Kontakt zu Therapeut außerhalb der Sitzungen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 21:54

MariJane hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 21:48 Bist du dir sicher? Jeder braucht Menschen und- Horrorszenario- wenn alles wegbrechen würde auf einmal, meinst du, dass das nicht wie ein sozialer Tod wäre?
Ja, weil ich nicht davon ausgehe, dass ALLES auf einmal wegbrechen kann. DAS stelle ich mir in der Tat auch unerträglich vor.

Ich hab mal ein Buch gelesen vor Jahren, dass so ein Szenario beschreibt



und ich konnte es nur zur Hälfte lesen, weil ich es so unerträglich fand. Es wird oft mit Marlen Haushofers "Die Wand" verglichen und DAS habe ich mit größter Lust gelesen, aber die beschriebenen Szenarien sind letztlich grundverschieden meiner Meinung nach.

Mir geht es nicht darum, dass man OHNE jede Bindung auf Dauer gut zu leben vermag, mir geht es nur darum, dass jede Bindung "ersetzbar" ist. Nicht "austauschbar", aber "ersetzbar".

Werbung

Benutzeravatar

wandermaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 234

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:01

Nein, mio...
Es gibt Bindungen, die nicht ersetzbar sind.
Jede Bindung ist anders/verschieden aber nicht ersetzbar. Sie endet und stirbt doch nicht.


MariJane
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 28
Beiträge: 998

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:01

Das Buch werde ich auch nicht lesen... Ja, aber für manch einen ist der Therapeut vielleicht wirklich die einzige Person, auch wenn das schwer vorstellbar ist. Stell dir eine Hausfrau vor, deren Kinder weiter weg leben, die mit ihrem gerade verstorbenen Mann einfach ein zurückgezogenes Leben geführt hat. Oder stell dir Menschen vor, die einfach nur die Arbeit haben, aber keinen großen oder wenigstens kleinen Freundeskreis und wo erstmals jemand da ist. Es gibt schon Situationen, wo man auch strukturell sozusagen in eine Abhängigkeit rutschen kann, denke ich. Und dann gibts halt noch Situationen wie sehr charismatische Therapeutin, Retterin, etc. die verführen können und wie sich das für den Einzelnen anfühlt, entscheidet er bzw. sie letztlich selbst- auch das kann sich existentiell für jemanden anfühlen...


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:07

wandermaus123 hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:01 Jede Bindung ist anders/verschieden aber nicht ersetzbar. Sie endet und stirbt doch nicht.
Das habe ich nicht bestritten. Sonst wären sie ja austauschbar. Aber ersetzbar sind sie meiner Meinung nach schon, außer wirklich die zu den eigenen Eltern, weil die einen ganz besonderen Charakter hat. Aber selbst eine solche Bindung lässt sich ersetzen, nicht austauschen, aber ersetzen. Sonst könnte kein Kind dieser Welt eine Adoption ausreichend gut überleben.

Werbung

Benutzeravatar

wandermaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 234

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:09

mio hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:07
wandermaus123 hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:01 Jede Bindung ist anders/verschieden aber nicht ersetzbar. Sie endet und stirbt doch nicht.
Das habe ich nicht bestritten. Sonst wären sie ja austauschbar. Aber ersetzbar sind sie meiner Meinung nach schon, außer wirklich die zu den eigenen Eltern, weil die einen ganz besonderen Charakter hat. Aber selbst eine solche Bindung lässt sich ersetzen, nicht austauschen, aber ersetzen. Sonst könnte kein Kind dieser Welt eine Adoption ausreichend gut überleben.
Du meinst die reale Beziehung. Ich meine die innere Bindung.


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:09

MariJane hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:01 Ja, aber für manch einen ist der Therapeut vielleicht wirklich die einzige Person, auch wenn das schwer vorstellbar ist.
Wenn es so ist, dann sollte der Therapeut um so mehr darauf hinarbeiten, dass der Patient sich zusätzliche Beziehungen zu erschließen versucht. Denn diese "Fixierung" ist dann tatsächlich brandgefährlich.


