Der Therapeut als Vaterfigur

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Griselda
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Beitrag So., 18.09.2022, 17:01

Natusik hat geschrieben: So., 18.09.2022, 16:50 Wo soll ich in meiner Umgebung so jemanden finden?
Die Eigenschaften, die du aufzählst können auch Freunde oder Arbeitskollegen leisten. Es muss auch nicht ein einziger Mensch sein, der das alles vereint. Du kannst es dir bei mehreren "holen".

Was mir da noch auffällt, der beschützende und bestimmende Aspekt fehlt völlig. Eltern sind normalerweise da um ihrem Kind zu zeigen wo es langgeht im Leben, es zu leiten und ihm in kritischen Situationen beizustehen indem sie die Oberhand übernehmen.
Das fehlt in deiner Aufzählung. Was du aufzählst, passt auf einen Partner.

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Sydney-b
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Beitrag So., 18.09.2022, 17:04

Du hast doch einen Ehemann, Kinder und Schwiegereltern.
Wahrscheinlich auch noch Freunde und Verwandte.

Gibst du all diese Eigenschaften eigentlich selber weiter?
An deinen Mann und die Kinder, an Freunde und Verwandte?


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Natusik
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Beitrag So., 18.09.2022, 17:23

Sydney-b hat geschrieben: So., 18.09.2022, 17:04
Gibst du all diese Eigenschaften eigentlich selber weiter?
An deinen Mann und die Kinder, an Freunde und Verwandte?
Na ein paar davon schon, aber bitte nicht vergessen: für die Kinder bin ich die Mutter, für den Ehemann die Ehefrau, für die Kollegen die Kollegin, für die Freunde die Freundin.
Was oder besser gesagt, WER mir in dieser Aufzählung fehlt, ist der VATER + ich als TOCHTER
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Griselda
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Beitrag So., 18.09.2022, 18:24

Natusik hat geschrieben: So., 18.09.2022, 17:23 Na ein paar davon schon, aber bitte nicht vergessen: für die Kinder bin ich die Mutter, für den Ehemann die Ehefrau, für die Kollegen die Kollegin, für die Freunde die Freundin.
Was oder besser gesagt, WER mir in dieser Aufzählung fehlt, ist der VATER + ich als TOCHTER
Vielleicht müsste es heißen "fehlte". Denn jetzt bist du erwachsen und die Bedürfnisse, die ein Vater befriedigte im Kindesalter sind im Erwachsenenalter nicht mehr so präsent. Die Beziehung zu den Eltern verändert sich ja. Und das was jetzt altersgerecht wäre in der Vater-Tochter-Beziehung, könntest du auch versuchen zu kompensieren durch andere Erwachsene in deinem Umfeld.

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kaja
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Beitrag So., 18.09.2022, 18:37

Der Therapeut, oder irgendjemand anderes, wird nie dein Vater sein.
Du hast einen Vater. Auch wenn er ein menschlicher Totalausfall ist, kannst du nicht ändern was er nun mal ist.

Jetzt bist du eine erwachsene Frau und nichts kann die Vergangenheit ändern, d.h. alles was du als Kind nicht bekommen hast wirst du nicht mehr als Kind bekommen. Was du jetzt willst sind die Wünsche einer erwachsenen Frau, denn du bist kein Kind mehr.

Was du jedoch tun kannst ist dir als Frau eine Umgebung zu schaffen die es dir ermöglicht ohne diesen empfundenen Mangel ein Leben zu führen mit dem du zufrieden sein kannst.

Alles andere ist Wunschdenken und kontraproduktives abdriften in Traumwelten. Genau das führt dazu dass du auf den empfundenen Mangel fixiert bleibst.
After all this time ? Always.


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Natusik
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:04

kaja hat geschrieben: So., 18.09.2022, 18:37 Der Therapeut, oder irgendjemand anderes, wird nie dein Vater sein.
Du hast einen Vater. Auch wenn er ein menschlicher Totalausfall ist, kannst du nicht ändern was er nun mal ist.
Das hat jetzt sehr wehgetan 😔
Wieso kann man als Erwachsene keinen anderen älteren Mann in seinem Leben haben, der meinen Vater nicht ersetzen kann?
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Sydney-b
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:10

Wenn du mal darüber nachdenkst, wirst du die Antwort selber finden.

Oder möchtest du eine Annonce aufgeben?

Wer möchte gerne mein Vater sein?
Mit allem, was dazu gehört?


