Diagnosen

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

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leberblümchen
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:08

das mit der körpertemperatur und der sozialen kategorisierung ist mitnichten interessant. es ist höchst banal.
Ich dachte, du könntest Ironie eventuell erkennen.

Das "Ringen" ist etwas, was mit dir mehr zu tun hat als mit mir. Musst du aber weder wissen noch glauben. Es spielt keine Rolle, weil es mit dem Thema dieses Fadens nichts zu tun hat. Damit belasse ich diesen Dialog mit dir auch. Wäre sonst schade um den - wie ich finde - ganz interessanten Thread.

Ich überlasse dir gerne das letzte Wort.

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:13

@ leberblümchen
Jenny, das finde ich interessant, denn viele Patienten wissen in solchen Momenten gar nicht, dass sie Angst haben. Sie zählen dann tatsächlich die wahrgenommenen Empfindungen auf. Der Arzt ist doch dann eigentlich derjenige, der die Diagnose vornimmt (was sicher auch sinnvoll ist, um Angst von einem Infarkt zu unterscheiden) - ich nehme an, dass du selbst vielleicht auch erst NACH einer entsprechenden Diagnostik verstanden hast, dass "Herzrasen" bei dir "Angst" bedeutet und nicht "Herzkrankheit"?
Genau, leberblümchen, das ist Diagnostik, nämlich zu gucken, ob die Symptome zur Kategorie "Angst" oder zur Kategorie "Herzerkrankung" gehören. Deshalb ist Diagnostik - meiner Meinung nach - unverzichtbar, wenn man nicht an seiner Herzerkrankung frühzeitig sterben möchte.
Ja, ich habe mich "manipulieren" lassen und dem Arzt geglaubt,dass mein Herz okay ist und ich einfach "nur" Angst hatte Aber ich habe mich nicht mit der Kategorie "Angst" identifiziert, sondern versucht sie schnellstmöglich wieder wegzubekommen. Das ging jedoch nur, indem weiter kategorisiert wurde, bis mir klar wurde, dass meine Angst und mein Schwindel der Kategorie "Hochsensibilität" zuzuorden sind. Ohne diese Zuordnung würde ich heute noch mit Angst rumlaufen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Mia Wallace
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:24

Diagnosen werden dem ganzen Menschen oft nicht gerecht, insbesondere die (absichtlich) unscharfen und teils schlecht voneinander abgrenzbaren Psychodiagnosen.
Aber Diagnosen helfen, Menschen und die auf ihre spezielle Erkrankung spezialisierte Behandler in Kontakt zu bringen

Liebes Leberblümchen,
mit Deiner kategorischen Diagnose-Ablehnung müsstest Du eigentlich konsequenterweise auch gar nicht zwingend zum Psychoarzt.
Genauso gut könntest Du zu irgendeinem Arzt irgendeiner Fachdisziplin gehen (beispielsweise einer Dermatologin ) gehen und Dich dort behandeln lassen.
Denn Diagnosen spielen ja aus Deiner Sicht in der Behandlung keine Rolle
Zuletzt geändert von Mia Wallace am Di., 06.10.2015, 15:26, insgesamt 1-mal geändert.

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Mia Wallace
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:26

Eine Gefahr sehe ich allerdings darin, dass nicht wenige Patienten ihre Diagnose als identitätsstiftend betrachten.

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leberblümchen
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:29

Neeeeeeeeeeiiiiiiiiiiin, Mia. Diagnosen sind wichtig. Aber sie sollten als etwas erkannt werden, was nicht die Realität widerspiegelt, sondern was den Menschen u.U. so sehr verändern kann, dass die Bezeichnung selbst wenig hilfreich ist. Diagnosen können Macht ausüben, und dazu besteht - rein sachlich - gar kein Anlass. Es muss also einen anderen Grund für diese Macht geben

(vor deinem letzten Beitrag geschrieben)


Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:31

Genauso gut könntest Du zu irgendeinem Arzt irgendeiner Fachdisziplin gehen (beispielsweise einer Dermatologin ) gehen und Dich dort behandeln lassen.
Ach so, jetzt verstehe ich, warum mir der Metzger keine Schuhe verkaufen wollte. Ich dachte schon, der mag mich nicht

(Sorry, Lb, ich lache nicht über Dich, ich fand einfach Mias Posting lustig; ist also nicht böse gemeint )
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


ziegenkind
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:32

und ich lass dir das machtgefühl, lb, das dich beim überlassen so juckt.

und zum schluss bin ich auch noch einmal so großzügig wie du: niemand außer dir selber hat hier je behauptet, wo kein trauma, da alles super. das sind präsuppositionen, die nur deine angst gebiert. alle paar wochen lebst du diese angst hier aus und legst die gemeinheit, die du dir selber gegenüber betreibst, anderen in den mund. Dagegen hilft dir auch kein windmühlenkampf gegen diagnosen und kategorisierungen. das ist eine wirklich traurig mit anzusehende donquichotterie. ist rosinante nicht langsam müde, so rastlos zu schanden geritten?
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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lamedia
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:34

Puh, heftig das letzte, so ganz uninvolviert von außen gesehen. Geht es um eine Entlarvung der vermeintlichen Abgründe von leberblümchens Psyche oder um das Thema?


