Die Münchner Sicherheitskonferenz ist im Wesentlichen eine Lobbyveranstaltung der Rüstungsindustrie, kein Format, in dem eine Annäherung und Deeskalation überhaupt möglich sein kann. Trotzdem ist die Nicht-Teilnahme Russlands ein verheerendes Signal in Hinblick auf dessen Gesprächsbereitschaft.
Was die gefühlt mit jedem Tag schriller werdenden neuen Warnungen der USA angeht, habe ich jetzt zwei Analysen gelesen, die mich gleichermaßen beruhigen und beunruhigen.
Einmal hier:
https://www.rnd.de/politik/ukraine-konf ... IFOWE.html
Hier argumentieren Historiker:innen, dass die von Russland aufgebaute Drohkulisse nicht auf ein Interesse an einem tatsächlichen Einmarsch hindeutet, da dieser die Ukraine durch so eine lange Vorwarnzeit nicht unvorbereitet treffen würde. Wenn ich die Annexion der Krim richtig in Erinnerung habe, geschah diese auch mehr oder weniger über Nacht, was auch mehr Sinn ergibt, als das über Monate hinweg öffentlich mehr oder weniger anzukündigen.
Dann hier eine Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik:
https://www.swp-berlin.org/10.18449/2022A11/
in der es unter anderem heißt:
Es klingt für mich als militärische Laie zunächst auch logisch, dass die russische Truppenstärke für eine Invasion der Ukraine mit Ziel Kiew (wie Biden heute wieder behauptete) einfach nicht ausreicht. Wohl aber für eine Intervention im Donbas und angesichts der sich überschlagenden Meldungen zu Kampfhandlungen zwischen Separatisten und ukrainischer Armee finde ich das noch viel bedrohlicher, weil realistischer.Moskau unterstellt, Kiew wolle den Konflikt gewaltsam lösen. In diesem Fall wäre Russland mit den derzeit verfügbaren Kräften in der Lage, die prorussischen Rebellen im Donbas zu unterstützen, aber nicht, die ukrainische Armee mit einem großangelegten Angriff zu zerschlagen. Dazu wären erhebliche Verstärkungen nötig, die per Bahn aus Zentralrussland herangeführt werden müssten. [...]
Ein großangelegter Angriff Moskaus auf die Ukraine wäre trotz der deutlichen russischen Luftüberlegenheit mit hohen militärischen und politischen Risiken verbunden. Nach acht Kriegsjahren ist der nationale Selbstbehauptungswille der Ukrainer gewachsen, zumal die russlandaffinen Teile der Bevölkerung überwiegend auf der Krim und im Donbas leben. Die ukrainischen Streitkräfte sind kampferfahren und moralisch gefestigter als 2014. Der Kreml müsste daher mit hochintensiven Gefechten, Guerillaoperationen und großen Verlusten rechnen. Die Frage nach der politischen Verantwortung für einen Krieg unter »Brudervölkern« birgt innenpolitische Sprengkraft.
Ich hab keinerlei Überblick über den Krieg in der Ukraine, damit kenne ich mich gar nicht aus. Auf mich wirkt es wie ein Pulverfass, wo nur noch ein Funken genügt, um alles in Brand zu setzen. Separatisten und ukrainische Armee bezichtigen sich gegenseitig der Angriffe, westliche Medien übernehmen die Narrative der Ukraine, russische Medien die der Separatisten. Müsste dort nicht eigentlich auch die OSZE vor Ort sein, dass man wenigstens eine neutrale Instanz hat, deren Angaben vielleicht etwas glaubwürdiger sind als die der Kriegsparteien?