MariJane
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 28
Beiträge: 998

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:12

mio hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:09
Wenn es so ist, dann sollte der Therapeut um so mehr darauf hinarbeiten, dass der Patient sich zusätzliche Beziehungen zu erschließen versucht. Denn diese "Fixierung" ist dann tatsächlich brandgefährlich.
Da stimme ich dir zu, aber ich denke, dass ist ein hartes Stück Arbeit für den betreffenden Therapeuten und die betreffenden Patienten und dauert wohl auch seine Zeit. Und zwischendrin kann der PAtient wohl schon in eine Abhängigkeit geraten...


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:14

wandermaus123 hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:09 Du meinst die reale Beziehung. Ich meine die innere Bindung.
Gut möglich, dass wir da was unterschiedliches meinen. Innere Bindungen verliert man für meine Begriffe eh nicht, aber wenn ich mich davon so stark "abhängig" mache dass ich darüber mich selbst vergesse(n) (muss) dann ist das für mich keine "gute Bindung". Und dann finde ich es sinnvoll sich selbst sozusagen zu "entbinden". Und das geht, sobald man "selbstständig" genug ist.


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:17

MariJane hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:12 Und zwischendrin kann der PAtient wohl schon in eine Abhängigkeit geraten...
Ja, aber die ist dann echt zu begrenzen finde ich. Sonst kommt es ja eben zu exakt jenen "unglücklichen Verläufen" die sich am Ende nicht mehr auflösen lassen. Diese Tendenz "entsteht" ja nicht erst in der Therapie sondern die ist schon vorher gegeben.


MariJane
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 28
Beiträge: 998

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:19

Klar, dass stellen wir uns so vor und ich bin da ganz bei dir. Aber was ich mich immer frage: Therapeutische Beziehungen sind Beziehungen und Beziehungen sind nie planbar- also erwartet man, wir, nicht zuviel von einem allwissenden, in die Zukunft sehenden Therapeuten? Die sitzen vielleicht auch mal da und denken: Was für ein Schlammassel, wie mache ich da jetzt weiter? Ich weiß es nicht, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass man wirklich alles planen kann, weil man doch vorher nicht genau in das Gegenüber reingucken kann...


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:23

Ich erwarte sowas nicht. Und ich bin auch der Meinung, dass da Fehler passieren können, zB. wenn der Patient den Therapeuten sehr gut zu "täuschen" vermag.

Was ich aber an sich schon erwarten würde - allerdings wie gesagt immer mit gewissen "Ausnahmefällen" - ist, dass ein Therapeut in der Lage ist solche Muster zu erkennen. Die kann mittlerweile selbst ich als Laie - im RL - erkennen, da finde ich kann man es von einem Therapeuten grundsätzlich auch verlangen... Sooo schwer ist das nun auch wieder nicht, wenn man wirklich WILL.


MariJane
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 28
Beiträge: 998

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:26

Ich weiß es nicht- ich glaube, du kannst anhand biografischer Daten schon vorher abklären, ob jemand noch ein Umfeld hat etc.- aber ob du wirklich gleich wissen kannst, wie sehr jemand zu Abhängigkeit neigt, weiß ich nicht. Aber das ist ja hier nicht Thema.


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Do., 13.12.2018, 22:29

MariJane hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 22:26 aber ob du wirklich gleich wissen kannst, wie sehr jemand zu Abhängigkeit neigt, weiß ich nicht
Ich glaube man kann es "austesten". Aber das braucht halt auch "therapeutischen Mut" weil es im Zweifel die Beziehung kostet, die für Therapeuten ja sehr wichtig ist. Ist wohl eine Gratwanderung auf schmalem Grat...

Benutzeravatar

spirit-cologne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1435

Beitrag Fr., 14.12.2018, 01:10

Sehn-Sucht hat geschrieben: Do., 13.12.2018, 17:33 Find ich ne interessante These, spirit. Woran könnte das liegen, d.E.?

Weil ärztl. Therapeuten zwar öfter FÄ für Psychiatrie sind und 'nur' eine Zusatzausbildung zum Therapeuten gemacht haben?
Tja, da kann ich auch nur spekulieren...ich weiß ja gar nicht mal, ob das tatsächlich so ist oder nur eine zufällige Häufung bei den Therapeuten, die ich kenne. Ich denke, dass die unterschiedlichen Ausbildungswege tatsächlich eine Rolle spielen könnten. Ich glaube aber auch, dass es damit zusammenhängen könnte, dass sich vielleicht die abhängigen und die übergriffigen Menschen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, mehr zum Beruf des Arztes als des Psychologen hingezogen fühlen. Die eher Abhängigen, weil das zugrunde liegende Medizinstudium durchstrukturierter ist und mehr eindeutige Handlungsanleitungen gibt, als das Psychologiestudium. Während es im Psychologiestudium mehr um das Verstehen geht und die gleichzeitige Betrachtung mehrerer Erklärungsmodelle zu bestimmten Phänomenen, ist das Medizinstudium mehr auf die eine richtige Lösung, den optimalen Heilungsweg ausgerichtet (Auch wenn es den natürlich nicht immer gibt). Es geht daher dort deutlich praktischer, aber auch meist autoritärer zu, was zur Abhängigkeit neigenden, selbstunsicheren Menschen entgegenkommt. Außerdem sehen viele Menschen noch immer im Arztberuf das Klischee des sich bis zur Selbstaufgabe aufopfernden Landarztes als Retter und Heilsbringers.
Die übergriffigen Menschen sind ja dagegen häufig narzisstisch bis soziopathisch strukturiert und fühlen sich aufgrund des höheren Ansehens ("Halbgötter in weiß") und der stärkeren Macht (als ärztlicher Therapeut genieße ich bei anderen Ärzten meist mehr Ansehen und ich kann auch selbst Medikamente verschreiben) meist eher vom Beruf des Arztes angezogen als von dem des Psychologen. Psychologische Psychotherapeuten werden von Ärzten oft immer noch als ihnen untergeordnet angesehen, so auf der Stufe von Physiotherapeuten oder Ergotherapeuten, auf jeden Fall weit unterhalb von ihnen selbst. Ich glaube daher, dass ein narzisstisch geprägter Mensch, der als Therapeut die Macht über kranke Menschen ausnutzen will, wenn er die Wahl hat, das lieber als Arzt als als psychologischer Therapeut tun wird.

Das sind meine ganz persönlichen Erklärungsversuche für die Beobachtungen in meinem Umfeld, wobei ich direkt dazu sagen muss, dass ich da keinerlei Belege für eine Allgemeingültigkeit dieser Beobachtungen und Gedanken habe, es ist wirklich nur ein ganz persönlicher Eindruck auf der Basis der Therapeuten, die ich kenne (das dürften insgesamt so ca. 50 -100 sein, davon kenne ich manche ganz gut, von anderen habe ich nur einen oberflächlichen Eindruck bekommen können), ich hab's nur erwähnt, weil dieser Eindruck immer mal wieder bei mir auftaucht. Das heißt natürlich keinesfalls, dass es keine abhängigen oder übergriffigen psychologischen Psychotherapeuten gibt, ich halte nur den Anteil bei ihnen für geringer als bei den ärztlichen Kollegen (und für deutlich geringer, als viele andere User hier im Forum).

Ich hoffe, du kannst damit was anfangen Sehn-Sucht.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4650

Beitrag Fr., 14.12.2018, 06:03

Eine sehr spannende Theorie, Spirit, da könnte was dran sein!
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag