Die Suche nach einem T-Platz / Erstgesprächsmarathon

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

leberblümchen
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Beitrag Do., 11.04.2013, 19:16

Ena hat geschrieben:Man darf auch albern sein und mit dem Analytiker witzig sein (oder nur alleine?).
Natürlich! Es kommt, was kommt. Also, man erzählt sich da keine Witze am laufenden Band. Es geht nicht darum, zusammen eine schöne Zeit zu haben, aber:
Dabei ist sie vielleicht ganz anders, weicher, leichter, "harmloser", weniger straight?
Naja, das 'harmlos' würde ich streichen... Aber es ist nichts, wovor man Angst haben müsste wie vor einem strengen Lehrer.
Miss hat geschrieben:Was genau ist das für dich?
Äh, ich sollte vielleicht relativieren - so viele Lover hatte ich ja nun auch nicht

Naja, du darfst dich halt ungeschminkt zeigen und du kannst dir sicher sein, dass es nicht darum geht, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Also, da ist jemand nur für dich und das, was du brauchst, da.

In einer frischen Liebesbeziehung geht es ja doch auch sehr um die Außenwirkung - ob man dem Anderen gefällt, wie man sich am besten präsentiert; man gibt sich Mühe, gut anzukommen. Aber dabei ist man nicht immer man selbst, sondern man zeigt halt möglichst zunächst nur die guten Seiten.

Du bekommst dann aber vom Lover eine tolle Zeit, aber letztlich auch nur solange, wie der Andere auch was davon hat... Sonst hätte man ja keine Beziehung.

Und in der Analyse - aber das gilt natürlich auch für andere Therapien - fällt dieses ganze Show-Programm vollends weg und man darf endlich mal so sein, wie man wirklich ist. Das ist leichter gesagt, als getan, finde ich. Aber es ist auch großartiger, als es sich anhört.

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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 13.04.2013, 14:00

... was mir bei dem auch nicht gefiel, er sagte ja eh so wenig, da bekommen die wenigen Worte ohnehin ein großes, schweres Gewicht - als ich erzählte, weswegen ich in der Grundschule Mobbing ausgesetzt war, eben auch weil ich deutlich kleiner war als der Durchschnitt - dann sprach er nachher von 'Ihre Kleinwüchsigkeit'. Das musste ich dann doch richtig stellen. Und zugleich kam mir dann meine sehr klare Richtigstellung (ich bin nicht ´kleinwüchsig' und mit meiner Größe habe ich schon sehr lange keine Probleme mehr, außer dass es mich manchmal im Alltag nervt) auch wieder so vor, als könne man daran sofort wieder eine (falsche) Bestätigung sehen à la: Aha - wenn sie sich schon SO klar dagegen wehrt ... *augenroll ...

Er sagte dann in einem folgenden Satz: "Ich meine, Ihren kleinen Wuchs." Hm. Ich belies es dabei dann, fragte mich an solchen Details dann aber auch ob er nicht vielleicht doch Deutsch als Fremdsprache spricht.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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leberblümchen
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Beitrag Sa., 13.04.2013, 14:16

Oh, Gott - "Ihr kleiner Wuchs" - jetzt stell dir mal vor, du müsstest dich über Jahre so mit ihm unterhalten... Da geht es ja wirklich um absolute sprachliche Feinheiten und da muss einfach ein Verstehen sein, so das Gefühl, dass beide dieselbe Sprache sprechen. Die Inhalte zu verstehen, das ist noch mal eine andere Herausforderung. Aber wenn es schon mit der Sprache selbst schwierig ist, könnte ich so auch nicht arbeiten.

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Beitrag So., 14.04.2013, 11:44

tjoah - titus ... hmpf - da sieht man mal, da steckt bei mir definitiv so ein Glaubenssatz dahinter, dass ich geradezu zwangsweise keinerlei Vorurteile haben darf ... und wohl auch eine gute Portion Resignation in der Hinsicht, dass ich doch wohl besser einfach das nehme, was ich kriegen kann, auch wenn ich das Gefühl (!) habe, es hilft mir nur zu ... sagen wir 30% (erste Einschätzung) - anstatt nochmal und nochmal Mühen auf sich zu nehmen. Okay. Wenn ich mir das soeben also bewusst mach, ich werd ja noch weitere Erstgespräche führen, schaun wir mal.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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leberblümchen
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Beitrag So., 14.04.2013, 11:56

Spannend finde ich dabei nicht nur die sprachl. Feinheiten, sondern auch die möglicherweise auftretenden oder nicht auszuschließenden interkulturellen Interferenzen. Klar, man geht davon aus, dass man in der Analyse immer offen reden kann, aber ich glaub, ich hätte da immer im Kopf: "Bei einem Menschen aus Kulturkreis xy muss ich Rücksicht nehmen". Es ist ja schon schwer, sich komplett zu öffnen, selbst wenn man jemanden gefunden hat, von dem man annimmt, ein Verstehen sei aufgrund einer ähnlichen Sozialisation eher gegeben. Ich selbst merke, dass ich immer mal denke: "Hm, mein Therapeut ist ein Mann. Kann ich mit einem Mann über meine Sexualität reden?" - aber da kann ich dann immerhin davon ausgehen, dass er als West-Europäer kein Problem mit einer entsprechenden Schilderung hat.

Wenn nun jemand aus einem Kulturkreis kommt, den ich mir als eher konservativ vorstelle, dann müsste ich ja ständig prüfen, ob ich nun 'darf' oder nicht.

Also, MIR ginge es so. Und wenn dann das von dir beschriebene Gefühl à la: "bloß keine Vorurteile haben" hinzukommt, dann wird es richtig kompliziert...

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Miss_Understood
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Beitrag So., 14.04.2013, 12:09

Ganz genau, titus.
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pandas
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Beitrag So., 14.04.2013, 19:53

Na, es ist sicherlich so, dass aufgrund unterschiedlicher Hintergründe Hindernisse vorhanden sein können, die sich in Hemmnisse äussern, die überwunden werden müssen. Ich kenne das auch aus meiner Therapie, was daran liegt, dass ich meinen Thera aus einem anderen Milieu kommend einschätze etc.
Man fragt sich wahrscheinlich innerlich doch häufig erst mal, kann ich über dieses oder jenes Thema wirklich frei sprechen. In der Regel spricht man dann ja erst mit dem Thera auf der Meta.ebene darüber und kommt dann meist doch in den Redefluss
Zum Beispiel hätte ich auch bei jemanden, der mehr als 20 Jahre älter ist als ich, nicht das Gefühl, er habe sicherlich eine ähnliche Sozialisation wie ich gehabt ... Schwierigkeiten, Erwartungen etc. waren da doch auch noch mal ziemlich anders.

Also, und im Detail: Dass man mit einem Thera, der wohl eventuell einen muslimischen Hintergrund hat, nicht frei über Sexualität reden kann, ist gerade eine westeuropäisch produzierte Klischeevorstellung.

Im Koran ist Sexualität wichtig, es geht sogar um Sexualpraktiken, und da ist das Spektrum höher als im christlichen Denken, d.h. es ist mehr erlaubt; es geht darum, dass dies innerhalb einer Ehe passieren soll.
Es gibt in den arabischen Ländern wohl auch eine Sexualberatung für Ehepaare etc.

Nun, das mit der Ehe, ist natürlich auch zwickig, aber anderseits auch kulturübergreifend: Tatsächlich ist doch auch in westlichen Therapien die fester werdende Partnerbeziehung das Ideal.

Ich habe jetzt auch in Yalom hineingelesen, der hier im Forum ja gerne als gutes Beispiel genannt wird; dieser fragt seine "Ginny" auch mal "spasshaft", ob er "ihren Karl mal fragen soll, wann er sie heiratet" ....

Dies alles kann einem also mit jedem Therapeuten passieren.

Und: Der hier beschriebene ist vielleicht auch Exilperser, der schon sehr lange hier lebt.
Diese sind gar nicht muslimisch und kommen meist aus sehr bildungsgehobenen Familien.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


leberblümchen
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Beitrag So., 14.04.2013, 20:00

Ich glaube nicht, dass es so einfach ist, dass man grundsätzlich sagen kann: "Alles nur Vorurteile - in Wirklichkeit sind alle gleich" oder so ähnlich. Ein Beispiel: Ein Analytiker, Karl König, hat mal geschrieben, dass es in Süditalien wohl unvorstellbar sei, dass eine Frau bei einem Mann eine Analyse macht, weil dort Mann und Frau in einem Raum wohl immer eine sexuelle Assoziation hervorrufen. Und selbst wenn es Analytiker gibt, die selbst anders damit umgehen, so 'schwebt' diese Vorstellung immer über der Beziehung.

