Nutzen/Sinn der Diagnosestellung

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stern
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Beitrag Sa., 20.04.2013, 18:45

Ich hatte damals eine Diagnose vom HA. Therapeutisch wurde die aber in Frage gestellt. Wäre aber mMn gehupft wie gesprungen gewesen. Denn die (durchaus abweichende Diagnose) hätte genauso gut oder genauso wenig gepasst wie die Diagnose für die PT. Denn mich könnte man vermutlich in mehrere Schublade pressen, und doch passt(e) keine so richtig... aber doch mehrere in Ausschnitten. Und mit dieser Dichotomie, die eine Diagnose vermittelt (also wenn man eine Diagnose hat, dann ist man krank, und ohne die Diagnose ist man gesund) habe ich etwas Schwierigkeiten, weil die Graustufen damit nicht so gut erfasst werden können. Also man kann schwer sagen: ein bisschen ICD xy und bisschen ICD yz passt neben ICD vx.
Liebe Grüße
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hawi
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Beitrag So., 21.04.2013, 08:51

Ganz schön viel dazu gekommen seit meinem letzten Lesen hier.
Schon vieles aufschlussreich, bedenkenswert.
Doch vielleicht mittlerweile etwas eng, zu fokussiert?!

Für mich (noch mal) sortiert:
Ein Therapeut wird für sich als Arbeitsgrundlage immer eine Diagnose brauchen.
Die Klienten? Was die brauchen, gebrauchen können, ist wohl nicht so sicher, bzw. mag sicher sein, lässt sich dann aber nicht auf ein Rezept, auf eine bestimmte Art von Diagnose-Erfahrung reduzieren. Anders herum lässt sich da vielleicht besser denken, formulieren. Klienten haben Erwartungen, brauchen etwas für sich. Deshalb werden sie ja Klienten. Ihnen fehlt etwas. Eine Diagnosestellung? Die wird wohl immer auch in Relation zur Erwartung, zum jeweiligen „Mangel“ betrachtet werden müssen.
Und noch mal anders gesehen. Egal ob ein Therapeut gegenüber dem Klienten seine Diagnose kommuniziert oder nicht, egal wie das geschieht, egal ob es so scheint, als würde der Klient Nutzen haben oder nicht, Wirkung wird alles haben. Nur dass sich die Wirkung oft wohl erst dann richtig zeigt, wenn das Ereignis eingetreten ist, eine Diagnosestellung passiert ist, oder Therapie ohne so was begonnen wurde.
Das wichtige ist dann wohl, sich mit der Wirkung auseinanderzusetzen, die zu betrachten. Zunächst oder überhaupt vielleicht gar nicht so sehr mit dem Fokus auf die Diagnosestellung. Interessant ist ja vor allem der Klient. Eine Diagnosestellung als Teil aber nicht Mittelpunkt .
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
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hawi
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Beitrag So., 21.04.2013, 08:54

yamaha1234 hat geschrieben:ich unterstelle sicher nicht pauschal jedem Menschen mangelnde selbstreflexive Fähigkeiten der sich in seiner Diagnose wieder findet, ich schrieb ja auch, dass wie in Elanas Fall die Diagnose eine Krücke sein kann. Ich halte das durchaus für möglich. Im Fall von meiner Freundin jedoch, abgeleitet aus ihrem Verhalten, das ich persönlich schon seit mehrere Jahren kenne und beobachte würde ich schon sagen, dass ihr diese Diagnose sehr viel verbaut...denn sie stigmatisiert sich dadurch selbst.
………
ich will ihr nicht einreden, dass ihre Diagnose nicht stimmt, sondern ich will ihr einreden, dass sie die Diagnose nicht ist
……
…da ich schon mehrmals darauf hinwies, dass mein Thema nicht die Analyse ds Verhaltens meiner Freundin, sondern therapeutische Diagnosestellung und die Folgen die daraus resultieren können ist.
yamaha, konkret bezogen auf deine Freundin?!
Womöglich finden sich hier ja bereits alle Teile im Thread? Ich krieg sie jetzt grad nicht für mich zusammen! Grob in drei, vier Teile zerlegt. Es gab deine Freundin mal ganz ohne Diagnose(Stellung), vielleicht sogar ohne dass ihr was fehlte, ohne dass sie ein Therapiebedürfnis hatte. Dann gab es sie mit dem Bedürfnis, dann mit der Diagnosestellung. Und jetzt gibt es deine Freundin schon längere Zeit mit dieser Diagnose und auch mit Therapie, Therapieerfahrung. Was bleibt da gleich, was ändert sich?
Du schreibst vor allem, die Diagnose Anpassungsstörung verbaue deiner Freundin etwas. Du meinst, wenn ich es richtig verstehe, die Diagnosestellung wirke quasi falsch herum für deine Freundin, sei mittlerweile fast schon Grund für all das, was sie bedrückt, was dir unrichtig scheint, was du dir für sie besser wünschen würdest.

Ganz grob: mittlerweile hat deine Freundin sich weitgehend gestört definiert. Verhält sich auch danach. Sehnt sich einerseits nach einer Beziehung. Beharrt andererseits (mittlerweile?) aber auf einem Verhaltensmuster, das Beziehung weitgehend verhindert.
Nach außen (und nach innen?) gerechtfertigt mit der diagnostizierten Störung.

Ich selber kann und will da gar nicht sofort werten. Mensch ist merkwürdig. Am ehesten ein wenig verstehen lässt er sich - wenn überhaupt - dann, wenn er so genommen wird, wie er ist. Inklusive seiner Widersprüchlichkeit. Sogar die kann zumindest für eine Zeit sinnvoll sein. Sogar wenn Mensch an solch einem Widerspruch leidet. Es darf halt nur nicht zu lang zu viel werden.

Fragen: Hat deine Freundin womöglich doch genau das bekommen was ihr mal fehlte?
„Störung“ als emotionaler Anker, als ein Heim ohne die Beziehung, die zerbrach?
Durchaus auch als etwas, das selbstgerecht sein darf. Vielleicht Schutz davor bietet, von jemandem, einem Partner wieder so verletzt zu werden?

Wirkliche Antworten habe ich selber nicht. Zweifle aber schon etwas an deinem Ansatz.
Oder sogar daran, dass du dich triffst mit dem Thread, dem Thema hier.

Du wünschst dir doch eigentlich ein anderes Verhalten deiner Freundin. Das geht, denke ich jedoch eher, wenn du das machst, was du selber im Moment ablehnst.
Wenn sie nun mal ihre Störung sein möchte, dann lass ihr diese Sicht doch. Zwar kannst du ihr immer mal sagen, dass du das anders siehst, aber es wird kaum gehen, wenn du versuchst, ihr ihre Überzeugung zu nehmen. Sie scheint ihr ja wichtig zu sein.

Warum nicht wirklich das Verhalten deiner Freundin analysieren? In gewisser Weise machst du es, denke ich, ja bereits. Wenn auch fokussiert auf Analysestellung.
War, ist die so wichtig? So sehr allein bestimmend? Und sogar wenn? Zum einen lässt sie sich ja nicht mehr aus der Welt schaffen. Zum anderen ist sie heute allenfalls Teil einer aktuellen Diagnose. Nichts gegen Reflektionen, auch Wertungen von altem, aber Selbstzweck sollte so was wohl eher nicht sein. Bringt meist nichts. Brächte wohl allenfalls was, wenn sich die alte Diagnosestellung heute als was völlig verkehrtes sehen ließe.
Dem scheint mir aber nicht so zu sein.

LG hawi
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yamaha1234
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Beitrag So., 21.04.2013, 09:14

Hallo hawi,

Ich wollte einfach über dieses Thema generell diskutieren, und nicht das Verhalten meiner Freundin mit Usern die sie nicht persönlich kennen analysieren, teilweise habe ich mich dazu hinreißen lassen, aber ich ziehe jetzt hier die Notbremse.
Es geht mir nicht explizit um meine Freundin, und auch nicht darum, dass ich sie nicht "sein" lassen kann, oder ihr Verhalten ändern wollte, oder gar, dass ich wüsste was "besser" für sie wäre. Ich wollte meine Beobachtung teilen, und mich darüber austauschen wie es anderen Usern ergeht, wenn Ihnen die Diagnose mitgeteilt wird, was das mit Ihnen "macht", ob es überhaupt etwas "macht". Ob es vielleicht auch kontraproduktiv sein kann, seine Diagnose zu erfahren und wie andere Menschen dies in ihrem Therapieprozess wahrnehmen.

Für meine Freundin suche ich hier nach keiner "Lösung", ich erwähnte sie nur exemplarisch und deshalb werde ich auch auf keine weiteren Analysen ihrer Person, oder analysen bezogen auf unser Verhältnis eingehen.

LG

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hawi
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Beitrag So., 21.04.2013, 10:13

yamaha, allein schon, weil ich selber ziemlich sicher selber Freunde auch nicht durch so einen Thread zur Schau stellen würde, stimme ich mit dem, was du grad schreibst, völlig überein.

Hätte ich wohl besser gleich ergänzend dazu geschrieben. In dem Moment kam ich nur gar nicht drauf, sonst hätte ich wohl versucht, den Inhalt zumindest etwas vorsichtiger rüberzubringen.

LG hawi
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graue seifenblase
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Beitrag So., 21.04.2013, 10:39

Hi!
Also für mich persönlich und meine Symptome,.. hat es keinen Nutzen/Sinn, da es primär keine Auswirkungen auf mein Verhalten hat, aber es hat für meine Mitmenschen einen Sinn.
Z.B. um ein geeignetes Therapieprogramm zusammenstellen zu können. Aus diesem Grund komme ich vor meiner Langzeittherapie 2-3 Wochen in eine Klinik um erst die Diagnostik durchzuführen und ev. die Medis noch besser einzustellen.
Natürlich könnte man jetzt auch sagen, dass man durch die Diagnostik alle mit jener Erkrankung über Therapieprogramm XY drüberfährt usw, aber irgendwo muss man ja auch anfangen die ganze Sache abzustecken, denn es macht in meinen Augen wenig Sinn, wenn zwei Personen vielleicht ein paar überschneidende Symptome aufzeigen jedoch völlig verschiedene Grunderkrankungen und dadurch verbundene Probleme haben diese gleich zu therapieren. Was jedoch nicht bedeutet, dass nicht teilweise überschneidend Therapieangebote sehr fruchtend und bereichernd sein können.
Dies macht man z.B. bei Magersüchtigen/Bulimiekranken und adipösen Menschen, denn alle haben ein Problem mit dem Essen, jedoch auf unterschiedlicher Weise.
Natürlich ist es nicht immer so, dass Diagnose und Therapie zusammenpassen müssen, aber ich denke mir einfach, wenn man eine Person nicht kennt, dann lässt es sich zumindest schon etwas eingrenzen und das kann hilfreich sein.

Ich habe irgendwie das Gefühl, dass für euch Diagnosen gleich in Stein gemeißelt sein müssen, aber in Wahrheit sind es nur Richtlinien und Informationen, so als würde man einem die ganzen Symptome aufzählen und die Diagnose ist dann ein Überbegriff für das Ganze und diese Diagnosen können ja jederzeit verändert, ergänzt oder sonst was werden.
Im Prinzip haben stellen wir auch in unserem alltäglichen leben "Diagnosen" um das leben zu vereinfachen. Z.B. Menschen die kein Fleisch essen nennen wir Vegetarier, aber das hat ja auch ganz viele Fassetten. Die einen sind Vegetarier und essen gar keine Tiere und zählen da auch Fische usw dazu und die anderen sind Vegetarier und essen kein totes Tier aber Fisch, denn das zählen sie nicht dazu. Es ist leichter zu sagen, ich bin Vegetarier als ich esse kein Huhn, kein Schwein, kein Rind,..., also könnten wir hier eine "Diagnose" erstellen und sagen jene Person ist Vegetarier. Wenn diese Person jedoch aus irgendeinem Grund wieder Fleisch essen sollte, aber z.b. nur ein bestimmtes, sagen wir z.B. Huhn, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, entweder man sagt ich esse kein Fleisch nur Huhn oder man sagt ich war/bin Vegetarier, mit einer Ausnahme nämlich Huhn,..

Also ihr seht Diagnose ist nicht gleich Diagnose und schon gar nicht für immer und ewig zwangsläufig gültig. Aber es hilft uns im Leben ein paar Dinge zu "vereinfachen" bzw etwas leichter zu merken, da es wie eine teil vollständige Zusammenfassung von einem Sachverhalt ist.

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stern
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Beitrag So., 21.04.2013, 12:26

yamaha1234 hat geschrieben:Ich wollte meine Beobachtung teilen, und mich darüber austauschen wie es anderen Usern ergeht, wenn Ihnen die Diagnose mitgeteilt wird, was das mit Ihnen "macht", ob es überhaupt etwas "macht". Ob es vielleicht auch kontraproduktiv sein kann, seine Diagnose zu erfahren und wie andere Menschen dies in ihrem Therapieprozess wahrnehmen.
Nicht nur Diagnosen/Symptome an sich können sich mit der Zeit wandeln (finde den Hinweise von graue seifenblase und anderen jedenfalls auch wichtig, dass sie nichts statistisches ist), sondern auch die individiduelle Bedeutung (also die Sichtweise darauf bzw. und auch deren Wirkung)kann sich im Zeitverlauf ändern. Bei mir nehme ich das zumindest so war.

Was für mich unabdingbar wäre, die Diagnose zu erfahren (als Patient hat man grds. auch ein Anrecht darauf, aber Einschränkungen gibt es auch, wie gesagt). Aber sofern eine Verständigung darüber einigermaßen da ist, ging es bei mir nicht mehr soviel um die Diagnose... wichtig finde ich (für mich) vielmehr, dass man sich verständigen kann, was Sache ist... das geben Diagnosekriterien bei mir nur bedingt her (teils natürlich schon, aber Psyche bzw. deren Leid lässt sich nur eingeschränkt in Kriterien ausdrücken, finde ich). Kommt halt darauf an... wenn jemand bei einer Diagnose sagen kann: GENAU SO UND NUR SO ist das, da finde ich mich total aussagkräftig wieder, dann mag das anders sein.
Liebe Grüße
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Beitrag So., 05.05.2013, 16:53

Ja, bei der Diagnose allein darf es natürlich nicht bleiben. Das wäre ja nur die Arbeitsgrundlage für die Therapie.
Lieben Gruß
elana

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Beitrag Do., 26.12.2013, 06:26

Im Rückblick muss ich sagen, dass die Diagnosestellung mich zwar verunsichert hat in meinem Selbstwertgefühl, weil ich mich auf einmal defizitär begriff, aber nur so konnte ich überhaupt aus der Ich-Syntonie rauskommen, woran ich immer noch arbeite. Es wie ein riesiger blinder Fleck, der auf meinen Augen liegt. Ich leide, weiß aber nicht, woran es konkret liegt. Nur durch die Diagnosestellung und meiner Beschäftigung damit bekam ich überhaupt ein bisschen eine Ahnung, was mit mir los ist und wie ich an meiner Leistungsfähigkeit arbeiten könnte. Es ging aber noch viel weiter, ich erkannte erst viel später, wie viele kleine versteckte Zwänge dahinterstecken, denn meine Zwänge waren durch meine zwanghafte Persönlichkeit ich-synton und nicht ich-dyston wie bei sonstigen Zwängen.
Lieben Gruß
elana

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