Welche Therapie bei (komplexen) Traumatisierungen?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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nemesis
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Beitrag Mi., 14.04.2010, 23:41

Kleiner Nachtrag:

Ein kurzer, aber in Bezug auf die Konflikte in diesem Thread nicht ganz unwichtiger Auszug aus dem Text "Strukturelle Dissoziation" der Traumaberatung Leipzig:

Traumaüberlebende erkennen im späteren Leben oft, wie sie in bestimmten Situationen unweigerlich, ohne etwas daran ändern zu können, ganz bestimmten Empfindungen, Einschätzungen oder Verhaltensweisen unterliegen. Weder sich selbst noch anderen können sie solche meist unangemessenen Reaktionen erklären. Psychoanalytisch orientierte Deutungen vermögen an ihrem scheinbar irrationalen Verhalten oder Empfinden ebensowenig zu ändern wie verhaltenstherapeutische Interventionen. Hierbei wird es sich oft um Momente einer Strukturellen Dissoziation handeln, die entstehen kann als Ausdifferenzierung und Manifestierung der natürlichen Persönlichkeitsaspekte.

(Hervorhebung von mir)

Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie erinnert mich dieser Auszug an die Worte von aufgefuchst...

LG

nemesis
We are effectively destroying ourselves by violence masquerading as love.
(R.D. Laing)

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Jesusechse
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Beitrag Do., 15.04.2010, 00:02

CTs werden sicher nicht standardmäßig für Trauma-Diagnostik verwendet, aber es kommt vor. Wenn man Teilnehmer bei einer Studie ist, wird das aber gemacht.

Und bei bestimmten traumaspezifischen Symptomen wie z.B. dissoziativen Krampfanfällen werden diese Untersuchungen unter anderem auch gemacht, meist im Rahmen einer Ausgrenzung von anderen organischen Erkrankungen wie Epilepsie, Tumorerkrankungen des Gehirns usw.. Ich nehme an, dass da auch der Ursprung für diese Forschung liegt (weiß ich aber nicht genau). Wenn's unklar ist, wird apperative Diagnostik hinzugezogen oder hat vorab in der Neurologie stattgefunden. EEGs, MRT sind noch weitere Verfahren, die zum Einsatz kommen (kamen); bin nicht mehr ganz auf'm Laufenden.

Die üblichen Verfahren zum Feststellen von Traumatisierungen sind spezielle diagnostische Interviews, dazu kommen Untersuchungsgespräche durch den, der die Diagnose stellt. Manche Kliniken vereinbaren auch erst mal einen kurzen Aufenthalt auf Station, um die Diagnose zu stellen.

Das Scheitern mehrerer konventioneller (Vor-)Therapien ist auch ein Indikator für das Vorliegen einer komplexen Traumatisierung. Früher hat es z.B. in der Regel bis zu 7 Jahren gedauert, bis DIS-Patienten richtig diagnostiziert wurden, wenn sie es überhaupt wurden.

BL galt Jahrzehnte lang als unheilbar. Nachdem die neuesten Erkenntnisse der Traumaforschung in die Therapie Einzug gehalten haben, ist BL heilbar geworden. Man weiß nun, wie man behandeln muss, um erfolgreich zu sein.

Die Erkenntnisse aus der modernen Traumaforschung bringen uns neue Möglichkeiten und effektivere und schonendere Therapien. Ich finde, es lohnt sich, sich hier Wissen anzueignen. Außerdem gehört es zu jedem traumaspezifischen Therapieansatz, die Patienten über ihre Störung gut zu informieren. Denn man muss lernen, damit klar zu kommen und das klappt dann am besten, wenn man versteht, wie man/es funktioniert, wie man gestrickt ist. Das hat nichts damit zu tun, sich selbst zu pathologisieren, sondern es heißt, zu lernen, warum man sich wie verhält und was wann für einen gut ist und was schlecht für einen ist. Deutlichstes Beispiel: Viele Traumapatienten suchen in Alk, Drogen, Beruhigungsmitteln Entlastung. Unser Gefühl sagt uns: "Hey, davon geht's besser, ich kann mich mal entspannen und die Angst geht weg!". Wer nicht weiß, dass Traumapatienten erhöhtes Suchtpotential haben, wird sich viel eher von seinem (auch nicht gerade gut informierten) Hausarzt Beruhigungsmittel verordnen lassen und vielleicht in eine Sucht abgleiten.

Es schadet einem mit Sicherheit wesentlich mehr, über Trauma nicht aufgeklärt zu sein, als es einem hilft, wenn man es nicht ist.

ausgefuchst

PS Und sicher haben hier traumatisierte Patienten geschrieben. Aber ich habe dort Zweifel am Vorliegen einer komplexen Traumafolgestörung, wo mir jemand berichtet, er kommt mit Analyse gut klar. Ob hier dann tatsächlich eine Traumatisierung vorliegt und nicht vielleicht doch eher nur eine Anpassungsstörung, ist die Frage. Traumapatienten überstehen kl. PA normalerweise nicht, weil da viel zu viele Schmerzen und Ängste getriggert werden. Ich hab' auch noch nie von einer diagnostizierten kompl. Traumapatientin den Satz gehört: "Ich muss/will in diese Gefühle wieder rein!". Normalerweise haben sie schreckliche Angst davor, dass das passiert, weil die Affekte so dermaßen überfordernd und unaushaltbar sind. Deshalb wurde ja mal abgespalten, weil es unerträglich war.

Und wenn ich wo geschrieben habe, dass manche einen kleinen Horizont haben, dann meine ich damit User, die jeden, der in Therapie nicht weiterkommt oder zurecht kommt, als Therapieversager abstempeln, statt sich bewusst zu machen, dass es eben leider gerade bei den Traumapatienten eine große Anzahl von Therapien gibt, die in massiven Therapieschäden enden. Und bei solchen Leuten kommt mir dann auch der Brechreiz und die sind schlicht dumm.

@ nemesis:

Ja, das ist das, was ich hier seitenlang zu vermitteln versucht habe. Dafür gab's Prügel und mir wurde gesagt, wie respektlos ich bin.

Ich hab' das übrigens in dem Ding von

Dr. Bruno Waldvogel zu BPS-PTBS

noch genauer, ich meine auf Seite 9 (müsstet ihr googeln). Da steht es ganz genau drin, was eine kl. PA für Traumapatienten so gefährlich ist.

Und wenn man das dann immer noch abtut, dann kann ich auch nicht mehr helfen.

Außerdem sollte man noch wissen, dass die Opfer-Täter-Konstellation bei Traumapatienten so ein paar Besonderheiten aufweist in der Übertragungs-und Gegenübertragungsreaktion. Nicht für Trauma speziell ausgebildete PA-Theras tappen reihenweise in diese "Fallen" in der Übertragung rein, das endet dann in Retraumatisierungen. Ich denke, dass Pfötchens Erfahrung genau in diesem Fahrwasser anzusiedeln ist (?).

Tja, die Theras sind dann einfach weg, brechen die Therapie als entgleist oder gescheitert ab. Patienten steht da, ist allein, keiner glaubt ihm und kann sich einen Strick kaufen.

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stern
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Beitrag Do., 15.04.2010, 06:03

candle hat geschrieben:Das kann ja nicht richtig sein. Du widersprichst Dir selber und erkennst Dein Trauma möglicherweise selbst nicht bei Dir an. Oder meinst Du, dass Du vor 10 Jahren kein Trauma hattest, weil es im CT nicht dokumentiert wurde?
Da kann ich ich den Widerspruch, den du ausmachst, ehrlich gesagt nach wie vor nicht nachvollziehen... also worin der für dich genau besteht. Umso weniger, wenn nach einem Versuch der Antwort/Klärung dann "kann man selbst nachlesen... finde ich wenig sinnvoll" dazu kommt . Und wie schon (von mir öfters sinngem.) gesagt: Es geht hier doch hier IMO auch nicht darum, dass hier jeder alles sinnvoll oder gar gut findet... recht machen kann man's eh nicht jedem... außer man will sich nach Strich und Faden verbiegen (was sicher nicht mein Ziel ist). Ich kann mit ausgefuchsts Links, statements jedenfalls (auch) etwas anfangen. Was mir im Forum weniger für mich sinnvoll erscheint, selektiere ich halt aus... sollte doch normal kein Problem sein. Und da sich Menschen auch darin unterscheiden, was für sie pers. Sinn macht, ist doch eine breite Perspektive eher eine Bereicherung. Oder (rhetorische Frage) sollen im Thread Regelungen eingeführt werden, welche Art der Infos sinnvoll sind und mithin erlaubt sind... und (da wir schon beim Thema Ausgrenzung waren) was ausgegrenzt wird ? Also Vorsicht: FALLS jemand selbst im Glashaus sitzen sollte, besser nicht selbst mit Steinen werfen . Pragmatischer erscheint mir jedenfalls ein ignorieren dessen, was jemand subjektiv für unsinnvoll erachtet... für einen anderen kann es ja dennoch wertvoll sein. Wenn man es nicht annehmen kann, vielleicht kann man es ja "einfach" wertneurtal hinnehmen/tolerieren, dass andere Menschen auch anders gestrickt sein können?

Ansonsten finde ich es auch berechtigt, allgemein abzureißen, was ein Trauma IM SINNE einer PTBS (denn darum geht es im Thread ja) ausmacht, was ja nicht automatisch impliziert, anderen schwere Erlebnisse absprechen zu wollen... für mich jedenfalls nicht. Klar, was diagnostische Fragen angeht, dazu muss man sich der Beschränkung eines Laien-Forums bewusst sein (in dem wir hier sind). Aber falls diagnostisch persönlich etwas unklar ist, da kann sich doch jeder (?) hier an seinen Arzt/PT des Vertrauens wenden.... bzw. man hat vielleicht bzgl. seiner Schwierigkeiten auch schon Erklärungen dargeboten bekommen (jedenfalls lieferten meine Behandler u.a. auch Erklärungen). Und insofern1 sind solche Fragestellungen
Und ich wollte mal anmerken, dass ich schon glaube, dass in diesem Thread traumatisierte User geschrieben haben.
vielleicht gar nicht so vonnöten? Sondern eher ein Konfliktherd, weswegen es im Thread immer mal wieder "heißer" wurde/wird?

Und insofern2:
Ja, dann würde ich gerne wissen bei wem ich das CT machen kann, denn mir stellkt sich ja auch wieder die Frage nach einer Traumatherapie.
Wieso lässt du dich nicht von einem Profi zwecks Traumatherapie beraten... was den Vorteil hätte, dass ein Profi das auch viel auf dich zugeschnittener empfehlen kann, was dir helfen könnte... zumal Erfahrungstransfer mit sehr viel Vorsicht zu genießen sein dürfte.
Zuletzt geändert von stern am Do., 15.04.2010, 06:15, insgesamt 1-mal geändert.
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candle
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Beitrag Do., 15.04.2010, 06:10

Hallo stern!

Ich denke, Du hast mich gemeint. Nun ja, woanders habe ich das auch schon beschrieben und mag es hier nicht so ausführen, aber letztlich habe ich auch einfach Angst davor, wobei jetzt sicher ein guter Zeitpunkt wäre, bevor es wieder schlimmer wird. Dieser Vorschlag kam nun von mehreren Therapeuten und Psychiatern. Sollte mir vielleicht zu denken geben. Und hier sind die Experten doch sehr knapp gesät.

Na mal schauen!

nemesis, ich habe Dich verstanden. Du hast gar nicht mal so Unrecht, aber es kann eben auch als Seitenhieb verstanden werden und das sollten wir wohl nun lassen.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

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stern
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Beitrag Do., 15.04.2010, 06:57

candle hat geschrieben:Ich denke, Du hast mich gemeint.
Ja, ich hab mich auf dich bezogen und mithin auch dich gemeint - auch wenn ich dich möglicherweise teils etwas unpersönlicher/indirekter angesprochen haben sollte, sry.
Nun ja, woanders habe ich das auch schon beschrieben und mag es hier nicht so ausführen, aber letztlich habe ich auch einfach Angst davor, wobei jetzt sicher ein guter Zeitpunkt wäre, bevor es wieder schlimmer wird.
Wir hatten es grob ja auch schon mal davon... werde mal versuchen nachzulesen, ob sich insoweit bei dir was neueres ergeben hat. Muss jetzt allerdings erstmal zur Therapie abzischen, und anderes. ... so dass ich realistisch erst nach dem WE dazu kommen werde. Zum Zeitpunkt dürfte ein Behandler i.d.R. auch etwas sagen können... also der und die Stabilität sollte schon halbwegs passen. also wie du auch sagst, nicht unbedingt bei Verschlimmerung einplanen. Was ja auch gehen dürfte: Probetermin(e) vereinbaren und sehen, ob der Behandler meint helfen zu können bzw. das vorgeschlagener mit eigenen Vorstellungen/Bedürfnissen/etc. abgleichen. Und wenn "nur" herauskommt, dass xy vielleicht für dich persönlich als nicht so angezeigt gesehen wird oder xy vielleicht genau angezeigt sein könnte, so ist das vielleicht auch schon eine Orientierung. Und wenn's gut läuft, tut sich ja irgendwo ein Behanlungsplatz auf, mit oder ohne längere Wartezeiten.
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Jesusechse
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Beitrag Do., 15.04.2010, 09:32

Hi!

Ich hab' noch mehr PNs gekriegt, die sich noch mehr Infos wünschen würden z.B. wie man mit dann eingetretenen Therapieschäden klar kommt.

Was ich persönlich den allerwichtigsten Aspekt finde, ist, wie wird man mit Trauma fertig, wie überwindet man dann solche schlimmen Erfahrungen und wie lebt man damit weiter. Das ganz Zentrale ist: Wie kommt man aus der Opfermentalität raus? Wie verlernt man das Gefühl ständig existentiell bedroht zu sein?

Besonders schwierig ist dies für Leute mit der Diagnose:"Andauernde Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung".

Mir hat dabei die traumaadaptierte kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie dabei den Durchbruch verschafft, was mit traumaadaptierter sonstiger Therapie (war bei mir systemische Therapie und pa-orientierte, imaginative Traumatherapie nach Reddemann) auch nicht geklappt hat.

Ich könnte hier noch vielleicht 50 Seiten schreiben, die Betroffenen enorm helfen könnten.

Aber für mich ist hier Schluss. Mein Thera hat mir gestern verboten, weiterhin im Forum aktiv zu sein, weil es mich zu sehr triggert und mir zuviel Zeit, Kraft und Nerven stiehlt. Zudem hat er gemeint, dass ich mich nicht ständigen unberechtigten Angriffen von Usern aussetzen soll, die auf mir rumhacken, nur weil sie nicht informiert sind und/oder zu dumm sind, meine Postings wirklich zu verstehen.

Da hat er Recht. Und da ich schließlich gesund werden will, werde ich mich auch dran halten, was er gesagt hat.

Hier stehen inzwischen genug Infos, um sich zu orientieren.
ausgefuchst

PS
@ vallée:

Natürlich merkt man, dass es einem immer schlechter geht. Aber das hilft einem ja nicht weiter, wenn alle Profis einen dann beschwichtigen, sagen, dass das normal wäre und zur Therapie gehört.

Früher gab's kaum Alternativen. Die Klinken arbeiteten schon nach moderner Traumatherapie. Aber sobald man die Klinik verlassen hat stand man vor einer ausweglosen Situation: Draußen gab's noch so gut wie keine Traumaspezialisten. Und wenn, dann waren die voll und hatten Wartelisten bis zu 3 Jahren.

Für Patienten, die grade so jeden Tag am Tod vorbeischrammten, war das nicht zu managen. Also landete man zwangsläufig bei inkompetenten Leuten und war dann diesen klassischen, allgemeinen Therapeuten ausgeliefert. In Kliniken konnte man nicht sein ganzes Leben verbringen. Denn auch dort drohen letztlich Therapieschäden.

Zum damaligen Zeitpunkt war's für Traumapatienten fast unmöglich, ambulant einen kompetenten Therapeuten zu finden.

Heute ist das etwas besser geworden und es wird auch zunehmend besser. Traumaambulanzen schießen wie Pilze aus dem Boden. Aber es sind immer noch viel zu wenige Theras da.

Und mit Eigenverantwortung kommt man da nicht weiter, sondern es ist eher wieder so, dass man den schwarzen Peter den geschädigten Patienten zuschiebt. Und das ist nicht fair. Das ist "Blame the victim" um sich selbst zu beruhigen, dass einem das ja nicht passieren kann, weil man selber wäre ja schlauer! Und das macht mich auch extrem sauer.

Ich hab' bei meinem ersten PA, weil ich es nicht mehr aushielt mal eine Therapiepause verlangt. 3 Monate hatte ich gesagt. Daraufhin hat er gemeint:"Ich mach' mit Ihnen keine Therapiepause. Wenn ich das mache, sind Sie in 3 Monaten tot!".

Wenn man dann erwartet, dass Patienten in der Verfassung noch das alles schaffen, was sich hier manche so vorstellen, dann kann man auch Leute von der Intensivstation rausziehen und sie zum Marathon schicken.

Therapeuten sind für den Verlauf der Therapie zuständig. Sie sind der Profi. Und Therapie ist ein Riesenmachtgefälle. Man ist ausgeliefert, je kränker man ist, desto mehr ist man ausgeliefert.

Ein befreundeter Therapeut hat mir gesagt: "Die Therapieszene ist einer der verlogensten Bereiche der Gesellschaft, die ich kenne!". Es wird Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein vielfach geheuchelt, dahinter steht aber dann nichts als Eigeninteresse. Und die Therapeuten-Lobby tut echt alles, um in der Öffentlichkeit das Bild vom "gutherzigen Samariter", vom "Helfer und Retter aus aller Not", vom "Menschenfreund" zu pflegen. Da kommen im TV Therapeuten, die Patienten zu Hause jeden Tag besuchen etca.. Und ahnungslose psychisch schwerkranke Menschen gehen dann mit so einem Bild im Kopf in diesen Bereich und wissen gar nicht, in welchem Haifischbecken sie gelandet sind. Wenn sie es dann langsam rausgefunden haben, ist es längst zu spät, um sich noch zu schützen.

Für mich gibt's bis heute in meiner Region niemanden, der mich behandeln könnte. Ich musste mir in einem anderen Bundesland einen Thera suchen und der ist fast 150 km von mir weg. Ein anderer, der mich noch betreut, ist mehr als 500 km weg. Der Vorgänger war 350 km weg.

Glück hat der, der dann doch noch Menschen mit guter therapeutischer Ausbildung findet, die wirklich bereit sind, zu helfen.

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estelle
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Beitrag So., 18.04.2010, 10:34

Das hier bezieht sich auf Psychoanalyse:

http://www.sgipt.org/th_schul/pkrit/degepet0.htm

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Jesusechse
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Beitrag So., 09.05.2010, 13:25

In dem Thread

Retraumatisiert durch Therapie: Und jetzt? von nemesis

hat Userin Moni zwei sehr gute Artikel als Link ins Forum eingestellt, die sich insbesondere mit:
- Traumatherapie
- Psychoanalyse bei Traumapatienten
-Therapieschäden bei Traumapatienten
und
- den Veränderungen im Gehirn durch Traumatisierungen
und
- deren Darstellung in bildgebenden Verfahren
befassen.

Ich wollte das hier her verlinken, war aber wieder zu blöde und hab' keine Zeit mehr, um mich mit der Technik weiter rumzuärgern.

LG

Jesusechse

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stern
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Beitrag So., 09.05.2010, 15:40

Schade, dass das mit dem Verlinken bei dir noch nicht klappt. Iss aber eigentlich gar nicht schwer.

Einfach die obere Zeile im Browser (als z.B firefox oder microsoft internet explorer), die mit http://www.undsoweiter anfängt, komplett markieren. Rechte Maustaste klicken und "kopieren" auswählen. In des "Schreibfenster" des Forums gehen, wieder rechte Maustaste klicken, dieses mal "einfügen" auswähen... und schon ist der Link da.
Liebe Grüße
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littlebuddha
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Beiträge: 683

Beitrag Mo., 23.05.2011, 10:18

Hallo liebe Leute, hallo ihr Trauma-Experten,
ich habe mal eine kleine Frage an die Experten: Kann man einen einzelnen oder mehrfachen sexuellen Missbrauch aus der Kindheit so sehr verdrängen (Amnesie), dass sie völlig vergessen ist? So dass die erwachsene Person nur über Schwierigkeiten im sexuellen Bereich mitbekommt, dass etwas nicht stimmen kann, und sich fragt, woher diese Probleme stammen? Und jedes Mal bei der Vermutung Trauma sofort hart abblockt und diese Möglichkeit völlig verleugnet? Wie kann man es herausfinden, wenn eine Amnesie vorliegt?

Sorry wenn das jetzt einfach so kommt.
Ich habe aufgehört, für mich alleine zu leben und angefangen, für uns alle zu leben.
Nennt mich Little!

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Bluebird
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Beiträge: 106

Beitrag Mo., 23.05.2011, 12:08

Hallo Littlebuddha,

ein Experte bin ich auch nicht. Aber ich glaube hier gab es schon recht oft Diskussionen zu diesem Thema. Ich habe jetzt nicht gesucht, aber ich denke mit dem Suchbegriff "Missbrauch vergessen" und ähnlichem sollte man fündig werden.

Ich habe schon von sehr vielen gelesen, bei denen Missbrauchs-Erinnerungen erst nach gewisser Zeit wieder aufgetaucht sind und auch ich selbst habe den MB während Jahren einfach "vergessen" bzw. verdrängt. Ich wusste nicht mehr, dass er überhaupt vorgekommen ist. Ich bin jetzt auch etwas nah am Thema um mehr darüber zu schreiben.

Es gibt jedoch auch Gegenstimmen, die meinen, dass sowas nicht möglich sei. Da gibt es auch anderweitig im Internet sehr viele Diskussionen dazu. (Ich glaube, meine Meinung dazu ist offensichtlich )

Ich finde es ein sehr schweres Themas. Weil einerseits hat wohl jedes Opfer mit Zweifel zu kämpfen, andererseits besteht meiner Meinung nach aber auch die Gefahr, dass man sich möglicherweise in etwas hineinsteigert. Ich finde ohne jede Erinnerung sollte man damit vorsichtig sein, auch um sich selbst zu schützen. Ich finde aber auch, dass solche Gefühle ernstgenommen werden dürfen und müssen.

Ich glaube es gibt keine konkrete Möglichkeit, um zu "testen", ob eine Amnesie vorliegt, ausser zum Beispiel Hypnose. (Aber ob das sinnvoll ist, darüber kann man sich wieder streiten.)

Kannst du das vielleicht in der Therapie ansprechen?

Bluebird

Edit: Hatte mich auf einen Beitrag bezogen, der jetzt verschwunden ist. Das habe ich wieder gelöscht.


Waldschratin
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Beiträge: 4199

Beitrag Mo., 23.05.2011, 12:10

Hallo littlebuddha,
klar kann man das dermaßen "komplett" ausblenden...Mir haben das andere Betroffene schon oft ähnlich erzählt und ich habs selber auch erlebt.Ich hab z.B. die ersten 6 Jahre meines Lebens nicht mehr "gewußt" - da war ein "schwarzes Loch" in mir...Mir sagte nur die Logik an sich,daß es da was gegeben haben muß,weil ich ja nach wie vor am Leben war.

Wie diese Erinnerungen wiederkommen?Bei mir darüber,daß ich an meiner Symptomatik gearbeitet habe.Das waren damals Eßstörungen,die ich verhaltenstherapeutisch anging.Und je mehr und länger ich "normal" gegessen habe,desto mehr Bilder tauchten dann wieder auf...War mir auch nicht grade recht,weil das ganz schön anstrengend ist...Ich hatte zuerst das Gefühl,ich würde phantasieren,weil diese Bilder eigentlich gar nicht "zu mir" gehörten - aber ne Verbindung doch deutlich spürbar war.