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Natusik
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:11

Kaja,
ich suche sogar in anderen älteren Herren einen Ersatzpapa, so war es auch in der Ausbildung, noch lange vor der Therapie.
Unser Verwaltungsleiter war auch um einiges älter und ich hätte mir gewünscht, dass er in mir eine Tochter sieht. Das hat auch nicht geklappt, sondern ging nach hinten los. Ich war damals schon mit meinem Mann zusammen, wir waren ein Paar. Und der Verwaltungsleiter hat anscheinend meine Nettigkeit irgendwie fehlinterpretiert und wollte sich mit mir privat treffen und gab auch ehrlich zu, dass er gerne intim mit mir werden wollte. Ich hab ihn abgewiesen und musste danach den Betrieb wechseln, was sehr schwer war, usw.
Lange Geschichte, was ich damit sagen will: ich bin irgendwie immer auf der Suche nach einem Vater, meint ihr, dass es überhaupt jemals aufhören wird?
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Natusik
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:16

Sydney-b hat geschrieben: So., 18.09.2022, 19:10 Wenn du mal darüber nachdenkst, wirst du die Antwort selber finden.
Worüber denn?
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Hasenmaus123
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:18

Ich verstehe alles was du schreibst und ist so nachvollziehbar. Aber wie soll es in der Realität sein?
Du sitzt am Sonntag bei ihm beim Kuchen essen und seine biologischen Kinder sitzen auch dabei. Dann sagt jemand, dass ihr jetzt Geschwister sein wollt?!

Wie soll die Kindheit seit deiner Geburt mit ihm nachgeholt werden? Schläfst du dann in seinem Bett ?


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Natusik
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:30

Hasenmaus123 hat geschrieben: So., 18.09.2022, 19:18 Du sitzt am Sonntag bei ihm beim Kuchen essen und seine biologischen Kinder sitzen auch dabei. Dann sagt jemand, dass ihr jetzt Geschwister sein wollt?!

Wie soll die Kindheit seit deiner Geburt mit ihm nachgeholt werden? Schläfst du dann in seinem Bett ?
Also mit dem Bett wohl lieber nicht 😁
Ne, ich stelle mir das so vor: er unterstützt mich immer und überall, ich teile mit ihm meine Sorgen und auch meine schönen Zeiten. Er freut sich für mich und wird immer für mich da sein, wenn ich ihn brauche und nicht nur manchmal während der Sitzungen, sondern im echten Leben.
Und ich hätte die Bestätigung: ja, ich kann eine gute Tochter sein, eine Tochter, die man braucht!!!
Weißt du, mein Vater sagte zu mir immer, dass er mich gar nicht gewollt hat und dass ich eine schlechte Tochter bin, wenn ich mal ausnahmsweise nicht aufgeräumt habe, oder oder oder...
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Natusik
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:32

Übrigens, Hasenmaus123,
seine ältere Tochter ist 28 und ich bin jetzt 30 geworden. Passt perfekt für eine Schwester
Das war nur Spaß 😊
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Hasenmaus123
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:34

Natusik hat geschrieben: So., 18.09.2022, 19:32 Übrigens, Hasenmaus123,
seine ältere Tochter ist 28 und ich bin jetzt 30 geworden. Passt perfekt für eine Schwester
Das war nur Spaß 😊
Verstehe ich. Die Kinder meiner Therapeutin könnten auch meine Geschwister sein. Dann wären wir zwar sehr eng zusammen, 1,5 Jahre Abstand, aber es wäre perfekt.

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Philosophia
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:34

Hmmm... so langsam versteh ich ein bisschen, warum der Therapeut so reagiert haben könnte, indem er dich als erwachsene Frau betitelt hat.
Es ist etwas anderes diese Wünsche zu haben, als auf deren Erfüllung tatsächlich zu bestehen. Es wäre auch mal wichtig zu betrauern, was da fehlte. Niemand wird dir das geben können, was du suchst. Aber was möglich ist - wenn jemand mal väterlich zu dir ist, dies als Geschenk anzunehmen (wenn es denn gut ist). Mir fehlten ja auch richtige Eltern - und ich mach das so, dass ich gute mütterliche oder väterliche Momente, die ich jetzt erlebe in ein inneres Schatzkästchen schließe und mir vorstelle, dass diese Momente viel mehr Gewicht bekommen, als die furchtbaren Dinge meiner leiblichen Erzeuger. Mir hilft das. Aber ich bin trotzdem jemand, der keine wirklichen Eltern hat. Es ist schön, wenn Kinder als Erwachsene noch gut mit ihren Eltern sind und guten Kontakt haben können - ich werde das nie haben. Punkt.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Zephyr
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Beitrag So., 18.09.2022, 19:47

Ich kann dich schon ein wenig verstehen, auch ich wünsche mir öfter, dass meine Therapeutin mütterliche Gefühle für mich hat.
Und diese hat sie vermutlich sogar manchmal im Rahmen der Therapie. Aber sie sieht mich eben auch meistens als Erwachsene.

