Burkaverbot

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Lilli1968
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Beitrag Do., 22.07.2010, 19:28

Una hat geschrieben:
Warum? Was sagt Deine Religion über den Körper, der so verhüllt wird? Warum ist das eine Pflicht?
Die Pflicht den Körper zu bedecken, ergibt sich aus Quran und Sunna. Das islamische Zentrum ist AlAzahr in Ägypten. Es gibt keine Rechtschule der 4 vorhanden, die Hijab(Ganzkörperverhüllung, Kopftuch) nicht als Pflicht erachten aufgrund der Beweise. ob ich es jetzt befolge oder nicht ist meine Sache, es gibt keinen Zwang im Galuben!! Wie es praktiziert wird oder missbraucht wird von Menschen ist eine andere Sache. Da müsste man jede Religion in Frage stellen, da ALLES vom Menschen missbraucht werden kann
Ich bin etwas verwirrt. Sagt Dir nun Deine Religion das es Pflicht ist den Körper zu verhüllen und das Haar- und hat nun die gesellschaftliche Anfeindung Dich auf die Niqab gebracht oder Dein religiöses Verständnis?
Zwischen Niqab und Hijab ist ja ein großer Unterschied!!!! Meine Religion gebietet mir Hijab zu tragen, Niqab ist ja nur der Gesichtsschleier, dieser wird als freiwillig gesehen von den meisten Gelehrten, ist nicht Pflicht. Niqab macht es für mich leichter die Gesellschaftlichen Anfeindungen zu ertragen.
Deine Kleidung ist ein Statement und das Statement dieser Kleidung schätzen viele nicht.
Daher wohl die Anfeindungen. Menschen ohne Vorurteile sind selten. Und wer auffällt ist leicht das Ziel von Anfeindungen. Ausgegrenzt hast Du Dich mit dieser Kleidung selbst.
Die Frage ist nur: warum?
Wer anders ist als der Schnitt wird ausgegrenzt....ist sehr traurig für eine offene Gesellschaft in der heutigen Zeit. Ausgegrenzt werden auch psychisch Kranke, Behinderte, Schwarzafrikaner,...kann das ein Ziel sein???
Und meinst Du nicht, dass eine freiwillig konvertierte Frau anders betroffen ist, als eine, die in diese muslimische Struktur geboren wurde, in der dann sehr wohl die Männer das Sagen haben?
Auf jeden Fall ...da gebe ich dir vollkommen Recht, dafür kann aber der Islam nichts , wenn er von Menschen (Männern) missbraucht wird, das liegt an den traditionell patriachalischen Strukturen. Wie gesagt: Es gibt keinen Zwang im Galuben Ist in der Katholischen Kirche passiert und vieles mehr siehe "Heilige Inquisition"! da gab es tausende Tote, überwiegend Frauen, im Namen der Kirche zu Tode gefoltert. Ist nur ein Beispiel von vielen!
Ich würde sehr gerne wissen was die muslimische Religion Dir gibt?
Ist schnell erklärt: Den Sinn dieses Lebens!

Lg . Lilli

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Lilli1968
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Beitrag Do., 22.07.2010, 19:49

MrN hat geschrieben:Hi Lilli,
auf Dich hab ich hier im Thema gewartet. Schön, daß Du da bist und mit uns diskutieren möchtest. Ich möchte mich den Fragen von Una anschließen, denn auch mich interessieren zuerst einmal Deine Beweggründe, weshalb Du konvertiert bist.

Mich haben vor mehr als 20 Jahren gerade auch Gespräche mit Arabern über Glaubensfragen stark beeindruckt und eine innere Entwicklung losgetreten, welche bis dato anhält. So lerne ich z.B. Arabisch, weil ich einfach diesen Teil der Welt besser verstehen möchte. Daran zu konvertieren, denke ich allerdings nicht. Aber ich sehe doch sehr viele positive Berührungspunkte zwischen den Kulturen, welche nun von den wachsenden Feindbildern überdeckt zu werden drohen...
Hallo MrN! oder besser As salamu aleikum

