Unterschied Selbstzahler - Kassenfinanzierung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

mio
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Beitrag Mi., 28.12.2016, 16:39

Ich sage ja: Es wäre ein viel größeres Fass was man da aufmachen müsste...

Und für "so weit" halte ich den Menschen noch nicht, dass er dazu bereit wäre, wenn er es je sein wird.

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Mondin
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Beitrag Mi., 28.12.2016, 16:49

....

Ich persönlich glaube, dass der Mensch nie ein generell freundlicher Zeitgenosse sein wird, der völlig frei wäre von Eigennutz, Vorteilsdenken, Besitzstreben bis hin zur Gier, Neid, Eifersucht u. ä. m., weil ich diese Eigenschaften als genauso menschlich und evolutionär wichtig ansehe, wie die gegensätzlich konnotierten Attribute, wie bespielsweise Liebe, Solidarität, Güte, Mitgefühl etc. pp.

Der Mensch ist die dominante Spezies und das ist er geworden, weil er die Ausstattung dazu hat. Diese bezieht sich jedoch auf das Gesamtpaket. Ergo mache ich mir da wenig Illusionen. Um den Menschen zur reinen Mildtätigkeit anzuhalten, bräuchte es eine diktatorisch unterstützte, perfekt durchführte Gehirnwäsche, ab dem ersten Atemzug. Und selbst dann bräuchte man wohl Drogen, um gewisse Charaktereigenschaften gänzlich ausschalten zu können.

Erinnert mich irgendwie an das hier:



....nicht sehr erstrebenswert.

.....


mio
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Beitrag Mi., 28.12.2016, 22:11

isabe hat geschrieben:"Woher soll das Geld kommen?" ist ein Totschlagargument wider jegliche Veränderung.
Na ja, erst einmal ist es eine Frage und kein Argument. Als "Totschlagargument" würde man eher Deine Reaktion bezeichnen: Auf eine Frage mit einer Anschuldigung zu reagieren anstatt zu antworten.

Es bringt einfach nicht viel Missstände zwar zu benennen, aber keinerlei konkrete Lösungsmöglichkeiten anbieten zu können.
So kannst Du mit niemandem - und schon gar nicht mit einem System - diskutieren. Das ist dann eher so ein "Wutbürgertum" und kein konstruktives Handeln. Da war Dein Vorschlag mit den 160h und den gestaffelten Zuzahlungen konstruktiver, auch wenn ich persönlich sowas für unrealistisch halte, da es versucht verschiedene Vorgehensweisen "gleichzumachen". Wahrscheinlich wären die ersten die Aufschreien würden die Analytiker, die sich in ihrem Verfahren noch mehr beschränkt sehen würden. Alle anderen dürfte es eher freuen, denn die würden ja gewinnen.

Das was in dieser Diskussion gerne vergessen wird wie mir scheint ist, dass es ja Gründe für diese "Einsparungen" gibt - nämlich zu hohe und teils wohl auch zu leichtfertige Ausgaben in der Vergangenheit. Von daher ist die Frage danach, wie das finanziert werden soll sehr berechtigt. Zumal ich wirklich finde, dass die psychotherapeutische Versorgung in D im Vergleich ausgesprochen gut ist. Nicht nur im Vergleich zu anderen Ländern, sondern auch durchaus im deutschen Gesundheitssystem.

Da dürften Hausärzte bisweilen stärker in die Bredouille kommen, wie sich jedem der schon mal aufgefordert wurde doch bitte zu Anfang des nächsten Quartals wiederzukommen, weil das "Verschreibungskontingent" für das bestehende leider bereits aufgebraucht ist erklären dürfte.

Ich denke niemand hier bestreitet, dass es Missstände gibt. Aber den Psychotherapiebereich sehe ich tatsächlich finanziell im Verhältnis als recht gut versorgt an. Auch, weil die Massnahmen eben nicht "verschreibungspflichtig" sind sondern von - externen, aber beauftragten und unabhängigen - Gutachtern auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft werden. Den Hausarzt der zu viel verschreibt, den hat niemand individuell geprüft. Da wurden alle kollektiv verdonnert.