Was mir hilft/ geholfen hat:
1. Ehrlich akzeptieren, dass ich etwas nicht bekommen habe, was ich gebraucht hätte und dass das eben deshalb so schlimm ist, weil das niemand je wieder gut machen kann.
Fehlende Elternliebe lässt sich nicht nachholen. Das zu akzeptieren, dass es dieses Loch gibt und weiterhin geben wird, das hat mir sehr, sehr weh getan.
Aber damit kam auch die Möglichkeit die Begrenztheit Erwachsener Beziehungen Stück für Stück zu akzeptieren.
Und ab da konnte ich auch zulassen, dieses Bedürfnis - danach gesehen zu werden, nach wohlwollendem Umgang, Fürsorge usw. - von vielen verschiedenen Personen je ein Stück weit befriedigt zu bekommen und es mir auch selbst zu geben.
Hast du schon wirklich und in aller Konsequenz getrauert um das, was du da verloren hast?

2. Ähnlich wie es jemand hier schon beschrieb habe auch ich das Szenario "die Therapeutin hat genau die Gefühle für mich, die ich mir wünsche" eine zeitlang im Kopf sehr intensiv durch- und zuende gespielt. Und auch ich bin dabei irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass ich das doch nicht möchte in aller Konsequenz.
Ich habe nämlich irgendwann bemerkt, dass ja auch Eltern in gewisser Weise von ihren Kindern abhängig sind. Und dass das, was ich im Therapieraum habe, da einfach noch etwas ganz anderes ist, weil ich einerseits so abhängig wie ein Kind von ihr ja gar nicht bin und weil ich andererseits meine ganze Wut, mein Misstrauen usw. alles gegen sie richten kann, sie nimmt das eben nicht persönlich.
Außerdem fände ich den Gedanken , dass wir uns dann wirklich sehr nahe wären in so einem echten Mutter-Tochter-Verhältnis viel zu intim (wenn ich dieses Szenario wirklich zuende spinne). Und ehrlich, da bin ich lieber erwachsen und sie meine Therapeutin.
3. Ich habe mir eingestanden, dass ich eine beidseitige Abhängigkeit einfach sehr viel besser ertragen könnte, weil ich dann auch über die Therapeutin Macht und Kontrolle hätte. Zumindest vermeintlich...
Natusik hat geschrieben: So., 18.09.2022, 16:50
Er nimmt mich so an, wie ich bin, also er akzeptiert mich - die wichtigste Eigenschaft. Danach könnte ich einiges aufzählen, z. B.:
● wohlwollend
● mitfühlend
● freundlich
...
● humorvoll
● die Atmosphäre ist irgendwie sehr warm und angenehm (weiß nicht, ob du das verstehst)
Wo soll ich in meiner Umgebung so jemanden finden?
Das klingt für mich auch komplett nach einem Partner. Nimmt dein Ehemann dich nicht so an wie du bist?
Und ja, der Trick ist wirklich, dieses Bedürfnis auf mehrere Menschen zu verteilen. Eine Person kann das nicht immer leisten. Übrigens selbst dann nicht, wenn sie ein Elternteil ist.

Bist du dir eigentlich sicher, dass du dir ihn wirklich als echten Vater wünschst und dich als erwachsene Tochter? (was im Erwachsenenalter ja nach und nach meist auch eine Rollenumkehr mit sich bringt und auch Ablösung mit unterschiedlichen Meinungen und auch echten Konflikten)? Oder möchtest du wieder als kleines Mädchen behandelt werden?
Und sicher, dass du da einen Vater meinst? Ich glaube du wünschst dir ein Vaterideal. (Denn auch ein hinreichend guter Vater kann nicht immer nur annehmen, immer nur warmherzig sein, immer nur nett und wohlwollend und humorvoll sein. Das wäre vermutlich sogar gar nicht gut. Auch Kinder kennen es schon ihre Bedürfnisse auf unterschiedliche Menschen aufzuteilen.)
Oder wünschst du dir vielleicht auch gar keinen Vater, sondern einen Therapeuten? Einen, der aber eben immer für dich da ist und das unentgeltlich und lebenslang?
Zuletzt geändert von Zephyr am So., 18.09.2022, 19:56, insgesamt 1-mal geändert.

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