Diagnosen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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lamedia
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Beitrag Di., 06.10.2015, 16:05

Liebe ziegenkind, ich glaube auch manchmal, in anderen etwas wichtiges wahrzunehmen oder zu erkennen und es ihnen auch sagen zu müssen, damit sie selbst weiterkommen und es auch endlich (ein-)sehen, aber dann habe ich gelernt, dass meine Perspektive tatsächlich auch komplett falsch sein kann, oder dass das Problematische, was ich bei anderen sehe, für die anderen gar nicht problematisch ist - oder dass selbst wenn ich auf etwas gestoßen bin, was irgendwie "trifft", mein Kommentar dazu gar nicht erwünscht war.
Umgekehrt ist es so, dass ich so persönliche Kommentare dazu wie ich "bin" (sieh das doch endlich!) eigentlich noch nicht mal von Therapeuten gern höre, weil mir das, was ich "bin" irgendwie heilig ist, sei es auch noch so gestört. Daraus entwickelt sich doch alles. Die ganzen Macken und auch das Gute.

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ziegenkind
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Beitrag Di., 06.10.2015, 16:10

ja, lamedia, haste recht und kann ich verstehen. ich belasse es bei dem kommentar, niemand außer lb hat gesagt, ohne trauma alles super und spar mit spekulationen über das warum.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


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leberblümchen
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Beitrag Di., 06.10.2015, 16:11

lamedia, stimmt. Sicher muss da unterschieden werden. Vielleicht ist es aber so, dass psychische Diagnosen dann tatsächlich sinnvoll sind, wenn sie von körperlichen Diagnosen oder von absichtlich unangemessenem Verhalten abgegrenzt werden können (der "ungezogene" Junge)? Wobei es dann ggf. weniger die eigentliche Diagnose ist, sondern eher die Tatsache, dass es sich überhaupt um eine psychische Ekrankung handelt, was wichtig ist?

Da passt dann auch das Beispiel mit der Angsterkrankung, die man von einer Herzkrankheit sinnvollerweise unterscheiden sollte. Natürlich ist es auch sinnvoll, dem Alkoholiker nicht täglich zu sagen, er solle doch bitte weniger trinken und so weiter. Ich würde jetzt auch nicht so weit gehen zu behaupten, man dürfe dem Alkoholiker nicht sagen, dass er Alkoholiker ist...

Ich denke, das, was ich meine, ist eher so eine tiefenpsychologische Zuschreibung. Was ja noch mal was anderes ist als "der Patient hat Angst" oder "er ist Alkoholiker" oder "er hat ein Trauma erlitten". Da geht es dann ja noch weiter, "tiefer", in die - wenn man sich das so vorstellen mag - verschiedenen "Schichten" der Seele, also um Abwehrmechanismen, um das Strukturniveau, um Täterintrojekte - kurz: um alles, was niemand so gerne von sich hören mag... Es GIBT nun aber Diagnosen, in denen von den Täteranteilen nicht gesprochen wird (als gäbe es diese nicht - und vielleicht ist das gelegentlich sogar so?), während bei anderen Diagnosen das Tätersein selbst dann mitschwingt, wenn es gar nicht explizit genannt wird. Einfach, weil bei bestimmten Diagnosen bestimmte negative Verhaltensweisen mitgedacht werden.

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lamedia
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Beitrag Di., 06.10.2015, 16:25