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stern
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Beitrag Do., 29.12.2016, 08:25

Witzige Argumentation... die Kassen hinterfragen doch auch das Gutachterverfahren... da es so ein (wenig effektiver) Kostenfresser sein soll. Wie gesagt: Ich finde in dem Thread geht es sehr idealistisch zu... lt. Kassen brauchen die meisten Therapien nicht einmal 25h.
Liebe Grüße
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Mondin
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Beitrag Do., 29.12.2016, 08:44

stern hat geschrieben: lt. Kassen brauchen die meisten Therapien nicht einmal 25h.
Hast Du dazu mal eine Quelle? Da würde mich der Zusammenhang interessieren.

LG
Mondin

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stern
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Beitrag Do., 29.12.2016, 09:10

Das wurde schon öfters im Forum diskutiert (mit Quellenangaben)... ich meine, die Techniker Krankenkasse will das untersucht haben... wobei ich das auch mit etwas Vorsicht lesen würde, wie sich das zusammensetzt. Aber so ist eben die Argumentation. Lass' mich mal überlegen, wo man entsprechendes nachvollziehen kann. Voila:
Versorgungsziel 4: Das Angebot an Psychothe-
rapie muss zukünftig so strukturiert werden,
dass Anreize zur Erbringung von Kurzzeitthera-
pien nicht zur Vernachlässigung von Langzeit-
therapien führen.
Maßnahme: Aktuelle Datenauswertungen der
Krankenkassen legen nahe, dass der Zuschnitt der
Kontingentschritte deutliche Auswirkungen auf
die Behandlungsdauer hat. Über zwei Drittel der
Patienten in Psychotherapie beenden schon in der
zur Zeit bestehenden Struktur ihre Therapie vor
der 25. Therapiestunde.
Die Kontingentierung ist
zukünftig deshalb so zu bemessen, dass dauerhaft
Anreize für eine Absenkung der Therapiedauer
entstehen. Patienten mit schweren Erkrankungen,
die eine Langzeittherapie benötigen, dürfen dabei
jedoch nicht schlechter gestellt werden.
https://www.tk.de/centaurus/servlet/con ... erapie.pdf
Wie sich das zusammensetzt, war für mich nie ganz nachvollziehbar. Und wie gesagt: KK-Meinungen sind nicht immer unumstritten. So z.B. soll es angeblich keine Unterversorgung geben, was manche böse Zungen für statisches schönrechnen halten. Trotzdem können sich aus solchen Untersuchungen dann auch Maßnahmen ergeben, die Realität werden.
Liebe Grüße
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Mondin
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Beitrag Do., 29.12.2016, 09:27

Hm....

aber das ist doch gut!

Ich lese das so:
Versorgungsziel 4: Das Angebot an Psychothe-
rapie muss zukünftig so strukturiert werden,
dass Anreize zur Erbringung von Kurzzeitthera-
pien nicht zur Vernachlässigung von Langzeit-
therapien führen.

Maßnahme: Aktuelle Datenauswertungen der
Krankenkassen legen nahe, dass der Zuschnitt der
Kontingentschritte deutliche Auswirkungen auf
die Behandlungsdauer hat. Über zwei Drittel der
Patienten in Psychotherapie beenden schon in der
zur Zeit bestehenden Struktur ihre Therapie vor
der 25. Therapiestunde.
Die Kontingentierung ist
zukünftig deshalb so zu bemessen, dass dauerhaft
Anreize für eine Absenkung der Therapiedauer
entstehen. Patienten mit schweren Erkrankungen,
die eine Langzeittherapie benötigen, dürfen dabei
jedoch nicht schlechter gestellt werden.