Meine Beweggründe zu konvertieren waren erstmal nicht rational begründet, eher im Gegenteil. Mein Verstand war genauso mit Vorurteilen beladen, wie der Durchschnittsbürger in EU den Islam derzeit sieht.Ich bin katholisch aufgewachsen, habe mich aber bald von jeder Religion abgewandt, da ich fand, dass Religionen im Gesamten gesehen ein sehr gefährliches Instrument sind um Verbrechen der schlimmst Art zu rechtfertigen, dieser Meinung bin ich übrigens immer noch.
Nichts desto trotz bin ich in meinem Lebem an einem Punkt angelangt, wo ich mir die Sinnfrage des Lebens stellt und ich konnte es kaum ertragen, das das alles sein konnte und wofür ertrage ich es überhaupt.
Islam hat mir den Sinn gegeben . Es war ein plötzliches Ereignis und konnte nicht gelöscht werden, auch nicht durch all meine rationellen Bedenken. Je mehr ich mich dann rationell auf Islam befasst habe, umso logischer und großartig habe ich Islam empfunden. Nicht das was an Missbrauch geschieht. Islam wird in einen Topf geworfen mit Kriminellen, die sich als Muslime bezeichen...tut mir leid

Und nochwas, auch der islamische, arabischer Teil der Welt ist keineswegs besser, nur weil dort Muslime leben, eher im Gegenteil. Ich hab noch selten eine so brutale Sozialstruktur persönlich erlebt wie in Ägypten z.B. Wobei es mit Sicherheit noch weitaus schlimmers gibt, aber eben nicht persönlich gefühlt.

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MrN
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Beitrag Do., 22.07.2010, 23:05

Wa aleiki assalamu ja Lilli,

es klingt recht abgeklärt, was Du über den Islam schreibst. Das gefällt mir. Wenn Du aufgrund Deiner spirituellen Suche konvertiert bist und dabei immer noch suchend offen bist, bist Du der Intention des Propheten vermutlich näher, als viele Deiner Glaubensbrüder und -schwestern, welche den Islam eher als Tradition leben, denn als Religion. (Von Verbrechern würde ich in diesem Zusammenhang eher vorsichtig sprechen wollen. Für fertige Urteile sind die Zusammenhänge doch etwas zu komplex.)
Und ja, das ist auch mein Eindruck: Von allen großen Religionen ist der Islam in der inneren Logik am reifsten. Das war für mich das entscheidende Schlüsselmoment in der Studentenzeit. - Ich habe es niemals geschafft, einen Moslem in der Diskussion an einen Punkt zu bringen, wo er keine Erklärung mehr hatte für seinen Glauben - wo dann so ein Allerweltsspruch hätte herhalten müssen wie etwa "Der Mensch der denkt, doch der Herrgott lenkt." Und alle konnten sich ein Leben ohne ihren Glauben nicht vorstellen. Das waren allesamt kluge Köpfe und wir haben im Alltag häufig Rat beieinander gesucht. Deshalb mag ich auch die aktuellen Feindbilder nicht unbesehen übernehmen.

Es gibt viel zu hinterfragen...

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Annemarie
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 05:59

Eremit hat geschrieben:
Annemarie hat geschrieben:Das macht es nicht richtiger und auch nicht besser
Das habe ich auch nicht geschrieben. Aber es verdeutlicht, welche Kräfte da aufeinanderprallen. Die westliche Welt ist ebenso ungerecht wie die östliche. So, wie sich hier die Menschen über die östliche Lebensweise entrüsten, tun das die Menschen dort wiederum über die westliche. Nur die Rollen sind vertauscht.

Einwanderer nehmen erst dann Prinzipien an, wenn sich diese als unumstößlich besser gestalten als jene in ihrer vormaligen Heimat. Nur, das trifft eben nicht auf die westlichen Prinzipien zu.
Danke für Deine Erklärung, Eremit. Mit dieser Sichtweise kann ich schon mehr anfangen.

@all: Ich bin grundsätzlich gegen Gewalt, egal, ob östliche oder westliche. Das was mit diesen Gesetzen passiert - hier geht es ja um Burkaverbot - empfinde ich auch als Gewalt.

Diese Gewalt wird erwachsenen Frauen gegenüber ausgeübt, denen abgesprochen wird, für ihre eigenen Bedürfnisse eintreten zu können. Ich denke, selbst wenn sie sich hinstellen würden und sagen, daß sie ja Burka tragen wollen, würde ihnen schon erklärt werden, warum sie "falsch" denken. Für mich ist das fehlender Respekt diesen Menschen gegenüber.

