Therapeutische Verstrickung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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peppermint patty
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 09:38

Es gab eine Zeit, so wie ich es erinnere, da ging es darum, dass das Kind in sehr absehbarer Zeit sterben würde. Natürlich dreht sich da alles ums Kind. Von Essen und Trinken der Eltern schrieb ich nichts.
Und da ich Krankheit von Kindern, die so schlimm waren, dass die Kinder für einen längeren Zeitpunkt ins KH mussten sowohl beruflich als auch familiär mitbekommen habe, weiß ich wie sehr sich dies auswirken kann und zwar auf das gesamte Familiensystem.
Ja, Verdrängung ist immer eine Option. Das kann natürlich auch sein. Und ich schrieb, was MIR auffiel.

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Sydney-b
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 09:54

Natürlich habe ich NICHT gemeint, dass man sich nicht in eine schwerbehinderte Person verlieben kann.
Auf so eine Idee käme ich niemals!

Sondern: in so einer Situation, Kind schlimm krank, TE auch sehr krank, Zuhause noch ein Kind und natürlich der Ehemann der TE....Da dreht sich in der Therapie alles nur um Sorgen und Nöte....um Leid und Kampf.
Und genau in so einer Situation verliebt sich der Therapeut?
Obwohl er weiß, was da für ein ellenlanger Rattenschwanz mit dranhängt....
Da gibt es nicht nur krankes Kind und Frau, da hängt auch noch ein weiteres kleines Kind mit dran, welches sicherlich total verstört ist durch das kranke Schwesterchen. Der Vater der Kinder, der extrem leiden wird, schließlich sind Frau und Kind krank und Zuhause wartet das andere Kind.

In so einer wirklich üblen Situation gesteht der Thera seine Liebe und erzählt gleichzeitig von seinen Eheproblemen?

Wann sollten denn die beiden Zeit haben für ein Schäferstündchen?

Es gibt Missbrauch in Therapien.
Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!

Aber, wenn man sich den ganzen Thread durchliest: er ist gespickt mit Unstimmigkeiten.

Uns wird hier ein riesiger Bären aufgebunden.

Deshalb denke ich, die Diagnose des ehemaligen Therapeuten stimmt!

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diesoderdas
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 10:08

Ich finds ehrlich gesagt etwas arg, was hier unterstellt wird. Drama, Aufmerksamkeit, dass sich nicht alles ums Kind dreht...

Wieso soll das denn nicht alles stimmen? Nur weil´s jemand anderes nicht nachvollziehen kann? Weil Antworten auf Fragen manchen "unstimmig erscheinen"?
Wieso sollten 24 Stunden am Tag keinen Platz bieten, sich ums Kind zu sorgen UND noch mit anderen Dingen beschäftigt zu sein? Mensch kann von vielen Dingen absolut gleichzeitig belastet sein.

Ich find die Unterstellungen heftig...
Was mir auch einfällt: Wer nicht selbst sowas erlebt (totkrankes Kind), braucht vielleicht auch nicht urteilen und meinen zu wissen, wie man selbst mit sowas umgehen würde. Da muss man erstmal selbst - tatsächlich - in der gleichen Situation sein. Und das scheint hier, glücklicherweise, niemand zu sein.

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Griselda
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 10:53

AFI hat doch selbst geschrieben, dass sie manches verfälscht hat um es zu anonymisieren. Dadurch kommt es vermutlich zu den Unstimmigkeiten.

Die "Therapeutin", die den Kontakt zum alten Therapeuten unterbunden hat, war, wenn ich es richtig in Erinnerung habe die Krankenhauspsychologin, die sie in der akuten Erkrankungsphase des Kindes konsultiert hatte. Damals wollte oder sollte der alte Therapeut doch das Kind im KH besuchen. Das hat die KH Psychologin nicht gut gefunden.

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Montana
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:05

Sydney-b hat geschrieben: Mo., 29.08.2022, 09:54 Da dreht sich in der Therapie alles nur um Sorgen und Nöte....um Leid und Kampf.
Und das weißt du woher?

Ich war auch in Therapie, während mein Leben um mich herum zusammengebrochen ist. Der Mann hatte mich verlassen aufgrund meiner Erkrankung, dadurch verlor ich das Haus, zusätzlich durch Krankheit die Erwerbsfähigkeit. Müsste ich deswegen in der Therapie die ganze Zeit darüber gesprochen haben? Habe ich nicht. Die Therapie hatte einen Zweck und das war nicht, mich über meine Situation auszuheulen. Das hätte nämlich exakt nichts besser gemacht. Darum habe ich mich außerhalb der Therapie gekümmert.

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Candykills
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:09

Ich glaube es geht einfach darum, dass man in derartiger Situation (Kind schwer krank) eigentlich wenig Kopf für therapeutische Verstrickungen hat und nicht andere Themen quasi nicht mehr besprochen werden.
Es kann letztlich jeder immer nur für sich sprechen und ich habe zum Glück kein schwer krankes Kind, aber wenn eines meiner Kinder krank ist, dann ist das schon Stress und Belastung und trotzdem muss alles andere ja weiterlaufen.
Ich hätte wahrscheinlich für therapeutische Verstrickungen keinen Kopf in so einer Situation. Mir wären solche Dinge einfach egal.
Und so empfinden anscheinend einige,
Ob das jedoch eine konstruierte Story ist kann ich gar nicht beurteilen, weil ich die ganzen ersten Seiten überhaupt nicht gelesen habe und Menschen unterschiedlich Probleme handhaben.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Montana
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:25

Aber es ist ein ziemlicher Luxus, wenn einem andere Themen deswegen egal sein können. Bei einer plötzlichen, schweren Erkrankung, klar, da herrscht sofort Ausnahmezustand. Und der kann evtl. auch für die gesamte Dauer der Erkrankung aufrecht erhalten werden, wenn es eine überschaubare Zeit ist.
Hier ist es aber schon lange keine überschaubare Zeit mehr. Darum denke ich, es geht weniger darum, ob man für weitere Probleme noch nen Kopf hat. Die sind halt einfach immer noch da.
Und evtl. ist das sogar gut. Wenn man sich in einer Situation befindet, die man durch eigenes Tun nicht maßgeblich beeinflussen kann, dann muss man in anderen Bereichen wenigstens ein bisschen Kontrolle behalten und Selbstwirksamkeit erleben. Egal mit was. Hauptsache, nicht komplett absaufen.

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Candykills
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:26

Montana, ich schrieb doch andere Themen werden weiter besprochen und es muss auch weiter laufen alles, wenn das Kind krank ist.

Aber therapeutische Verstrickungen…joa, wer dafür nen Kopf dann noch hat, der hat Luxus wohl eher.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Montana
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:28

Aber wer begibt sich denn mit Absicht in "therapeutische Verstrickungen", weil er zu viel Langeweile hat?

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Candykills
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:33

Montana hat geschrieben: Mo., 29.08.2022, 11:28 Aber wer begibt sich denn mit Absicht in "therapeutische Verstrickungen", weil er zu viel Langeweile hat?
Ich glaube nicht, dass das irgendwer absichtlich macht.
Es ging darum, dass unterstellt wurde, dass das hier Veräppelung ist.
Ich kann nicht nachvollziehen, warum man sich noch mit einem Therapeuten und dessen Verstrickungen beschäftigt in so einer Situation.
Und ich glaube genau der Punkt stößt einigen auf.

Ich könnte es nicht mehr, mir wäre es wirklich egal, weil ich keinen Kopf dafür hätte.

Ich behaupte aber nicht, dass die Story konstruiert ist, weil Menschen halt letztendlich doch unterschiedlich sich verhalten und ich auch zu wenig weiß.
Ich wollte einfach verdeutlichen, warum manche und auch ich manches merkwürdig finden.