https://www.tk.de/centaurus/servlet/con ... erapie.pdf
Heißt für mich, die generelle Therapiedauer wird abgesenkt, damit für die, die wirklich schwerwiegende Probleme haben, auch genügend Kapazitäten übrig sind. Die Kassen haben nun einmal nicht unbegrenzt Geld. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass dann eben mehr Geld generiert oder umverteilt werden muss. Aber wie z. B. mios Link zeigt, ist nichts mehr zum Umverteilen da, weil es durch Wertverluste und sonstige staatliche Zockereien schlicht und ergreifend einfach weg ist. Und die Beiträge weiter zu erhöhen, das fände ich persönlich unverantwortlich und unfair, denen gegenüber, die die größte Last tragen müssen, nämlich gesunde Steuerzahler mit mittleren und höheren Einkommen.

Ergo muss mit dem gehaushaltet werden was da ist und da finde ich eine gerechte(re) Verteilung wünschenswert. Wenn jemand wirklich nur "mal eben" einen Deu in die richtige Richtung braucht, dann ist es doch gut, wenn er möglichst schnell wieder ohne therapeutische Begleitung auskommt. So bleibt mehr für diejenigen, die mehr benötigen.

....

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stern
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Beitrag Do., 29.12.2016, 11:16

Nun, ich lese das eher so, dass Anreize für kürzere Therapien gesetzt werden und die bisherigen Kontingente nicht als sinnhaft angesehen werden... aber humaner- und groooßzügigerweise muss man natürlich aufpassen, dass Leuten, die eine LZT benötigen, dadurch nicht benachteiligt werden. Ich bin skeptisch... für mich liest sich das eher wie Runterrechnen des Bedarfs.

Die KK hatten übrigens Überschüsse...
"FAZ": Überschuss der Krankenkassen bei 1,5 Milliarden Euro

Berlin (dpa) - Die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich im Sommer nochmals verbessert. Ende September wiesen die 117 gesetzlichen Kassen einen Überschuss von knapp 1,5 Milliarden Euro aus, wie die "FAZ" (Donnerstag) unter Berufung auf Daten der Krankenkassen berichtet.
https://www.merkur.de/politik/faz-ueber ... 10355.html
Und das besagte Auslandsvermögen (bzw. Wertverluste auf manche Anlagen) ist/war ja in dem Sinne eh nicht (direkt) zur Umverteilung gedacht. Sondern die Entstehung von Auslandsvermögen steht mit der Exportstärke Deutschlands in Verbindung (Leistungsbilanzüberschüsse, d.h. dass D mehr exportiert als importiert)... was volkswirtschaftlich sicherlich Vor- und Nachteile hat. WENN man unbedingt volkswirtschaftliche Fragen bzw. wie D seine Krankenversicherung finanziert, einstreuen will, so könnte man berücksichtigen, dass besagte Exportüberschüsse i.d.R. in ein höheres Beschäftigungsniveau zur Folge haben... was bei Sozialversicherungspflicht Krankenversicherungsbeiträge in die Kasse spült... und die Volkswirtschaft weniger Ausgaben, die aus Arbeitslosigkeiten resultieren, belastet ist, usw. Sprich: Ich glaube nicht an einfache Lösungen.
Liebe Grüße
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isabe
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Beitrag Do., 29.12.2016, 11:37

Na ja, wenn man ehrlich ist, stellt man fest, dass das mit der psychotherapeutischen Versorgung nicht wirklich funktioniert, und eigentlich weiß das jeder auch, aber es wird geschwiegen: Viele Menschen, die eine PT bräuchten, lehnen "so was" ab und gehen weiterhin ihren Mitmenschen auf die Nerven und verursachen durch unnötige Arztbesuche immens hohe Kosten. Viele andere Menschen haben, wenn sie erst mal Blut geleckt haben, tatsächlich gar keine Lust mehr, ein außertherapeutisches Leben zu führen, und auch das würde Unsummen verschlingen, wenn man es unkritisch gelten ließe.

