Dumme Frage zu Schuhen im Therapieraum

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Méabh
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Beitrag Mi., 19.06.2013, 20:40

Ein Therapeut hat zu mir mal gesagt: Nackte Füße seien durchaus etwas sehr Erotisches, er könne verstehen, wenn man seine Füße nicht jedem zeigen wolle. (Also, er meinte das generell, er ist kein Fußfetischist, so weit ich weiß.)

Keine Ahnung, ich finde nicht, dass man einen Sockenschuss haben muss, wenn das Thema ist, wenn eben zB, wie bei mir, früher eben, "Füße" sexualisiert worden sind.

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stern
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Beitrag Mi., 19.06.2013, 20:57

Méabh hat geschrieben:Ein Therapeut hat zu mir mal gesagt: Nackte Füße seien durchaus etwas sehr Erotisches, er könne verstehen, wenn man seine Füße nicht jedem zeigen wolle. (Also, er meinte das generell, er ist kein Fußfetischist, so weit ich weiß.)
Ich bin auch kein Fussfetischist ... aber ehrlich gesagt bringe ich das mit Füssen auch eher in Verbindung als Ekel (aber wie gesagt: je nach Fuss). Nagellack oder Fusschmuck kann das das zusätzlich betonen. Oder auch wenn der Fuss in hochhackigen Schuhen verdeckt ist, soll das wohl den Zweck auch etwas erfüllen. Die Werbung bedient sich dem auch teilweise.. also man kann das so empfinden ohne dass das spezieller Vorerfahrungen bedarf.

Stellt sich dann auch noch die Frage, wie sieht es mit einer feinen Strumpfhose (oder Söckchen, jeweils nicht blickdicht) aus . Do oder Don't. Dass diese viel Distanz zwischen Boden und Fuss schaffen, wage ich zu bezweifeln. Und den Fuss sieht man auch.
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ziegenkind
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Beitrag Mi., 19.06.2013, 21:08

da sieht man mal, wie schwer das mit der sprache ist. man KANN schlichtweg nicht so schreiben, das man wirklich verstanden wird. nee, ich schließe natürlich nicht von ekligen füßen auf ekligen mensch. ich hab versucht mir vorzustellen, wie das wär. ich sitze bei jemandem mit nackten füßen, denke, ach eigentlich ganz netter nachmittag und irgendwann merke/höre ich, der andere hat die ganze zeit dran gedacht, wie eklig das mit meinen füßen ist. find ich nicht schön als vorstellung. hätte ich mir gewünscht, dass derjenige mir gegenüber ehrlich ist. fühle ich mich mit unehrlich, weil höflich eben nicht wohl. nochmal: ICH. nicht die menschheit.

die formulierung "eigentlich nur": ich meinte das als frage, mit so einem oder? hinten dran. MIR fällt keine andere begründung ein (das heißt nicht, ich denke, es gibt keine). die antwort finde ICH nicht überzeugend: ich will den anderen doch nicht bloßstellen, hat es geheißen. damit unterstelle ich, dass er sich bloßgestellt fühlen könnte. woher weiß ich das eigentlich? ich fänd es schön, möglichst oft mit menschen zu tun zu haben, die IHRE bedürfnisse mitteilen und nicht mutmaßungen über meine bedürfnisse oder ängste vor bloßstellung anstellen. die eigenen bedürfnisse und gefühle wirklich wahr- und ernstzunehmen, will MIR scheinen, ist ja schon schwer genug. warum sich da "fürsorglich=paternalistisch=entmündigend (wie MIR das vorkommt) mit denen des anderen beschäftigen. dass das mit dem, ich will, dass er sich wohlfühlt nach hinten losgehen KANN (achtung: nicht muss), das habe ich mit meinem, wie ich finde, gar nicht so absurden beispiel gezeigt, scheint MIR.

