ja, ich war über die klare Heftigkeit und die damit für mich so spürbar verbundene Emotionalität Deines Schreibens (sehr) erschrocken. Das hat mich beeindruckt, zumal ich das so nicht formulieren könnte (wollte?), auch weil ich immer wieder über das für mich passende Verhältnis zu meinen Eltern nachdenke: Abgrenzung, kein Kontakt, Kümmern im Notfall, Anerkennung dessen, was meine Eltern für mich bedeuteten (Verneigung vor ihrem Schicksal [was nicht bedeutet, meinem Vater seine persönliche Verantwortung zu nehmen]).
Und nicht mein eigenes Leben nebenher leben, sondern zur Hauptsache zu machen (eine für mich trotz allem manchmal noch ungewohnte Perspektive, obwohl ich in der Öffentlichkeit mit vielen Leuten selbstbestimmt arbeite).
Ich habe mich auch schon bei dem (mich peinlich berührenden) Gedanken ertappt, dass es manchmal einfacher wäre, wenn mein Vater nicht mehr leben würde. Es ist wirklich eine Gratwanderung.
Sicherlich ist es oft nicht üblich und es erfordert viel Mut!ausgefuchst hat geschrieben:Warum sollen wir nicht ehrlich sagen, wie's uns zumute ist? Weil es nicht üblich ist?
Die ganzen nötigen Konsequenzen der Abgrenzung sind für mich – klar – wichtig. Ich versuche halt, da ich bei weitem nicht so krasse Erlebnisse wie Du hatte - anders damit zu umzugehen, wobei mir schon klar ist, dass mein Vater auch auf meine, auf unsere Kosten lebte (- aber eben nicht nur). Schluck... - deswegen vermeine ich da bei Dir viel Ehrlichkeit zu spüren.
Ich kann erst so seit ca. 2 - 4 Jahren öffentlich sagen, dass mein Vater alkoholabhängig ist und es - trotz aller Warnungen v.a. von medizinischer Seite - nicht sein lässt und vor allem sagen, dass ich darunter leide.
Das hat mir am Anfang weh getan (und ich habe mich sehr geschämt), weil ich dauernd meinte ihm Unrecht zu tun, sein "Lebenswerk" in Frage zu stellen (mein Vater war/ist ziemlich bekannt) - wohl wissend, dass unser jeweiliges Leben aus so vielen Facetten und "Gebieten" besteht.
Zum Thema BL: Ich habe und brauche keine genaue Diagnose, da ich mich in einer (integrativen) gestalttherapeutischen bzw. systemischen Therapie befinde, klar sind da auch randständige BL-Tendenzen (ich habe mich nie geritzt, aber andere Dinge getan, um mich zu spüren) im Zusammenhang mit Traumatisierung dabei, aber es ist mir nicht so wichtig. Wichtig ist alleine, wie ich damit umgehe und meine Lebensqualität verbessere. Aber ich habe die „gesamte“ Literatur dazu „verschlungen“...
[quote="ausgefuchst"]Ich fand die Aussage, es ginge nie weg und man müsste lernen, damit zu leben, nie prickelnd. Es hat mich runtergezogen. Ich denke, das war für Dich ähnlich?[/quote]
Ja auch, und ich fand, dass dies eine für mich zu bequeme Antwort ist. Denn sehr leicht entsteht daraus ein Etikett, das man – da es auch Vorteile bieten kann – nicht mehr ablegt und man sich in einem dauernden „Entschuldigungs-Stadium“ (... weil man ja so krank ist) befindet.
Auf der anderen Seite – und da muss(te) ich auch immer wieder lernen – gehört dazu, zu akzeptieren, dass das (mein) Leben bisher (trotz allem) nicht leicht war, ich manches sicher verpasst habe (auch wenn ich andere Dinge "sehr gut" gelernt habe): sich selbst in der Not anzunehmen, da bin ich leider kein guter Experte, z.B. auch die für einen selbst notwendige Therapiedauer anzuerkennen.
Doch dies ist (auch dank netter Menschen hier im Forum) gut in Arbeit..
Deine Beschreibung des Umgangs mit den Steinen finde ich sehr gelungen! Steine auch in sein Leben zu integrieren halte ich für überlebenswichtig (z.B. auch die Kunst, wie ich um sie herumspaziere) – sie machen auch unsere Persönlichkeit aus.
Und so wie Du – ich lerne immer noch sehr gerne (war übrigens auch sehr gerne in der Schule, weil die mir in Themen und Menschen eine wahnsinnige Vielfalt geboten hat, die ich so nicht bekommen hätte).
Danke für Deine Anregungen und alles Gute weiterhin,
Anne