Und andere Menschen hangeln sich von einer Therapie zur nächsten (wie viele hier haben schon mehr als eine Therapie gemacht?), immer in der Annahme, jetzt sei es erst mal gut. Dann wird ein neuer Therapeut gesucht, was wieder viele probatorische Sitzungen samt Kosten bedeutet. Ist der neue Therapeut erst mal gefunden (und es spielt da überhaupt keine Rolle, ob es sich um einen direkten Anschluss handelt oder ob zwei Jahre die Füße stillgehalten wurden), wird wieder die gesamte Lebensgeschichte hochgeholt (vielleicht mit anderen Schwerpunkten, aber die Geschichte selbst ändert sich ja nicht); es muss Vertrauen aufgebaut werden, was letztlich auch Geld kostet. Man erhofft sich irgendeinen Input, der manchmal oder auch häufiger auch kommt, man strengt sich an, dem Therapeuten und sich selbst zu beweisen, wie ernst man es meint und wie hart man an sich arbeitet. Irgendwann ist auch diese Therapie beendet (man muss ja das Kontingent im Auge behalten), und man fragt sich: "Hm, irgendwie bin ich immer noch genauso deprimiert wie vorher, aber immerhin habe ich mir eine neue Zimmerpalme gekauft", und weil niemand das Wort "Scheitern" ertragen kann, wird das dann als Erfolg verbucht. Gucken wir erst mal; zur Not kann ich ja später noch mal...

Und warum das alles? Weil niemand sich wirklich Zeit nehmen will und sich niemand wirklich einlassen will. Weil es verpönt ist, das Nichtwissen, die Stille und die Hoffnungslosigkeit auszuhalten. Weil immer alles schnell gehen muss und objektivierbar sein muss. Weil Schweigen gleichgesetzt wird mit "Zeitverlust". Weil wir uns alle synchronisieren müssen, um nicht aufzufallen. Schon eine Therapie zu beginnen, ist ein Zeichen von Schwäche. Wenn also schon ein Umweg in die eigene psychische Besenkammer gemacht werden muss, dann darf der nicht lange dauern. Es darf also niemand merken, dass man mit dem Funktionieren mal kurz ausgesetzt hat. Und dann wieder, huschhusch, auf die richtige Spur und weiter im Takt.

Das alles ist keine Frage des Geldes, sondern eine Frage des Menschenbildes.

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Mondin
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Beitrag Do., 29.12.2016, 11:59

....

isabe, Du klingst sehr frustriert. Irgendwie traurig. Ich habe bei Deinem Beitrag an einigen Stellen genickt, weil ich das ähnlich erlebt habe wie Du. Dennoch, es liegt immer auch an der eigenen Interpretation. Nur weil irgendwer mir verklickern will, dass Therapie zu beginnen eine Schwäche wäre, muss ich das doch nicht auch so sehen. Und die, die schon einmal Therapie gemacht haben, die werden in der Regel wissen, dass das Mut erfordert, sich sich selbst und den eigenen Problemen zu stellen. Und die, die das noch nie getan haben, ja mei, lass sie reden, sie haben doch keine Ahnung; woher denn auch?

Was ich damit sagen will, das ist, dass man selbst sehr viel Einfluss darauf hat, wie man sich selbst wahrnimmt, innerhalb des Apparates. Und Bindung, nun ja, dazu hat mio schon so viel geschrieben. Sich Zeit nehmen, ja, sicherlich, das ist aus der Mode gekommen. Aber jetzt sei mal ehrlich, 300 Stunden, das ist nicht wenig Zeit. Das ist sogar ziemlich viel Zeit. Und würde man jede zweite Stunde schweigen, dann wäre es noch immer 150 Stunden.

