DIS: Ich verstehe das nicht

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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stern
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Beitrag Mi., 06.08.2014, 17:56

Habe gerade mal nachgeblättert: Auch die Dp gilt nicht per se als Störung (mal abgesehen davon, dass sie auch gesunder Schutz ist):
Abgrenzung: Depersonalisationserfahrungen treten auch bei Gesunden auf, z. B. bei großer Müdigkeit, nach stressauslösenden oder lebensbedrohlichen Situationen, während spiritueller Erfahrungen (Meditation, Trance) oder unter dem Einfluss halluzinogener Drogen. Die unterschiedlichen Quellen konstatieren eine Lebenszeitprävalenz in der nichtklinischen Bevölkerung zwischen 30 und 50 %. Von einer Störung im Zusammenhang mit Depersonalisation kann gesprochen werden, wenn bestimmte weitere Faktoren hinzukommen, wie z. B. eine erhöhte Intensität und Frequenz der Entfremdungserlebnisse oder der Zusammenhang mit einer anderen psychischen Störung (...).
http://de.wikipedia.org/wiki/Depersonalisation
Insofern wird immer auch noch etwas Ermessensspielraum bleiben. Theoretisch könnte man die Häufigkeit pro Woche/Monat noch quantifizieren. Aber wie will man eine erhöhte Intensität erfassen?

Subjektives Erleben kann man eben nur eingeschränkt objektivieren.
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Jenny Doe
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Beitrag Mi., 06.08.2014, 18:17

@ Stern
Tja, aber was bleibt... Nichtbehandlung ist auch nicht für jeden eine Alternative.
Ne, das kann mich nicht daran hindern micht behandeln zu lassen. Änderungen müssten auf einem anderen Weg her. Da wird ja derzeit wieder viel diskutiert, wie man anders machen könnte.
Bist du dann durch Eigenrecherche darauf gekommen, dass du Dp hast? Oder hat das ein Therapeut (besser) erkannt als die andere Dame?
Beides. Ich begab mich 1 Monat, nachdem ich erkannt habe, dass man mir die DIS induziert hat, erneut in Therapie. Wir hatten einen super Gutachter. Der schrieb meiner Thera, dass bei mir diesmal richtig diagnostiziert werden muss, dass es nicht wieder zu einer Fehldiagnose kommen darf. Dementsprechend intensiv "untersuchte" sie mich und korrigierte die Diagnose mehrmals. Zuerst bekam ich die Diagnose ... (ach, jetzt weiß ich schon wieder die Buchstabenfolge nicht; hopeless, please help again ). Denn ich habe ja 5 Jahre lang als Multiple gelebt und war nicht mehr in der Lage meine Gefühle, Erinnerungen, Fähigkeiten usw. als meine wahrzunehmen. Die Thera hatte ja alles von mir abgehackt, ob nun meine wahnsinnige Wut auf sie und was auch immer. Ich musste also erst mal wieder lernen, meine Gefühle wahrzunehmen. Als das erledigt war ging es um die Frage, was ich denn nun wirklich hatte bzw. als Folgeschaden der DIS-Therapie entwickelt habe. Da ich unter massiven Intrusionen, Alpträumen usw. litt, ich also ständig diese schreckliche Therapie bei der DIS-Therapeutin immer wieder durchlebte und immer wieder aufs Neue dieses Gefühl der Hilflosigkeit durchlebte (bedingt durch ihre ganzen Totschlagargumente), bekam ich die Diagnose PTBS als Folgeschaden der DIS-Therapie. Zeitgleich nahm ich an einer Studie teil, die die Diagnose PTBS bestätigte. Ich wurde dann auf PTBS behandelt und das Therapieziel bestand darin, die DIS-Therapieerfahrung zu verarbeiten. Schließlich stand auch die Frage im Raum, was ich denn nun wirklich hatte/habe, wenn nicht DIS. Ich begann mich intensiv mit den einzelnen Störungen zu beschäftigen und landete schließlich bei der Dp. Das, was ich da las, traf den Nagel auf den Kopf. Es war, als hätten die Autoren in mich reingeguckt und das, was ich fühle und wahrnehme, in meinen Worten wiedergegeben. Genauso wie sie es beschrieben, nahm ich mich wahr.
Leider endete die Therapie irgendwann mal und ich zog in eine andere Stadt. Dadurch, dass die Thera so viel bei mir zu bearbeiten hatte, war nicht genug Zeit geblieben, um die negative DIS-Therapieerfahrung ganz zu verabreiten und an der Dp zu arbeiten. Ich litt weiterhin unter massiven Intrusionen, durchlebte die Therapie immer und immer wieder. Ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren, ich sah ständig diese Therapeutin vor mir und wusste nicht, wohin mit meiner ganzen Wut und Verachtung auf diese Frau. Ich machte noch eine Therapie. Erneut erhielt ich die Diagnose PTBS als Folgeschaden der Therapie. Die meisten Therapiestunden gingen für die Verarbeitung der Therapie "drauf", der PTBS und den anderen Folgeschäden, wie Angststörungen usw. Für die Behandlung der Dp blieb auch in dieser Therapie leider nicht die Zeit. Aber zumindest bin ich jetzt frei von den PTBS-Symptomen und muss nicht mehr ständig an diese DIS-Thera denken.

