Einsichtnahme in die Patientenakte (Psychotherapie)

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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peppermint patty
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 14:41

sandrin hat geschrieben: Einigen können wir uns sicher darauf: Im Vergleich zu früher kann der Thera nicht einfach Gegenübertragungen weglassen, wie es ihm beliebt.
Was auch sehr gut ist, denn sie zählen zu den therapeutischen Instrumenten. Und die sollte man nicht prinzipiell außen vor lassen.
Therapie ist halt auch Beziehungsarbeit. Wenn der Therapeut nicht willens ist sich dabei auch (anteilig - nicht komplett) zu zeigen, hat er seinen Beruf verfehlt.

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stern
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 14:45

Das ist vermutlich therpeutenabhängig, wieviel eigene Assoziationen, etc. er notiert...

Ist vielleicht auch therapeutisch gesehen nicht so schlecht, wenn das ausgenommen bleibt... denn ansonsten bringt man vielleicht etwas mit sich in Verbindung, was eher zum Thera gehört.

In dem genannten Urteil neueren Datums (siehe oben) ist das aufgeführt... habe es nicht durch, ob es noch weiter konkretisiert ist:
Tatbestand

Die Parteien streiten um die Herausgabe handschriftlicher Therapieaufzeichnungen, welche im Rahmen einer Lehranalyse angefertigt wurden.
(...)
Sie hat vorgetragen, dass die handschriftlichen Notizen behandlungsbezogene Informationen, namentlich über das aktuelle psychische und physische Befinden der Klägerin, objektive Befunde sowie die Beschreibung von Aktion und Reaktion enthielten. 3 Dies hat die Beklagte in Abrede gestellt und ausdrücklich geltend gemacht, die Aufzeichnungen enthielten ausschließlich rein auf ihre eigenen inneren Vorgänge als Analytikerin bezogene subjektive Assoziationen des analytischen Beziehungsgeschehens und hätten ihr nur zur Verarbeitung ihrer eigenen Gedanken und der Empfindungen - gleichsam zu therapeutischer Hygiene - gedient.
http://openjur.de/u/659329.html
Je nach Arbeitsweise ist das vielleicht nicht so selten
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 14:54

Hier noch etwas konkreter:
Das Argument der Beklagten, ihre Aufzeichnungen seien insgesamt subjektiven Inhalts und als solche zwingend durch ihr Persönlichkeitsrecht vor der Einsichtnahme geschützt, trage nicht. Sofern die subjektiven - letztlich aber professionellen - Feststellungen und Bewertungen der Beklagten in erster Linie die Klägerin beträfen und über den analytischen Filter hinaus keinen Einblick in die Persönlichkeit der Beklagten gäben, berühre eine Einsicht der Klägerin in die Aufzeichnungen das Persönlichkeitsrecht der Beklagten nicht. Dem Einsichtsrecht vollständig entzogen seien aber die höchstpersönlichen Aufzeichnungen des Analytikers zur eigenen "Therapiehygiene", über die eigenen Assoziations- und Denkprozesse, beispielsweise im Spiel von Übertragung und Gegenübertragung, soweit dadurch seine eigenen Erlebnisse, Erfahrungen über das eigene Unterbewusste oder seine eigene Denkweise erkennbar würden. Diese Aufzeichnungen seien in einer therapeutische Gesprächstherapie für eine Einsichtnahme durch den Patienten tabu und es seien keine Interessen erkennbar, die bei der Lehranalyse zu einem anderen Ergebnis führen würden. Die Beklagte könne deshalb die von ihrem Persönlichkeitsrecht gedeckten Aufzeichnungen schwärzen. Nur sie könne allein entscheiden, ob und welche Passagen unter den absoluten Schutz ihres Persönlichkeitsrechts fielen oder nicht. Eine mögliche Missbrauchsgefahr müsse hingenommen werden.
http://openjur.de/u/659329.html
Keine Therapeuten-Lobby, sondern BGH - allerdings in Bezug auf eine Lehranalyse...

Vielleicht kommen zunehmend neue Auseinandersetzungen hinzu...
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peppermint patty
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 15:07

Also die höchstpersönlichen Aufzeichnungen würden mich wahrlich nicht interessieren. So spannend finde ich meine Ex-Thera nicht und möchte insofern auch nichts über ihre Biographie erfahren. Da finde ich eine Trennung auch wichtig.

Aber die Missbrauchsgefahr bzgl der Unterschlagung relevanter Daten (persönlicher Einschätzungen) finde ich sehr hoch bei gescheiterten Therapien. Bei mir ist es ja so, dass ich bspw eine falsche Diagnose bekommen habe, anhand derer ich therapiert worden bin. Dies müsste deutlich aus meiner Akte hervorgehen. Wird es aber vermutlich nicht.

Alleine das ist für mich Motivation mal in meine Akte zu schauen. Allerdings sollte ich dies nicht alleine tun… Ich erwarte da schon einiges.

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LynnCard
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 15:13

sandrin hat geschrieben:Da hast du völlig Recht, Lynn. ...

Aber in der Sache geb ich dir völlig Recht. Das ist der beste Weg.
Hallo Sandrin

Konntest Du Deinen Therapeuten denn jetzt heute erreichen?
LG Lynn

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stern
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 15:19

Wenn ich lese "oder seine eigene Denkweise erkennbar würden" finde ich das schon eher weiter definiert... aber nun gut.

Aber grob kann man sagen, soweit es den Patienten betrifft, kann man idR einsehen... (ist ja auch Sinn und Zweck).

Das wird sogar in der Lehranalyse eingeräumt:
Einem Lehranalytiker könnten ähnlich wie einem Psychotherapeuten Fehler bei der Lehranalyse unterlaufen. Der Lehranalysand könne, auch wenn er nicht unter einer seelischen Störung mit Krankheitssymptomen gelitten habe und mutmaßlich psychisch stabiler sei, ähnliche Schäden erleiden wie der Patient bei einer Psychotherapie. Im Ergebnis müssten für die Lehranalyse dieselben Grundsätze zum Einsichtsrecht des Patienten wie bei der therapeutischen Psychoanalyse gelten.
http://openjur.de/u/659329.html
Allerdings muss ich bei dem Passus (auch) etwas schlucken:
Die Beklagte könne deshalb die von ihrem Persönlichkeitsrecht gedeckten Aufzeichnungen schwärzen. Nur sie könne allein entscheiden, ob und welche Passagen unter den absoluten Schutz ihres Persönlichkeitsrechts fielen oder nicht. Eine mögliche Missbrauchsgefahr müsse hingenommen werden.
Quelle: Siehe oben
Denn Missbrauchsgefahr besteht sicherlich...
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Maika
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 16:08

Sandrin, ich bin mal gespannt, wie diese Sache bei dir ausgeht, weil ich vielleicht auch irgendwann mal meine Unterlagen (also die Gutachten an die KK) aus meiner alten Therapie anfordern werde. Gibt es dafür eigentlich zeitliche Fristen?
Ich glaube so direkt nach der Therapie hätte ich zwar - einerseits - schon das Bedürfnis danach gehabt, andererseits war es glaub ich ganz gut, dass ich alles erst mal sacken lassen und Abstand gewonnen hab.

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stern
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 16:10

Fristen gibt es, soweit ich weiß, nicht... bestenfalls Aufbewahrungsfristen, denen die Unterlagen irgendwann zum Opfer fallen. Bei Gutachten dürften das die 10 Jahre sein.
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stern
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 16:36

Ich denke, es wird darauf hinauslaufen, was Bremen unverblümt schreibt :
Es ist daher jedem Arzt zu raten, persönliche Vermerke nicht in die Patientenakte aufzunehmen, sondern sich dafür separate Aufzeichnungen anzufertigen. Jede Schwärzung oder Abdeckung von
Unterlagen wird auf der Grundlage des Patientenrechtegesetzes Nachfragen hervorrufen. Ein
daraus folgender „Erklärungsnotstand“ sollte vermieden werden.
https://www.aekhb.de/data/mediapool/pa_ ... tnahme.pdf
Ob das Sinn und Zweck ist, Erkärungsnotstand zu vermeiden, indem man einen zweiten Aktenschrank anlegt, weiß ich auch nicht. Aber gut... soweit es nur eigenes-persönliches (des Therapeuten) betrifft...
Mit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetztes hat der
Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 630 g BGB klargestellt, dass das Einsichtsrecht
sich grundsätzlich auch auf subjektive Wertungen, Bemerkungen des Behandelnden bezieht.
Der Gesetzgeber meint, dass ein begründetes Interesse des Behandelnden an der
Nichtoffenbarung solcher subjektven Aufzeichnungen in Abwägung zu dem Persönlichkeitsrecht
des Patienten im Regelfall nicht gegeben sei.
Der Link (sandrin) (Berlin, Psychotherapeutenkammer) ist auch nicht so ergiebig, weil er sich nur auf den Regelfall bezieht (und Einsicht ist natürlich der Regelfall), aber anhand der Formulierung geht an 2 Stellen hervor, dass es Ausnahmen gibt.