Ich weiß nicht, womöglich empfinden wir da einfach zu unterschiedlich, ich habe ja auch Analyse gemacht, damit ich überhaupt fähig wurde für Verhaltenstherapie, die ich mir dann in zwei Klinkaufenthalten verabreichte. Ich fand das fast schon zu viel des Guten. Nicht, dass ich symptomfrei gewesen wäre, sicher nicht. Aber ich hatte genug lernen können um allein weiter zu machen. Bindungen suchte ich mir ganz von alleine außerhalb der Therapie, was oft genug misslang, manchmal aber eben auch glückte.

Ich denke einfach, dass man sich oft auch überwinden muss, sich außerhalb von Therapie (wieder) auf das Leben einlassen zu können. Sich von der Idee zu verabschieden, dass "immer mehr vom Gleichen", die eigenen Probleme lösen könnte. Ich vergleiche das oft mit einem Fass ohne Boden. Da nützt es nichts, wenn man endlos Wasser nachschüttet, da muss eine Erdung, ein Boden her. Und diesen erlangt man meiner Erfahrung nach am ehesten, indem man sich selbst im Alltag ausprobiert und die Erfahrung macht, dass man diesen auch alleine und selbstständig zu bewältigen vermag.

Dass das womöglich den Kassen Kosten spart ist dann nur noch ein Nebeneffekt.

Grüßerle!
Mondin

-----------------

@stern, ich sehe es wie Du, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Meine Anspielung zur Finanzierbarkeit bezog sich auf die Einwürfe von z. B. Kaonashi, dass man umverteilen müsse. Die Überschüsse, die die Kassen erwirtschafteten, werden sicherlich noch verteilt werden, es brennt ja an allen Ecken und Enden.

....

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stern
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Beitrag Do., 29.12.2016, 12:08

Nun... so gesehen wäre für so gut wie alles Geld vorhanden. Der Punkt ist aus meiner Sicht eher: Zu der Frage, wie eine gerechte Verteilung aussieht, gibt es vermutlich genauso viele Meinungen wie es Personen gibt (volkswirtschaftlich gesehen und auch wie Mitteil der Kassen auf Kranke zu verteilen sind bzw. wann man am überhaupt als krank und leistungsberechtigt gilt).
Zuletzt geändert von stern am Do., 29.12.2016, 12:23, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
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isabe
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Beitrag Do., 29.12.2016, 12:11

Das Umdenken muss viel eher beginnen als bei der Frage: "Darf ich eine PT machen und was darf das kosten?" Den Menschen muss verdeutlicht werden, dass die psychische Gesundheit - nicht nur die eigene, sondern auch die der Kinder usw. - ein hohes Gut ist, das es zu schützen (oder wiederherzustellen) gilt. Dass die Psyche nichts Peinliches ist, dessen man sich schämen müsste, weil man es nicht jederzeit kontrollieren kann. Das hängt z.B. auch mit den Fragen zusammen: Wie geht eine Gesellschaft mit ihren Minderheiten um? / Wie werden die geschützt, die schwach sind? / Wieso werden Menschen ausgegrenzt?

Es ist doch erstaunlich, dass es inzwischen eine breite Palette an "Literatur" gibt, in der irgendwelche Sarrazins und Pirinccis meinen, sich über vermeintliche Loser lustig machen zu können. Solange solche Leute ein Publikum haben, läuft doch ganz offensichtlich irgendwas schief. Die Menschen, die mit dem Druck, normal sein zu müssen, nicht klarkommen, werden dann in die Therapie abgeschoben, wenn sie sich nicht schon vorher suizidiert haben. Und wieder wird dem Schwachen verdeutlicht, wie schwach er ist, dass er "so was" nötig hat. Natürlich nicht vom Therapeuten, der meist selbst ähnliches durchgemacht hat, sondern von all denen, die gar keine Ahnung haben von der Seele. Es ist angesehen, materielle Güter anzuhäufen, aber es ist verpönt, sich um seine Seele zu sorgen. Das wird dann noch abwertend mit "der kreist nur um sich selbst" kommentiert! Als sei man nur dann gut, wenn man mit seinen Gedanken ausschließlich im außen unterwegs ist. Wenn man einsam ist, dann ist man nicht etwa einsam, weil man mit sich selbst nicht klarkommt, nein, man ist einsam, weil der richtige Partner im außen fehlt, der mit dem man dann so tun kann, als sei man irgendwie "komplett". Singlebörsen und sonstige Angebote für die Einsamen sollen lediglich helfen, das Stigma der Einsamkeit abzulegen; ein Kontakt mit sich selbst ist dabei nicht vorgesehen. Wer keinen Partner hat (kann man hier auch gelegentlich als "Vorwurf" lesen), ist per se irgendwie "komisch" - was letztlich nur beweist, dass die Partnerfixierung die Auseinandersetzung mit sich selbst verhindert ("seht her, ich hab einen Partner, ich hab also alles richtig gemacht").

