Psychotherapiemethode in Diskussion

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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candle.
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 17:31

sandrin, kannst du mir etwas zum Konflikt sagen? So ganz habe ich es noch nicht begriffen.

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leberblümchen
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 17:44

Fundevogel, ich sehe das - mit meinem wahnsinnig fundierten Wissen - etwas anders in Bezug den Trauma-Begriff. Es ist nicht so, dass ein Trauma ausschließlich ein 'Horror-Trip' sein muss, irgendein einmaliges schockierendes Erlebnis. Viele Th. sprechen von kumulativen Traumata - andere lehnen das allerdings ab. Und so kann eine gruselige Eltern-Kind-BEZIEHUNG durchaus traumatisch für den Betroffenen sein, ohne dass da die Fetzen geflogen sein müssen.

Candle, ich denke nicht, dass mit dem Begriff der Beziehung in der Therapie gemeint ist, dass man da 'übt', wie Beziehungen gehen. Das auch, aber nicht nur. Dieses Nachreifen, das kann halt nötig sein, wenn jemand eine unreife Persönlichkeit ist - oder hat? - derjenige kann vielleicht trotzdem nach außen halbwegs funktionierende Beziehungen haben. Aber dennoch ist er evtl. depressiv - was er wiederum VIELLEICHT nicht wäre, wenn er eine glückliche Kindheit in einer wertschätzenden, annehmenden Familie verbracht hätte.

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candle.
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 17:50

titus2 hat geschrieben: Dieses Nachreifen, das kann halt nötig sein, wenn jemand eine unreife Persönlichkeit ist - oder hat? - derjenige kann vielleicht trotzdem nach außen halbwegs funktionierende Beziehungen haben. Aber dennoch ist er evtl. depressiv - was er wiederum VIELLEICHT nicht wäre, wenn er eine glückliche Kindheit in einer wertschätzenden, annehmenden Familie verbracht hätte.
Ja kann alles sein, aber ich habe z. B. nie erfahren was du erlebt hast oder nie erfahren was andere in PA haben, das scheint mir immer sehr zum heiligen Gral gemacht zu werden, das finde ich so befremdlich. Und klar lebt man auch intakte Beziehungen, selbst meine Verwandschaft tut es, auch wenn es von außen eher als krank bezeichnet wird, aber so entwickeln sich halt eigene Spielregeln in manchen Beziehungen.

Aber was ist denn nun eine unreife Persönlichkeit? Wie stellt man das fest?

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leberblümchen
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 17:56

Ich schreibe hier ja nicht nur als PA-Patient; insofern ist da nichts Heiliges. Ich hatte vorher ein halbes Jahr TfP, mit Übergang zur Analyse. Und ich empfand dieses 'heilsame Beziehungsangebot' in der TfP viel deutlicher als jetzt. Das ist also nichts, was man nur auf der Couch bekäme. Und ich nehme an, dass es in einer VT durchaus auch eine Rolle spielt, dass sich da jemand 'zur Verfügung stellt', mit dem man nachreifen kann. Vielleicht liegt der Schwerpunkt da anders.

Salopp gesagt, würde ich meinen: Jemand mit einer reifen Persönlichkeit hat Freude am Leben und am Lieben.

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 17:57

sandrin hat geschrieben:Man hat bei mir z. B. immer einen Konflikt gesehen, in meiner "neuen" Therapie jetzt eher Traumata. Im Grunde ja eigentlich auch wieder egal, denn es geht ja eher um den Leidensdruck dahinter.
Ist schon spannend, sandrin, gell? Ich meine wie kann das sein?
Es ist das selbe Leben, deines - und der eine Therapeut sagt eher Trauma und der andere eher Konflikt.
Gehts da wieder um den methodischen Hintergrund oder warum ist das so unterschiedlich.

Also ich befürchte ja irgendwie, sowas wie "objektive" Wahrnehmung durch Therapeuten ist ja sowas von out, spätestens seit der Quantentheorie und Schrödingers Katze.

Aber können wir Patienten (entschuldigung, daß ich wir sage), also können wir Patienten damit umgehen? Also ich zumindest, ich gehe in die Therapie und erwarte dort, daß er weiß, was richtig und falsch ist und womit er mir helfen kann. Ich will mich darauf verlassen können, daß er es weiß, in welche Richtung es gehen sollte, wenn ich es schon nicht weiß...
Dann ist mir die Quantentheorie sowas von wurscht...
*seufz*

Und sandrin - mit dem Leidensdruck, da stimme ich dir schon zu, daß es darum geht. Aber mir ist das ehrlichgestanden nicht egal, ob mein Therapeut der Meinung ist, da ist ein schlimmes Trauma passiert oder da liegt ein innerer Konflikt in mir zugrunde.

Weil: wenn ich einen inneren Konflikt in mir habe, dann kann ich den auch lösen. Und es ändern.
Wenn es ein Trauma ist, dann muß ich irgendwie lernen, mich damit abzufinden. Und kann gar nix mehr ändern.
Dieser Gegensatz ist wahrscheinlich ein Riesenblödsinn
(also jetzt so methodentechnisch-mäßig)
aber ich EMPFINDE es so.
candle. hat geschrieben:Ich persönlich (vielleicht war es ja mein Überich)
Uaaaah, ich kann nicht mehr vor Lachen, candle!

Jetzt muß ich dann doch mal wieder eine Lanze brechen für Freud:

Danke für das ES und das ÜBERICH - die sind schuld,
aber ICH ganz sicher nicht....

Danke, danke, lieber Herr Freud



Edit: titus und candle noch nicht gelesen
Fundevogel

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candle.
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:02

Da halt ich aber zwei Punkte nicht für richtig.
titus2 hat geschrieben: Und ich nehme an, dass es in einer VT durchaus auch eine Rolle spielt, dass sich da jemand 'zur Verfügung stellt', mit dem man nachreifen kann.
Das sehe ich für die VT absolut nicht so. Ist natürlich die Frage was du unter Nachreifen verstehst.
titus2 hat geschrieben:Salopp gesagt, würde ich meinen: Jemand mit einer reifen Persönlichkeit hat Freude am Leben und am Lieben.
Das ist mir auch zu einfach gestrickt, denn es gibt sehr viele unreife Menschen meiner Meinung nach, die lustig damit vor sich hin leben. So einfach ist es wirklich nicht.

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Tristezza
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:10

@ Fundevogel: Mir ist die Unterscheidung zwischen Trauma und Konflikt nicht ganz klar. Entstehen viele Konflikte nicht aus Traumata, zumindest aus sehr problematischen Beziehungen zu den frühen Bezugspersonen? Und gibt es nicht auch Konflikte, die sich nicht lösen lassen, und andererseits Traumata, die sich bearbeiten lassen?

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sandrin
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:12

@ fundevogel

Da liegt aber genau der Hund begraben. Die Chance, dass du in einer Therapie eine objektive Diagnose bekommst, die andere Therapeuten unabhängig von den anderen wieder so stellen würden, ist verschwindend gering. Ich bin auch so ein Orientierungsfanantiker. Und ich erwarte das im Grunde auch. Aber ich bin mit dieser Erwartung auch so was von derart abgeschmiert, dass ich völlig dekompensiert habe. Und jetzt geht es um mich. Ich darf nicht zulassen, dass andere Menschen/Methoden eine derartige Macht über mich haben.

Ich stelle mir meine Diagnosen neuerdings selber, weil ich das vermutlich sogar besser als irgendwelche Therapeuten kann. Traurig, aber wahr...

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:12

titus2 hat geschrieben:Fundevogel, ich sehe das - mit meinem wahnsinnig fundierten Wissen - etwas anders in Bezug den Trauma-Begriff. Es ist nicht so, dass ein Trauma ausschließlich ein 'Horror-Trip' sein muss, irgendein einmaliges schockierendes Erlebnis. Viele Th. sprechen von kumulativen Traumata - andere lehnen das allerdings ab. Und so kann eine gruselige Eltern-Kind-BEZIEHUNG durchaus traumatisch für den Betroffenen sein, ohne dass da die Fetzen geflogen sein müssen.
titus, mein Wissen ist ungefähr genauso fundiert.
Das eine schließt das andere nicht aus. Es gibt eben die sogenannten Typ 1 Traumata und die Typ 2 Traumata. (Einzelereignis vs. kumulativ).
Darüber hinaus gibt es unterschiedlich "enge" Traumadefinitionen, von Naturkatastrophe bis "kleinere" Traumata.

Fest stehen dürfte, daß man nicht von dem Trauma an sich - also dem faktischen Ereignis - prognostizieren kann, welche psychischen Auswirkungen es auf Menschen hat. Weil jedes traumatische Ereignis auf eine bestimmte psychische Disposition, Vorerfahrungen, Ressourcen, Resilienzfaktoren etc. trifft.

Mir persönlich gefällt diese "gesunde Menschenverstand"-Definition,die sagt, ein Trauma ist etwas, was wohl fast jeder oder zumindest die meisten Menschen als schrecklich oder belastend empfinden würden.
titus2 hat geschrieben: Salopp gesagt, würde ich meinen: Jemand mit einer reifen Persönlichkeit hat Freude am Leben und am Lieben.
titus, genau meins! (Obwohl soooo unreif find ich mich eigentlich nicht... )



Edit: Tristezza und sandrin noch nicht gelesen
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leberblümchen
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:26

Candle, ich würde da 'Unreifsein' nicht wertend sehen, im Sinne von: "Der hat ja nicht mal 'ne abgeschlossene Ausbildung" oder "der engagiert sich nicht sozial" oder "der ist geschmacklos eingerichtet" oder sonstwas. Das mögen einfache Menschen sein, aber wenn sie glücklich und zufrieden sind, würde ich nicht behaupten, dass sie unreif sind.

Hingegen kann ein wahnsinnig engagierter Wissenschaftler ein einsamer Narzisst sein. Oder jemand, der sehr viel nachdenkt und sich für viele Themen interessiert und überall mitreden kann, kann dennoch nur um sich kreisen und Todesängste haben. Das würde ich dann nicht als reif bezeichnen.

Wenn jemand 'glücklich vor sich hin lebt', ist doch alles in Ordnung. Ich denke, die meisten hier wären froh, wenn sie dieses Stadium jemals erreichen würden...

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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:29

Das ist auch wieder die Frage: Das Stadium hatte ich schon und da denkt man gar nicht über Glück nach, man ist einfach zufrieden mit dem Leben. Dass hier jemand sowas nie gehabt haben soll, kann ich mir gar nicht vorstellen.

Ah, da fällt mir noch ein: Ich habe gehört, dass Narzissten gar nicht bis äußerst selten in Therapie gehen, womöglich leiden die nicht mal.

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leberblümchen
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:33

Ein zufriedenes Leben kenne ich nicht; es ist, seitdem ich denken kann, von einer ständigen Angst begleitet, die kein Glücklichsein zulassen will.

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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:37

titus2 hat geschrieben:Ein zufriedenes Leben kenne ich nicht; es ist, seitdem ich denken kann, von einer ständigen Angst begleitet, die kein Glücklichsein zulassen will.
Das glaube ich gar nicht, wenn ich das in Gedanken hernehme was du alles erlebt hast. Das hieße ja: Alles ist schlecht. Eine positive Wandlung der Sicht wäre sicher hilfreich.

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:38

sandrin hat geschrieben: Da liegt aber genau der Hund begraben. Die Chance, dass du in einer Therapie eine objektive Diagnose bekommst, die andere Therapeuten unabhängig von den anderen wieder so stellen würden, ist verschwindend gering. Ich bin auch so ein Orientierungsfanantiker.
Genau, sandrin, genau, laß uns deshalb noch ein bißchen weiterbuddeln...
(Obwohl - was machen wir dann mit der Hundeleiche? )

Ich bin auch so ein Orientierungsfanatiker, aber soll ich dir mal was sagen: Ich habe mich niemals explizit nach einer Diagnose fragen getraut. (Also nicht, daß wir nie darüber gesprochen hätten... Aber naja.)
Weil: Ich wollte nicht, daß er mir sagt, wer ich bin. Ich wollte es nicht. Ich wollte ihm diese Macht nicht geben.
sandrin hat geschrieben:Ich stelle mir meine Diagnosen neuerdings selber, weil ich das vermutlich sogar besser als irgendwelche Therapeuten kann.
Das finde ich sogar ganz wichtig. Geht ja auch gar nicht anders irgendwie, wenn man so gestrickt ist und auf Autonomie bedacht. Also mir ist Autonomie sehr wichtig. (Vielleicht ist das aber auch Teil meines Problems, also ziemlich sicher sogar.)
Tristezza hat geschrieben:Mir ist die Unterscheidung zwischen Trauma und Konflikt nicht ganz klar.
Mir auch nicht, Tristezza, sonst würde mich das nicht so umtreiben und quälen...
Tristezza hat geschrieben:Entstehen viele Konflikte nicht aus Traumata, zumindest aus sehr problematischen Beziehungen zu den frühen Bezugspersonen? Und gibt es nicht auch Konflikte, die sich nicht lösen lassen, und andererseits Traumata, die sich bearbeiten lassen?
Wahrscheinlich hast du wieder mal Recht, liebe kluge Tristezza mit alledem Gesagten.
Sicher sogar ist es doch wohl so, daß Konflikte aus Traumata entstehen (no na net),
daß es unlösbare Konflikte gibt [siehe Ödipus-Komplex , nee Scherz . Der Komplex ist bearbeitbar, aber das Problem vom Ödipus läßt sich nicht mehr lösen, weil der Vater ist tot und die Mutter geheiratet...]

Nein, das ist jetzt eher so eine historische Geschichte:
Freud hat mit der Triebtheorie die Psychoanalyse begründet, nachdem er in den Studien zur Hysterie noch von der Verführungstheorie ausgegangen ist.
Er hat sich in weitere Folge von Janet abgegrenzt, der Trauma als Ursache der Symptomatiken gesehen hat. Janet ist jetzt wieder sehr modern in der Dissoziationstheorie. Alles was mit Dissoziation zu tun hat, geht basal von Janets Traumatheorie aus.

Freud hingegen sagte, ist alles Einbildung, kein reales Trauma als Ursache, sondern innerer Konflikt.
DAS ist der Anker der ganzen Psychoanalyse: weil wenn kein Trauma als Ursache, dann innerer Konflikt, dann Ödipuskomplex, weil die Tochter mit ihrem Vater usw usw....

Und als Letztes: natürlich ist es wie immer differenzierend so zu sehen wie du es getan hast, Tristezza. Die Wahrheit ist nicht schwarz oder weiß, sondern beides und das gesamte Farbspektrum noch dazu.
Aber in der Zuspitzung läßt sich besser diskutieren.
Fundevogel

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Fundevogel
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Beitrag Mi., 02.01.2013, 18:44

titus2 hat geschrieben:Ein zufriedenes Leben kenne ich nicht; es ist, seitdem ich denken kann, von einer ständigen Angst begleitet, die kein Glücklichsein zulassen will.
hallo titus, vielleicht nicht das ganze Leben, aber vielleicht einzelne Momente, wenn auch kurz, wo man das Gefühl hat, genau jetzt, in diesem Augenblick ist mal gerade alles in Ordnung
oder so einzelne Glücksmomente mit den Kindern...?
Fundevogel

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