ich hab vor ca. 3 jahren das erste mal einer guten freundin gesagt, dass ich das essen bei ihr ein bisschen zu wenig salzig finde. sie hat mehr salz ausprobiert und fand es dann auch leckerer. sie ist übrigens eine begnadete köchin und jetzt LIEBE ich ihr essen wirklich und wahrhaftig. sie merkt das. und sie freut das. das hat geklappt, weil ich mich nicht angepasst hab, glaube ich. einfach war das nicht, ihr das zu sagen. ich hab anlauf genommen. ich mache gute erfahrungen mit solchen anläufen.

warum ist das eigentlich für manche ein wert, sich anpassen? ich versteh das nicht. wenn ich meine bedürfnisse äußere, dann heißt das für mich nicht, dass sie erfüllt werden MÜSSEN. ich bin kein kleines, hilfloses kind, das, so denke ich, immer vorrang hat, weil und so lange es anders und alleine nicht kann, weil es hilflos und abhängig ist. wenn ich all das nicht bin, denke ich, kann der andere entscheiden, was er mit meinen bedürfnissen macht. das ist seine freiheit. die freiheit kann er aber nur nutzen, wenn ich ehrlich bin und sage, was ich denke, scheint mir. und ich muss ihn auch nicht fürchterlich finden, wenn er sie, meine bedürfnisse nicht erfüllt. er kann ja gute gründe dafür haben.

alles mit dem zusatz versehen: wie das ziegenkind die welt sieht. wie ein anderer kann es die welt ja nicht sehen. es hört aber gerne, wie andere das sehen. das macht das leben bund(t) (hi, hi, hab heute viel über den jüdischen bund geredet. tagesreste) und interessant.
Zuletzt geändert von ziegenkind am Mi., 19.06.2013, 21:59, insgesamt 1-mal geändert.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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stern
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Beitrag Mi., 19.06.2013, 21:17

Stichwort Anpassung: Ganz paradox wäre die Situation:

Gast zieht Sandalen aus, weil er denkt, das sei dem Gastgeber genehm, wenn er die Wohnung nicht mit Schuhen betritt. In Wirklichkeit würde er aber lieber die Schuhe anlassen. Gastgeber findet es eklig, wenn jemand barfuss in seiner Wohnung läuft, sagt aber nicht, ob es möglich wäre, die Schuhe anzubehalten, weil er denkt: Hauptsache der Gast fühlt sich wohl.

Gibt es eine ähnliche story nicht in der Anleitung zum Unglücklichsein, oder täusche ich mich.

Insofern bin ich auch bei ziegenkind, dass Anpassung kritisch sein kann... und es vorteilhafter sein kann, das selbst gewünschte direkt zu kommunizieren bzw. zu tun. Da kann man immer noch widersprechen, wenn es nicht passt.
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BillieJane
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Beitrag Mi., 19.06.2013, 22:53

sandrin hat geschrieben: Es ist einfach eine gänzlich andere Therapie, die ich da im Gegensatz zu euch mache. Wenn man überhaupt von Therapie sprechen kann.
Hallo sandrin.

Ich habe auch bereits eine Gestalttherapie gemacht und obwohl ich nicht die ganze Socken-Diskussion verfolgt habe bin ich doch über einige deiner Aussagen zu deiner Gestalttherapie gestolpert. ZB, dass die therapeutische Beziehung keine Rolle spielen würde und man darüber nicht sprechen würde. Hat dein Therapeut das so gesagt?

In meiner Gestalttherapie hat die Beziehung sehr wohl eine zentrale Rolle gespielt und sie war auch ausgesprochen wichtig, diese war auch regelmäßig Thema in der Therapie.

Darf ich fragen weshalb du sagst "wenn man überhaupt von Therapie sprechen kann"?

Ich möchte dich mit meinen Fragen keineswegs bedrängen, vielleicht magst du im Augenblick nicht darüber sprechen.
Doch falls du dich bei Gelegenheit austauschen möchtest, bin ich sehr gerne dazu bereit.