Das ist im Grunde ähnlich wie bei den ständigen Diskussionen um die Bildungspolitik: Wenn die finnischen Schüler besser abschneiden und in Finnland zufällig alle Schultüren blau sind, denkt der Deutsche, er müsse nur die Türen anstreichen, um so zu werden wie die Finnen. Wieder wird alles auf die Frage des Geldes reduziert, auch da, wo es gar nicht ums Geld geht. Wie man mit seinen Mitmenschen umgeht, wie man sich auf sie einstellt und ihnen zuhört und sie mitmachen lässt, hängt nicht vom Geld ab.

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Mondin
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Beitrag Do., 29.12.2016, 12:13

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stern, darum drehen sich ja u. a. die ganzen letzten Seiten. Da eine allgemeine Einigung zu erzielen halte ich für relativ aussichtslos.

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isabe
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Beitrag Do., 29.12.2016, 12:15

Stern:
Ich bin überzeugt davon, dass es eine gute Idee ist, die Menschen zu beteiligen an den Kosten für eine PT. Weil sie das freier macht. Es kann eigentlich lediglich darum gehen, sich dafür das passende Modell zu überlegen. Dass das Gutachterverfahren dauerhaft nicht funktioniert, weiß doch jeder. Und dass pauschale Lösungen nicht für jeden die ideale Lösung sind, weiß auch jeder. Schon die Aufteilung in "VT, TfP, AT versus unnötiger Rest" ist doch schwachsinnig, wie eigentlich auch jeder weiß.

Insofern kann es nicht darum gehen, die Leistungspflicht festzustellen; die Hürden sollten genommen werden; stattdessen sollte jedem Versicherten ein Angebot für die Inanspruchnahme einer PT gemacht werden, das er dann selbst mit eigenen Mitteln mitgestalten kann. Es gibt sowieso keine "Gesunden" und "Kranken", was PT betrifft; das ist doch alles nur ein Konstrukt.

Ich bekomme von meiner (übrigens sehr guten) Krankenkasse ständig Post, was ich nicht alles machen könnte auf deren Kosten. Und meist läuft es ja genau auf eine moderate Mitbeteiligung aus, die dem Patienten anbietet: "Wenn du mitmachst und dich um dich sorgst, geht es dir gut und wir sparen Kosten". Komisch, dass die PT dabei so ganz rausfällt. Und eigentlich nicht nötig, nur müsste man sich mal auf den Weg machen, bei den Reformen nicht nur an das Wort "Einsparungen" zu denken, sondern an das Wort "Verbesserung".
Zuletzt geändert von isabe am Do., 29.12.2016, 12:34, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag Do., 29.12.2016, 12:32