Übrigens hat die erstbeschriebene Therapeutin eine Fortbildung bei Huber gemacht. Erst war ich skeptisch ("noch so eine"), aber diesmal war es von Vorteil. Denn sie sah Huber durch ihre Erfahrungen mit ihr eher skeptisch und sie verstand auf Anhieb, wenn ich ihr davon erzählte, wie mich ihr Buch in die Irre geführt hat und wie mir die Orientierung der Therapeuten an Huber geschadet hat.
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Beitrag Mi., 06.08.2014, 18:26

@ JennyDoe: Passt nicht ganz zum Thema, aber ich hätte bei der Therapie erst recht PTBS ausgebildet. Ich könnte mit den Schuldgefühlen unmöglich fertigwerden, die ich hätte, wenn ich einem Menschen unrecht angetan habe, wo sich herausstellt, dass er ein gütiger ist.
Da wundert es mich wirklich, dass du dich so gut erholen konntest. Zwar könnte mich das Studium der Psycholoie vonder induzierten DIS befreien, aber mein Gewissen würde mich umbringen.
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Beitrag Mi., 06.08.2014, 20:59

@ Jenny:
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Wandelröschen
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Beitrag Mi., 06.08.2014, 21:43

Ich weiß jetzt nicht mehr, wer von euch nach Literatur gefragt hatte. Ein Buch finde ich sehr interessant, ist aber leider neu nicht mehr zu bekommen, manchmal aber noch auf den Gebraucht-Markt, hatte lange gesucht, bis ich es selber gebraucht bekam:

Eine-Sein! Viele-Sein! Eine werden? von Walburga Temminghoff

Mir brachte es sehr viele Aha-Effekte. Es versucht, den Weg des Viele-Seins hin zum Eine-Werden anhand einer qualitativen Studie zu erarbeiten. Da ich aber z.Zt. nicht zu Hause bin, kann ich jetzt nicht näher etwas dazu schreiben, kann es aber nachholen, wenn Interesse besteht. Bei mir hier in der nahen Stadt hat es das Buch in dem Büro bei Wildwasser gegeben, wo ich es mir ausleihen konnte (so als Tipp).
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Jenny Doe
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Beitrag Do., 07.08.2014, 13:47

@ Wandelröschen,

mal eine Frage an Dich, wenn du antworten magst.

Huber bezeichnet die Persönlichkeiten als "Fantasiegebilde":
„Multiple Persönlichkeiten leben mit einer reichhaltigen inneren Imagination(sfähigkeit): Die „Personen“ in ihnen sind ja im Grunde reine Fantasiegebilde (…)“
Michaela Huber. Multiple Persönlichkeiten. Überlebenden extremer Gewalt. Seite 255

- Wie denkst Du darüber?
- Wie werden aus Fantasiegebilden Persönlichkeiten?
- Wie passiert es, dass Fantasiegebilde die Kontrolle über das Verhalten übernehmen können?
- Wie lässt sich das mit der postulierten Amnesie vereinbaren? Wenn z.B. ein Kind seine Imaginationsfähigkeit benutzt und Fantasiegebilde kreiert, wie kann es dann trotzdem amnestisch bzgl. der von ihm selbst kreierten Persönlichkeit sein?
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Beitrag Do., 07.08.2014, 13:57

@ Stern
Aber wie will man eine erhöhte Intensität erfassen?
Es gibt Unterschiede in der Intensität der Dp. Sie kann reichen von einfach nur neben sich stehen und sich selbst zu sehen über Gefühle, Erinnerungen usw. als fremd wahrzunehmen bis hin zu gar nichts mehr wahrnehmen können, nicht mehr fähig zu sein z.B. Arme und Beine zu bewegen.
Die höchste Stufe der Dp-Intensität habe ich selber nur selten erlebt. Das letzte Mal als ich "so richtig" depersonalisierte war während der oben beschriebenen Therapie, weil diese Stress pur war.
Aber im Alltag bin ich inzwischen in der Lage die Anfänge eines Dp-Zustandes wahrzunehmen. Dann weiß ich "Jetzt musst du dir Ruhe gönnen, eine reizfreie Umgebung aufsuchen, schwimmen gehen, entspannen, abschalten, ...". Das klappt relativ gut, so dass ich die höchste Intensitätsstufe nur noch ganz selten erlebe. Leider führt das dazu, dass ich nicht erwerbsfähig bin. Mein Studium hatte ausgereicht, um mich wieder auf die "mittlere Stufe" zu befördern. Wird wohl nix mit mal ein bisschen Geld haben

@ hopeless81

Wie war das noch Mal? *Lach* (Kleiner Scherz)
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stern
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Beitrag Do., 07.08.2014, 19:22

Aber Jenny, weil du eine Dp-Störung hattest, heißt es doch nicht, dass es DIS nicht gibt. Wenn ich mal darf:
- Wie denkst Du darüber?
man bräuchte mindestens das ganze Kapitel (besser noch gesagt Buch plus evtl. aktueller Stand)... und nicht nur einen Satz.

Da es natürlich keine 5 verkörperte kleine Jennys gibt oder 5 kleine sterns oder 5 kleine wandelröschen ist in dem, was "Persönlichkeit" symbolisiert natürlich etwas Symbolik enthalten. Ein Größen-Selbst gibt es so auch nicht... sondern auch das ist mehr oder weniger ein Symbol für bestimmte Prozesse/Strukuren/o.ä.
- Wie werden aus Fantasiegebilden Persönlichkeiten?
Suggestive Frage . Aus Traumata entstand eine tiefgreifende Dissoziation, die man mitunter (insbes. bei der DIS) als Persönlichkeitsanteil bezeichnet. Insofern wäre die richtige Frage: Wie entstehen aus Traumata "dissozierte Persönlichkeitsanteile". Vgl. dazu Huber oder das Buch von wandelröschen.

- Wie passiert es, dass Fantasiegebilde die Kontrolle über das Verhalten übernehmen können?
Dissoziative Prozesse (im übrigen verschiedener Art) sind nicht immer (gut) kontrollierbar. Du konntest z.B. deine Beine nicht mehr bewegen.
- Wie lässt sich das mit der postulierten Amnesie vereinbaren? Wenn z.B. ein Kind seine Imaginationsfähigkeit benutzt und Fantasiegebilde kreiert, wie kann es dann trotzdem amnestisch bzgl. der von ihm selbst kreierten Persönlichkeit sein?
Hat wandelsröschen doch erklärt. Man erfährt von anderen, was während der Amnesie sozusagen passiert ist oder hat ein Co-Bewusstsein für das, was man "dissozierte Persönlichkeitsanteil" nennt (der aber letztlich eher ein Symbol für bestimmte Prozesse ist).

Wenn man vom "inneren Kind" spricht stellen manche Leute sich selbst als Kind vor. Es hat auch niemand ein Kind im Inneren sitzen. Insofern ist von Vorteil, wenn man weiß, was man mit dieser Symbolik meint/verbindet/empfindet.

Genauso könnte man auch fragen: Wie sieht denn z.B. das ominöse Täterintrojekt aus? Oder gibt's das auch nicht? Darf es nicht geben, also gibt's nicht? Dazu hat vielleicht auch nicht jeder eine exakt identische Vorstellung, was das denn ist.

Und nochmals DIS: Hat wandelröschen ja erklärt: Die Hauptperson weiß ja, was andere Leute schildern, wie man sich verhalten hat bzw. hat sogar ein Co-Bewusstsein (andere erklären sich Zeitverluste vielleicht mit Vergesslichkeit und ahnen nichts von einer dissoziativen Identität). Aber soweit kein Co-Bewusstsein vorhanden ist, besteht Amnesie für den "dissozierten Persönlichkeitsanteil". Die Hauptperson ist aber zur Symbolik fähig, falls sich von der grundsätzlichen Existenz weiß.... und es ist auch keine Fantasie, wenn man später hört, man hat Suppe geschlürft (erinnert sich aber selbst nicht mehr).
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Wandelröschen
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Beitrag Do., 07.08.2014, 22:11

Das Buch von der Michaela Huber müsste ich haben, sagt mir was, schaue mal nach, wenn ich wieder zu Hause bin, meine, hätte ich schon gelesen, weil „Fantasiegebilde“ sagt mir was und ich hatte mich damals schon daran gestoßen, will aber nochmal den gesamten Kontext erfassen.

Fantasiegebilde
Fantasie-Gebilde, etwas, was in der Fantasie gebaut wurde.
Klar, gute Imaginationsfähigkeit gehört dazu, sich in der eigenen Gedankenwelt etwas vorzustellen, zu fantasieren. Das ist für mich per se nichts reales, es existiert nur im Kopf.
Gebilde, das ist etwas, was gebaut ist, also eine aktive „Handlung“, wenn auch nicht mit den Händen erbaut, sondern mit Gedanken. Dazu ist Absicht (im weitesten Sinne auch ein Plan) und Zeit notwendig.
(soweit meine Definition)

Gute Imaginationsfähigkeit, ja, die habe ich, hatte ich auch als Kind schon. Aber auch als Kind war mir durchaus immer schon bewusst, dass das meins ist, dass das nur ich sehe, die anderen aber nicht, dass das nur in meinem Kopf existiert, nichts reales, auch wenn ich mit den „Spielkameraden“ redete, oder sie mit dem Teddi und der Puppe am Tisch sitzen und Pudding essen und ich mit ihnen rede, genauso wie mit dem Teddi oder der Puppe. Und diesen imaginierten/fantasierten Spielkameraden war ich irgendwann genauso entwachsen, wie dem Teddi oder der Puppe.
Jenny Doe hat geschrieben:Wie lässt sich das mit der postulierten Amnesie vereinbaren? Wenn z.B. ein Kind seine Imaginationsfähigkeit benutzt und Fantasiegebilde kreiert, wie kann es dann trotzdem amnestisch bzgl. der von ihm selbst kreierten Persönlichkeit sein?
Gar nicht!

Und deswegen stört es mich gewaltig, in Bezug auf DIS von Fantasiegebilde zu sprechen, aber wie gesagt, will wegen des Kontextes die Stelle im Buch nochmal nachlesen.

Das Abspalten ist kein bewusster Akt, das passiert, ist passiv, in einer extremen Situation. Da hat doch niemand Zeit, sich zu überlegen, was da zu tun ist, was man da vielleicht sinnvollerweise braucht (so wie bei dem imaginativen Spielkameraden). Und glaub mir, wenn ich da bei der Entstehung ein Wörtchen mitzureden gehabt hätte, sehe der ein oder andere Pappenheimer bestimmt anders aus!
Jenny Doe hat geschrieben: Wie werden aus Fantasiegebilden Persönlichkeiten?
Keine Ahnung, wie sich die Huber das vorstellt. Wie gesagt, muss mal im Buch nachlesen, nur der eine Satz ist zu wenig.
stern hat geschrieben: Wenn man vom "inneren Kind" spricht stellen manche Leute sich selbst als Kind vor. Es hat auch niemand ein Kind im Inneren sitzen. Insofern ist von Vorteil, wenn man weiß, was man mit dieser Symbolik meint/verbindet/empfindet. ).
Dieses „innere Kind“, ja, das sehe ich als ein Fantasiegebilde, ein Konstrukt. Hat meine Ex-Thera auch versucht mit mir zu machen. Geht vielleicht beim ersten Mal noch nicht ganz so gut, beim nächsten Mal schon besser, je öfters man sich dieses innere Kind vorstellt, um so mehr nimmt es Gestalt an. Aber: man kennt es, baut es aktiv und weiß, das bin nicht ich, das ist Fantasie, lebt in meinem Inneren und schmiert sich nicht bei der Eisdiele um die Ecke den Mund und das T-Shirt mit Schokoladeneis ein!
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Beitrag Fr., 08.08.2014, 05:55

@ Stern
Aber Jenny, weil du eine Dp-Störung hattest, heißt es doch nicht, dass es DIS nicht gibt.
Das sag ich doch auch nicht.