Grade das "harte Abblocken",sobald das Traumatisierte angesprochen wird,ist schon mal ein guter Hinweis...

Aber welche Therapie dafür nun grade die beste wäre - um mal wieder aufs Thema zu kommen - kann man glaub ich so allgemein auch nicht beantworten.
"Traumatherapie" ist ja keine der "genehmigten" Richtungen per se,sondern eher "Beiwerk".

Ich selbst bin am besten gefahren mit ner Kombi aus tiefenpsychologisch fundiert mit nem ordentlichen Anteil Verhaltenstherapie dabei - und v.a Körpertherapie,weil "Trauma" immer auch im Körper "gespeichert" ist und man da "direkter" nen Zugang bekommt,weil man eben nicht "ausblenden" kann.

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Admin
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Beitrag Mo., 23.05.2011, 12:16

Hinweis: Beiträge zum Thema von kügeli sowie darauf Bezug nehmende Beiträge wurden in den von ihr auf eigenen Wunsch geschlossenen Thread zum eigentlich gleichen Thema gehängt. viewtopic.php?t=19922

Bitte kein weiteres Hijacking von Threads anderer User mit Ihrem ganz persönlichen Kampf, kügeli.

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*candle*
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Beiträge: 417

Beitrag Di., 07.06.2011, 18:10

Danke für den Hinweis an Stoepsel.

Erstmal wollte ich fragen was es heißt "komplexe" Traumatisierungen, wenn das hier jemand weiß.

Wo mein Therapieweg jetzt so hinführt, weiß ich aber ich suche doch auch Gleichgesinnte zum Austausch bei PTBS OHNE Persönlichkeitsstörung. Versteht das bitte nicht falsch, aber im Austausch komme ich besser klar, wenn man mich auch versteht. Mein neuer Thead war ja leider gar nicht erfolgreich. Vielleicht klappt es hier ja.

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kügeli
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Beiträge: 150

Beitrag Di., 07.06.2011, 18:22

Hallo candle,

ich hab viel gelesen und gegoogelt und auch da gelesen.

Gefunden hab ich z.b. das hier:

Aus: http://komplexeptbs.wordpress.com/diagnose/

Nach Judith Herrmann und Bessel van der Kolk bzw. nach den DESNOS-Kriterien werden der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung folgende Symptome zugeordnet:
• Störungen der Regulierung des affektiven Erregungsniveaus (u. a. Schwierigkeit, Ärger zu modulieren, selbstdestruktives und suzidales Verhalten, impulsives und risikoreiches Verhalten )
• Störungen der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins (u. a. Amnesie und dissoziative Störungen)
• Somatisierung
• Chronische Persönlichkeitsveränderungen (u. a. Änderung in der Selbstwahrnehmung wie z. B. chronische Schuldgefühle, Selbstvorwürfe, Gefühle, nichts bewirken zu können, Gefühle, fortgesetzt geschädigt zu werden, Änderung der Wahrnehmung des Schädigers, Veränderung der Beziehung zu anderen Menschen)
• Veränderungen in Bedeutungssystemen (u. a. Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, Verlust der bisherigen Lebensüberzeugungen) [...]

In folgenden Punkten überschneiden sich die Symptome der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung und der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung:
• Störungen der Affektivität und der Regulierung des affektiven Erregungsniveaus
• Störungen der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins (z. B. dissoziative Symptome)
• Störungen der Selbstwahrnehmung
• Impulsive und risikoreiche Verhaltensweisen
• Störungen des Sexualverhaltens
• Störungen des Beziehungsverhaltens (u. a. Unfähigkeit zu vertrauen und Beziehungen mit anderen aufrecht zu erhalten, Schwierigkeiten mit der Regulation von Nähe und Distanz)
• Somatisierungsstörungen
• Selbstdestruktives und suizidales Verhalten.“
(Quelle: http://www.ehrenwall.de/PDF/Zusammenfas ... 20Hamm.pdf)

vielleicht hilft dir das ja.

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