isabe hat geschrieben:Das Umdenken muss viel eher beginnen als bei der Frage: "Darf ich eine PT machen und was darf das kosten?" Den Menschen muss verdeutlicht werden, dass die psychische Gesundheit - nicht nur die eigene, sondern auch die der Kinder usw. - ein hohes Gut ist, das es zu schützen (oder wiederherzustellen) gilt. Dass die Psyche nichts Peinliches ist, dessen man sich schämen müsste, weil man es nicht jederzeit kontrollieren kann.
Aber das sagt doch niemand! Das ist etwas, das Du so empfindest. Aber rein sachlich lese ich viel eher das Gegenteil. Google mal nach Psychotherapie, da findest Du kaum Kontra sondern ganz viel Pro.
Das hängt z.B. auch mit den Fragen zusammen: Wie geht eine Gesellschaft mit ihren Minderheiten um? / Wie werden die geschützt, die schwach sind? / Wieso werden Menschen ausgegrenzt?
Das scheint bei Dir ein Riesenthema zu sein. Warum? Empfindest Du Dich selbst in einer solchen (MInderheit) oder ähnlichen Position? Bist Du von Ausgrenzung betroffen?
Es ist doch erstaunlich, dass es inzwischen eine breite Palette an "Literatur" gibt, in der irgendwelche Sarrazins und Pirinccis meinen, sich über vermeintliche Loser lustig machen zu können. Solange solche Leute ein Publikum haben, läuft doch ganz offensichtlich irgendwas schief.
Nein, das ist Demokratie. Freie Rede, freies Denken. Leute, die so etwas publizieren, werden im Gegenzug ja auch geächtet und müssen das dann aushalten.
Die Menschen, die mit dem Druck, normal sein zu müssen, nicht klarkommen, werden dann in die Therapie abgeschoben, wenn sie sich nicht schon vorher suizidiert haben.


Jetzt komme ich gar nicht mehr mit. Ich dachte, Du vertrittst die Ansicht, dass jeder so viel Therapie bekommen sollte, wie er will und meint zu brauchen. Jetzt sprichst Du von Abschiebung in Therapie? Ich dachte, Du betrachtest Therapie als etwas Gutes?
Und wieder wird dem Schwachen verdeutlicht, wie schwach er ist, dass er "so was" nötig hat. Natürlich nicht vom Therapeuten, der meist selbst ähnliches durchgemacht hat, sondern von all denen, die gar keine Ahnung haben von der Seele.


Ja, die haben halt noch keine Erfahrungen damit machen müssen. Da können sie doch froh sein. Ich gönne es jedem, wenn er keine Traumata aufarbeiten muss um gut zurecht zu kommen. Dass derjenige dann keine Ahnung davon hat, das ist doch logisch. Also ist man doch selbst erfahrener. Wo ist da jetzt die Schwäche?
Es ist angesehen, materielle Güter anzuhäufen, aber es ist verpönt, sich um seine Seele zu sorgen. Das wird dann noch abwertend mit "der kreist nur um sich selbst" kommentiert!
Wie kommst Du nur darauf? Wir scheinen auf komplett unterschiedlichen Planeten zu leben. Noch nie gab es so viele Selbsterfahrungsseminare, Therapien, Schulungen zur Achtsamkeit, Yoga u. ä. m. Es ist "total in" sich mit sich selbst auseinander zu setzen.
Als sei man nur dann gut, wenn man [.....] ("seht her, ich hab einen Partner, ich hab also alles richtig gemacht").
Lieber Himmel! isabe.... das kann doch nicht Dein Ernst sein! Die meisten Menschen haben Bindungen, weil sie sich damit wohl fühlen und nicht, damit sie sagen können, sie hätten alles richtig gemacht. Wie kommst Du nur auf so etwas?
Das ist im Grunde ähnlich wie [....] auch da, wo es gar nicht ums Geld geht. Wie man mit seinen Mitmenschen umgeht, wie man sich auf sie einstellt und ihnen zuhört und sie mitmachen lässt, hängt nicht vom Geld ab.
Doch, isabe, es hängt auch vom Geld ab. Denn all das muss bezahlt werden, wenn es Personal und Räumlichkeiten benötigt. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Oh je..... ganz ohne Ironie, es tut mir leid, dass Dein Weltbild so ist, wie es ist. Ich erlebe das (glücklicherweise) ganz anders. Womöglich liegt es auch ein bisschen an der Umgebung, keine Ahnung.

....

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