Und eine Ausnahme kann das Persönlichkeitsrecht der Therapeuten sein. In Berichten dürfte das aber eher nicht zum Zug kommen, aber evtl. in der Sitzungsmitschrift.
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pandas
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 16:41

Psychotherapeuten sind keine Ärzte.
Für sie ist es Pflicht, dass sie ihre fachlichen Gedanken (die in diesem Falle auch subjektiv sein können) niederschreiben. Sie werden sich dem Einsichtsrecht nicht dadurch entziehen können, indem sie dies einfach nicht mehr tun, denn dann haben sie ihre Pflicht vernachlässigt.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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peppermint patty
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 16:45

pandas hat geschrieben:Psychotherapeuten sind keine Ärzte.
Für sie ist es Pflicht, dass sie ihre fachlichen Gedanken (die in diesem Falle auch subjektiv sein können)
Die in diesem Fall DEFINITIV subjektiv SIND.


pandas
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 16:54

peppermint patty hat geschrieben:
pandas hat geschrieben:Psychotherapeuten sind keine Ärzte.
Für sie ist es Pflicht, dass sie ihre fachlichen Gedanken (die in diesem Falle auch subjektiv sein können)
Die in diesem Fall DEFINITIV subjektiv SIND.
Ja, aber es gehört zu ihrem Beruf, anders als bei Ärzten, Subjektivität und Fachlichkeit in angemessener Weise zu vereinen.
Anders als bei anderen Ärzten. Der darf empfinden, dass ihm die OP-Angst der Patientin auf den Keks geht, dass gehört aber nicht in den Krankenbericht. Da es eine unfachliche subjektive Empfindung ist.

Und fachliche Gedanken sind auch bei Psychotherapeuten nicht immer auch gleich subjektiv.
Ich würde sagen, auch psychotherapeutische Fachkenntnisse gehen darüber hinaus.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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sandrin
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 18:21

Puh...
Also ich für meinen Teile ziehe mich glaube jetzt aus dieser Diskussion zurück.

Stern, ich muss dir trotzdem noch etwas rückmelden, und zwar nicht mit einer bösen Absicht, weil ich nämlich nicht glaube, dass du eine hast.
Nur: Ich habe bei dir immer das Gefühl, als würdest du auf Teufel komm raus versuchen, mich zu widerlegen. So, als würdest du mir sagen wollen "Sandrin, du wirst schon sehen, dass du keinen Erfolg haben wirst, weil du nicht im Recht bist". Und dabei kann ich an Links anbringen, was ich will, du wirst ihn immer relativieren und immer zerreißen.

Ich frage mich, wieso du das tust. Natürlich argumentiere ich auch mehr oder weniger eifrig. Nur besteht der Unterschied darin, dass mich das Thema aktuell ja auch betrifft. Ich habe eine traumatische Erfahrung hinter mir, die voller Ohnmacht und Ausgeliefertsein war. Von daher tut mir das alles andere als gut. Ich kann nur sagen, wie es bei mir ankommt. Und mein Gefühl ist echt, dass ich gegen eine Wand laufe. Das strengt mich fürchterlich an. Du schreibst auch, du möchtest sachlich diskutieren, und ich glaube dir das auch. Nur kommt es bei mir dennoch parteiisch an.

Nicht böse sein, das ist einfach mein Gefühl. Das wollte ich einfach nur noch loswerden.

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stern
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 18:33

sandrin hat geschrieben:Nur: Ich habe bei dir immer das Gefühl, als würdest du auf Teufel komm raus versuchen, mich zu widerlegen. So, als würdest du mir sagen wollen "Sandrin, du wirst schon sehen, dass du keinen Erfolg haben wirst, weil du nicht im Recht bist". Und dabei kann ich an Links anbringen, was ich will, du wirst ihn immer relativieren und immer zerreißen.
Darum geht es mir nicht... mir geht es um die Sachlage.

Ich überlege auch Akteneinsicht (bin aber noch unschlüssig... aus anderen Gründen)... aber selbst wenn ich das nicht überlegen würde, so könnte ich mich doch zu Wort melden.
Du schreibst auch, du möchtest sachlich diskutieren, und ich glaube dir das auch. Nur kommt es bei mir dennoch parteiisch an.
Nee... ich bin nicht parteiisch... es ist eben nicht so eindeutig, was z.B. Schwärzungen angeht.

Böse bin ich nicht... Grund parteiisch zu sein habe ich auch nicht (therapeutenparteiisch schon gar nicht). Mir geht es ganz nüchtern um die Sachlage. Und der BGH z.B. ist (anders als eine Patientenberatung oder Therapeutenlobby) nicht parteiisch.

Wenn es dir nichts ausmacht, dass persönliches des Therapeuten (das sein Persönlichkeitsrecht tangiert) VIELLEICHT unkenntlich gemacht wird, betrifft es dich ja nicht einmal..
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sandrin
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Beitrag Fr., 07.11.2014, 18:44

Sicherlich darfst du dich hier zu Wort melden. Dieses Recht wollte ich dir nicht absprechen.

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