Sehn-Sucht hat geschrieben: ↑Do., 13.12.2018, 17:33
Find ich ne interessante These, spirit. Woran könnte das liegen, d.E.?
Weil ärztl. Therapeuten zwar öfter FÄ für Psychiatrie sind und 'nur' eine Zusatzausbildung zum Therapeuten gemacht haben?
Tja, da kann ich auch nur spekulieren...ich weiß ja gar nicht mal, ob das tatsächlich so ist oder nur eine zufällige Häufung bei den Therapeuten, die ich kenne. Ich denke, dass die unterschiedlichen Ausbildungswege tatsächlich eine Rolle spielen könnten. Ich glaube aber auch, dass es damit zusammenhängen könnte, dass sich vielleicht die abhängigen und die übergriffigen Menschen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, mehr zum Beruf des Arztes als des Psychologen hingezogen fühlen. Die eher Abhängigen, weil das zugrunde liegende Medizinstudium durchstrukturierter ist und mehr eindeutige Handlungsanleitungen gibt, als das Psychologiestudium. Während es im Psychologiestudium mehr um das Verstehen geht und die gleichzeitige Betrachtung mehrerer Erklärungsmodelle zu bestimmten Phänomenen, ist das Medizinstudium mehr auf die eine richtige Lösung, den optimalen Heilungsweg ausgerichtet (Auch wenn es den natürlich nicht immer gibt). Es geht daher dort deutlich praktischer, aber auch meist autoritärer zu, was zur Abhängigkeit neigenden, selbstunsicheren Menschen entgegenkommt. Außerdem sehen viele Menschen noch immer im Arztberuf das Klischee des sich bis zur Selbstaufgabe aufopfernden Landarztes als Retter und Heilsbringers.
Die übergriffigen Menschen sind ja dagegen häufig narzisstisch bis soziopathisch strukturiert und fühlen sich aufgrund des höheren Ansehens ("Halbgötter in weiß") und der stärkeren Macht (als ärztlicher Therapeut genieße ich bei anderen Ärzten meist mehr Ansehen und ich kann auch selbst Medikamente verschreiben) meist eher vom Beruf des Arztes angezogen als von dem des Psychologen. Psychologische Psychotherapeuten werden von Ärzten oft immer noch als ihnen untergeordnet angesehen, so auf der Stufe von Physiotherapeuten oder Ergotherapeuten, auf jeden Fall weit unterhalb von ihnen selbst. Ich glaube daher, dass ein narzisstisch geprägter Mensch, der als Therapeut die Macht über kranke Menschen ausnutzen will, wenn er die Wahl hat, das lieber als Arzt als als psychologischer Therapeut tun wird.
Das sind meine ganz persönlichen Erklärungsversuche für die Beobachtungen in meinem Umfeld, wobei ich direkt dazu sagen muss, dass ich da keinerlei Belege für eine Allgemeingültigkeit dieser Beobachtungen und Gedanken habe, es ist wirklich nur ein ganz persönlicher Eindruck auf der Basis der Therapeuten, die ich kenne (das dürften insgesamt so ca. 50 -100 sein, davon kenne ich manche ganz gut, von anderen habe ich nur einen oberflächlichen Eindruck bekommen können), ich hab's nur erwähnt, weil dieser Eindruck immer mal wieder bei mir auftaucht. Das heißt natürlich keinesfalls, dass es keine abhängigen oder übergriffigen psychologischen Psychotherapeuten gibt, ich halte nur den Anteil bei ihnen für geringer als bei den ärztlichen Kollegen (und für deutlich geringer, als viele andere User hier im Forum).
Ich hoffe, du kannst damit was anfangen Sehn-Sucht.