Ich möchte nur gerne mal verstehen, was sämtliche DIS-Autoren meinen, wenn sie von Fanatsiegebilden (Huber), Phantasiefähigkeit und Vorstellungskraft, Identifikation mit Heldenfiguren (Gast) sprechen. Das ist für mich nicht vereinbar mit einem Kind, das traumatisiert wird und aus seiner Not heraus die Erfahrung abspaltet. Da hat das Kind nicht die Zeit sich zu überlegen, wie denn die abgespaltene Persönlichkeit aussehen und heißen könnte, ob die Persönlichkeit ein Held, ein Löwe oder was auch immer sein soll, ... DIS-Therapeuten beschreiben die Persönlichkeitssbildung aber als einen aktiven und bewussten Vorgang und als Fantasieprodukt. Das ist nicht vereinbar mit einem Kind, das eine Situation nicht mehr ertragen kann und aus Not heraus abspaltet.

Anderseits, wenn ich mit Multiplen rede, dann kann ich mich nicht des Eindrucks verwehren, dass es doch Fantasie ist. Denn sie erzählen z.B. Innie X hat das und das gemacht. Ich, als Außenstehende, sehe aber keine Innie X. Mir steht nicht plötzlich ein Mann gegenüber oder eine Frau, die plötzlich blonde Haare hat anstatt braune. Es muss also anderseits doch etwas sein, was Multiple im Kopf sehen.

Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass man Erfahrungen, die man nicht aushalten kann, von sich abspalten kann, so dass man das nicht selbst erleben muss. Aber was DIS-Therapeuten da schreiben über Fantasiegebilde und sonst was entzieht sich meiner Logik. So würde sie niemand verhalten, der extrem leidet.

@ Wandelröschen
Gar nicht!
Und deswegen stört es mich gewaltig, in Bezug auf DIS von Fantasiegebilde zu sprechen
Sehe ich auch so.
Das Abspalten ist kein bewusster Akt, das passiert, ist passiv, in einer extremen Situation. Da hat doch niemand Zeit, sich zu überlegen, was da zu tun ist, was man da vielleicht sinnvollerweise braucht (so wie bei dem imaginativen Spielkameraden).
Auch hier, zustimm.

Mich verwirrt das, was DIS-Autoren schreiben. Auch Gast schreibt Ähnliches:
(...)
5. Phantasiefähigkeit und soziale Faktoren
Die individuelle Phantasiefähigkeit und Vorstellungskraft des Kindes, insbesondere die Schaffung von Projektionsfiguren, geben den verschiedenen Persönlichkeits- bzw. Selbst-Zuständen schließlich ihr individuelles Gepräge (ebd.). Unter enormem psychischem Druck bei gleichzeitig hoher Kreativität bilden sie verschiedene Selbstbilder heraus, häufig als verzerrtes Abbild der erlebten Beziehungserfahrungen, überformt und ausgestaltet mit Phantasie und Vorstellungskraft. Sie schaffen Projektionsfiguren, z.B. in Form von bedrohlichen Ungeheuern, imaginären Spielkameraden, hilfreichen Beschützern oder Märchenfiguren. Sie identifizieren sich mit externen Heldenfiguren wie Lady Di oder bezaubernde Jeanny, Jim Knopf, Batman oder einem wilden Löwen. Traumatisierende Familienumstände, in denen es nicht gelingt, die Phantasie des Kindes immer wieder behutsam mit der Realität zu konfrontieren, fördern diese dissoziativen Bewältigungsstrategien (siehe auch Putnam, 2003).
(...)
Auf diese Weise können sich verschiedene „Personen“ bilden, meist in der Größenordnung von bis zu 10 „Personen“, bei extremen Traumatisierungen werden aber auch 20 und mehr gefunden (ebd.).
Das zersplitterte Selbst – Dissoziation zwischen Störung und Heilung
http://www.traumhaus-bielefeld.de/dl/Vortrag_Gast_2.pdf

Das klingt für mich nicht passiv, sondern bewusst aktiv und ist für mich nicht vereinbar mit einem Dissoziationsvorgang.
Keine Ahnung, wie sich die Huber das vorstellt.
Danke für deine ehrliche Antwort.
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Beitrag Fr., 08.08.2014, 07:45

Wandelröschen hat geschrieben:Dieses „innere Kind“, ja, das sehe ich als ein Fantasiegebilde, ein Konstrukt.
Ist es aber genauso wenig... bzw. halt je nach dem wie man damit arbeitet. Also kommt darauf an:

Wenn es reine Imagination ist, ist es ein Konstrukt bzw. besser gesagt: Imagination. Eben das, was man sich vorstellt.

Andernfalls ist es ein Symbol (normal beschreiben Konzepte, was damit gemeint ist... aber man muss natürlich schauen, was man selbst damit verbindet).

Und was Abspaltungen/Dissos angeht: Gibt es ja nicht nur in Gestalt komplett dissozierter Persönlichkeitsanteile, die der Amnesie unterliegen. DIS ist nur eine Ausprägung, aber keine abschließende... wahrlich nicht.

Die Arbeit ist evtl. für DIS unpassend. Nicht aber für andere Patientengruppen. Man muss halt schauen, was damit angestrebt wird... und es das leisten kann. Z.B: eher Distanzierung, Differenzierungn oder eher Zusammenführung oder ob etwas eher Imagination sein soll. Etwas muss nicht per se schlecht sein, aber kann eben je nach INDIVIDUELLEN Schwierigkeiten unpassend sein.
Geht vielleicht beim ersten Mal noch nicht ganz so gut, beim nächsten Mal schon besser, je öfters man sich dieses innere Kind vorstellt, um so mehr nimmt es Gestalt an. Aber: man kennt es, baut es aktiv und weiß, das bin nicht ich, das ist Fantasie, lebt in meinem Inneren und schmiert sich nicht bei der Eisdiele um die Ecke den Mund und das T-Shirt mit Schokoladeneis ein!
Wenn das angestrebte Ergebnis ist, wäre ich btw. auch skeptisch...
Zuletzt geändert von stern am Fr., 08.08.2014, 08:34, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag Fr., 08.08.2014, 08:23

Jenny Doe hat geschrieben:Ich möchte nur gerne mal verstehen, was sämtliche DIS-Autoren meinen, wenn sie von Fanatsiegebilden (Huber), Phantasiefähigkeit und Vorstellungskraft, Identifikation mit Heldenfiguren (Gast) sprechen.
Dazu wäre halt der ganze Kontext sinnvoll, wenn man wissen will was HUBER meint. Und nicht nur ein Satz.
Das ist für mich nicht vereinbar mit einem Kind, das traumatisiert wird und aus seiner Not heraus die Erfahrung abspaltet. Da hat das Kind nicht die Zeit sich zu überlegen, wie denn die abgespaltene Persönlichkeit aussehen und heißen könnte, ob die Persönlichkeit ein Held, ein Löwe oder was auch immer sein soll, ...
Bei einem Täterintrojekt (sofern man davon ausgeht, sowas gibt es) auch nicht... und doch hat man eine Vorstellung davon, die hier sogar bennant ist: Täter. Nie ist aber ein Täter in eine andere Person gewandert.
DIS-Therapeuten beschreiben die Persönlichkeitssbildung aber als einen aktiven und bewussten Vorgang und als Fantasieprodukt.
Nicht was ich von Huber kenne... echt nicht... sondern als Produkt von Traumata. Das wird ihr in der Verkürzung oder Ein-Satz-Reduktionen schlichtweg nicht gerecht.