Das heißt ja nicht, dass ich empfehlen würde, dass man nur bei Westeuropäern Analysen macht - aber wenn es um eigene Vorurteile, Projektionen und Hoffnungen geht, dann lässt sich das womöglich nicht mit einem "der ist bestimmt gebildet" - natürlich ist er das!!! - abtun, fürchte ich. Es sind einfach Dinge, die die Beziehung beeinflussen, ähnlich wie Geschlecht und Alter.


pandas
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Beitrag So., 14.04.2013, 20:24

titus2 hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass es so einfach ist, dass man grundsätzlich sagen kann: "Alles nur Vorurteile - in Wirklichkeit sind alle gleich" oder so ähnlich.
Nun, ich habe das ja auch nicht so einfach damit abgetan. Und es ist doch gerade das Vorurteil, das alles gleichsetzt, wie eben: "Bei Westeuropäern besteht ein grundsätzlich offenes Verhältnis zu Sexualiät, in arabischen Kulturen nicht, da diese in der Regel nach dem Koran leben."
Deshalb habe ich ja auch umrissen, was ich über die Sichtweise auf Sexualität in muslimischen Kulturen weiss, welches sicher nicht sehr ins Detail geht, aber ich möchte und kann hier keinen ellenlangen Exkurs darüber posten.
Es ist aber nicht so, dass sich dort nicht mit Sexualiät auseinandergesetzt wird und man davon ausgehen müsste, dass es ein Tabuthema ist, so dass das Sprechen zwischen Thera und Patientin gehemmt wäre etc.
titus2 hat geschrieben:Das heißt ja nicht, dass ich empfehlen würde, dass man nur bei Westeuropäern Analysen macht - aber wenn es um eigene Vorurteile, Projektionen und Hoffnungen geht, dann lässt sich das womöglich nicht mit einem "der ist bestimmt gebildet" - natürlich ist er das!!! - abtun, fürchte ich. Es sind einfach Dinge, die die Beziehung beeinflussen, ähnlich wie Geschlecht und Alter.
Also, ich wollte nicht sagen, dass dieser Analytiker bestimmt gebildet ist und das damit ja doch alles klar wäre.
Im Gegenteil, mein Hauptpunkt war die Frage, kann es sein, dass man mit jemand aus einer anderen Kultur nicht über das wichtige Thema Sexualität offen sprechen kann aus dem Grund, dass er aus einer anderen Kultur kommt, hier offenkundig muslimisch eingeordnet. Dafür habe ich Gegenargumente gebracht.
Im letzten Satz habe ich lediglich darauf hingewiesen, dass er ebenso gut auch gar nicht muslimisch sein könnte, sondern eben Exilperser, aus einer entsprechend hochgebildeten Familie kommend. Aber ich habe doch überhaupt nicht gesagt, dass dieser Fakt alles andere sowieso annulliert - dieses doch aus den anderen genannten Gründen!

Und ich selbst bin niemand, der es per se als großes Plus empfindet, wenn der Therapeut aus dem gehobenen Bildungsbürgertum kommt.
Im Gegenteil, Hochbildung kann auch zum Schmuckstück werden und nicht innerlich gefüllt.
Bei mir ist einer der Punkte, die ich mitunter als differierend empfinde, insofern dass sie ein vollkommenes Verstehen manchmal behindern, dass mein Therapeut aus der sehr oberen Mittelschicht zu kommen scheint. Es gab da auch schon das eine oder andere Mißverständnis.
Anderseits gehört das dazu, denke ich.
Man wird keinen Therapeuten finden können, der sehr aus demselben Milieu kommt, wie man selbst; wäre wohl eh auch wieder nicht so gut.

Bei mir ist es ja so, dass er zum Beispiel wiederum in der reinen Kultur viele Dinge kennt wie ich (z.b. Musik), was mich immer wieder positiv überrascht.

Ich denke aber halt nicht, dass man das von vorneherein daran festmachen kann, ob jemand aus einer anderen ethnischen Kultur kommt - man kennt da dann ja auch nie die individuelle Geschichte. Zum beispiel kann er sogar auch bikulturell sein.

Ansonsten, ich empfand den Therapeuten, den miss beschrieben hat, von seiner Fragetechnick etc. nicht so toll; auch die Überbetonung der Krankenhausstory. Aber das hätte ein deutscher Analytiker genauso machen können. Es gibt eben solche und solche Analytiker.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


leberblümchen
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Beitrag So., 14.04.2013, 20:41

Ach, ich hätte was drum gegeben, wenn mein Analytiker meiner eigenen Krankenhausstory mehr Raum gegeben hätte. Da nützt es mir auch nichts, wenn er immer sagt: "Wenn es für SIE wichtig ist, dann IST es auch wichtig" - wenn ich das Gefühl hab, dass es für IHN nicht wichtig scheint. Ich hab dann nach zwei Versuchen aufgehört, das zu thematisieren. Für mich war mein dreimonatiger KH-Aufenthalt plus Horror-Krankenschwestern und stöhnenden Damen auf der Intensivstation das Trauma schlechthin. Aber ich hab das Gefühl, ihm scheint das nicht bedeutsam.

Was die Sozialisation des Therapeuten betrifft: Da hab ich mich ganz schön vertan: Ich hab gedacht, dass er ganz 'andere' Eltern hat und ich war völlig überrascht, im Lebenslauf der Dissertation zu lesen, was wirklich Sache ist. Und das wiederum hat mir echt was gebracht. Also, klar, man kann mit den Phantasien völlig danebenliegen, aber sie SPIELEN halt immer eine Rolle - ob richtig oder falsch.

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Miss_Understood
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Beitrag Mi., 17.04.2013, 15:54

So, zweites Gespräch bei jenem erwähnten.

Er pathologisiert ALLES. ALLES. Oder ist das die Psychoanalyse selbst, die sich wie ein Aasgeier darauf stürzt, dass geschilderte Probleme eben auch Probleme sind - und nicht, eine Haltung, die ich in der Beschäftigung mit systemischem Denken mir selber angeeignet habe - Bewältigungsstrategien?

Er versteht mich nicht.
Kann ich mir vorstellen über mein anderes Gesundheitsthema zu sprechen mit ihm? Nein.

Nachdem ich (wahrscheinlich im Nachhinein betrachtet nicht sehr klug) direkt damit einstieg, dass ich mir auf jeden Fall eine Gruppe vorstelle als heilsam für mich und er mich fragte warum das so sei, ich ihm auch ein paar Argumente lieferte währenddessen er sehr leicht den Kopf schüttelte (was mich direkt nervte, kollosal nervte, im Hinterkopf begann ich dann zu überlegen - kann es vielleicht ein kulturelles Missverständnis sein, manche Kulturen schütteln ja den Kopf und meinen ja - oder ist das eine schlechte Angewohnheit von ihm?), er dann zunächst meinte, ja, wenn Sie unbedingt Gruppe wollen, könne er sich das SCHON vorstellen, aber normalerweise würde man erst mal Einzelanalyse machen. Und es sei ja ausgesprochen tragisch, dass meine vorherigen Theras mir keine Analyse vorgeschlagen hätten. (Ich bekam den Eindruck, dass das sein Allheilmittel ist.) Er setzte dann an das zusammenzufassen was ich gesagt habe - "Sie meinen also, dass Ihnen Gruppe mehr hilft, weil da dann 6-8 Teilnehmer an Ihnen handwerken - sozusagen - können?" Ich guckte ihn komisch an. Ich hatte weder das gemeint noch hatte ich mich SO ausgedrückt. Und ich würde mich auch NIE so ausdrücken. Gräßliche Vorstellung. 6-8 'Handwerker'. Er lachte ein wenig. Ich lachte ein wenig mit. Fand mich dabei aber selber unsympathisch. "Okay, da habe ich mich wohl unklar ausgedrückt", setzte ich erneut freundlich und geduldig an, "Ich versuchs nochmal ..." dann unterbrach er mich aber schon, um mir seine Sicht auf "Gruppe und ich" mitzuteilen.

Er gibt mir wiederholt Ratschläge, wortwörtlich: "Ich rate Ihnen unbedingt zu einem Hörrohr" als ich zwei Mal nachfragte (ich hatte ihm gleich schon von meiner Hörbeeinträchtigung erzählt und dem drumherum des Ganzen, ich habe ihm AUCH erzählt, dass ich das nicht seit Geburt an hatte und das hatte er vergessen und referierte über Missverständnisse im zwischenmenschlichen Kontakt bei sowas und wie prägend usw. usw. ) und nochmal wie tragisch es sei, dass man mir erst jetzt zu einer Analyse rate und seine Kolleginnen hätten damit schon viel früher kommen müssen und erzählt wie wichtig Feinheiten seien, die ich ja aufgrund meiner Hörbeeinträchtigung nicht mitbekäme (ja, aber ich sehe auch Gestik und Mimik und auch wenn ich nicht jedes Wort verstehe, spüre ich trotzdem einen Kontakt) und als er dann das zweite Mal das Wort Hörrohr benutzte, fragte ich (war wohl auch zuviel) verbessernd zurück: "Sie meinen ein Hörgerät?" um ihm im nächsten Satz weiter beim 'Hörrohr' zuzuhören. Ich wurde zunehmend genervter. WER hört hier WEM nicht richtig zu?
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Miss_Understood
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Beitrag Mi., 17.04.2013, 16:05

Ob ich Fragen hätte.
Ja - was bedeutet denn für ihn genau eine 'psychoanalytische Gruppe'?
Er guckte erst kurz komisch. Na gut, die Frage habe ich bewusst allgemein gehalten, vielleicht kam das zu platt an, ich ergänzte: "Ich habe ja ein wenig über Psychoanalyse gelesen, mir ist klar, dass lesen nicht erfahren ist, aber wie das in einer Gruppe geschieht, kann ich mir nicht so recht vorstellen. Können Sie was dazu sagen?"
"Wenn Sie es ja im Internet gelesen haben, was Sie das letzte Mal ja gesagt haben, dann wissen Sie es ja."
"Äm - schon - mich interessiert allerdings wie das bei konkret IHNEN ist?"
"Ja, psychoanalytische Gruppentherapie ist keine Gestalttherapie und auch keine tiefenpsychologische Therapie." Punkt. Pause. Er guckt.
"Ja - und - ich meine - sondern? Mich interessiert Ihre Haltung oder wie Sie vorgehen?"
"Ja, das was ich mache ist halt Psychoanalyse. Das ist halt eben die Methode." Pause. Er guckt.
(Ich gebe irritiert auf - hat er wirklich NICHTS dazu zu sagen? War die Frage zu naiv oder zu groß? Sage dann noch was nettes, freundlich:)"Okay, das verstehe ich zwar immer noch nicht, aber womöglich ist das etwas, was sich nur erfahren lässt."
Er dann, offenbar ungemütlich berührt: "Jetzt fühle ich mich mit Ihnen verstrickt."
Oh - okaaaaay - jetzt fühle ich überhaupt erst mal den Kontakt. Aber - hm - klang ich beleidigt?
"Interessant." sage ich und frage mich, ob ich schon wieder 'mehr' von jemandem wollte ('Wissen') als man es mitteilen kann (weil es eben Erfahrung ist) oder will (weil man sich ungern in die Karten gucken lässt) OBWOHL es MIR wichtig ist. Meine Denkmaschine wirft sich an. Was da bei mir ab und angeht - oder - hm - auch bei ihm?

Und sofort dreht er es um zu einem Argument für sich, pro Einzeltherapie: "Sehen Sie, diese Interaktionen können auch im Zweierkontakt auftreten!" Er grinst ein wenig. Das nervt mich. Ich weiß, warum es mich nervt, weil mein Vater auch immer so grinst, auch wenn es nicht passt. Vor allem, wenn er recht haben will. Hurra. Mittendrin.

Ergo: Ja, das glaub ich ihm schon /auch/ *lacht - aber will ich das mit IHM aufdröseln?

"Haben Sie noch weitere Fragen?" wechselt er dann sofort doch das Thema (was mich dann irritiert).
Durchaus hätte ich noch welche. Ich gucke aus dem Fenster, aber mir ist die Lust vergangen. Ich sage "Nein". Ich denke, dass er mir das eh nicht abnimmt. Die anderen Fragen stelle ich zurück, ich frage ihn dann, woher er kommt. Er antwortet zunächst nicht. Lange Pause. (Muss er jetzt etwa nachdenken, ob er mir das sagen 'darf' oder ob das zu privat ist für einen Analytiker? Ich rolle innerlich mit den Augen.) Eine Angewohnheit von mir, wenn Stille herrscht nachdem ich eine Frage gestellt habe (und es war ja nun wirklich eine einfache Frage) dann statt zu warten nochmal präziser zu fragen: "Ich sehe ja Ihren Namen - und höre, dass Sie akzentfreies Deutsch sprechen - sind Sie hier aufgewachsen, nein, oder?" "Ich komme aus der Türkei. Seit knapp 40 Jahren in Deutschland. - Reicht Ihnen das?"
'Reicht' mir das? Oh je, war das schon zuviel gefragt? Ich beende das Gespräch, innerlich seufzend: "Ja."
Er erzählt mir noch wie die Gruppe sich zusammensetzt, ich sei alterstechnisch in der Mitte, würde gut reinpassen, nach zwei Sätzen nennt er das Höchstalter, welches 1 Jahr über mir ist und die Jüngste 18 Jahre jünger. Hm. Und man würde sich einmal im Monat auch für eine zweistündige Sitzung treffen und alle 3 für einen ganzen Samstag. Dann würde man auch in der Pause zusammen was kleines Essen und Tee trinken, was er mitbrächte. Aha? Mal zwischendrin auch längere Zusammentreffen zu haben finde ich eine super Idee, ich würde mich freuen, wenn das andere auch so handhaben.