Vincent
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:36

leberblümchen hat geschrieben:Diagnosen können Macht ausüben, und dazu besteht - rein sachlich - gar kein Anlass. Es muss also einen anderen Grund für diese Macht geben
Sollte doch klar sein, was der Grund dafür ist: Selbst-Unbewusstheit.

Je selbst-bewusster jemand ist, desto mehr prüft er doch, was ihm von außen 'auferlegt' wird. Je stärker die eigene Macht, desto geringer die Macht von außen.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)


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leberblümchen
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:43

Vincent, aber es ist eben nicht nur ein individuelles Problem / Thema. Wobei natürlich die Frage ist, was wir als gegeben voraussetzen können. Solange immer mal gesagt wird: "Es gibt keine diskriminierenden Diagnosen", ist die Frage müßig, ob es mehr ist als das Problem des Einzelnen.

Es ist ja nicht so (oder nicht nur so), dass der einzelne Therapeut sagt: "Dem Patienten Müller hau ich jetzt mal mit der Diagnose die Beine weg". Das ist ja nur möglich, wenn bereits ein Konsens darüber besteht, DASS man mit Diagnosen Beine weghauen kann.


montagne
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:49

@lamedia, nur kurz, da etwas OT:
Ich muss da widersprechen, tut mir wirklich Leid.
Du schriebst etwas ähnliches anderswo schon. Ich frage mich woher du diese Infos hast. Glaub mir, die Realität sieht anders aus. Ich habe als zivile Angestellte in einem Krisengebiet gearbeitet und dort Dinge erlebt, die eine traumatische Belastungsstörung auslösten. Ist zwar schon paar Jahre her und die Situation wird sich sicher gebessert haben, aber nicht so rosig.

Wie kann ein Trauma bei Angestellten in Krisengebieten, egal ob militärisch oder zivil jemals legitim sein? Man hat sich diesen Job ausgesucht. Man glaubt zu wissen, was auf einen zukommt. Aber man weiß es nicht, weil die Tagesschau was ganz anderes ist, als vor Ort sein. Ein Trauma in diesem Beruf haben heißt, nicht taff genug zu sein, für den Job. Das muss man sich erstmal vor sich selbst legitimieren. Ein Trauma in dem Job zu haben heißt, dass Kollegen und Vorgesetzte an der Diensttauglichkeit zweifeln MÜSSEN. Das können sie sich vor Ort nicht erlauben. Und man will es auch nicht, weil Loyalität in solchen Situationen alles ist. Und wie in jedem Job, ist der Dienstherr so ziemlich der letzte, dem man von Psychoproblemen erzählt.

Dann kommt man nach Hause und versteht nix mehr und niemand versteht einen. Ich will das garnicht werten. Ich fand meine Kindheit, die Vernachlässigung und Misshandlung, schlimmer als die Tatsache, dass im Dienst auf mich geschossen wurde, dass ich mit geladener Waffe bedroht wurde und genötigt wurde (nicht sexuell). Trotzem bin ich der festen Überzeugung, als ehemals misshandeltes Kind kann ich in dieser Gesellschaft leben, da bin ich in guter Gesellschaft! Leider. Als im Krisengebiet traumatisierte Frau (vor allen Dingen in meinem Fall) bin ich unverstanden. Passte nicht mehr rein. Hat mich viel Therapie gekostet, wieder reinzupassen. Selbst meine Therapeutin verstand es längere Zeit nicht. Sie konnte es nicht begreifen...