Ich habe zuvor auch eine Analyse gemacht und falls du bei Gelegenheit Interesse hast, kann ich dir gerne etwas aus meiner Erfahrung schildern wie ich die Unterschiede erlebt habe.

Wie gesagt, es ist lediglich ein Angebot meinerseits falls du mal Bedarf hast dich aus zu tauschen.

Liebe Grüße,

BillieJane


leberblümchen
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Beitrag Do., 20.06.2013, 02:38

stern, aber gerade beim Thema 'Schuhe' kann man sich doch recht leicht anpassen, ohne sich zu verbiegen und ohne vorher einen Schuhanoderausintegrationskurs besucht zu haben. Man guckt und fragt, fertig. Wenn man das nicht macht, dann halt nicht. Aber schön muss das ja niemand finden.

Ist auch was anderes, ob es um Salz am Essen geht oder nackte Füße. Jemandem zu sagen: "Ich mag keine nackten Füße von Menschen in meiner Wohnung, die mir nicht so vertraut sind", wird natürlich verletzen. Man muss nicht immer die Wahrheit sagen, nur weil man denkt, damit optimal seine Bedürfnisse ausgedrückt zu haben. Und auch jemand, der nackte Füße wenig-vertrauter Menschen eklig findet, muss nicht den ganzen Nachmittag platzen vor Ekel und Wut, wenn jemand sich nicht darum schert, weil er es halt nicht weiß.

Beziehung kann auch funktionieren, wenn Dinge unausgesprochen bleiben.

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sandrin
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Beitrag Do., 20.06.2013, 04:40

@Billy Jane: Ich mache aktuell keine Gestalttherapie, sondern eine Tiefenpsychologisch orientierte Therapie. Dass das bei einer Gestalttherapie anders ist, glaube ich auch. Ich bin sogar überzeugt, dass es in den meisten tiefenpsychologisch orientierten Therapien anders ist. Aber ich muss von MEINER Therapie ausgehen und da ist die Beziehung einfach überhaupt kein Thema.

Der Unterschied würde mich durchaus interessieren. Ich melde mich heute nochmals bei dir! Danke!

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stern
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Beitrag Do., 20.06.2013, 06:37

titus2 hat geschrieben:stern, aber gerade beim Thema 'Schuhe' kann man sich doch recht leicht anpassen, ohne sich zu verbiegen und ohne vorher einen Schuhanoderausintegrationskurs besucht zu haben. Man guckt und fragt, fertig. Wenn man das nicht macht, dann halt nicht. Aber schön muss das ja niemand finden.
Mein Beispiel ging in eine etwas andere Richtung. Sprich: Wenn die Anspassung sogar soweit geht, dass man ungefragt versucht, das gewünschte zu antizipieren.

Als Gast kann man natürlich fragen. Machen wohl auch die meisten Menschen. Ob man das voraussetzen kann, weiß ich aber nicht. Als Gastgeber braucht es aber eher eine Bitte, wenn man ein bestimmtes Verhalten wünscht. Theras haben mich auch nicht gefragt, ob es mir genehmer ist, Schuhe an- oder auszuziehen, sondern schilderten den usus, wie sie das wünschen. Womit kein Problem habe/hatte.