Hm ja, auf dieser Ebene.... Ich erinnere mich an ein tiefempfundenes Mißbehagen bei der Lektüre von Kernberg - so viele negative Attributierungen und so viel Antipathie, wie er gegenüber "Borderline" ausdrückte. Als ob der Patient ein wilder Löwe wäre, den es zu domptieren gelte, und selbst, wenn das gelungen ist, bleibt er doch ein pain in the ass...Dass Kernberg auch noch als die Persönlichkeitsstörungs-Koryphäe gilt, das hat ganz subjektiv mein Vertrauen in Psychoanalytiker noch weiter grundlegend erschüttert, es hat mich fast paranoid gemacht. (BIn ich Borderline, Narzisst, bin ich auch so "doof"?) Andererseits gibt es ja auch ganz andere Herangehensweisen an diesen Diagnose, sehr viel pragmatischere, liebevollere. Und auch Psychoanalytiker, die Kernberg ablehnen.
Und umgekehrt fühle ich mich mit einer "simplen Angststörung", wo Strukturniveau und Schuld- und Sühnefragen ganz egal sind, auch in der Verhaltenstherapie manchmal wie ein lästiges Insekt, das endlich seine Lektionen zu lernen hat und nicht ständig mit Erinnerungen und neuen Krisen ankommen soll. Also, es bleibt entweder immer ein Rest, der nicht verstanden wird (VT) oder eine Kränkung, gegen die man sich nicht wehren kann (Kernberg-Jünger), weil man nicht an den Schaltkreisen sitzt, wo man auf Augenhöhe mitdiskutieren kann.

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montagne
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Beitrag Di., 06.10.2015, 16:39

lamedia hat geschrieben:Liebe montagne, ich bin ganz bei dir und vertrete keine andere Meinung als du und ich finde es schrecklich, was vor Ort passiert und wie die Versorgung ist. Das Wort "legitim" ist doof gewählt worden, das war aber ironisch gemeint, weil die Bundeswehr eine Imagekampagne gestartet hat. Ich weiß, dass viele Soldaten insbesondere in den ersten Jahren ohne Behandlung blieben und dass die heutige Idee, wir schicken die Kollegen, die Schlimmes erlebt und seitdem Alpträume haben eine Runde durch ein mustergültiges EMDR-Programm naiv ist, vor allem, weil es ums Weiter-Funktionieren geht und sich Traumata auch kumulieren können, bis hin zur Zerstörung der Person. Wenn du noch Fragen hast, gern per PMq
So sehe ich das auch. Hatte deinen anderen Beitrag dazu aber schon ganz anders verstanden. (Find ich einerseits nicht arg schlimm, wenn da jemand ne andere Meinung zu hat, andererseits bin ich eben selbst betroffen und möchte mich auch einfach -ganz subjektiv- dazu äußern und über meine Erfahrungen sprachen. hat jetzt nix damit zu tun, dass ich dich angreifen will.)
Ich denke halt einfach, ja Imagekampagne der Bundeswehr, klar die muss ja sein, jetzt wo die Wehrpflicht abgeschafft ist und gleichzeitig Deutschland mehr militärisch (und eben weniger zivil, wie noch zu meiner Zeit) in Krisengebiete reingeht.

Denke aber, dass es institutionell-systemisch bedingt ist, dass psychische Krankheit (wie auch anderwo) nicht sein darf. Es geht einfach nicht. Und man macht es an Diagnosen fest. Man lügt sich in die Tasche, bezüglich der eigenen psychischen Verfassung, als auch der der Mitarbeiter. Wer keine Diagnose hat, wer nicht zu nem richtigen Therapeuten geht, ist psychisch nicht krank.
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stern
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Beitrag Di., 06.10.2015, 17:28