Wir haben doch Gesetze, die von jedem eingehalten werden (sollten). Das Leben zeigt, daß sich nicht alle an diese Gesetze halten - ob Ost, ob West. Wozu sollten wir für bestimmte Menschengruppen diese Gesetze erweitern?

Jedenfalls meine ich, daß wir (unsere Gesetzeshüter, Mitmenschen) unsere Hilfe dann anbieten sollten, wenn wir um diese gebeten werden. Und nicht über die Köpfe der Menschen hinweg "missionieren".

Liebe Grüße an alle,
Annemarie

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Eremit
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 07:13

Zwackel hat geschrieben:Ich halte es für völligen Unsinn, das Unrecht, das im Westen passiert, aufzuführen, um damit das Unrecht in radikal-islamischen Staaten in irgendeiner Weise zu relativieren oder zu rechtfertigen.


Ich relativiere nicht, schon gar nicht rechtfertige ich, sondern ich stelle in Relation. Wo Du da eine Relativierung oder eine Rechtfertigung herausliest, Zwackel, ist mir schleierhaft. Ich habe nur ein paar Beispiele angeführt, daß die westliche Welt hinsichtlich Gerechtigkeit oder Rechtssystem der islamischen Welt nicht überlegen ist, sonst würde es nicht so viele Absurditäten geben. Der Unterschied liegt einzig und allein in der subtilen, komplexen Präsentation.
Zwackel hat geschrieben:Eremit, diese Antwort ist doch wohl eigentlich unter deinem Niveau !
Die Ego-Falle funktioniert nicht bei mir. Was mein Niveau ist, bestimme immer noch ich. Auf jeden Fall werde ich sicher nicht wie viele andere die große Lüge von der gerechten westlichen Welt aufrecht erhalten. Dafür habe ich schon zu viele Menschen elendig krepieren sehen.
Una hat geschrieben:Irgendwie hat man den Eindruck, so eine radikale Männergesellschaft, in der Frauen relativ rechtlose Wesen sind, käme Dir genau richtig....
Wenn Du auf meine Argumentation, welche sich sogar durch Zahlen staatlicher wie unabhängiger Institutionen belegen lassen, unbedingt mit einer Diskreditierung antworten mußt, gut und schön. Ob das erbaulich für eine Erkenntnis ist, sei dahingestellt. An den Tatsachen wird das auf jeden Fall nichts ändern. Zum Beispiel daran, daß es keine Männerministerien, keine Männerminister oder Männerhäuser gibt, oder daran, daß Väter so gut wie nie das Sorgerecht zugesprochen bekommen. Oder, warum Männer Präsenz- bzw. Zivildienst ableisten müssen, Frauen nicht. Oder, daß fast 90% der Obdachlosen Männer sind, oder daß Männer eine geringere Lebenserwartung als Frauen haben, oder, oder, oder. All diese Dinge müssen ebenso auf einen muslimischen Gläubigen absurd wirken wie auf die westlichen Menschen hier (ob gläubig oder nicht) das Tragen einer Burka, oder das Arbeitsverbot der muslimischen Frauen in den bereits angesprochenen Ländern, oder oder oder...

Zwei absurde Welten treffen aufeinander. Punkt.
Una hat geschrieben:Und Du glaubst das es in muslimischen Ländern weder Selbstmord gibt noch Folter oder Mißbrauch?
Ich finde es interessant, wie sehr es doch immer wieder User nötig haben, mir Ansichten in den Kopf und Wörter in den Mund zu legen. Was nur bedeuten kann, daß ich einen wunden Punkt getroffen haben muß, sonst würde ja logisch dagegen argumentiert werden unter Zuhilfenahme von Beweisen, statt zu versuchen, mich zu diskreditieren. Im ganzen Thread habe ich nie etwas in diese Richtung geschrieben, wie mir auf einmal unterstellt wird. Vielleicht ist es ja die Hitze...
Una hat geschrieben:Wenn Du glaubst dass es da besser ist: Geh hin und lebe da!
Nochmal zum Mitschreiben: Es ist NIRGENDWO BESSER!!! Weder dort noch hier, verdammt nochmal! Jede Gegend, jede Mentalität hat ihre Vor- und Nachteile!

Merkst Du, Una, und Du, Zwackel, nicht, was für einen Blödsinn Ihr schreibt?

Ihr schreibt: Hühner legen Eier.
Ich schreibe: Auch Reptilien und Fische legen Eier.
Und Ihr antwortet darauf: ABER HÜHNER LEGEN EIER!!!