Ich bin da wirklich mehr bei ziegenkind (was nicht besser oder schlechter ist, sondern Menschen sind unterschiedlich). Z.B.
Ist auch was anderes, ob es um Salz am Essen geht oder nackte Füße. Jemandem zu sagen: "Ich mag keine nackten Füße von Menschen in meiner Wohnung, die mir nicht so vertraut sind", wird natürlich verletzen. Man muss nicht immer die Wahrheit sagen, nur weil man denkt, damit optimal seine Bedürfnisse ausgedrückt zu haben.
Ist nicht gesagt, dass das jemanden verletzt... nimmt doch nicht jeder persönlich, wenn jemand die Füße nicht mag. Mir persönlich ist lieber, ich weiß woran ich bin... und höre lieber, dass es gewünscht ist, die Schuhe auszuziehen (ich frage aber auch ggf. selbst) als z.B. nacher zu erfahren, dass es als eklig empfunden wurde, dass ich barfuss durch die Wohnung marschierte. Und wie gesagt: Nichtmal Theras stellten es zur Dispostion, ob ich lieber die Schuhe anbehalten möchte (und nö, dass hatte nichts mit meinen Schuhen zu tun, sondern ist schlichtweg das gewünschte). Wie die Reaktion ist, wenn ein Patient sagt, das kann ich nicht, weiß ich nicht. Ich denke schlichtweg, es kann Beziehung erleichtern und Klarheit schaffen, wenn man sagt, wie man sich etwas wünscht. Um optimales Ausdrücken von Bedürfnissen geht es (mir) dabei weniger.
Und auch jemand, der nackte Füße wenig-vertrauter Menschen eklig findet, muss nicht den ganzen Nachmittag platzen vor Ekel und Wut, wenn jemand sich nicht darum schert, weil er es halt nicht weiß.
Eben... dann kann man ja darum bitten, ob es möglich wäre die Schuhe anzubehalten.
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leberblümchen
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Beitrag Do., 20.06.2013, 07:01

Das fände ich seitens des Gastgebers taktlos. Beim Therapeuten ist das wiederum anders, denn mit dem hab ich keine private Beziehung: Da rufe ich auch nicht einfach an und frag, ob wir uns mal treffen können. Oder ich kann auch nicht, nur weil es gerade so schön ist, eine Stunde länger bleiben, sondern wenn er sagt: "Jaaaaaaaaa,..." und dabei die Stimme hebt, dann weiß ich, dass ich aufstehen muss. Der hat seine Regeln, nach denen man sich richten muss.

Wenn ich private Gäste habe, dann kann ich doch tolerant bzw. flexibel sein und ich muss das trotzdem nicht gut finden, was die 'mitbringen'. Bei meinem 'Ekelgefühl' geht es ja auch weniger um den tatsächlichen 'Schaden', den ich erleide - im Gegensatz zum Rauchen, zum Beispiel -, sondern es geht eher um etwas, das ich persönlich gerne anders hätte, das mir jedoch nicht so wichtig wäre, als dass ich dafür in Kauf nehmen würde, den Anderen zu verletzen.


montagne
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Beitrag Do., 20.06.2013, 09:04

Hi ziegenkind,
wenn ich meine bedürfnisse äußere, dann heißt das für mich nicht, dass sie erfüllt werden MÜSSEN.
Ich fand deine letzten Beiträge hier für mich inhaltlich ganz nützlich (und von der Art wie annehemnd und annehmbar).

Ich denke da liegt eine Crux. Besonders für Menschen, die irgendwo Probleme mit sich und anderen haben und daher Therapie machen. Aber auch gesellschaftlich ist es so tief eingebettet, denke ich.
Eine Erwartungshaltung, dass ein geäußerter Wunsch erfüllt werden muss, wozu äußert man ihn dann? Damit bringt man den anderen also in Zugzwang und wenn man meint das wäre unschicklich, tut man es nicht. Ebenso das Schließen von sich auf andere.
Wer sagt denn, dass man andere so behandeln muss, wie man selbst behandelt werden möchte? Von daher müsste man mehr kommunizieren. Was willst du? Was will ich? Wie einigen wir uns? Wie gestalten wir das?

Jetzt kommt ein aber:
Ich sehe Grenzen des Machbaren. Oft und für viele im leben ist nicht genug Zeit und Energie, das bis ins Kleinteilige auszudiskutieren. Du sagst selbst, es hat dich einige Überwindung, also Kraft, gekostet, deine Freundin auf das Salz anzusprechen. Jetzt stell dir eine vierköpfige Familie vor. Da ist es schon sicher manchmal anstrengend, das nötigste durchzusprechen und dann ist jeder auch mal froh, seine Ruhe zu haben.