Du siehst das ganz anders und mein Verhalten in so einer Situation als Luxus, ist OK. Ich kann das Verhalren der TE dafür nicht nachvollziehen. Einfach nur aus meiner eigenen Erfahrung heraus.
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Montana
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 11:48

Ich finde auch manches merkwürdig, aber anderes wiederum kann ich aus meiner eigenen Erfahrung tatsächlich nachvollziehen.
Schwierig finde ich, wenn hier anhand sehr weniger Informationen geurteilt wird, es könne alles nicht echt sein, weil MAN sich in der Situation anders verhalten würde. Dabei kann MAN sich doch auf sehr unterschiedliche Art verhalten.
Wie du schon sagst, wir wissen zu wenig um beurteilen zu können, wie es tatsächlich war/ist. Und ich finde es auch völlig ok, nicht "alles" zu wissen. Das ist ja ein total unrealistischer Wunsch, der sich über ein Forum grundsätzlich nicht erfüllen lässt.

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Griselda
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 12:12

Ich war in ähnlicher Situation (schwere Erkrankung eines Familienmitglieds) und habe heftig projeziert und übertragen. Wäre der Therapeut nicht "koscher" gewesen, wäre ich jetzt verstrickt.

Im Nachhinein ist mir diese heftige Übertragungsreaktion unerklärlich, aber damals war es so, dass die Beziehung zum Therapeuten mich mehr gedanklich beschäftigt hat als meine eigentlichen "realen" Probleme.
Deshalb denke ich: ja es kann sein, dass AFI das so durchlebt wie sie es schreibt.

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ArcticFox
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 12:29

Ich finde es sehr schwierig, wenn hier so harsche Urteile über die TE gefällt werden, nur weil man selbst ihr Verhalten oder ihre Gefühlslage in einer bestimmten Situation nicht nachvollziehen kann bzw. weil man glaubt, dass man selbst in dieser Situation ganz anders handeln würde. Wer meinen eigenen Thread kennt, weiß, dass ich selbst (in einem ganz anderen Kontext) auch in diese Falle getappt bin. Die Vielfalt der Antworten hat mir aber irgendwann sehr deutlich gemacht, dass nur, weil etwas außerhalb meines eigenen Vorstellungsvermögens liegt, es noch lange nicht trotzdem einfach wahr und möglich sein kann. Und - um nochmal aus eigener Erfahrung zu erzählen - ich habe während meiner Therapie selbst eine potentiell tödliche Diagnose bekommen und ich habe mich sehr anders verhalten, als ich es mir jemals vorher für so eine Extremsituation vorgestellt hatte. Und dass man sich vielleicht gedanklich lieber in die therapeutische Verstrickung stürzt oder irgendein anderes, von außen betrachtet irrelevantes Thema, weil es jemanden emotional so sehr von dem brutalen Gefühl der absoluten Ohnmacht ablenkt, erscheint mir nicht besonders ungewöhnlich.

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reddie
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 12:31

Oh ja, die Psyche des Menschen geht erstaunliche Wege, um sich zu schützen.

Nachdem sich mein Vater suizidierte (mehr als 20 Jahre her), habe ich mich postwendend in meine Therapeutin verliebt. O.k., sie war auch sichtlich geschockt, hat sogar am Wochenende zurückgerufen (was ich nicht erwartet habe) und umarmte mich beim ersten Termin danach. Bingo!

reddie

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Sydney-b
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Beitrag Mo., 29.08.2022, 13:07

Ja, Reddie und anschließend hat sie dir bei all deinem Schmerz erzählt, dass sie in dich verliebt ist und als Sahnehäubchen obendrauf hat sie dich mit ihren Eheproblemen vollgelabert und dich so von deinem Schmerz abgelenkt....
Ziemlich coole therapeutische Intervention. :anonym:

Auf jeden Fall zeigt diese Intervention volle Wirkung.... :kopfschuettel:

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