...als würde die Tatsache, daß auch Reptilien und Fische Eier legen, die Tatsache, daß Hühner Eier legen, vollkommen negieren. Klärt mich auf: Wie kommt Ihr zu so einem logischen Schluß?
Zuletzt geändert von Eremit am Fr., 23.07.2010, 07:18, insgesamt 2-mal geändert.


Eremit
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 07:17

Una hat geschrieben:Es wird wohl eher so sein, dass je ärmer die Menschen, desto mehr sind sie radikalen Gedanken zugänglich.
Du meinst wohl radikal im Sinne des Glaubens? Aber es gibt auch radikales Gedankengut fern der Religion, z.B. in der Wirtschaft. Wie entstehen Weltwirtschaftskrisen? Und wer löst diese aus? Irgend ein kleines islamisches Reich? Den Faschismus und Kommunismus muß ich doch wohl nicht auch noch aufführen als Beispiel aus der Politik? Ist alles schlimm. Punkt. Aber hier eben auch. Punkt.
Una hat geschrieben:Wir habe hier einen Wohlstand, auch was Wissen angeht.
Im Wohlstand leben nur wenige. In Armut sehr viel mehr. Als im Wohlstand befindlich gelten schon oft Menschen, welche gerade mal die dritte Stufe der maslowschen Bedürfnispyramide erklimmen können. Der Pauperismus feiert wieder einmal sein Comeback aufgrund der durch den Westen verursachten Weltwirtschaftskrise. Hier in Österreich z.B. hat schon jeder zweite Bankraub das Ziel, Schulden abzubezahlen. Die Rechte der Lohnarbeiter existieren meist nur noch auf dem Papier. Tut nicht so, als wüßtet Ihr nicht, wovon ich schreibe. Oder lest Ihr Euch nicht die zahlreichen Threads durch, in denen User haarsträubende Geschichten über Arbeitsbedingungen wiedergeben? Ich schon. Und sie decken sich mit eigenen Erlebnissen und Erzählungen aus meinem eigenen Umfeld. Und es werden wieder mehr.
Una hat geschrieben:Die Wiege der Kultur stand im Osten, aber da sieht es heute kläglich aus, was freie Wissensvermittlung angeht.
Nun, hinsichtlich Zensur sieht's bei uns aber auch nicht gerade rosig aus: http://diepresse.com/home/politik/innen ... 6/index.do

Wenn das neue österreichische Gesetz in Kraft tritt, wird Herr Fellner gewzungen sein, Threads wie diesen zu schließen, weil die Gefahr zu groß ist, das er Hetzreden beinhaltet.

Hetzreden wie: "Die Burka ist ein Werkzeug zur Unterdrückung der Frau."

Und das ist nicht einmal ein Scherz, denn das ist sehr wohl laut Paragraph eine Hetzrede. Wer glaubt, daß es bei den Tierschützern bleiben wird, wird noch sein blaues Wunder erleben.

Alles, was ich sage, ist, daß die westliche Welt genauso Dreck am Stecken hat. Nur, weil man Dreck nicht sieht, heißt das nicht, daß er nicht da ist. Nur, weil es glänzt, ist es nicht sauber. Sollte eigentlich jedem ein Begriff sein, der sein Klo putzt.

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Hinchen
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 09:06

Eremit hat geschrieben: Nochmal zum Mitschreiben: Es ist NIRGENDWO BESSER!!! Weder dort noch hier, verdammt nochmal! Jede Gegend, jede Mentalität hat ihre Vor- und Nachteile!
Ich bin absolut deiner Meinung! Wir sehen alles aus Westlicher Sicht, haben das Gefühl, nur unsere Art zu leben sei die richtige- und aus dieser Arroganz erheben wir verletzende und diskreminierende Verbote gegen Leute die -nicht aus "Dummheit" oder "GEHIRNWÄSCHE"* anders denken- sondern weil sie so aufgewachsen sind- es ist ihre Kultur, ihre LEbensweise. Man könnte unsereins genausogut "Gehirnwäsche" unterstellen.

* Dieses Wort ist tatsächlich schon gefallen. Unglaublich.

Eremit hat geschrieben:Ihr schreibt: Hühner legen Eier.
Ich schreibe: Auch Reptilien und Fische legen Eier.
Und Ihr antwortet darauf: ABER HÜHNER LEGEN EIER!!!

...als würde die Tatsache, daß auch Reptilien und Fische Eier legen, die Tatsache, daß Hühner Eier legen, vollkommen negieren.
Meine Rede. Erinnert mich an die Schafe aus George Orwells "Animal Farm".
"Four Legs good, Two legs bad! Four Legs good, Two legs bad!"

---

Ausserdem- Ich kann nicht jedem antworten, der meine vorhergegangenen Beiträge zitiert und mir mit den ewig gleichen Argumenten kommt. Ich hab alles gesagt, was ich zu sagen habe und werde mich nicht 20-mal wiederholen.


*

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Goldbeere
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 09:30

Hallo Lilly,

was mich immer wundert, und das ist jetzt einfach nur eine praktische Frage, warum sind die Abayas eigentlich fast immer schwarz und aus Synthetik? Im Sommer waere doch weisses Leinen oder so sicherlich viel angenehmer? Ich hoffe, ich trete mit der Frage niemandem auf die Fuesse, aber das hat mich schon immer interessiert

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Kelpie
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 10:47

@ Lilli:

Du sagst, deine Verhüllung wird nicht akzeptiert.

Ja dann trag doch das Kopftuch und einen Rock, warum muss es Niquab sein? (Der? Die? Das?)

Ich finde selber, dass die jungen türkischen Mädchen teilweise bildhübsch sind mit ihren Röcken und Kopftüchern. Besonders die, bei denen die Kleidung Anklänge an exotische Tracht hat, also auch Stickmuster und Farbe zeigt.
Früher war es auch bei uns üblich, dass Frauen Röcke und ein Kopftuch oder eine Haube tragen. Die Religionen sind da nicht so verschieden, und dieses Bild wird auch ohne weiteres öffentlich akzeptiert.

Ich habe gestern den Abend unter einer Klimaanlage verbringen müssen. Jetzt könnte ich heulen vor Nervenschmerzen und bin bei dieser Hitze bis an die Augen mit einem langen Pashmina-Schal verschleiert. Die Nachbarschaft amüsiert sich sehr darüber, auch die Türken von gegenüber. Die fanden meinen vorübergehenden Übertritt zu ihrem Glauben sogar besonders lustig. ("Was das? Du Zahnschmerzen? Das nicht gut! ... Haahaha, aber Kopftuch passt dir gut! Haaahaha!")

Ich finde absolut nicht, dass bei uns irgendjemand ernstlich ausgegrenzt wird oder dass es Probleme mit dem Zusammenleben der Kulturen gibt. Ich bin chronisch krank, ich gehöre durch meine Sexualität zu einer Randgruppe - das eine wie das andere wird im Großen und Ganzen gesellschaftlich akzeptiert und die geltenden Gesetze schützen vor Ausgrenzung.
Es ist ohne weiteres möglich, mit einem Hundehalsband um den Hals, dreihundert Piercings und zerfetzter schwarzer Gothic-Kleidung rumzulaufen. Die Frage ist, warum frau mit solch peinlichem und nicht sehr hübschen Outfit in Ruhe gelassen wird, während ihre Geschlechtsgenossin in der Burka Unbehagen auslöst?

Wenn jemand in Europa ausgegrenzt wird, dann sicher nicht ohne Grund. Da tut er/sie schon einiges dazu. Ja, die Burka ist ein Mittel, sich abzugrenzen und Kontakte zu reduzieren. Genau das soll aber nicht passieren - und deshalb ist es richtig, wenn der Gesetzgeber ein unverhülltes Gesicht zur Not auch erzwingt.

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Lilli1968
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 11:01

MrN hat geschrieben:(Von Verbrechern würde ich in diesem Zusammenhang eher vorsichtig sprechen wollen. Für fertige Urteile sind die Zusammenhänge doch etwas zu komplex.)
Das mag sein und du hast Recht, man muss differenzieren. Wenn ich Verbrecher schreibe, meine ich diese Leute, die im Namen einer Religion, eines Staatssystems, einer Wirtschaftsmacht, was auch immer, um ihre Ziele zu erreichen, andere ERMORDEN und ihr System zur Rechtfertigung missbrauchen, um die Tötung von Menschen zu rechtfertigen. Isamisch gesehen ist das Töten von Menschen verboten (haram), einzig zur Selbstverteidigung ist erlaubt, und das wird eben oftmals missbraucht.

Und ja, das ist auch mein Eindruck: Von allen großen Religionen ist der Islam in der inneren Logik am reifsten. Das war für mich das entscheidende Schlüsselmoment in der Studentenzeit. - Ich habe es niemals geschafft, einen Moslem in der Diskussion an einen Punkt zu bringen, wo er keine Erklärung mehr hatte für seinen Glauben - wo dann so ein Allerweltsspruch hätte herhalten müssen wie etwa "Der Mensch der denkt, doch der Herrgott lenkt." Und alle konnten sich ein Leben ohne ihren Glauben nicht vorstellen. Das waren allesamt kluge Köpfe und wir haben im Alltag häufig Rat beieinander gesucht. Deshalb mag ich auch die aktuellen Feindbilder nicht unbesehen übernehmen.
Schön, dass du diese Erfahrung machen durftest, kann den Horizont nur erweitern!

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Lilli1968
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 11:10

Goldbeere hat geschrieben:Hallo Lilly,

was mich immer wundert, und das ist jetzt einfach nur eine praktische Frage, warum sind die Abayas eigentlich fast immer schwarz und aus Synthetik? Im Sommer waere doch weisses Leinen oder so sicherlich viel angenehmer? Ich hoffe, ich trete mit der Frage niemandem auf die Fuesse, aber das hat mich schon immer interessiert

Viele Gruesse
Goldbeere
Genau das frag ich mich auch....hat keinen islamischen Hintergrund....jede Farbe, die nicht zu grell und auffallend ist, ist passend ( von Neongrün würde ich mich persönlich distanzieren ).
Das mit den Stoffen ist schlimm, Synthetik ist meist das billigste und auch pflegeleichteste, vielleicht liegt es daran. Leinen oder dünne Baumwolle wären mein Favorit, das muss man sih aber nach Maß anfertigen lassen und daher sehr kostspielig. Einzig der Stoff aus Saudicrepp ist ultradünn, undurchsichtig und sehr sommertauglich, und den gibt es nur in Schwarz, was eher traditionell bedingt ist.
Hoffe ich konnte deine Frage beantworten.

Lg. Lilli

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Goldbeere
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 11:25

Hallo Lilly,

das freut mich. Ich glaube, diese duestere Einheitskleidung traegt da auch viel zu Vorurteilen bei - ich kann mir als Frau einfach nur schwer vorstellen, dass sich jemand freiwillig im Sommer in die Synthetikabayas einmummelt.

http://www.sheclick.com/wp-content/uplo ... signs1.jpg
http://www.sheclick.com/wp-content/uplo ... esigns.jpg

So kann Hijab offenbar auch aussehen?
Da habe ich den Eindruck von selbstbewussten, selbstbestimmten Frauen, ich kann aber nicht beurteilen, wie weitverbreitet solche Kleidung ist. In London habe ich auch oft Frauen in Hijab gesehen, die schick und modern aussahen.

Persoenlich finde ich Gesichtsverschleierung schwierig. Da kann ich nicht einschaetzen, was diese Person fuer Absichten hat, da kommen fuer mich auch keine zufaelligen Beruehrungspunkte im Alltag zustande. Das gilt aber eigentlich fuer alle Formen der Gesichtsvermummung. Waherend man ja sonst auf der Strasse gelegentlich Blicke wechselt und auch mal ein Laecheln austauscht oder sich auch mal eine kurze Konversation ergibt, das fehlt mir alles, wenn ich die Mimik des Gegenuebers nicht sehen kann.

Wie geht es dir denn in solchen Situationen?

viele Gruesse
Goldbeere

Gruss
Goldbeere
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Lilli1968
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 11:51

Kelpie hat geschrieben:
Ja dann trag doch das Kopftuch und einen Rock, warum muss es Niquab sein? (Der? Die? Das?)
DER Niqab Kopftuch und Rock sind für mich keine angemessene Kleidung, um den Körper vollständig zu bedecken, auch wenn es von vielen Muslimas so gehandhabt wird. Da muss ein Khimar drüber, der auch den Busen verhüllt. Der Zweck des Hijabs geht verloren, wenn ich Körperkonturen zeige und nur meine Haare verhülle.
Ich finde selber, dass die jungen türkischen Mädchen teilweise bildhübsch sind mit ihren Röcken und Kopftüchern. Besonders die, bei denen die Kleidung Anklänge an exotische Tracht hat, also auch Stickmuster und Farbe zeigt.
Schau, wenn ich hübsch sein will, für die Menschen auf der Straße, dann ziehe ich mich sicher nicht so an, wie ich es tue. Ich will meine körperliche Atraktivität ja bewusst verstecken, das ist ja der Sinn des Hijabs, anders wäre es ja eine "Verkleidung". Hübsch war ich draussen vor meiner Konvertierung, jetzt bin ich hübsch, wenn ich zu Hause bin, mit meinen Verwandten, mit meinem Ehemann. Ich nehme mir das Recht mich zu bedecken, wenn ich rausgehe. Ich will damit nicht provozieren, ich will mich auch nicht von Menschen bewusst abgrenzen, jeder soll tragen was er für sich angemessen empfindet.
Früher war es auch bei uns üblich, dass Frauen Röcke und ein Kopftuch oder eine Haube tragen. Die Religionen sind da nicht so verschieden, und dieses Bild wird auch ohne weiteres öffentlich akzeptiert.
Ich habe gestern den Abend unter einer Klimaanlage verbringen müssen. Jetzt könnte ich heulen vor Nervenschmerzen und bin bei dieser Hitze bis an die Augen mit einem langen Pashmina-Schal verschleiert. Die Nachbarschaft amüsiert sich sehr darüber, auch die Türken von gegenüber. Die fanden meinen vorübergehenden Übertritt zu ihrem Glauben sogar besonders lustig. ("Was das? Du Zahnschmerzen? Das nicht gut! ... Haahaha, aber Kopftuch passt dir gut! Haaahaha!")
Ich wünsche dir ehrlich gute Besserung, Trigeminusneuralgie ist höllisch schmerzhaft. Deine Nachbarn kennen dich alle, haben keine Vorurteile. Und ein Schal um den Kopf ist kein Hijab, das muss du auch bedenken.

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Lilli1968
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 11:52

2.Teil
Ich finde absolut nicht, dass bei uns irgendjemand ernstlich ausgegrenzt wird oder dass es Probleme mit dem Zusammenleben der Kulturen gibt.

Du wohnst in Wien, ich nicht. Ich war desöftern in Wien zu Besuch bei meinem Bruder, da bin ich nicht so sehr aufgefallen, kein Sch....hat sich um mich gekümmert. Wobei ich das auch nicht verallgemeinern will, da ich sehr Wiener/Innen kenne, die große Probleme mit "Ausländern" haben und auch mit Islam.
Dort wo ich wohne sieht es anders aus glaub mir, und der Trend wird schlimmer.
Es ist ohne weiteres möglich, mit einem Hundehalsband um den Hals, dreihundert Piercings und zerfetzter schwarzer Gothic-Kleidung rumzulaufen. Die Frage ist, warum frau mit solch peinlichem und nicht sehr hübschen Outfit in Ruhe gelassen wird, während ihre Geschlechtsgenossin in der Burka Unbehagen auslöst?
Nochmal, Niqab ist nicht gleich BURKA. Burkaträgerinnen sind kaum vorhanden in EU. Das ist nur ein Schlagwort, weil man sofort negativ damit assoziiert, was ja auch medial so gewollt ist. Bei der Burka sieht man keine Augen, bei Niqab sind meistens die Augen gut zu sehen udn ich kann eine normale Komunikation führen sofern sich das Gegenüber dazu überwinden kann. da müsse man gespiegelte Sonnenbrillen dann auch verbieten, weil auch ein wichtiger Teil der ninverbalen Komunikation fehlt, nämlich in dem Fall die Augen. Jeder kann sehen wenn ich lache, und auch hören , und wenn ich böse schau, schnallt es auch ein jeder.
Wenn jemand in Europa ausgegrenzt wird, dann sicher nicht ohne Grund. Da tut er/sie schon einiges dazu. Ja, die Burka ist ein Mittel, sich abzugrenzen und Kontakte zu reduzieren. Genau das soll aber nicht passieren - und deshalb ist es richtig, wenn der Gesetzgeber ein unverhülltes Gesicht zur Not auch erzwingt.
Das ist nicht Fakt, in Eu wird mehr ausgegrenzt als du es darstellst.
Der Gesetzgeber kann mich zwingen, Kontakte zu haben, kommunikativ zu sein, was auch immer? Das erreicht man mit einem unverhüllten Gesicht? Sorry bei dieser Logik kann ich nicht mit

Kann ich von der Gesellschaft nicht erwarte, nicht angegriffen zu werden , verbal oder auch tätlich? Ich muss weder geliebt werden, nicht mal akzeptiert in meinen Wertvorstellungen, aber rechtferigt das Übergriffe?
Kommen wir da nicht auf den Level: Eh Mann was guckst du so doof? Willste mich an machen? Das gefällt mir nicht! --> kann auch passieren wenn dem gegenüber mein Gesichtsausdruck nicht gefällt, das meine ich jetzt nicht in Zusammenhang mit Niqab! Wird dann "blöd schauen" auch sanktioniert?

