Heucheln Psychotherapeuten Sympathie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:42

Fundevogel hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 21:31 Und zum Lernen - ja klingt nachvollziehbar. Wenn ich jetzt ganz blöd frage, was das heißt, "Kontakt zu den Gefühlen haben" und wie das geht, dann hört sich das vielleicht eigenartig an, ist aber ernst gemeint.
Na ja, was passiert zB. mit Dir wenn Du bewusst lange einatmest? Was passiert mit Dir, wenn Du bewusst mal ganz "still" hälst/bist? Was passiert mit Dir wenn Du eine hundert Meter Sprint hinlegst? Was passiert, wenn Du Dir ganz bewusst warme Socken auf Deine kalten Füsse ziehst? Was passiert mir Dir, wenn Du im Frühsommer nackt ins noch eiskalte Meer springst?

Sowas würde mir als Übung einfallen, die erst mal "unabhängig" sind. Und Deine Gefühle sind erst mal unabhängig, weil sie aus DIR heraus entstehen. Ich persönlich denke, je weniger "Zugang" da ist, desto mehr braucht es den Mut, da auch mal "allein" reinzugehen ins eigene Gefühl.

Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich glaube, dass unsere Problemlagen da unterschiedlich sind und ich nicht weiss, ob Dir das jetzt hilft? Ich persönlich kann mir das einfach nicht vorstellen sozusagen "vollumfänglich" keinerlei Kontakt zu meinen Gefühlen zu haben. Ich kenne das zwar "in Teilen" aber eben nicht so "absolut". Falls es das ist, was Du meinst? Dieses "absolute" kann ich persönlich nicht nachvollziehen, ich kann mit dieser "Leere" nichts anfangen, weil ich persönlich immer eher (wenn) ein zuviel oder Chaos erlebe.

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Ta_Ra
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:45

Fundevogel hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 20:44
Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass für den Therapeutenberuf Ungeeignete nicht zugelassen werden? Also muss da zum Beispiel der Lehrtherapeut eine Art Befähigungsnachweis ausstellen oder kann da jeder, der die Prüfungen schafft und die vorgeschriebenen Therapiestunden absolviert dann sich selbst auf die Menschheit loslassen.
Bei uns in Österreich ist es so, dass das Gremium der Lehrtherapeuten des jeweiligen Ausbildungsvereins darüber entscheidet, ob und wann jemand abschließen kann.
Wie ich an anderer Stelle schon mal schrieb - in meinem Verein wurden da auch Leute abgelehnt.

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:46

Hallo candle,
candle. hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 21:32 Meine Frage wäre eher WO soll der Therapeut abgegrenzt sein? Wenn jemand ausflippt? Wenn jemand ein schweres Traum mitteilt? Und da fielen mir sicher noch einige Fragen zu ein.
Also für mich sollte ein Therapeut immer gut abgegrenzt sein, quasi therapeutische Minimum Voraussetzung.
Andernfalls muss man sich dauernd vor Verstrickung oder Burnout fürchten, wenn die sich nicht von all den Patientengefühlen abgrenzen können.

Ich stelle mir auch vor, dass nur der, der die eigenen Grenzen kennt, auch spüren kann, was sind die eigenen Gefühle, was die anderen und reflektieren kann, was das mit einem macht und vor allem, was das über den Patienten und dessen Lebenssituation und Beziehungsmuster aussagt (Stichwort: Übertragung).

Und dann wären wir eigentlich auch wieder beim Threadthema: Wenn da geheuchelt und manipuliert wird, dann kann das erstens nicht in der Therapie funktioniert zum Wohl des Patienten und dann wäre das zweitens nicht nur nicht gut abgegrenzt, sondern übergriffig und aggressiv die Grenzen des Patienten überschreitend.
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Fundevogel
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:49

Ta_Ra hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 21:45 Wie ich an anderer Stelle schon mal schrieb - in meinem Verein wurden da auch Leute abgelehnt.
Danke für die Info - das wußte ich nicht (und habe ich wohl überlesen, dass du es schon anderweitig schriebst).
Das beruhigt mich jetzt ein wenig.
Kann man wahrscheinlich auch genauer nachlesen, die Zulassungsbestimmungen in der Psychotherapeutenkammer zB.
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Ta_Ra
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:52

Fundevogel hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 21:49 habe ich wohl überlesen, dass du es schon anderweitig schriebst
Das war kein Vorwurf, gell :-)


mio
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:58

Ta_Ra hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 20:39 aber Lehrtherapie ist eben doch etwas anderes als "normale" Psychotherapie oder Selbsterfahrung und das finde ich auch gut so.
Solange nichts weiteres nötig ist dürfte das hinkommen. Und wenn was weiteres nötig ist, dann dürfte es einen in irgendeiner Form schon "zerbröseln", so ich das richtig verstehe. Also wenn es läuft wie gewollt... Und mit zerbröseln meine ich, dass man damit dann eben nicht durchkommt. (Sei es, dass man dann "echte" therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt oder aber seinen Berufswunsch ändert....).


