Liebt mich mein Analytiker oder ist es nur Einbildung?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Lockenkopf
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:32

MariJane hat geschrieben:
Ich finde das nicht zutreffend. Die Rollenverteilung ist klar, während du in funktionierenden Freundschaften nicht in eine Rolle gedrängt wirst. Da bist du mal hilfsbedürftig, brauchst nen Tritt in den Allerwertesten etc. und ein paar Tage später, schüttet dir der Freund sein Herz aus, muss aufgerüttelt werden. In einer Therapiebeziehung ist klar, wer hier wem das Herz ausschütten sollte. Wenn du das jetzt auf das Konzept Liebe überträgst, kommst du auch dahin, dass Liebe in der Therapie auch eher schwierig zu realisieren ist... Zumindest, wenn man meinen Begriff von Liebe hat: Absolute Gleichheit der Partner, die Liebe erst ermöglicht. Aber gut, das ist mein Konzept. Aber genau deshalb würde ich nie auf die Idee kommen, von Freundschaft oder Liebe zum Therapeuten zu reden. Dafür fehlt mir viel zu viel. Und ich finde persönlich auch Therapeuten komisch, die solch ein Konzept haben, davon ausgehen, dass sich Liebe/ Freundschaft zum Klienten einstellt. Weil die inhärente Ungleichheit in der Therapiebeziehung das meines Erachtens nach verhindert.
Liebe Jane, es geht hier nicht um Deine Definition der Therapeutischen Beziehung.

Es geht hier um die Gefühle den Th. für seinen Pat. aus therapeutischer Sicht. Einige Th. definieren diese eine Art Liebe.
Und ich habe dieses Thema erweitert um die Therapeutische Beziehung aus Th. Sicht. Yalom definiert diese als Freundschaft.

Es geht hier also ausschließlich um die Definitionen des Th. Und diese kannst Du einem Th. wohl kaum absprechen.

Du kannst deine eigenen Definitionen aufstellen, welche für Dich richtig sind. Das sind dann deine Definitionen, aber nicht die der Th.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Lockenkopf
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:39

isabe hat geschrieben:Wenn es sich um eine allgemeingültige Frage gehandelt hätte, hätte sie auch anders lauten müssen. Das ist ja das "Schöne" an den Liebessehnsüchten in Bezug auf den Analytiker: Sobald es konkret wird, kann man jederzeit sagen, man hätte ja nur eine "allgemeine" Form der Liebe gemeint; das ist dann jedoch eine Haltung und ein bestimmtes Menschenbild und hat mit den Gefühlen und dem Begehren einem bestimmten Menschen gegenüber gar nichts zu tun.

Natürlich kann man sagen, dass ein Therapeut seine (im Plural!) Patienten liebt. Warum auch nicht. Ist dann aber so beliebig, dass es mit der Liebe, die der Patient meint, nicht mehr viel gemein hat; man stellt sich das aber so vor; immerhin heißt es ja "Liebe".

Kann man alles machen; das Problem ist nur, dass man sich dabei etwas vormacht. Viele Patienten sehnen sich nach dieser Liebe - aus den unterschiedlichsten Gründen. Diesen Gründen kommt man aber nicht nahe, wenn man sich auf Gemeinplätze zurückzieht. Es sieht dann irgendwie "schön und stimmig" aus, aber wenn der Betroffene ehrlich zu sich ist, würde er die Lücke zwischen "therapeutischer Liebe" und "ersehnter Liebe" rasch bemerken. Und das ist sehr schmerzhaft. Also lieber nicht hingucken.
Es geht hier doch garnicht um das, was der Th. dem Pat. gegenüber äußert. Sondern darüber wie der Th. seine Gefühle empfindet und benennt. Und diese Gefühle und dessen Benennung teilt er dem Pat. nicht mit, sie kommen nur in de Beziehung zum Tragen, als Gefühl, mehr nicht.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Lockenkopf
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:43

Ich habe den Eindruck, das hier viele Leute nicht zwischen den eigenen Gefühlen und ihrer Definition und den Gefühlen des Gegenübers und seiner Definition unterscheiden können.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am Fr., 03.02.2017, 00:04, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf


MariJane
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:47

Ich kann allerdings auch sagen, dass ich mit jemandem, der mir etwas von Freundschaft erzählen würde, nicht arbeiten wollen würde. Bei Sympathie würde ich das vielleicht diskutieren wollen, aber wenn du verfolgst, was ich dazu noch geschrieben habe, wird klar, wie ich solche Therapeuten empfinde und das ich das für nicht nachvollziehbar halte. Ich möchte niemanden, der eine Helfersymptomatik oder ähnliches hat, wenn ich in Therapie gehe. Ich will eine gesunde Beziehung. Wenn er Menschen allgemein liebt, passt es ja irgendwie; aber ich definiere das nicht als Liebe sonder als Mitmenschlichkeit, wobei mir die Begrifflichkeit egal wäre. Freundschaft ist aber definitiv was anderes. Du bist einfach nicht mit jedem befreudet, während du vielleicht wirklich Menschen im allgemeinen lieben kannst.

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MariJane
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:49

Um mal den Bogen zur Threaderstellerin zu schlagen: Ihr Therapeut hat allgemein viel über sexuelles Begehren gesprochen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Auch das fühle ich ganz sicher nicht für jeden. Und dementsprechend wäre mir(!) die Beziehung zu unprofessionell, zu undistanziert...

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Lockenkopf
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:53

MariJane hat geschrieben:Ich kann allerdings auch sagen, dass ich mit jemandem, der mir etwas von Freundschaft erzählen würde, nicht arbeiten wollen würde. Bei Sympathie würde ich das vielleicht diskutieren wollen, aber wenn du verfolgst, was ich dazu noch geschrieben habe, wird klar, wie ich solche Therapeuten empfinde und das ich das für nicht nachvollziehbar halte. Ich möchte niemanden, der eine Helfersymptomatik oder ähnliches hat, wenn ich in Therapie gehe. Ich will eine gesunde Beziehung. Wenn er Menschen allgemein liebt, passt es ja irgendwie; aber ich definiere das nicht als Liebe sonder als Mitmenschlichkeit, wobei mir die Begrifflichkeit egal wäre. Freundschaft ist aber definitiv was anderes. Du bist einfach nicht mit jedem befreudet, während du vielleicht wirklich Menschen im allgemeinen lieben kannst.
Sag mal, stehst Du eigentlich auf der Leitung?
Wie oft soll ich noch wiederholen, das Th. ihre Gefühle dem Pat. nicht mitteilen und auch ihre Definition der Beziehung teilen sie nicht mit. Wenn Dich interessiert, wie sie all dies empfinden muss Du Fachliteratur lesen.

Warum sie das nicht mitteilen, läßt sich hier bestens erkennen. Es wird grundsätzlich mißverstanden.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am Do., 02.02.2017, 23:54, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf


isabe
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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:54

MariJane:
Ich glaube nicht mal, dass der Superheldtherapeut alle Menschen gleichermaßen liebt, als Privatmensch schon gar nicht. Dass aber in einer Therapie schon "liebevolle Gefühle" entstehen (sollten), dass das aber wiederum bedeutet, dass nicht jeder mit jedem auf so einer Ebene arbeiten kann. Man tut ja mehr gemeinsam, als eine Steuererklärung zu machen, und da muss man einander schon berühren können und sich auf den Anderen einlassen können, was nur funktioniert, wenn die "Arme" offen sind - und das funktioniert nicht auf Knopfdruck jedem Menschen gegenüber.

Aber trotzdem ist es ein Beruf und nichts Privates.

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Beitrag Do., 02.02.2017, 23:58

MariJane hat geschrieben:Um mal den Bogen zur Threaderstellerin zu schlagen: Ihr Therapeut hat allgemein viel über sexuelles Begehren gesprochen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Auch das fühle ich ganz sicher nicht für jeden. Und dementsprechend wäre mir(!) die Beziehung zu unprofessionell, zu undistanziert...
Die TE ist psychologisch gebildet. Sie kann, im Gegensatz zu Dir, mit der freudianischen Bedeutung des Wortes Libido umgehen.
Dir gegenüber würde wahrscheinlich kein Psychotherapeut dieses Wort benutzen.
Zuletzt geändert von Lockenkopf am Fr., 03.02.2017, 00:02, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
Lockenkopf


isabe
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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:02

So, jetzt komm mal bitte wieder runter, Lockenkopf, bevor du völlig abhebst... Du bist ein Physiotherapeut und hast von Psychoanalyse nicht mehr Ahnung als alle anderen hier - und insofern auch nicht die Definitionshoheit über das Vokabular.


mio
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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:05

MariJane hat geschrieben:Ihr Therapeut hat allgemein viel über sexuelles Begehren gesprochen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Auch das fühle ich ganz sicher nicht für jeden.
Es kam ja auch nicht auf den Tisch weil die TE es für JEDEN fühlt, sondern weil sie ein Problem mit ihrem Ex hatte diesbezüglich. Dadurch kam das Thema doch überhaupt in den Therapieraum. Es gibt also einen klaren Kontext der etwas mit der TE und mit dem Thema der TE zu tun hat.

Der Therapeut hat sich ja nicht hingesetzt und gesagt: So, wir müssen jetzt mal ihr Begehren wecken für mich damit sie heil werden können...

Dass er es vielleicht dennoch geweckt hat, weil er sich "solidarisch" mit ihr gezeigt hat ist ja was ganz anderes. Diese "Solidarität" braucht jede gute Therapie ein Stück weit. Ebenso wie kritisches Hinterfragen ala "Was würden Sie fühlen wenn...". Da ist nichts "unprofessionelles" bei erst mal.

Also ich kann jede Äußerung die von der TE diesbezüglich kam klar einordnen in den therapeutischen Kontext und sehe da nichts "ungewöhnliches" oder "missbräuchliches".


MariJane
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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:15

Lockenkopf hat geschrieben:
MariJane hat geschrieben:
Sag mal, stehst Du eigentlich auf der Leitung?
Wie oft soll ich noch wiederholen, das Th. ihre Gefühle dem Pat. nicht mitteilen und auch ihre Definition der Beziehung teilen sie nicht mit. Wenn Dich interessiert, wie sie all dies empfinden muss Du Fachliteratur lesen.

Warum sie das nicht mitteilen, läßt sich hier bestens erkennen. Es wird grundsätzlich mißverstanden.
Wo bitte steh ich denn auf der Leitung? Weil ich es nicht so sehe wie du? Weil ich für mich in Anspruch nehme, dass ich ein klares Konzept von Freundschaft habe, was sich nicht mit einer Therapiebeziehung verträgt?

Im "Wörterbuch der Soziologie" wird Freundschaft von Hillmann beschrieben als:
"...soziologisch schillernder Begriff für eine besonders persönlich gefärbte Form direkter sozialer Beziehungen, die - ohne spezifische Rollenverpflichtung - freiwillig und auf längere, nicht fixierte Dauer eingegangen wird."

Das heißt nicht, dass das für alle Therapeuten gilt, aber da ich einige kennengelernt habe, kann ich für mich sagen, dass wohl ein guter Therapeut das ganze als Arbeitsbeziehung sieht. Zumindest ein Therapeut, der nach meinen Maßstäben gut ist. Das schließt Mitgefühl usw. ganz sicher nicht aus, aber das ist einfach Berufsverständnis, vielleicht auch einfach Lebenseinstellung, letztlich ist mir das egal. Aber es ist und bleibt eine professionelle Beziehung.


MariJane
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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:23

Lockenkopf hat geschrieben:
MariJane hat geschrieben:Um mal den Bogen zur Threaderstellerin zu schlagen: Ihr Therapeut hat allgemein viel über sexuelles Begehren gesprochen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Auch das fühle ich ganz sicher nicht für jeden. Und dementsprechend wäre mir(!) die Beziehung zu unprofessionell, zu undistanziert...
Die TE ist psychologisch gebildet. Sie kann, im Gegensatz zu Dir, mit der freudianischen Bedeutung des Wortes Libido umgehen.
Dir gegenüber würde wahrscheinlich kein Psychotherapeut dieses Wort benutzen.
Echt? Du kennst mich. Nein, ich erzähl dir jetzt nicht, was ich studiert habe und wie mein Background gelagert ist.


MariJane
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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:26

@ mio: Der Therapeut zweifelt weiterhin allerdings auch an, dass die Beziehungen zu männlichen Freunden nicht sexuell gefärbt sind. Er scheint da durchaus sein Thema zu haben.


isabe
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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:28

Das Schlüsselwort lautete ja hier im Thread "Übertragungsliebe / real", wenn ich nicht irre. Und darin genau liegt das große Problem, das sich nicht lösen lässt, indem man es an irgendeinem Punkt durch "Nächstenliebe" ersetzt, damit es harmloser klingt...

Und ein Psychologiestudent weiß nicht zwingend mehr über Psychoanalyse als Studenten oder Absolventen anderer Disziplinen, bei denen die PA explizit, wenn auch interdisziplinär, behandelt wird. Ein Psychologiestudent ist kein Psychoanalytiker. So wie ein Literaturstudent kein Schriftsteller ist und ein Medizinstudent kein Herzchirurg.

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Beitrag Fr., 03.02.2017, 00:35

Liebe MariJane

du darfst für dich Freundschaft definieren , therapeutische Beziehung oder was auch immer. Das steht Dir zu.

Ein Th. darf das selbe. Er darf ausdrücken, welche Gefühle er gegenüber seinen Pat. hat. Er darf die Therapeutische Beziehung definieren. Und um ihre Pat. nicht zu verwirren, teilen Th. all dies ihren Pat. nicht mit.
Zu finden ist dies aber in, ausschließlich für andere Th. geschriebenen, Büchern.

Es geht hier um die Gefühle von Th. und um die th. Beziehung, wie sie Th. definieren.
Und da ich nun mal auch therapiere, kann ich da durchaus ein bisschen mitreden. Ich bin HP (Physiotherapie).

Und Ja, es ist eine Arbeitsbeziehung, trotzdem empfinde ich eine Art "Liebe" für viele meiner Pat. Und das deckt sich offensichtlich mit freudianischen Th.
Yalom empfindet die th. Arbeitsbeziehung als Freundschaft, nachzulesen in seinem Buch "Der Panamahut oder Was einen guten Therapeuten ausmacht".
Liebe Grüße
Lockenkopf

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