etwas?
Ich weiss auch garnicht, ob da das Thema der Übertragung eine Rolle spielt, sicherlich schon. Ich habe festgestellt, dass ich eine große Scheu hatte, meiner Therapeutin meine Gefühle wie Angst genau zu beschreiben oder besser gesagt, mich fallenzulasssen und Ängste zuzulassen. Sie hat mich immer wieder gefragt, was ich in solchen Situationen erlebt habe, wer mich von den Eltern getröstet hat. Es kam raus, dass ich auf mich selber gestellt war und ich zusehen konnte, wie ich mich alleine beruhigen durfte.
Sie wollte von mir konkret wissen, wie sie mich in Stressituationen beruhigen kann, was ich von ihr brauche, und genau das versucht sie umzusetzen. Mir ist es dadurch leichter gefallen, ihr zu vertrauen und mich besser fallen zu lassen.

LG Elena

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*AufdemWeg*
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Beitrag Mo., 23.11.2009, 20:31

Hallo Sandy,

nein, ich weine generell wenig
aber
wenn ich weine kommt das immer GLEICH,
ganz unmittelbar
in der entsprechenden Situation.
Also ich schlucke da wenig,
bin nicht in der Lage dazu

LG ADW
Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.



Albert Einstein, 14.03.1879 - 18.04.1955

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