Es gibt viele Berufe, in denen Handeln angesagt ist. Und die Pausen sind dazu da, sich von den körperlichen und/oder emotionalen Strapazen zu erholen. Da redet man dann nur noch Blödsinn, albert rum, gackert. So habe ich es kennen gelernt. Habe letzte Woche, nach einem halben Jahr erfahren, aus der privaten Kaffetasse einer Kollegin getrunken zu haben, jeden Tag. Klar hat es sie irgendwo gestört, klar schade, das sie so lange nichts gesagt hat. Aber es war halt ihre/unsere Pause, in dem Fall auch Pause vom immer was Klären müssen, vom Kommunizieren, vom rumrennen und Action. Da plumst jeder nur noch auf sein Stühlchen und schlürft den Kaffee und labert belangloses Zeug und erleichtert sich vielleicht noch von Arbeitsgeschehnissen.
Ich denke in sehr vielen Berufen und Alltagsvollzügen geht es so zu.

Therapie ist meistens begrenzt. Es geht ja nicht nur, um Stundenzahlen, wer etwas Geld hat, könnte ja zahlen. Es geht auch um Lebenszeit. Von daher muss man Prioritäten setzen. Immer. Zeit, Kraft, Geld, das sind alles endliche Ressourcen. Es werden und müssen immer Themen und Dinge unter den Tisch fallen, die es ohne Frage lohnen würden, durchgesprochen zu werden.

Ich persönlich denke auch, ja es könnte mehr gesprochen werden, mehr klarifiziert werden. Wäre schon was gewonnen, Menschen würden öfters reflektieren, was ist ihrs, was ist vom anderen, wie gehe ich damit um.

Nur es hat eben auch irgendwie Grenzen des Machbaren. Und dann (für mich) auch eine Frage von Weltbezug. Inneres Erleben und pure Beziehungen allein reichen nicht, für einen lebendigen Weltbezug. Weil Welt so viel mehr ist, als das Du und das Ich und das Wir.
Beziehungen und Inneres aussparen ist eigentlich nicht möglich. Subjektivität ist immer da. Aber den Weltbezug auf Beziehungen und Inneres zu reduzierne ist auch wieder nur eine einseitige Verkürzung, die meiner meinung nach zu einem Mangel führen wird, nur eben zu einem anderen als vorher. Aber eben auch ein Mangel.
amor fati

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stern
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Beitrag Do., 20.06.2013, 11:46

titus2 hat geschrieben:Das fände ich seitens des Gastgebers taktlos.
Natürlich wäre es gastfreundlicher einen Gast nicht zu bitten, die Schuhe auszuziehen (die Unterscheidung in private und formale Beziehung finde ich persönlich nicht nötig). Aber mir ginge es ähnlich wie ziegenkind: Wenn ich dann merken würde, der Gastgeber verspürt Ekel und Groll, weil er taktvoll und tolerant sein möchte und nicht um Schuhe bittet, fühle ich mich erst recht nicht mehr wohl. So dass mir entschieden lieber wäre, er hätte mich um Schuhe gebeten anstatt jemand, der dann mit unangenehmen Gefühlen voll ist.

Btw.: Auch in privaten Beziehungen gibt es gewisse Regeln, die sind hier halt noch mehr informeller Natur... und Abwägen zwischen Konvention/Takt, eigenen Bedürfnisse und Bedürfnissen und Seelenheil des Gegenübers ist auch da öfters nötig bzw. sinnvoll.

Der eine orientiert sein Handeln am Taktgefühl/Konvention... der nächste sagt, auch ich möchte mich mit meinem Besuch wohlfühlen und das tue ich nicht mehr, wenn Gäste barfuss durch meine Wohnung läuft. Und so weiter. Barfuss laufe ich manchmal auch selbst in meiner, das sehe ich also locker... aber ich knirsche z.B. mit den Zähnen, wenn jemand Gläser (am besten noch mit Wasserrändern) auf meine Holzmöbel abstellt . Da reiche ich dann gerne etwas zum Unterlegen bzw. verweise bei Missachtung dezent darauf , obwohl mir klar ist, dass ich in dem Punkt etwas pingelig bin (und sogar ahne, woher das kommt). Probleme hatte bisher noch nie damit (doch in einer nahen Beziehung ab und an, dass das als pingelig empfunden und persönlich genommen wurde. Das ist natürlich auch pingelig. Was aber so alles hineininterpretiert wurde, dafür zog mich mir in dem Fall nur teilweise die Schuhe an). Natürlich wäre die Alternative, dass ich sage, o.k. der Gast soll sich wohlfühlen. Nur fände es der Gast toll, wenn er merkt, ich lasse etwas zu, was nicht in meinem Sinn ist, hmm.
sondern es geht eher um etwas, das ich persönlich gerne anders hätte, das mir jedoch nicht so wichtig wäre, als dass ich dafür in Kauf nehmen würde, den Anderen zu verletzen.
ist glaube auch wirklich nicht, dass das jeden verletzt... evtl. kann man das ja auch so formulieren, dass es nicht verletzt.

Höhö, in einer nahen Beziehung wurde ich mitunter gebeten, Schlappen anzuziehen, weil ich barfuss Abdrücke auf den Fliesen hinterlasse. Das war Fakt (natürlich nicht beabsichtigt, sondern Versehen), aber da fühlte ich mich nicht verletzt. Ich hab weiß Gott auch genug verletzlichkeiten, aber die zur Abwechslung mal nicht: Wenn meine Füsse jemand eklig findet, so tangiert mich das eher weniger, weil ich meine Füsse nicht eklig finde. Da denke ich mir dann eher (im Fall der Abdrücke): Na gut, wenn es so sehr stört, dass sogar hintergewischt wird (und das wurde es... das habe ich als pingelig empfunden, aber jeder wie er mag), dann ziehe ich halt Schlappen an, wenn es dem Seelenheil dienlich ist, wenn der Fussboden ansonsten unansehnlich mit meinen Tapsen empfunden wird. Und für den Fall, dass beim Anblick meiner Füsse jemand Ekel empfinden würde: Na gut, Menschen sind unterschiedlich... dann ziehe ich halt Schuhe an.

--------------

Ich habe mich heute barfuss nicht getraut... musste aber grinsen als meine Thera mich sogar barfuss begrüßte. Insofern kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie bemängeln würde, wenn ein Patient barfuss ist .
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hopelife
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Beitrag Do., 20.06.2013, 12:38

Ich glaube, was das Thema Verletzung angeht, bin ich mit Titus einer Meinung.
Lösen könnte man das Problem als Thera, wenn es für alle die gleichen Regeln gibt.
Somit wäre das Problem gelöst. Der Raum darf nur mit Socken betreten werden.
Das sagt ja alles, um vor persönlichen Ablehungen wegzukommen.
Und falls der Therapeut Abneigungen gegen Füße hat,
wird er von sich aus ein Schild aufhängen auf dem steht hier nur mit Socken.


