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Do., 24.08.2017, 21:19
Widow:
Ich bin mir nicht sicher, ob man da nicht differenzieren sollte: Solange jemand auf einen anderen User direkt Bezug nimmt, sehe ich da erst mal keine "Diskursmacht", sondern ggf. Verletzungen, mangelnde Sensibilität usw. Aber derjenige ist dadurch, dass er sagt: "Ich denke, du solltest...", ja nicht mächtig - woher sollte der diese Macht haben?
Anders sehe ich das, wenn es kippt - allerdings geschieht das in beide Richtungen; es kommen immer mal Diskussionsvoyeure vorbei, denen es nicht um das Thema geht, sondern um andere Befriedigungen. Auch die haben ja keine Macht, aber natürlich spekulieren sie darauf, mit möglichst geringem Einsatz zu provozieren. Das ist derselbe Effekt wie die Spirale aus: "Ich finde A doof", "ja, genau, ich auch" - weil dann der (falsche) Eindruck entsteht, eine Meinung würde richtiger oder bedeutsamer oder machtvoller, wenn sie von zwei Leuten geteilt wird; dies ist NICHT der Fall, denn es handelt sich noch immer um EINE Meinung. Bestimmt fühlen sich Diskussionsvoyeure mächtig; davon gehe ich aus (worin bestünde ansonsten die Befriedigung?). Aber nur weil sich jemand mächtig FÜHLT, IST er das ja noch lange nicht. Erst in dem Moment, in dem ich "regrediere" und die erwachsene Haltung verlasse, indem ich sage: "Ich kann mich nicht wehren und ziehe mich zurück", gehe ich, sozusagen, einen Deal mit demjenigen ein, von dem ich mich provoziert fühle: Ich verleihe ihm Macht, und meine eigene Befriedigung besteht darin, mich als Opfer fühlen zu können, mit den entsprechenden Gratifikationen. Dann ist die Spaltung perfekt.
Vermutlich besteht die Lösung darin, dass jeder selbst schaut, sich möglichst inhaltlich zu beteiligen und pragmatische Implikationen zu ignorieren. Mag sein, dass man dafür eine gewisse Stärke aufweisen muss, aber diese Entwicklung kann einem niemand abnehmen, fürchte ich. Ich finde es auch manchmal schwierig, festzustellen: Aus der Schwäche heraus kann kein Wachstum entstehen.