leberblümchen hat geschrieben:Das heißt nicht, dass die Leute damit glücklich sind; sie können es sich nur nicht leisten (im wahrsten Wortsinn), sich damit aus der Bahn werfen zu lassen.
Montagne hatte es auch erwähnt, wenn auch in etwas anderem Kontext... und ich hatte es auch im Hinterkopf: Stichwort: Kriegstraumatisierung. Meine (eine) Oma konnte es sich sicherlich auch nicht leisten, kriegstraumatisiert zu sein... und doch würde ich aus heutiger Perspektive sagen, sie war es.
Noch mal: Es geht nicht darum zu propagieren, dass wir uns hier alle mal zusammenreißen müssen, sondern nur darum, dass Bezeichnungen nichts Natürliches sind, sondern dass sie einen Sinn haben. Es geht um die Bezeichnungen, nicht um das Erleben selbst.
Also Kind hat ich dafür auch nicht die Kategorie "traumatisches Kriegsereignis", vermutlich auch sie selbst nicht und vermutlich auch meine Vater nicht. Für mich war sie halt so, wie sie war. Es war vermutlich sogar eher "normal" für die Menschen/Generation, die bestimmte Dinge erlebte... und sich hat es sich auch nicht leisten können, sich aus der Bahn werfen zu lassen. Es ändert aber recht wenig an der Traumatisierung als solcher, um nicht zu sagen (erwähnte ich ja auch schon): Man sieht es heute sogar, dass Traumata (in irgendeiner Form) an die nächste(n) Generationen weitergegeben werden können.
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stern
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Beitrag Di., 06.10.2015, 17:42

Mia Wallace hat geschrieben:Diagnosen werden dem ganzen Menschen oft nicht gerecht, insbesondere die (absichtlich) unscharfen und teils schlecht voneinander abgrenzbaren Psychodiagnosen.
Sie sollen (meines Verständnisses nach) auch nicht dem ganzen Menschen gerecht werden (indem sie ihn beschreiben). Sondern sie sollen lediglich eine Störung/Erkrankung benennen (und diese charakterisieren. Wenn das nur unscharf möglich ist, so wird das häufig beklagt, verständlich).
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candle.
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Beitrag Di., 06.10.2015, 17:57

Jenny Doe hat geschrieben: Wenn ich rausgehe und Herzrasen verspüren, Schweißausbrüche bekomme, Gangunsicherheit versprüre, Atemnot bekomme, ... dann sage ich "ich habe Angst" und nicht, "ich habe Herzrasen, Schweißausbrüche, Atemnot, Gangunsicherheit", .... D.h. auch Körperreaktionen werden zu Gefühle kategorisiert, nur ist uns das meist nicht bewusst. Wir wären gar nicht in der Lage zu sagen "ich bin traurig", "ich habe Angst", wenn wir nicht etwas spüren würden, was zusammengefasst die Gefühle "Angst", "Trauer" ausmacht. Gefühle wie Angst, Trauer, ... sind demnach eigentlich auch nichts anderes als "Diagnosen". Man fasst das Beobachtbare/Wahrnehmbare zusammen und gibt dieser Symptomgruppierung einen Namen, eine "Diagnose", der "Kategoriebezeichnung".
Jenny, darüber habe ich auch nachgedacht. Ich habe das jetzt auch mal als Symptome verbucht, weil das ja noch gar kein Blick auf Gefühle zuläßt. Die sind dann ja in gewisser Weise überlagert.

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candle.
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Beitrag Di., 06.10.2015, 18:25

stern hat geschrieben: Also Kind hat ich dafür auch nicht die Kategorie "traumatisches Kriegsereignis", vermutlich auch sie selbst nicht und vermutlich auch meine Vater nicht. Für mich war sie halt so, wie sie war. Es war vermutlich sogar eher "normal" für die Menschen/Generation, die bestimmte Dinge erlebte... und sich hat es sich auch nicht leisten können, sich aus der Bahn werfen zu lassen. Es ändert aber recht wenig an der Traumatisierung als solcher, um nicht zu sagen (erwähnte ich ja auch schon): Man sieht es heute sogar, dass Traumata (in irgendeiner Form) an die nächste(n) Generationen weitergegeben werden können.
Wie erkennst du was genau an die nächste Generation weitergegeben wird?

Abgesehen davon habe ich so eine Idee, dass ein Traum im Kollektiv vielleicht einfacher zu verarbeiten ist als wenn man allein davor steht. Natürlich kann ich das nicht für jeden sagen!