Aber der?
Nein, ich glaube der ist es nicht.

Gerade jetzt bin ich aber noch unschlüssig wo ich da bei ihm so sitze und er mich fragt, wie wir das machen wollen mit dem nächsten Termin. Er habe ja in Erinnerung, dass ich diese Woche noch ein weiteres Vorgespräch habe, wie das verlaufen sei. Nein, das ist noch sage ich. Und ich würde mich dann bei ihm melden, sage ich. Er hakte dann zu meiner Überraschung nochmal ein, zückte seinen Kalender und meinte dann, ach, wir können doch auch schonmal einen Termin vereinbaren, und wenn ich dann nicht zu dem anderen gehe, solle ich mich melden. Nächste Woche, gleicher Tag, gleiche Zeit? Ich gucke nach, nein, da kann ich nicht, da habe ich schon einen Termin. "Ach - NOCH ein Vorgespräch?" fragt er. Was geht denn DEN das an? denke ich mir. Tatsächlich ist das so. "Nein," sage ich und zeige auf meinen Rücken - "Orthopäde." Er guckt mich groß an, aha - gut - dann vorher? Ich nochmal: "Ich kann Sie auch anrufen ..." Er gibt mir dann einen frühen Termin und bittet wenn ich nicht komme abzusagen.

Verwirrt verlasse ich die Praxis.
Nee, der ist es nicht.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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ENA
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Beitrag Mi., 17.04.2013, 16:43

Also irgendwie finde ich, ist die Frage, wie eine analytische Gruppentherapie funktioniert, eine Frage, die man schon sachlich beantworten kann (wenn man weiß, wie analytische Gruppentherapie funktioniert). Wenn ich jemanden frage, der weiß, wie sie funktioniert (z.B. weil er sie selber anbietet oder mich dahin schicken will), es mir dann aber nicht geklärt, käme ich mir ziemlich für doof verkauft vor !!!
Interessant dann dagegen, dass er Dir immerhin gesagt hat, woher er kommt!..Vor allen Dingen, da das noch weniger mit Therapie zu tun, hat als die Frage nach der analytischen Gruppentherapie.
Miss_Understood hat geschrieben: "Ach - NOCH ein Vorgespräch?" fragt er. Was geht denn DEN das an? denke ich mir.
Auf so ne Frage kannst ja dann Du mal schweigen!


leberblümchen
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Beitrag Mi., 17.04.2013, 17:18

Danke für deinen Beitrag, Miss_Understood - obwohl du ja nichts Positives zu berichten hast. Aber ich kann mir gut vorstellen, denke ich, wie sich das angefühlt hat, so was kommt mir bekannt vor. Bei mir ist es dann immer so, dass ich denke, ich hätte was falsch gemacht, sei zu plump gewesen, zu forsch, zu begriffstutzig usw. Aber hier scheint es ja so, dass er auf seinem Analytiker-Ross relativ fest sitzt, oder?

Ich finde es mutig, dass du dann auch die Konsequenzen ziehst. Ich weiß gar nicht, ob ich das könnte?

Schon das Beispiel mit dem "ich komme aus der Türkei... reicht Ihnen das?" hätte mich zum Gegenangriff provoziert - und wenn so was dann schon in den Vorgesprächen auftaucht, dann Halleluja!


Vincent
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Beitrag Mi., 17.04.2013, 18:21

Also ich wüsste nicht wie man analytische Gruppentherapie in wenigen Sätzen erklären könnte. Da weiß man ja gar nicht, wo man anfangen und wieder aufhören soll, so komplex wie das Ding ist.

Was hast du denn da von ihm erwartet, Miss?

Edit: Mein Therapeut hatte mir nach der ersten Sitzung einige Info-Blätter mitgegeben - wohl um sich all die Worte zu sparen...
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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