Damit sich keiner persönlich angegriffen fühlt, jedenfalls was das Thema Schuhe betrifft.
Ich denke, ich würde auch schon aus Gründen der Hygiene beim Therapeuten nicht ohne
Söcken sitzen schon aus eigenen Anstand heraus.
Es gibt ja schon so dünne Söcken, vielleicht nicht für Männer, aber für Frauen und in der Stunde
beim Thera bewegt man sich in der Regel ja nicht, so dass es einem total warm an den Füssen wird.
Und eigentlich finde ich meine Füsse ganz reizend und mach es trotzdem nicht!
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

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Beitrag Do., 20.06.2013, 12:51

@ montagne
Du hast Recht mit deiner Beschreibung, dass wir Bedürfnisse äußern sollten,aber im therapeutischen Setting,
wo der Patient vielleicht nicht soviel Ich Kompetenzen hat, vielleicht auch seinen eigene Körper ablehnt oder stark auf das
das reagiert, was die Außenwelt ihm spiegelt, kann es für einen Thera schwer sein zu sagen,
dass er nicht möchte, dass der Patient nackte Füsse hat. Deswegen würden klare Regeln das Problem lösen.

Es kann wirklich zu Verletzungen des Patienten kommen, weil wir ja nur spüren, wie der Therapeut und vielleicht findet.
Im Alltag kann man da selbstsicher auftreten, weil man einzuschätzen weiß, wie das Gegenüber mich findet, jedenfalls im Umgang mit vertrauten Menschen.
Ich finde den Satz sehr gut, indem du beschreibst, die Menschen sollten mehr soziale Kompetenz haben und auch eigene verantwortlich auf den anderen achten. Was wünscht er sich vielleicht.
Man muss ein Gespür für Kritik bekommen und differenzieren können, warum ist mir das jetzt wichtig dem anderen mitzuteilen? Stört mich das jetzt wirklich so sehr, dass es mich belastet oder einschränkt?
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

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Beitrag Do., 20.06.2013, 13:00

Mal abgesehen vom therapeutischen Setting, geht es auch darum, wie wir die Bedürfnisse senden, wie wir sie forumulieren.
Die Schwester meines Freundes sagte mal zu ihm als er sie fragte ,
ob sie eine Stunde zu seinem Geburtstag kommen mag, um ein wenig zu feiern und reden
Nö du, habe eigentlich keine Lust, ist zwar um die Ecke, aber hab eigentlich kein Bock.
Das hat ihn persönlich schwer belastet. Wenn sie das anders formuliert hätte zum Beispiel: Mir ist heute nicht so danach, aber ich denk an dich und wenn wir uns sehen holen wir das nach
dann wäre es anders angekommen.
Aber dazu gehört auch die soziale Kompetenz, die vielen heute fehlt.
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!


montagne
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Beitrag Do., 20.06.2013, 13:18

@Hoffnung:
Ich verstehe, was du meinst und oft wird es sicher auch irgendwie so sein. Im Einzelfall spielen jedoch auh andere Themen in der Therapie eine Rolle. Daher halte ich es für sinnvoller wenn ein Therapeut im Einzelfall entscheidet. Es fängt schon mit Äußerlichkeiten an. Kommt Verwaltungsangestellte Karin nach der Arbeit zur Therapie oder Bauarbeiter Kalle? Daran könnte sich schon entscheiden, dass der eine die Schuhe auszieht, der andere nicht.

Wichtiger sind natürlich die impliziten Therapieziele. Für den einen kann es gut sein Regeln erstmal neutral, personenunabhängig zu erfahren. Für den anderen kann es wichtig sein Regeln individuell zu erfahren. oder kann es wichtig sein, zu sehen, der/die Therapeutin hat eine gewisse Selbstbehauptungsfähigkeit. Letzteres kann für unterschiedliche implizite Ziele relevant sein.

Und da sich manches ausschließt, zum Beispiel, dass ein und die slebe Therapeutin das Schuh-Thema übergeordnet für alle regelt und individuell, wers braucht, wird man auch in einer Therapie mit Grenzen des Entgegenkommens zu tun haben, selbst dann, wenn die Therapeutin sich sehr einstellen würde. Und dann muss man halt gucken ob es einem das Wert ist, drüber zu sprechen oder ob man es so für sich handhaben kann oder möchte.

Hängt sicher auch wieder mit den individuellen bewussten und unbewussten Zielen zusammen, die jeder hat.
amor fati

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