MinaM hat geschrieben:
Wenn du einmal zurücküberlegst, ging es dir vor der Konfontationstherapie besser, als nach ihr?
Konfrontationstherapie kann bei bestimmten Ängsten nämlich auch kontraindiziert sein.
Meiner Ansicht nach ist Konfrontationstherapie bei Ängsten - so wie sie in der Regel durchgeführt wird - immer kontraindiziert .
Man kann jemand nicht desensibilisieren, wenn er in der angbesetzten Situation jedesmal sensibilisiert wird. Das ist schon rein physisch unmöglich. Ich kenne absolut nichts, was man verlernt, indem man es immer wieder tut - also eigentlich ein völlig absurder Ansatz.
Ich denke, es geht bei Angst um 2 Dinge:
1.) Die Beschäftigung mit ihr möglichst konsequent aufgeben (dafür ist gerade Psychoanalyse völlig kontraproduktiv) - die meisten PTs machen aber genau das Gegenteil.
2.) Die richtige Einstellung gegenüber der Angst zu finden - im Idealfall zulassen
Und dann kann man auch wieder - Schritt für Schritt - in angstbesetzte Situationen gehen. Aber sicherlich nicht so, daß man schon 5 Wochen vorher detailiert plant, wann man was wo macht und am besten darüber Buch führt. Das braucht eine gewisse Gelassenheit. Am besten man tut es ohne groß darüber nachzudenken, wenn es Situation so ergibt. Ohne Druck und ohne Planung.
Bsp.: Wenn jemand Angst hat über eine Brücke zu gehen, dann soll er nicht drüber gehen, um sich zu konfrontieren, sondern dann soll er drüber gehen, weil am Ende der Brücke ein Supermarkt ist, in den er einkaufen gehen will, weil er ein Waschmittel braucht.
Das Waschmittel ist interessant und nicht die Brücke und nicht die Konfrontation.
Um meine Therapien nochmals kurz zusammenzufassen: Bei mir wurde entweder endloser Unsinn in den kuriosesten Ausformungen herumgelabert oder es wurde Konfrontation in einer Endlosschleife angewendet:
Konfrontieren sie sich. Gut - ich habe mich konfrontiert. Wie war es ? Sehr schlecht. Gut kontrontieren sie sich weiter. Wie war es ? Noch schlechter. Gut konfrontieren sie sich weiter.
Oder es wurde endlos über die Beziehung zu meinen Eltern oder allen möglichen anderen Menschen rumgelabert. Effekt natürlich null.
Ich bin unendlich froh, daß ich nie in der PA-Schiene gelandet bin, denn diese Gefahr hat am Anfang bestanden, als ich mich mit PT überhaupt noch nicht ausgekannt habe. Da wäre ich vermutlich schon in einer Nervenklinik und die Angst hätte mich aufgefressen, weil ich an gar nichts anderes mehr denken könnte.
Das sowas als anerkannte Methodik auf Angstklienten losgelassen werden darf, finde ich schon ein starkes Stück. Ich möchte nämlich nicht wissen, wieviele gerade bei Ängsten dabei erheblichen Schaden erlitten haben. Bei mir hat ja in der systemischen Therapie schon das ständige Herumgraben in den Beziehungen gerreicht, damit es mir sauschlecht ging. Weil quasi auch noch das wenige gesicherte Umfeld (das bei Angstpatienten im allgemeinen sowieso schon eingeschränkt ist - also eigentlich auch dieser Ansatz völlig absurd) auch noch hinterfragt wird.
Ich sage ja - irgendwann ist man in einem Zustand, wo das Nervensystem derart übersensibilisiert ist, daß man eine Feder fallen hören würde als wäre es ein Vorschlaghammer.
Und diesen Zustand bekommt weder dadurch weg, indem man einfach endlos darüber plaudert und ihn zum Lebensmittelpunkt macht, noch indem man dafür sorgt, daß das Nervensystem noch weiter strapaziert wird.
Ich gebe quovadis vollkommen recht: Konfrontieren kann man sich von mir aus bei einer Spinnenphobie. Nur ist eine solche niemals so lebenseinschränkend wie eine Angststörung.
Vor allem muß man auch eines bedenken: Angst und Streß hat auch eine körperliche Komponente, nicht nur eine geistige. Viele von uns benutzen aber fast nur den Geist, sodaß sich der Körper halt irgendwann mit Gewalt zu Wort meldet.
Und zum Schluß: Mit einem - quovadis - hast Du auch vollkommen recht. Einiges auf dieser Welt (z.B. bestimmte Rahmenbedingungen im Beruf) kann man selbst gar nicht verändern. Oder man kann sich selbst auch nicht so verändern, daß man mit allem klarkommt.
Ein Zufall ist es ja nicht gerade, daß alle so streßgeplagt sind. So gesehen ist PT in dieser Hinsicht sowieso niemals Ursachenbehandlung, denn würde man die Ursachen angehen, würde der Rahmen einer PT wohl nicht ganz dazu ausreichen.
Ich habe mit "meiner" Methodik jedenfalls für mich auch einen Weg gefunden. Und daß der im Gegensatz zu anerkannten PT-Methoden steht, ist mir dabei herzlich egal. Jedenfalls hätte ich den in der PT nicht gefunden, weil da würde ich mich dort heute noch darüber unterhalten, wieso in China ein Fahrrad umgefallen ist.