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stern
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Beitrag Di., 06.10.2015, 18:43

candle. hat geschrieben:Wie erkennst du was genau an die nächste Generation weitergegeben wird?
Das kann ich (für andere) natürlich nicht beurteilen... aber man sieht es so, dass manches, das nicht an der eigenen Haut erlebt wurde, weitergegeben werden kann. Ich müsste mich damit selbst zunächst näher befassen, was der Stand ist:
Transgenerationale Traumatisierung
Jede Generation gibt der nächsten emotionale Erfahrungen auf verschiedenen Wegen weiter – die positiven wie die negativen. Auch traumatische Erfahrungen aus Krieg und anderen Gewaltzusammenhängen sind mit der sie direkt erlebenden Generation noch lange nicht ausgestanden.
http://www.junfermann.de/titel-1-1/tran ... ung-10046/
Wenn auch eine unmittelbare Traumatisierung der nachfolgende Generation in Erwägung ziehen ist, ist das vermutlich noch wenige gut abgrenzbar. Ich weiß nur, dass gewissen Weitergaben möglich sein sollen... auch Freud hatte dazu wohl schon Überlegungen. Er nannte das Gefühlserbschaft.

Und man braucht ja auch nur ins Forum zu schauen, dass es sich nachteilig auf die eigene Entwicklung auswirken kann, wenn die Eltern einen psychischen Knacks habe... warum sollte das ausgerechnet bei Traumata anders sein. Wenn zum Bleistift ein Mutter bei jedem Pups hysterisch wird, dass das Kind krank sein könnte, kann das Kind evtl. eigene Krankheitsängste herausbilden (zwingend ist das natürlich nicht)... oder wenn ein Mutter bagatellisiert ("stell' dich nicht so an), so übernimmt ein Kind evtl. das als eigene Bewertung bei eigenem Unbehagen.
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candle.
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Beitrag Di., 06.10.2015, 18:47

Dass das möglich ist, weiß ich und habe auch schon dazu gelesen. Ich hätte das jetzt im Vergleich interessant gefunden was man da für Züge, die sich durch die Generationen arbeiten, rauslesen kann. Ich habe die praktische Möglichkeit leider nicht.

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.10.2015, 19:00

@ Stern
Wenn zum Bleistift ein Mutter bei jedem Pups hysterisch wird, dass das Kind krank sein könnte, kann das Kind evtl. eigene Krankheitsängste herausbilden
Das geht wohl noch weiter, bis in die DNA. Traumatsierungen sollen eine DNA-Schädigung zur Folge haben, die weitervererbt werden kann

Psychotherapie gegen Trauma-bedingte DNA-Schäden
03.11.2014
http://www.juraforum.de/wissenschaft/ps ... den-496959
Wissenschaftler der Universitäten Ulm und Konstanz konnten in einer Studie nachweisen, dass traumatische Erlebnisse DNA-Schäden in Immunzellen auslösen. Zugleich gelang es den Psychologen und Molekularbiologen erstmals zu zeigen, dass sich durch geeignete Psychotherapie nicht nur die psychischen Symptome von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) lindern lassen, sondern auch das Ausmaß der DNA-Schädigung deutlich reduziert werden kann.
(...)
Gehirn von Opfern nach Missbrauch verändert
http://www.welt.de/wissenschaft/article ... ndert.html
(...)
Hirnforschung Missbrauch Opfer Veränderungen DNA Vererbung
Die Veränderungen lagen nach Angaben der Psychiaterin nicht in den Genen selbst, sondern in den Regionen der DNA, in denen die Genaktivität geregelt wird. „Diese Veränderungen können auch an Nachkommen weitergegeben werden, so dass möglicherweise die Auswirkungen von Vernachlässigung und Missbrauch an die nachfolgende Generation weitergegeben werden können“, sagt Roth-Sackenheim.
(...)
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.10.2015, 19:21

@ leberblümchen
Vielleicht ist es aber so, dass psychische Diagnosen dann tatsächlich sinnvoll sind, wenn sie von körperlichen Diagnosen oder von absichtlich unangemessenem Verhalten abgegrenzt werden können (der "ungezogene" Junge)? Wobei es dann ggf. weniger die eigentliche Diagnose ist, sondern eher die Tatsache, dass es sich überhaupt um eine psychische Ekrankung handelt, was wichtig ist?
Also ich kann nur sagen, um noch mal auf das Thema Erleicherung zurückzukommen, ja. Es hat mich wahnsinnig erleichtert zu erfahren, dass ich "nur" Angst habe und keine tötliche Herzerkrankung, dass ich mich also noch nicht darum kümmern muss, dass meine Teddys nach meinem Tod versorgt sind
Und ja, es war auch die Diagnose Angst an sich, die mich erleichtert hat, da Angst etwas ist, was gut und schnell behandelbar ist. Sogesehen habe ich mich über die Diagnose gefreut. Aber ich habe mich weder mit ihr identifiziert noch mich in dieser häuslich eingerichtet. Durch die Diagnose wurde es mir möglich, an meinem Problem zu arbeiten, was mir vor der Diagnose nicht möglich war, da ich davon überzeugt war, todkrank zu sein, ein Herzleiden zu haben.
Du siehst, Diagnosen haben viele Gesichter.

(Um Verwirrungen vorzubeugen, da ich oben schrieb, dass ich keine Angstproblematik habe, sondern ein Reizverarbeitungsproblem: Angst und Schwindel sind bei mir die Folgen der Reizüberflutung. Mir machte mein Herzrasen und mein Schwindel Angst, das/den ich verspürte, wenn ich zu vielen Reizen ausgesetzt bin).
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


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leberblümchen
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Beitrag Di., 06.10.2015, 19:35

Aber EIGENTLICH kannst du dann ja - und das wird vielleicht auch der Fall sein? - weitergucken, woher die Angst kommt. Borderliner haben auch Angst. Ich hab auch Angst. Dass ich Angst hab, wusste ich schon seit meinem dritten Geburtstag. Vor meiner Therapie hab ich zusammen mit einem Psychologen in einer Beratungsstelle eine Generalisierte Angststörung diagnostiziert. Was nicht schwer war. Tatsächlich ist dies nun die aktenkundige Diagnose. Was zweifellos zu den "netten" Diagnosen gehört. Und was der Therapeut mit den Worten: "Ich wusste schon, warum ich das schreibe" kommentiert hat - in einer Phase, in der er weniger freundlich gesinnt war.

Bzw. in deinem Fall würde mein erster Therapeut vermutlich nach der Ursache für die Reizproblematik suchen. Für ihn ist - fast - alles eine Beziehungsstörung
Zuletzt geändert von leberblümchen am Di., 06.10.2015, 19:49, insgesamt 1-mal geändert.


mio
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Beitrag Di., 06.10.2015, 19:38

Hallo zusammen,

ich würde gerne mal einen Buchtip hier lassen für alle, denen eine "Persönlichkeitsstörung/Frühstörung" diagnostiziert wurde und die meinen nicht "traumatisiert" zu sein:

... ein+wollte

Ich habe zwar keine diagnostizierte "Persönlichkeitsstörung/Frühstörung", sondern eine diagnostizierte "Traumafolgestörung" (ICD Kategorien), aber ich habe (recht plötzlich und unerklärlich) bei der Lektüre Rotz und Wasser geheult.

Gerade für all die, die aufgrund dessen eine "Psychoanalyse" machen, dürfte dieses Buch unter Umständen interessant sein, denn die Therapeutin ist Psychoanalytikerin und arbeitet mit Säuglingen und Kleinstkindern "psychoanalytisch". Mit großem Erfolg.

Zu meiner eigenen Meinung später vielleicht noch mehr, das ist mir gerade zu umfangreich für mein "Zeitkontingent" .

Lieben Gruss,

mio

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