Mein Resümee ist: wenn Niqab verboten wird, weder ich ihn ablegen, weil ich es nicht als Pflicht im Islam erachte. Aber wenn es dann weitergehen sollte, meinen Hijab zu verbieten, weil der nicht ins öffentlich traditionelle Bild passt, dann werde ich das Land verlassen.
Und nochwas --> nein ich gehe dann auch nicht nach Afganistan oder Saudi Arabien, weil ich bin gegen jeden Zwang und der Zwang zu Niqab und zu Burka ist menschenverachtend und auch nicht Bestandteil der Scharia, sondern hat nur mit Macht, Unterdrückung von in diesem Fall Frauen zu tun.

Ich fühle mich weder unterdrückt noch unfrei mit dieser Kleidung, die gesellschaftliche Ächtung im großen Stil ist das Problem.

In diesem Sinne ----Friede! Lilli

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MrN
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Beitrag Fr., 23.07.2010, 12:00

Neulich hatte ich wieder so eine Alltagssituation, wo ich mit einer Frau im Niqab geredet habe:
Sie kam im Supermarkt mit dem Leergutautomaten nicht klar und war schon recht aufgebracht, weil ihre Flaschen immer wieder zurück kamen. Es war ihr wohl auch peinlich wegen der Schlange, welche sich dort bereits gebildet hatte. Zufällig war ich der Kunde gleich hinter ihr, also ging ich zwei Schritt nach vorn und fragte sie auf Englisch, ob ich ihr helfen könne. Sie verstand kein Englisch, und was sie mir antwortete hab ich nicht verstanden. Aber ich konnte ihr ein Flasche entwenden, welche partout nicht im Automaten bleiben wollte. Ich zeigte ihr das Zeichen, wesahlb es "ok" wäre und zeigte ihr, wie sie die Falsche einlegen mußte, damit der Automat nicht verrückt spielt. Dann probierte sie es, und siehe da, plötzlich hatte der Automat gar nichts mehr gegen Moslems. Ein paar Flaschen später kam dann noch eine echte Pfandflasche mit ins Spiel. Da gab es dann wieder ein Problem und ich machte mich noch einmal an sie bzw. den Automaten heran.
Insgesamt schien ihr die Situation schon sehr peinlich zu sein und meine Annäherung war wohl auch nicht unbedingt willkommen. Aber, da ich ja nur ein wenig nachhalf und mich dann gleich wieder zurückzog, habe ich wohl die Grenze guten Anstandes nicht überschritten. Jedenfalls beobachtete ich sie etwas später noch dabei, wie sie mit einer anderen Frau im Gespräch immer wieder zu mir hinüberschaute (sehr offen und direkt alerdings aus einer Entfernung von ca. 10 m) und da wirkte sie nicht mehr so angespannt, wie vorher am Automaten. Ich hab's als nettes "Dankeschön" aufgefaßt.

Bleibt die Frage, ob man tatsächlich so gewaltige Berührungsängste aufbauen muß, nur weil sich eine Person vollkommen verhüllt!?

Ein paar Tage später beobachtete ich zwei Araberinnen, ebenfalls im Niqab. Ein kleines Mädchen hatte sich wohl laut bei ihrer Mutter darüber gewundert, wie die denn wohl essen und trinken könnten. Da hob die eine der Schwarzverhüllten mit sichtlichem Vergnügen den Lappen hoch, der vor dem Mund hängt und zeigte, wie das bei ihnen funktioniert. Dabei hat sie mich an meine eigene Schwiegermutter erinnert, welche mit derselben Handgeste uns manchmal auffordert, noch etwas zu essen. Im Vorbeigehen mußte ich einfach nur lachen...

So einfach kann die Völkerverständigung sein.

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