Und der Kreis schließt sich da, dass meinem subjektiven Erleben nach überproportional viele Mitarbeiter bei der Truppe und auch zivilen Organisationen in Krisengebieten ehemals misshandelte Kinder sind (wie ich). Da hat sich nix geändert. Ich trainiere mit Menschen dieer Branchen nach wie vor ind er Freizeit.
Es gibt gute Gründe für misshandelte Männer (aber auch Frauen) beruflich in eine solche Richtung zu gehen, wenn man die entsprechenden Qualifikationen mitbringt. So ein Job bedeutet Stärke, Macht, tough sein, dass misshandelte Kind in sich nicht wahrnehmen müssen und es sind oft junge Menschen, schlicht sehr weit weg von zu Hause. Für reifere Menschen, auch weg von Frau und Kindern, die emotionale Ansprüche stellen. Dann fehlt einem als ehemals misshandeltes Kind auch das Gespühr für Gefahr, wenn man sich so arrangiert hat, dass man die Angst abgeschafft hat.

Ich denke, deshalb gibt es auch eine so hohe Rate von Menschen mit PTSB in diesen Berufen, ebenso Polizei, Sicherheitsdienste. Es liegt nicht nur an der Situation, es liegt auch an den Menschen, die diese Jobs machen. Menschen, die, dort vermeintliche Stärke suchen, die Gefühle vermeiden, weil gerade für Männer eben Trauma, Klinik, Beruhigungspillchen, weinen weil Papa geschlagen hat, weinen weil Mama nicht umarmt hat, nicht drin sind. Weil das im Denken vieler Männer nach wie vor nicht vorkommt.
amor fati


Vincent
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:51

Leberblümchen, wenn es nicht so viele unbewusste Menschen gäbe, die im Außen nach Halt suchen, den sie in sich nicht finden, gäbe es auch weniger (oder gar keine) Diagnosen. Ist so meine These.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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lamedia
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:53

Würde man mit einer Diagnose (aufgrund ihrer Macht) also mehr leiden als ohne eine Diagnose?

Ich denke an manisch-depressiv Erkrankte. In der Manie ist eigentlich alles wunderbar für sie - wahnsinnig viel Energie, man muss kaum schlafen, ist super-inspiriert, schafft tausend Sachen und ist ein beliebter Freund und Kollege, weil man auf tausend Hochzeiten gleichzeitig tanzt und folglich mit fast jedem irgendwas zu bereden hat.
Die Betroffenen wehren sich häufig explizit gegen den Verdacht, das könnte eine Manie, etwas Krankhaftes sein. Die Ehepartner merken aber, dass das gemeinsame Giro-Konto plötzlich leer ist. Oder beste Freunde kommen mit dem Redeschwall doch nicht mehr mit - und irgendwann ist der Betroffene selbst total erschöpft und sucht vielleicht doch den Arzt auf: Die Diagnose bedeutet hier, a) dass das Verhalten trotz der guten Gefühle einem selbst schaden kann und dass es b) durchaus typisch ist für Personen, die die gleiche Diagnose besitzen. Aus dem Typischen leiten sich dann die Behandlung ab: Die Betroffenen lernen, frühe Symptome (gesteigerte Stimmung, weniger Schlaf) zu erkennen, um die Manie (und auch die Depression) im besten Fall im Selbstmanagement in den Griff zu bekommen.


ziegenkind
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:54

lamedia, ich meinte das wirklich nicht als entlarvung von abgründen. ich nehme da wirklich was selbstquälerisches wahr in lb's beiträgen, die sich durch viele fäden ziehen. immer wieder und auch hier geht es um unterstellungen, die angeblich dauernd vorgenommen werden (gute versus schlechte diagnosen; wer kein trauma hat, bei dem ist alles super, wer ein trauma diagnostiziert hat, der kann sich beruhigt zurücklehnen), die ich hier außer in ihren beiträgen noch nicht gelesen habe und die v.a. in ihrem kopf existieren. ich werte das nicht ab. warum auch? außer sich selber tut sie damit niemandem etwas an. ich glaub nur, sie versucht im außen was zu klären, was sie nur im innen klären kann.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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lamedia
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Beitrag Di., 06.10.2015, 15:58

Liebe montagne, ich bin ganz bei dir und vertrete keine andere Meinung als du und ich finde es schrecklich, was vor Ort passiert und wie die Versorgung ist. Das Wort "legitim" ist doof gewählt worden, das war aber ironisch gemeint, weil die Bundeswehr eine Imagekampagne gestartet hat. Ich weiß, dass viele Soldaten insbesondere in den ersten Jahren ohne Behandlung blieben und dass die heutige Idee, wir schicken die Kollegen, die Schlimmes erlebt und seitdem Alpträume haben eine Runde durch ein mustergültiges EMDR-Programm naiv ist, vor allem, weil es ums Weiter-Funktionieren geht und sich Traumata auch kumulieren können, bis hin zur Zerstörung der Person. Wenn du noch Fragen hast, gern per PMq

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