isabe
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 21:58

Ja, genau
wenn er sich in den Stunden berühren lässt, also nicht gleichgültig wirkt, sondern durchaus Gefühle zeigt und wenn er gleichzeitig verdeutlicht, dass er keine Schwierigkeiten damit hat, sich zu trennen, wenn die Stunde beendet ist. Stichwort: pünktliches Stundenende, und zwar möglichst immer (oder fast immer) und nicht nur gelegentlich oder wenn es gerade passt. Den Kontakt zwischen den Stunden strikt auf das Nötigste beschränken.

Keine Andeutungen darüber machen, wie gerne man mit dem Patienten zusammen ist und wie sehr man ihn mag - das MERKT ein Patient, und wenn er es aufrichtig nicht merkt, dann darüber sprechen, warum er es nicht merkt. Dies bezieht sich auf andere beziehungstechnische Probleme auch: keine Beteuerungen, sondern strikte therapeutische Haltung: verstehen, klären - und dabei mitfühlen.

Gelegentliche (!) Verletzungen und Provokationen ("Unterstellungen") "sollen" treffen und verletzen dürfen - der so getroffene Therapeut sollte sich jedoch rasch davon erholen und daraus kein persönliches Lebensthema machen. Der Th. soll den Patienten mögen dürfen und auch von ihm genervt sein dürfen, ohne dass er deshalb Schuldgefühle haben müsste. Wenn der Patient merkt, dass der Th. ihm selbst gegenüber mehrere Gefühle erleben kann, lernt auch der Patient selbst, dass er aus mehreren Facetten besteht und dass davon - wie mein Th. meint - die Welt nicht untergeht.

Der Th. sollte von seinem Patienten nicht geliebt werden wollen und sich also auch nicht so verhalten, dass keine Konflikte entstehen. Er sollte stattdessen dem Patienten vermitteln, dass der gemeinsame Auftrag das Verstehen der Problematik des Patienten ist und nicht das Herstellen von "Enge" und Exklusivität.

Merken tut man all dies auch daran, dass der Th. beim Begrüßen und Verabschieden sowie innerhalb einer Stunde seinen Gesichtsausdruck, seine Stimme, sein Verhalten ändern kann und also auch freundlich die Hand gibt, selbst wenn man vorher einen Disput hatte.

Wie angedeutet: Der Patient lernt dann durch das Vorbild des Therapeuten, dass ein Mensch nicht nur perfekt, ideal und nur edel und gütig sein muss und dass Beziehungen umso stabiler sind, je mehr Spielraum beide haben für ihre Eigenarten.

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:00

Hallo mio,

danke.
Auch für die Übungen - ich entnehme dem, dass es doch über die Körperwahrnehmung und die gute alte sinnliche Wahrnehmung funktioniert. Machts jetzt nicht einfacher für mich, aber ok, kann ich mich halt vor den Basics nicht drücken.
Ich kenne zu viel Gefühl und zu wenig und gar kein Gefühl zu haben und auch, dass ich manchmal nicht unterscheiden kann, was mein eigenes Gefühl und was das von jemand anderem ist.
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candle.
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:03

Fundevogel hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 21:46 Und dann wären wir eigentlich auch wieder beim Threadthema: Wenn da geheuchelt und manipuliert wird, dann kann das erstens nicht in der Therapie funktioniert zum Wohl des Patienten und dann wäre das zweitens nicht nur nicht gut abgegrenzt, sondern übergriffig und aggressiv die Grenzen des Patienten überschreitend.
Ja, aber da müßte man als Klient schon sehr neben sich stehen um das nicht mitzubekommen. Das liest man hier ja auch ab und an, dass schon früher bewußt ist, dass etwas nicht normal läuft. Dass man das als Klient das natürlich schwerlich unterbinden kann, ist klar.

Nun würde ich gerne mal wissen wollen, ob man in Ö denn für seine Therapeutenausbildung die Kosten rückerstattet bekommt, wenn man nicht durchkommt. Und damit meine ich, wenn das so ein Gremium beschließt, nicht wenn man die Theorie bestanden hat. Deshalb bin ich da wirklich skeptisch, ob das so stimmt. Oder wird vorher die Wahl getroffen?

candle
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mio
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:11

Fundevogel hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 22:00 Ich kenne zu viel Gefühl und zu wenig und gar kein Gefühl zu haben und auch, dass ich manchmal nicht unterscheiden kann, was mein eigenes Gefühl und was das von jemand anderem ist.
Gerade das lässt sich ja sozusagen im "Alleingang" mittels der Körperwahrnehmungen "trainieren". Und da ist dann eben kein Therapeut, der "anleitet" und vielleicht dabei auch "verleitet? Gefühle sind nun mal "Körper". Und das lässt sich ja auch in der Psychotherapie nutzen. Ich seh halt ein wenig die Gefahr, dass sozusagen "in den anderen" abgehauen wird, wenn es "im eigenen Körper zu heftig" wird, dabei. Weshalb ich denke, dass so "Alleineübungen" vielleicht sensibilisieren könnten für das echt "ureigene". Und darauf lässt sich dann ja wieder therapeutisch aufbauen. In der gemeinsamen Reflexion.
Zuletzt geändert von mio am Mi., 28.06.2017, 22:14, insgesamt 1-mal geändert.

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:14

Hallo isabe,

wow - danke. Und so ein Therapeut hat es dann auch nicht nötig, Sympathie zu heucheln. Im Umkehrschluß würde das bedeuten, dass Therapeuten, die sich verstellen, um den Patienten zu manipulieren nicht gut abgegrenzt sind. Weil sie - aus Gründen immer- nicht stark genug. Das schwache therapeutische Selbst ... haha

Also abgrenzen hat dann auch etwas mit sich selbst Raum nehmen und dem anderen Raum geben können.
Uuuund die obigen Beispiele würden weiter bedeuten, dass eine gelunge Beziehung aus einem guten - was immer das bedeutet - Wechselspiel von Nähe und Distanz besteht. Das finde ich gut. Nicht statisch. Lebendig halt, irgendwie.
Fundevogel

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:19

candle. hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 22:03 Nun würde ich gerne mal wissen wollen, ob man in Ö denn für seine Therapeutenausbildung die Kosten rückerstattet bekommt, wenn man nicht durchkommt.
Ich weiß es nicht, aber kann es mir nicht vorstellen. Die Ausbildung ist sehr teuer und dauert sehr lange. Wer das auf sich nimmt, muss sowas von top motiviert und zielorientiert sein ...
Und warum sollte man Geld zurückbekommen, wenn man selbst was versemmelt? Wenn ich die Führerscheinprüfung nicht bestehe, kriege ich ja auch nichts zurück.
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Ta_Ra
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:20

mio hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 21:58
Ta_Ra hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 20:39 aber Lehrtherapie ist eben doch etwas anderes als "normale" Psychotherapie oder Selbsterfahrung und das finde ich auch gut so.
Solange nichts weiteres nötig ist dürfte das hinkommen. Und wenn was weiteres nötig ist, dann dürfte es einen in irgendeiner Form schon "zerbröseln", so ich das richtig verstehe. Also wenn es läuft wie gewollt... Und mit zerbröseln meine ich, dass man damit dann eben nicht durchkommt. (Sei es, dass man dann "echte" therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt oder aber seinen Berufswunsch ändert....).
Da stimme ich dir zu.
Bei manchen war es so, dass sie einfach gewisse Auflagen bekommen haben - zB noch mehr Lehrtherapie oder mehr Supervision - die konnten dann verzögert abschließen.
Bei manch anderen war es dann aber wirklich so, dass sie abgelehnt wurden.

Ich muss ehrlich sagen, ich habe mich selbst manchmal darüber aufgeregt, dass wir in der Ausbildung so kritisch beäugt wurden, weil ich es auch ab und an als Widerspruch erlebt habe, dass wir zu "Wertfreiheit" angehalten wurden und selbst aber stets bewertet wurden.
Im Grunde finde ich es aber schon sehr wichtig, dass jemand ein Auge drauf hat, wer da dann auf Menschen "losgelassen" wird.


mio
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:24

Ta_Ra hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 22:20 weil ich es auch ab und an als Widerspruch erlebt habe, dass wir zu "Wertfreiheit" angehalten wurden und selbst aber stets bewertet wurden.
Im Grunde finde ich es aber schon sehr wichtig, dass jemand ein Auge drauf hat, wer da dann auf Menschen "losgelassen" wird.
Hmmm, ich denke nicht, dass es um Wertfreiheit geht, sondern eher darum, die eigenen Werte bei sich lassen zu können. Und das ist dann eben der "Umkehrschluss", es auch mal ertragen zu können, anders bewertet zu werden von außen.


Ta_Ra
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Beitrag Mi., 28.06.2017, 22:26

candle. hat geschrieben: Mi., 28.06.2017, 22:03 Deshalb bin ich da wirklich skeptisch, ob das so stimmt.

candle
Denkst du, ich habe das gerade erfunden?

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