Und Gast schreibt doch auch, dass imaginäre Gestalten eines Kindes unter psychischen Druck herausgebildet werden, dann aber überformt werden. Also nach Abspaltung/psychischer Druck kommt Kreativität eines Kindes hinzu.
Unter enormem psychischem Druck bei gleichzeitig hoher Kreativität bilden sie verschiedene Selbstbilder heraus
Huber versucht Erinnerungen, Gefühle, etc. dann wieder ins Selbsterleben zurückzuführen, z.B. beschrieben hier:
http://books.google.de/books?id=qaJj4ZG ... onepage&q=
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Jenny Doe
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Beitrag Fr., 08.08.2014, 08:33

@ Stern
Also nach Abspaltung/psychischer Druck kommt Kreativität eines Kindes hinzu.
Dann kann aber keine Amnesie bestehen, wenn das Kind erst abspaltet und erst nach der Abspaltung seine Kreaktivität entfaltet, der neuen Person ein Aussehen verleiht usw.
Nicht was ich von Huber kenne... echt nicht... sondern als Produkt von Traumata.
Huber widerspricht sich ständig. Ich könnte noch mehr solcher Widersprüche auflisten. Es passt nicht zusammen, wenn man einerseits schreibt, dass DIS ein unbewusster Abspaltungsprozess ist, anderseits aber die Persönlichkeiten als Fantasiegebilde bezeichnet, die von der hohen Imaginationsfähigkeit der Klientin herrühren.

Mich würde interessieren, wie Multiple selbst das erleben. Alles andere ist eh nur Spekulation.
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Beitrag Fr., 08.08.2014, 08:43

Jenny Doe hat geschrieben:Huber widerspricht sich ständig. Ich könnte noch mehr solcher Widersprüche auflisten. Es passt nicht zusammen, wenn man einerseits schreibt, dass DIS ein unbewusster Abspaltungsprozess ist, anderseits aber die Persönlichkeiten als Fantasiegebilde bezeichnet, die von der hohen Imaginationsfähigkeit der Klientin herrühren.
Für dich passt es halt nicht zusammen... ich sehe schon ein gewisse Stimmigkeit.

Imaginäre Spielgefährten und exzessive Phantasie eines Kindes sieht man bei Kindern nicht unbedingt als pathologische Dissoziation an... sondern wohl oft als normaler Entwicklungsstand. Aber exzessive Tagträume, Phantasietätigkeit und imaginäre Wesen können auch bereits bei Kindern pathologisch bedeutsam sein. Kommt halt darauf an...

... beim Erwachenen bzw. wenn es fortbesteht, dann auch
http://books.google.de/books?id=VgcZT0O ... onepage&q=

Für mich steht jedoch nur fest: Was jemand meint, kann man meist nicht nur einem Satz entnehmen.

Huber beschäftigt sich wie kaum andere Menschen mit DIS. Was man davon hält, ist jedem selbst überlassen.
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candle.
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Beitrag Fr., 08.08.2014, 08:51

Jenny Doe hat geschrieben: Huber widerspricht sich ständig. Ich könnte noch mehr solcher Widersprüche auflisten. Es passt nicht zusammen, wenn man einerseits schreibt, dass DIS ein unbewusster Abspaltungsprozess ist, anderseits aber die Persönlichkeiten als Fantasiegebilde bezeichnet, die von der hohen Imaginationsfähigkeit der Klientin herrühren.
Ich finde das gar nicht widersprüchlich, sondern logisch. Ich vermute einfach mal, dass hier allergisch auf den Begriff "Fantasiegebilde" reagiert wird. Irgendwie geht es hier in ein abwertender Weise ins Ohr. Dabei finde ich Fantasie zu haben sehr schön. Das wird als Kind genutzt worden sein mit viel Fantasie um sich einen Schutzraum zu bauen gegen das reale Leben. Und natürlich braucht man dazu Imaginationsfähigkeit als Kind um sich diesen Raum zu kreieren. Das ist dann als erwachsener so eben vorhanden als kindlicher Anteil, der dort vermutlich stehengeblieben ist.

Unbewußt stimmt ja auch. Welches Kind entscheidet sich denn bewußt sich den Raum zu schaffen um der Not zu entfliehen?

Ich habe es früher so gemacht, dass ich mir meine kleinen Nebenrealitäten aufgebaut habe über Bücher wo ich mich ganz reingab, das Leben lieber leben wollte, weil es schöner war. Allerdings dauerte es nur so lange ich eben las. Es entstand also keine dauerhafte Fluchtwelt was vermutlich auch der Unterschied ist zu denjenigen, die heute an der DIS leiden.

Also ja, es sind Fantasiegebilde, aber vielleicht kann ja jemand einen neuen besseren Begriff dafür kreieren? Ein Fantasiegebilde, dass sich eben als ein weiterer Persönlichkeitsanteil manifestiert hat.

candle
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