Religion & Atheismus

Fragen und Gedanken rund um Spiritualität und Religionen, alternative Behandlungsmethoden, den üppigen Garten sonstiger "Therapie"-Formen, Esoterik ... und ihre Berührungspunkte mit Psychotherapie bzw. psychologischen Problemen.
Benutzeravatar

Blaubaum
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 79
Beiträge: 2355

Beitrag So., 22.01.2012, 14:44

debussy hat geschrieben:"der glaube" ist aber nichts, womit man auf die welt kommt. es gibt kein glaubensgen.
auch gibt es in der entwicklung eines kindes kein phase, in der dann der glaube entsteht.
der glaube an gott entsteht in der oralen phase sicher nicht, aber der glaube daran, dass "das leben gut ist", weil die mama (die gottgleiche, die alles kann und für alles sorgt) nach 10-minütiger abwesenheit (wäsche aufhängen) wieder zurückkommt und sich dem kind wieder zuwenden wird, es versorgen wird..etc.
insoweit ist dieser glaube also eine art gewissheit (auch religiös gläubige verstehen ihren glauben als eine gewissheit, die sich wie eine warme hülle über die ungewissheit bzw. die rein sachliche spekulation [incl. wahrscheinlichkeitsberechnung] spannt).
da manche kinder sehr sicher vertrauen, während andere schnell anfangen, sich zu ängstigen, so wie manche hunde, die vor dem supermarkt angebunden werden, unentwegt jaulen und sich fragen "wird mein mensch JEMALS wiederkommen?", während andere hunde (urvertrauend) ganz ruhig auf ihren menschen warten, und das bei in etwa gleichem erfahrungshintergrund (erfahrung von sicherheit durch tatsächlich vorhandene warme zuwendung, verlässlichkeit etc.), könnte man das vorhandensein von so etwas wie einem glaubensgen durchaus annehmen.

meine persönliche meinung ist: je stärker das urvertrauen und die selbstsicherheit, das ruhen in sich, ausgeprägt ist, desto schlechteres spiel haben später die rattenfänger, die ihre verbalisierte religion verkaufen und als sozialpolitisches machtinstrument und als gelddruckmaschine missbrauchen wollen.

das würde bedeuten: je ausgeprägter die glaubensfähigkeit (das urvertrauen, die gewissheit) ist, desto weniger hat ein mensch es nötig, sich mit glaubensdogmen gefangennehmen zu lassen und die grosse, aus der frühesten kindheit verbliebene sehnsucht nach mama/papa/"gott" durch eingebundenheit in ein religiös-dogmatisches system (pseudo)befriedigen zu lassen.
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

Werbung

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag So., 22.01.2012, 17:33

shouqici, danke für deine Einwände, teilweise sind die wohl wirklich berechtigt.

Der Mensch hat wohl eine evolutionär entwickelte Tendenz, hinter allem und jedem eine Absicht zu suchen. In der Frühzeit der Menschheit war es sinnvoller bei einem Rascheln in einem Busch ein gefährliches Tier zu vermuten. Hatte man Recht war das überlebensentscheidend, andernfalls nicht so gravierend. Jemand der diesen Instinkt nicht hatte lag dann zwar richtig wenn es wirklich nur der Wind oder ein Karnickel war, hatte dann evtl. aber ein Problem wenn es doch mal was größeres war.
Heute brauchen wir diesen Instink kaum noch, aber er führt weiterhin dazu dass Menschen der Überzeugung sind, diese "perfekt auf sie zugeschnittene Welt" (eine bestehende Welt an die sich ihre Vorfahren angepasst haben) hätte jemand mit (guter) Absicht erschaffen müssen. Und ähnliches. So viel zur Frage warum Menschen ursprünglich Glauben entwickelten.

Viele Kinder wachsen mit einem Glauben an Gott, den Osterhasen und das Christkind auf. Was davon sie später ablegen und was nicht hängt einfach davon ab, was die Eltern und das soziale Umfeld glauben und was diesen als unwahr bekannt ist.

Natürlich ist Religionsunterricht heute nicht mehr so dogmatisch und christentumzentriert wie er vielleicht früher mal war. Wir hatten auch andere Religionen drangenommen. Grundsätzlich wäre es aber sinnvoller, Klassen als Ganzes in einer Art Ethikunterricht/Religionskunde zu unterrichten, alleine schon um sie mit anderen Glaubenssystemen zu konfrontieren und Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen.
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag So., 22.01.2012, 18:11

shouqici hat geschrieben:
- Theismus und Atheismus sind so vergleichbar wie Briefmarken sammeln und nicht Briefmarken sammeln. Atheismus ist keine Religion, keine Briefmarken zu sammeln ist kein Hobby.
Ja und nein - Briefmarkensammler mit missionarischem Eifer sind mir noch nicht begegnet (allerdings missionarische Fußballfans, die jeden Nichtinteressierten für unterbelichtet hielten ), und Nichtbriefmarkensammler, die Sammler für realitätsferne Fanatiker gehalten hätten, auch noch nicht.
Einen Vergleich auf einen Bereich anzuwenden in dem er nicht mehr passt ist nicht hilfreich. Ich habe nicht behauptet Religionen und Hobbies würden sich exakt identisch verhalten.
Versuchen wir es anders: Wenn Religionen die verschiedenen Waschprogramme einer Waschmaschine wären dann wäre Atheismus die "AUS"-Stellung. Atheismus ist keine Religion, aber eine Einstellung auf dem Wahlschalter die eine Alternative zu Religionen darstellt. Bitte versuche das zu verstehen anstatt zu unterstellen dass Atheismus dann aber nicht sauber macht oder sonst was. Der Fokus dieses Vergleichs liegt ausschließlich auf diesem Wahlschalter. Falls du mit dieser Einschränkung ein Problem hast sieht es als einen Schalter an einer Maschine an, von der du erst mal nicht weißt was sie tut.
shouqici hat geschrieben:
- Wullf ist AFAIK ziemlich religiös. Jedenfalls hat er mal in einer Rede als Bundespräsident erklärt, der Islam gehöre genau wie Judentum und Christentum zu Deutschland. Ich warte seitdem jeden Tag darauf ausgewiesen zu werden nachdem Atheisten ja offenbar nicht zu Deutschland gehören.
Wie gläubig Wulff persönlich ist - keine Ahnung, aber das halte ich für eine rein politische Aussage - Muslime sind m.W. die drittgrößte Glaubensgemeinschaft bei uns, und den Islam als nicht zu Deutschland gehörend zu bezeichnen, wäre ein politischer Fauxpas gewesen.
Da Atheismus ja (s.o.) keine Religion ist - warum hätte er den in diesem Zusammenhang nennen sollen? Wenn ich sage dass Briefmarkensammler ebenso zu Deutschland gehören wie Fußballfans und Brieftaubenzüchter, dann grenze ich damit die Nichthobbyisten ja nicht aus...
Hm, okay, das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht mit Sicherheit, man kann nicht in jemanden reinschauen.
Er hätte aber zumindest die Konfessionslosen die immerhin ein Drittel der Deutschen ausmachen nennen können. So viel kann man schon erwarten. Atheismus ist wie gesagt auch eine Einstellung auf diesem Wahlschalter, in so fern und angesichts der Größe dieser Bevölkerungsgruppe (auch wenn es schwer ist zu sagen wie viel der Konfessionslosen nicht an einen Gott glauben) hätte er diese schon erwähnen müssen.
Und doch, wenn ich sage dass die 35% Fußballfans und die 15% Sportschützen etc. zu Deutschland gehören und ich spreche nicht an dass da evtl. 40% sind die keines dieser Hobbies haben dann grenze ich diese aus.
shouqici hat geschrieben:
- Nein, Punkt 1 und 3 widersprechen sich nicht, auch wenn es so aussieht. Religionen und Atheismus sind "Schubladen" in die man Menschen stecken kann, auch wenn man wenn man es genau nimmt natürlich für jeden Menschen eine eigene Schublade bräuchte. Verallgemeinert gesagt kann man Menschen aber so aufteilen. Atheismus (die Freiheit von einem Glauben an einen Gott) ist aber im Gegensatz zu Religionen frei von Dogmen, es gibt keine Glaubensgrundsätze.
Hm - wenn ich in Atheismusforen 'reinschaue, dann kommen mir daran aber gewisse Zweifel - allein die Aussage dass "Religion nur geglaubt wird, weil sich Leute entgegen der Realität an Fiktionen festklammern" scheint mir doch einigermaßen dogmatisch...
Okay, da gebe ich dir Recht, das war extrem vereinfachend. Natürlich glauben Menschen aus unterschiedlichen Gründen. Manche weil sie ihr Welt- oder Selbstbild darauf so aufbauen dass jede Bedrohung des Glaubens verheerend wäre. Manche aber auch weil sie noch nie darüber nachgedacht haben was sie da glauben. Es soll gerade in stark religiösen Gegenden Menschen geben, die einfach nicht wissen dass es überhaupt möglich ist, nicht zu glauben. Es gibt viele Gründe an einen Gott oder allgemein an etwas Übernatürliches zu glauben. Das Festklammern ist eben ein Beweggrund den ich oft in Gesprächen heraushöre.
shouqici hat geschrieben: Wie in meinem Eingangsposting schon angesprochen, unterscheide ich zwischen 'Glauben' und 'Religion', die IMHO nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen.
Ich verwende diese oft deckungsgleich, vor Allem weil beide mit irrationalen Behauptungen über die Realität daherkommen. Dass Individuen gerne ihren Glauben von ihrer Religion trennen kann ich gut nachvollziehen. Wie sonst kommt man heute als Katholik klar?
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag So., 22.01.2012, 18:15

Begriffsklärung: "Realität" ist das was übrig bleibt wenn man aufhört zu glauben. Realität ist das was letztlich entscheidet was ist und was nicht ist. Man kann immer nur ein Bild von der Realität haben. Aber dieses Bild kann nachprüfbar ein mehr oder weniger exaktes Abbild der Realität sein. Ich versuche ein möglichst exaktes Abbild zu haben.
Mit dieser Definition möchte ich klar machen dass Menschen zwar ein eigenes Bild von der Realität haben können in dem es diesen Gott gibt, die Realität schert sich darum allerdings einen Dreck.
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
shouqici
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 67
Beiträge: 188

Beitrag Mo., 23.01.2012, 07:11

Hallo Georg28,
Der Mensch hat wohl eine evolutionär entwickelte Tendenz, hinter allem und jedem eine Absicht zu suchen.
Genau - einfach aus dem Grund, weil er das aus der eigenen Erfahrung kannte. Wenn ihm ein Stein an den Kopf flog, dann musste den wer geworfen haben - also musste auch jemand daran 'schuld' sein, wenn ein Gewitter aufzog, oder wenn er Bauchschmerzen bekam. Das war die 'Geisterwelt', die am Anfang der Religionen stand.
Ich habe nicht behauptet Religionen und Hobbies würden sich exakt identisch verhalten.
Das habe ich schon so verstanden wie Du das mit der Waschmaschine meinst. Was ich kritisiert habe ist der Versuch von de facto beiden Seiten, ihre jeweilige Sicht absolut zu setzen. Ob irgendeine oder keine Religion sauberer wäscht, weiß ich nicht - und ist mir auch nicht sonderlich wichtig. Ich habe nicht von irgendeiner Wahrheit gesprochen, sondern vom erhobenen Anspruch auf eine solche in der Praxis - und da scheint mir der Unterschied zwischen beiden Seiten nicht gerade überwältigend groß zu sein...
Okay, da gebe ich dir Recht, das war extrem vereinfachend. Natürlich glauben Menschen aus unterschiedlichen Gründen. Manche weil sie ihr Welt- oder Selbstbild darauf so aufbauen dass jede Bedrohung des Glaubens verheerend wäre. Manche aber auch weil sie noch nie darüber nachgedacht haben was sie da glauben. Es soll gerade in stark religiösen Gegenden Menschen geben, die einfach nicht wissen dass es überhaupt möglich ist, nicht zu glauben.
Das möchte ich doch heftig bezweifeln - ich lebe hier am Dorf im 'heiligen Land Tirol', die (tiefkatholische) Familie meiner Ex-Frau lebt in einem Weiler abseits der Welt - überall gibt es TV und es wird auch darüber gesprochen. Und wenn man lieber Heimatschnulzen schaut, dann erzählt einem zumindest der Pfarrer in der Predigt, dass es 'Ungläubige' gibt
Ich verwende diese oft deckungsgleich, vor Allem weil beide mit irrationalen Behauptungen über die Realität daherkommen. Dass Individuen gerne ihren Glauben von ihrer Religion trennen kann ich gut nachvollziehen. Wie sonst kommt man heute als Katholik klar?
Gerade ein gläubiger Katholik wird die beiden Begriffe vermutlich nicht trennen wollen - für ihn ist das ein und dasselbe. Für Wittgenstein war das offenbar anders - für ihn gehört jede religiöse Aussage schon zur 'Glaubensreligion'.
Begriffsklärung: "Realität" ist das was übrig bleibt wenn man aufhört zu glauben. Realität ist das was letztlich entscheidet was ist und was nicht ist. Man kann immer nur ein Bild von der Realität haben. Aber dieses Bild kann nachprüfbar ein mehr oder weniger exaktes Abbild der Realität sein. Ich versuche ein möglichst exaktes Abbild zu haben.
Mit dieser Definition möchte ich klar machen dass Menschen zwar ein eigenes Bild von der Realität haben können in dem es diesen Gott gibt, die Realität schert sich darum allerdings einen Dreck.
Ist das nicht eine unnötig komplizierte Konstruktion, nur um den Begriff 'Glauben' hineinzubringen? -
Üblicherweise ist Realität doch einfach das was ist.

() shouqici
Um sanft, tolerant, weise und vernünftig zu sein,
bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


[Peter Ustinov]

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
shouqici
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 67
Beiträge: 188

Beitrag Mo., 23.01.2012, 07:16

Blaubaum hat geschrieben:meine persönliche meinung ist: je stärker das urvertrauen und die selbstsicherheit, das ruhen in sich, ausgeprägt ist, desto schlechteres spiel haben später die rattenfänger, die ihre verbalisierte religion verkaufen und als sozialpolitisches machtinstrument und als gelddruckmaschine missbrauchen wollen.

das würde bedeuten: je ausgeprägter die glaubensfähigkeit (das urvertrauen, die gewissheit) ist, desto weniger hat ein mensch es nötig, sich mit glaubensdogmen gefangennehmen zu lassen und die grosse, aus der frühesten kindheit verbliebene sehnsucht nach mama/papa/"gott" durch eingebundenheit in ein religiös-dogmatisches system (pseudo)befriedigen zu lassen.
Das sehe ich ganz ähnlich - und die 'verbalisierte Religion' wohl ziemlich deckungsgleich mit Wittgensteins 'Glaubensreligion'...

() shouqici
Um sanft, tolerant, weise und vernünftig zu sein,
bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


[Peter Ustinov]

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag Mo., 23.01.2012, 13:49

shouqici hat geschrieben: Ist das nicht eine unnötig komplizierte Konstruktion, nur um den Begriff 'Glauben' hineinzubringen? -
Üblicherweise ist Realität doch einfach das was ist.
"Das was ist" klingt gut. Sag das mal denjenigen die mir in Diskussionen damit kommen dass es "in ihrer Realität" einen Gott, ein Leben nach dem Tod, etc. gäbe. Da verzweifle ich regelmäßig. Da wird dann gerne zwischen "handfesten Dingen" und Glaubensinhalten unterschieden. Eine Unterscheidung die einfach nur dazu dienen soll, Dinge die man glauben will nicht in Gefahr zu bringen. Dinge, die zwar Aussagen über die Realität sind aber meist so ausgelegt sind dass sie sich weder beweisen noch widerlegen lassen. Als vernünftiger Mensch würde man solche Ideen dann mangels Beweisen nicht ernst nehmen, aber für den Gläubigen reicht die Nichtwiderlegbarkeit um es zu glauben.
Solch ein Desinteresse an dem was ist finde ich extrem frustrierend.
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag Mo., 23.01.2012, 13:55

shouqici hat geschrieben:
Okay, da gebe ich dir Recht, das war extrem vereinfachend. Natürlich glauben Menschen aus unterschiedlichen Gründen. Manche weil sie ihr Welt- oder Selbstbild darauf so aufbauen dass jede Bedrohung des Glaubens verheerend wäre. Manche aber auch weil sie noch nie darüber nachgedacht haben was sie da glauben. Es soll gerade in stark religiösen Gegenden Menschen geben, die einfach nicht wissen dass es überhaupt möglich ist, nicht zu glauben.
Das möchte ich doch heftig bezweifeln - ich lebe hier am Dorf im 'heiligen Land Tirol', die (tiefkatholische) Familie meiner Ex-Frau lebt in einem Weiler abseits der Welt - überall gibt es TV und es wird auch darüber gesprochen. Und wenn man lieber Heimatschnulzen schaut, dann erzählt einem zumindest der Pfarrer in der Predigt, dass es 'Ungläubige' gibt
Ich habe so etwas schon mindestens einmal in einer Episode von "The Atheist Experience" von einer jungen Texanerin gehört. Natürlich findet man auch da irgendwann raus dass es auch Nichtchristen gibt, aber eben evtl. erst sehr spät. Sich dann noch von diesem ganzen kirchlichen Gedankengebäude zu befreien ist wohl oft sehr schwer.
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
shouqici
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 67
Beiträge: 188

Beitrag Mo., 23.01.2012, 16:28

Georg28 hat geschrieben:"Das was ist" klingt gut. Sag das mal denjenigen die mir in Diskussionen damit kommen dass es "in ihrer Realität" einen Gott, ein Leben nach dem Tod, etc. gäbe. Da verzweifle ich regelmäßig. Da wird dann gerne zwischen "handfesten Dingen" und Glaubensinhalten unterschieden. Eine Unterscheidung die einfach nur dazu dienen soll, Dinge die man glauben will nicht in Gefahr zu bringen.
Das sehe ich eigentlich nicht so - wenn jemand mir von seiner Realität erzählt, die sich von der 'handfesten' Realität unterscheide, dann nehme ich das eben als seine Wahrnehmung an - ob ihm bösartige Dämonen nachstellen, ihn die Pest bedroht wenn er sich nicht jede halbe Stunde die Hände wäscht, ihm Russells Teekanne auf den Kopf fallen könnte oder sonstwas... Ich glaube ich habe hier irgendwo schon den Studienkollegen erwähnt mit der medikamenteninduzierten Paranoia - mit dem hätte man stundenlang rational diskutieren können, ob da jemand mit dem Messer in der Hand vor der Türe steht oder nicht, an seinem Wissen hätte das absolut nichts geändert - solange das Zeug wirkte. Natürlich sollte man zwischen wissenschaftlichen und Glaubenswahrheiten unterscheiden, aber das tun die Leute doch auch? Ich persönlich halte einen religiösen Glauben nicht für eine Zwangsvorstellung - aber bevor die Gläubigen Dich in Verzweiflung stürzen, kannst Du das ja tun...
Ich habe so etwas schon mindestens einmal in einer Episode von "The Atheist Experience" von einer jungen Texanerin gehört
Nun ja, ich habe in christlichen Traktaten auch schon häufig die Geschichte von dem Atheisten gehört, der vor seinem Tod einen solchen Ausdruck von Angst, Panik und Schrecken zeigte, dass man sein Gesicht mit einem Tuch bedecken musste (manchmal war's Voltaire, manchmal Wilhelm Busch)...
Unmöglich ist natürlich gar nichts - selbst die Geschichte von dem Ehepaar, das jahrelang nicht wusste wie man zu Kindern kommt, ist keine 'Urban Legend' - aber als Argument für irgendwas dürfte es kaum geeignet sein

() shouqici
Um sanft, tolerant, weise und vernünftig zu sein,
bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


[Peter Ustinov]

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag Mo., 23.01.2012, 23:08

Das Problem ist nicht dass Leute nicht zwischen Aussagen über die Realität und Glaubensaussagen trennen, das Problem ist dass sie Aussagen wie "es gibt einen Gott" oder "es gibt ein Leben nach dem Tod" unter Glaubensaussagen einordnen obwohl diese unbewiesenen Existenzbehauptungen definitiv Aussagen über die Realität sind. Ob ich nach dem Tod weiterlebe entscheidet aber nicht mein Bild von der Realität sondern die Realität selbst.

Ach ja, du hast auch die sog. "Deathbed conversions" vergessen, die Konvertierung zum Glauben auf dem Sterbebett.
"They say Christopher Hitchens had a deathbed conversion: Before dying, he called for a priest and converted him to Atheism." XD
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
shouqici
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 67
Beiträge: 188

Beitrag Di., 24.01.2012, 06:33

Was die 'Deathbed conversions' angeht, so scheinen die mir nicht mal unwahrscheinlich - wir sind immer noch so geprägt von religiösen Vorstellungen, dass in der Konfrontation mit dem Tod leicht Dinge an die Oberfläche gespült werden, die längst vergessen oder überwunden geglaubt waren... Das Interessante dabei ist, dass diese 'Bekehrungen' am häufigsten in denjenigen Religionen auftreten, die besonders stark persönliche Schuld und Strafe propagieren - und natürlich nie zu einer anderen Konfession...

Bei den Glaubensaussagen machst Du aber m.E. einen Kategorienfehler - natürlich sagen die etwas über die [geglaubte] Realität aus - worüber denn sonst Wenn ich glaube, dass der Mond aus grünem Käse ist, die Welt flach, oder eine Hohlkugel ist, oder dass meine 'Seele' eigentlich ein verirrter 'Thetan' ist, dann sind das ja Aussagen über die Wirklichkeit - manche davon falsifizierbar, manche nicht. Und hier liegt IMHO der Knackpunkt, nicht bei dem Inhalt der Aussage. Solange die nicht falsifizierbar ist, ist sie jedenfalls eine Glaubensaussage, und man kann darüber diskutieren bis zum jüngsten Tag, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Das ist kein Grund zu verzweifeln, das ist auch Realität

() shouqici
Um sanft, tolerant, weise und vernünftig zu sein,
bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


[Peter Ustinov]

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag Di., 24.01.2012, 09:20

Genau das meine ich: Nur weil etwas nicht falsifizierbar ist meinen Leute das unter dem Mantel des Glaubens vor einer Diskussion schützen zu können obwohl es sich um Aussagen über die Realität handelt.
Mich für meinen Teil interessiert was real ist und was nicht. Dass etwas nicht falsifizierbar ist ist noch lange kein Grund es einfach anzunehmen. Andernfalls müsstest du gleichzeitig an Thor, Allah und das Fliegende Spaghettimonster glauben. Sich eines davon auszusuchen und dann als real anzusehen ist... mir fehlen die Worte die eine solche Dummheit* stark genug ausdrücken ohne zu verletzten.
"Ich respektiere DICH zu sehr als dass ich deinen Glauben respektieren könnte." Ist da wohl ein Passendes Zitat. Nichts gegen dich oder einen anderen religiösen Menschen hier, aber sich mit einer x-beliebigen Antwort ohne Beweise abspeisen zu lassen ist einfach nur... ein Stoß vor den Kopf.

*Dummheit als einzelner Vorgang, nicht als Geisteszustand
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
shouqici
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 67
Beiträge: 188

Beitrag Di., 24.01.2012, 12:06

Georg28 hat geschrieben:Nur weil etwas nicht falsifizierbar ist meinen Leute das unter dem Mantel des Glaubens vor einer Diskussion schützen zu können obwohl es sich um Aussagen über die Realität handelt.
Also da verstehe ich Dich nicht ganz - wenn etwas nicht falsifizierbar ist, wie soll man es denn dann diskutieren Genau das ist doch der Punkt, warum Russells Teekanne und das FSM ins Spiel gebracht wurden - um die Nichtdiskutierbarkeit von unfalsifizierbaren Behauptungen zu illustrieren.
Mich für meinen Teil interessiert was real ist und was nicht. Dass etwas nicht falsifizierbar ist ist noch lange kein Grund es einfach anzunehmen. Andernfalls müsstest du gleichzeitig an Thor, Allah und das Fliegende Spaghettimonster glauben.
Natürlich - das ist das völlig logische Argument eines Atheisten einem Anhänger der abramitischen Religionen gegenüber - "Es gibt in den Religionen -zig Millionen Götter, an die Du ebensowenig glaubst wie ich - und ich glaube eben noch an einen einzigen weniger..."
Mich persönlich interessiert ebenso was real ist und was nicht - ich behalte mir allerdings vor, offen zu bleiben gegenüber der Frage wie weit diese Realität reicht - ohne Abstraktion wären wir nicht mal in der Lage gewesen eine differenzierte Sprache zu entwickeln, geschweige denn hier über Religion und Atheismus zu diskutieren - auch 'Schmerz', 'blau' und 'siebzehn' (und 'Sinn' ) sind nicht real - trotzdem sind es durchaus sinnvolle Begriffe...

() shouqici
Um sanft, tolerant, weise und vernünftig zu sein,
bedarf es einer nicht geringen Portion von Härte.


[Peter Ustinov]

Benutzeravatar

Georg28
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 28
Beiträge: 98

Beitrag Di., 24.01.2012, 23:30

Der Punkt ist dass man unfalsifizierbare Behauptungen einfach nicht glauben sollte. Punkt. Die Diskussion geht eigentlich nur um die Frage warum Leute solche Behauptungen dann doch für gerechtfertigt bzw. für glaub-würdig halten.

Und ich verstehe dich wiederum nicht. Was meinst du mit "wie weit diese Realität reicht"? Wie weit soll das was ist reichen? Was ist das ist und was nicht ist das ist nicht. Ich versteh dich da nicht.
Erfahrungsgemäß wird in diesem Zusammenhang "offen" von Leuten verwendet um etwas nicht zu rechtfertigendes zu rechtfertigen. Wobei ich wie gesagt nicht verstehe was du für eine Dimension meinst in der du "offen" bist.

Natürlich haben wir abstrahierende Begriffe die versuchen die Realität zu umschreiben. Aber was hat das mit dem was ist zu tun?
"..wenn man immer nur tut, was man schon kann, wird man immer bleiben, was man schon ist!"
(geklaut von Geistlein)

Benutzeravatar

Blaubaum
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 79
Beiträge: 2355

Beitrag Di., 24.01.2012, 23:47

hmmm...ich hoffe, ich störe Euch nicht, liebe mitposter...räusper....ich behaupte, schmerz ist relativ, aber real (wenn er vorhanden ist, und er ist vorhanden, wenn er wahrgenommen wird), blau ist eine bestimmte schwingungsbreite des lichts und auch dann und dort so, wie sie ist, wenn sie NICHT von irgendjemandem wahrgenommen wird, und siebzehn ist sowas von absolut und doch nichts als eine relation und dabei natürlich in keiner weise vorhanden, es sei denn eben als relation. alles in allem: das einzig absolute liegt im relativen, während alles relative als solches absolut ist.
insoweit wäre gott schmerz, oder freude, ein gefühl. nichts weiter. und gefühle sind meines wissens real vorhanden. sogar messbar. digital. schwarz/weiss. ist/ist nicht. der eine hat (einen) gott, der andere nicht. gefühl.
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag