Hochsensibel (HSP)

Alle Themen, die in keines der obigen Foren zum Thema "Psychische Leiden und Beschwerden" passen.

Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Mo., 20.04.2015, 16:47

Hi Candle
Möglicherweise bin ich da etwas anders, aber ich habe nicht so das große Bedürfnis jedem mitzuteilen, dass ich so und so bin.
Ich auch nicht In meinem Freundeskreis wissen das nur meine beiden engsten Freunden. Ansonsten habe ich nicht so sehr das Bedürfnis die Kraft aufzubringen, die den meisten Menschen unbekannte HS mühevoll zu erklären.
Wo es passiert, dass man erklären "muss" ist z.B. hier, in diesem Thread. Müsste man aber auch nicht wirklich, denn man muss ja nicht auf alles eingehen. Aber bei Therapeuten kommt man dann doch nicht umhin erklären zu müssen, was einen anders macht.
Es ist schwierig die Ursache auszumachen solange es genetisch keinen Beweis gibt
Sehe ich auch so. Ich frag mich da, wie Psychologen zu solchen "allgemeingültigen" Aussagen kommen wie, HS sei erblich bedingt. Haben die bei allen HSP einen Gentest gemacht?
Am liebsten das Aushalten, was ich mittlerweile als Tipp eine echt Frechheit fand.


Beziehst Du dich auf die HS?
Ich vermute mal, dass der Tipp "Halten sie es aus" daher rührt, dass wohl einige Therapeuten davon ausgehen, dass HS auf einer Angststörung basiert. Ich habe früher auch gedacht, ich müsste lernen es auszuhalten, nur dann würde es weggegehen. Doch ich halte es nun schon 46 Jahre aus und es ist immer noch nicht weg. Dafür hat das Aushalten dazu geführt, dass ich mit einer Palettte an inzwischen chronifizierten Stresssymptomen rumlaufe. Erst jetzt wo ich lerne auf meine Grenzen zu achten, mir Ruhe zu gönnen, wenn mein Körper es fordert, geht es mir erheblich besser. Zudem ist meine Erfahrung: Wenn ich auf meine Grenzen achte und rechtzeitig dafür sorgen, dass ich zur Ruhe komme, dann bin ich viel besser in der Lage mit Stressreizen umzugehen als wenn ich bis zum völligen Burnout aushalte.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Werbung


offtheground
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 21
Beiträge: 181

Beitrag Mo., 20.04.2015, 19:23

candle. hat geschrieben: PC Spiele/ Kino- bei sich stark bewegenden Bildern wird mir übel, aber das läßt sich vermeiden
Das nennt sich Motion-Sickness und hat nix mit HSP zu tun, sondern mit der Verarbeitung der Bewegung in deinem Gehirn. Falls es interessiert.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Mo., 20.04.2015, 20:26

offtheground hat geschrieben: Das nennt sich Motion-Sickness und hat nix mit HSP zu tun, sondern mit der Verarbeitung der Bewegung in deinem Gehirn. Falls es interessiert.
Danke, ja, ich hatte mich damit nicht weiter beschäftigt, weil das nun 25 Jahre her ist. Ich glaube, da gab das so einen Begriff noch nicht, dass es mir bekannt wäre. Ist ähnlich wie die Reisekrankheit, die ich ab und an auch mal habe auf einem Schiff.

Zu Jenny: Ich schreibe bald noch was.
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Di., 21.04.2015, 00:34

Hallo Jenny Doe!
Jenny Doe hat geschrieben: Wo es passiert, dass man erklären "muss" ist z.B. hier, in diesem Thread. Müsste man aber auch nicht wirklich, denn man muss ja nicht auf alles eingehen. Aber bei Therapeuten kommt man dann doch nicht umhin erklären zu müssen, was einen anders macht.
Hier haben wir ja auch mehr einen lockeren Austausch. Das finde ich auch OK! Ja, genau! Beim Therapeuten ist es teilweise notwendig. Ich bin ja schon ziemlich lange irritiert was da los ist. Ob es DAS ist, kann ich mir auch nicht so vorstellen. Ich erkläre ja immer und erkläre, was offenbar in die "normale" Psychologie wohl nicht so paßt. Und dennoch wundere ich mich warum manche Beschwerden sich einfach nicht ändern trotz meiner großen Aufwendungen.
Sehe ich auch so. Ich frag mich da, wie Psychologen zu solchen "allgemeingültigen" Aussagen kommen wie, HS sei erblich bedingt. Haben die bei allen HSP einen Gentest gemacht?
Ich weiß nun auch nicht auf wessen Mist das gewachsen ist, aber wie ich es aus meinem Studiengang kenne: Nur weil es nicht sichtbar ist, heißt es nicht, dass es nicht existiert. Und die logische Schlußfolgerung ist dann erstmal die Genetik. Ich bin da nicht firm, aber für mich könnte das unter Umständen auch einfach ein kleiner neuronaler Defekt sein, eine Mutation... vielleicht auch bedingt durch traumatische Erlebnisse.
Beziehst Du dich auf die HS?
Naja, damals war das ja kein Thema. Aber ganz negative Gefühle Monate auszuhalten finde ich wirklich schlimm, das muß ich nicht nochmal haben. Nun habe ich aber auch immer Schwierigkeiten gehabt mit Medikamenten. Gut, das betraf dann meine sehr depressive Phase. Tavor half z. B. gar nichts, damit habe ich mich anders schlecht gefühlt, wobei mir andere Leute erzählt haben wie hilfreich sie das fanden.
Zudem ist meine Erfahrung: Wenn ich auf meine Grenzen achte und rechtzeitig dafür sorgen, dass ich zur Ruhe komme, dann bin ich viel besser in der Lage mit Stressreizen umzugehen als wenn ich bis zum völligen Burnout aushalte.
Hast du das nie automatisch tun können? Ich hatte ja beruflich schon immer diesen Drang lieber in der Natur zu arbeiten, was ich ja auch umsetzen konnte. Nur gibt es da wieder die anderen Reize, aber die waren vergleichsweise erträglicher.

Ich lasse mal einen Link da wo es so einen kleinen Fragenkatalog gibt. Ich weiß nicht, ob du den schon kennst?

http://open-mind-akademie.de/hochsensibilitat/

Gute Nacht!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Werbung


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Di., 21.04.2015, 06:35

Guten Morgen Candle
Hast du das nie automatisch tun können?
Nein. Ich habe Zeit meines Lebens gedacht, ich müsse mich nur zusammenreißen. Ich sah, dass andere viel mehr schaffen als ich, viel mehr aushalten als ich, weniger Ruhe brauchen als ich, kein Problem mit einem randvollen Terminkalender haben, von einer Party auf die nächste gehen können, nach der Arbeit noch problemlos ausgehen können, ... und dachte, dass das Ziel darin bestehen müsse, dahin zu kommen, wo andere Menschen sind. So geriet ich von einem Burnout ins nächste.

Erst als ich began bei mir selbst zu gucken, was die Ursache meiner Dissoziation ist, stieß ich nach langen Umwegen auf HS. Ich begann mich selbst zu beobachten und meine Eigenbeobachtungen in einem Tagebuch festzuhalten. Mir fiel auf, dass ich stets denselben Weg durchlaufe: Stress --> massive Unruhe und Angespanntheit, Reizbarkeit, Hyperaktivität, Aggressivität, Schwindel, völlige Erschöpfung, Müdigkeit, drei Tage lang buchstäblich durchschlafen, Konzentrationsprobleme, Gedächtnisprobleme, ... --> Dissoziation, die sich darin äußerte, dass ich stundenlang da saß und mich, mich nicht mehr bewegen konnte, nicht mehr denken konnte, nicht mehr fühlen konnte, völlig leere wurde, nichts mehr wahrnehmen und aufnehmen konnte, nicht mehr ansprechbar war, ... kurz: völlig weg war.
Ich begann im nächsten Schritt der Frage nachzugehen, was denn eigentlich für mich Stress ist. Ich führte weiter Tagebuch und stellte fest, dass meine Stresswahrnehmung viel niedriger ist als die anderer Menschen, dass z.B. schon eine halbe Stunde Stadtlärm für mich enormer Stress ist.
Ich machte Tests zu ADHS und Autismus, weil meine Symptome beiden Störungen ähnelten. Meine Unruhe, Reizbarkeit, Aggression, Hyperaktivität, ... passten zu ADHS. Das Ende der Kette, nämlich völlig weg zu sein, bewegungslos da zu sitzen, in einer eigenen Welt zu sein, ... passten zu Autismus. Ich erzielte in beiden Tests gleichermaßen hohe Punkte, stellte aber fest, dass die Punktzahl davon abhängt, ob ich am Anfang oder am Ende meiner Stress-Reaktionskette stehe. ADHS und Autismus trafen auf mich somit nicht zu. Mal traf ADHS zu, mal Autismus, keine der beiden Störungen war dauerhaft. Es musste etwas sein, was dazwischenliegt. So stieß ich schließlich auf HS. Was ich da las, ... es war als hätten die Autoren in mich reingeguckt, meine Gedanken und Gefühle wiedergegeben. Das, was ich da las, traf die Faust aufs Auge.
Seitdem mir bewusst ist, was für mich Stress ist und wie die Kette von Stress bis zur Dissoziation bei mir verläuft, achte ich mehr auf meine Grenzen. Wenn ich Unruhe, Schwindel, ... spüre, dann weiß ich, dass meine Grenze erreicht ist und sorge jetzt für Ruhe. Seit ich auf meine Grenzen achte, ist diese Stress-Reaktionskette durchbrochen. Ich habe keine Dissoziationsprobleme mehr. Ich erreiche das Ende dieser Kette nur noch selten.
Beim Therapeuten ist es teilweise notwendig. Ich bin ja schon ziemlich lange irritiert was da los ist.
Das Problem ist, dass HS ja keine psychische Störung ist. Das, was Probleme machen kann, aber nicht im DSM steht, kennen die meisten Therapeuten nicht.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


offtheground
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 21
Beiträge: 181

Beitrag Di., 21.04.2015, 06:46

@candle Japp genau, ist das gleiche Phämomen wie Schiffkrank!
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Di., 21.04.2015, 07:12

Jenny Doe hat geschrieben:Was bleibt einem? Im Prinzip nur, dass man sich mit anderen vergleicht und Außenstehenden die Unterschiede zwischen sich selbst und "Normalen" aufzeigt.
Und je "selbstverständlicher" man das tut,desto leichter tut sich das Umfeld - meiner Erfahrung nach jedenfalls.
Ich erklär mich da auch nicht "jedermann",vieles beobachte und bewerte ich einfach für mich selber und behalte es dann auch für mich.Aber tut auch sehr gut,wenn man sich mit Leuten drüber austauschen kann,die einen dann nicht abwerten (oder anderweitig "abwehren" ) müssen oder einen als defizitär/krank/ oder eben mit nem "neurologischen Defekt" ausgestattet betrachten.

Ich kenn übrigens auch HSler,die nicht (auch nicht frühkindlich) traumatisiert sind.
Jenny Doe hat geschrieben:Ich stolpere "trotzdem " immer noch über die Behauptung in HS Büchern, HS sei grundsätzlich genetisch bedingt, angeboren.
Das seh ich als ne "Notwendigkeit" für deren Selbstschutz.
Auch,wenn grade Psychologen das behaupten "müssen",seh ich das eher als deren Notwendigkeit,weil sie anderes keine Abgrenzung für sich hinkriegen.
Jenny Doe hat geschrieben: HS könnte ja auch in der Kindheit erlernt worden sein, ohne dass man sich heute noch explizit daran erinnern kann. Ich dachte dann, dass es ja auch möglich ist, dass ich HS gelernt habe, weil meine Mutter so unberechenbar, so unvorhersehbar war.
Natürlich! Und das meine ich auch wortwörtlich : Das wäre eine für mich logisch-natürliche Möglichkeit der Anpassung an Lebensumstände.
Und ich denke,es gibt da noch weitaus mehr Varianten.Deshalb finde ichs ja auch so schwierig,da in "gesund" und "krank" unterscheiden zu wollen.


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Di., 21.04.2015, 07:15

Jenny Doe hat geschrieben: Wir müssen uns somit nach Außen hin als "unnormal", "anders als andere", "von der Gesamtpopulation unterschiedlich" beschreiben, um verstanden zu werden. Es ist ein ständiges Hin und Her zwischen "ich bin normal" und "ich bin nicht normal, anders als andere".
Die Aussage "anders als andere" entspricht mir da am ehesten.
Ja,das ist ein ständiges Hin und Her. Allerdings seh ich das auch als ne "normale" (Da is es wieder,dieses Wort... ) Grundhaltung bei Menschen allgemein,die man braucht,um sich selber zu definieren und gleichzeitig mit ner Gemeinschaft zurechtzukommen,ohne sich weder drin aufzulösen,noch dauernd damit zu "kollidieren".

Vielleicht macht unsereins das ja eher die Probleme : Das wir DA unsere Defizite haben,diese Fähigkeit des "Austarierens" zwischen Vergleich und Anpassung nicht "normal" entwickelt haben zu können,der mehr Probleme macht als die HS an sich...?
Ich denk grade an meine Nachbarin.Die ist so typisch HS,das ich gar nicht dran vorbeikomme,davon auszugehen. Aber ich hatte noch nie den Impuls,das irgendwie explizit anzusprechen oder mich mit ihr in Richtung "Ach,du bist auch HS...?" auszutauschen. Die hat da keinerlei Probleme,ihre HS-Umstände in ihren Alltag/in ihre Entwicklung eingebaut zu bekommen.Ist gesegnet mit nem gesunden Selbstbewußtsein (Das trifft es wortwörtlich : Sie ist sich ihrer selbst gut bewußt) und ner guten Gelassenheit.Und kann ihre "Unterschiedlichkeit" zur "Masse" schon alleine daher viel selbstverständlicher leben.
Jenny Doe hat geschrieben:Ich habe Zeit meines Lebens gedacht, ich müsse mich nur zusammenreißen. Ich sah, dass andere viel mehr schaffen als ich, viel mehr aushalten als ich, weniger Ruhe brauchen als ich, kein Problem mit einem randvollen Terminkalender haben, von einer Party auf die nächste gehen können, nach der Arbeit noch problemlos ausgehen können, ... und dachte, dass das Ziel darin bestehen müsse, dahin zu kommen, wo andere Menschen sind
Das meine ich damit.
Um wegkommen zu können vom "aushalten müssen", denk ich,muß man erstmal sich angucken,worauf man sein Selbstverständnis gegründet hat.
Ich war ja auch so unterwegs,bins heut noch manchmal.Und für mich besteht des Rätsels Lösung tatsächlich darin,meine eigene Normalität zu definieren,ohne deshalb mich als "defizitär" zu erleben.
"Mich aussöhnen" zu lernen mit dem,was IST bei mir,ohne dauernd "hinschielen" zu wollen zu dem,was andere haben...

Es sind ja auch nicht nur die "negativen" Gefühle und Eindrücke/Reize von außen,die ein HSler "managen" lernen muß.Jedes Gefühl/Reiz von außen "flasht" ja recht schnell,jedenfalls kenn ich das so. Und seh mein Heil jetzt - nein,nicht in der Flucht an sich.
Sondern eher von nem "Aushalten" hinzufinden zu nem für mich sinnvollen "Haushalten".

Ich denke jetzt grade an Menschen,die z.B. mit fehlenden Gliedmaßen geboren wurden.Die haben auch die Last damit,sich Zeit ihres Lebens mit ihren "Defiziten" auseinandersetzen zu müssen.
Aber entscheidend für ihr Selbstverständnis,für ihre Lebensqualität und "Lebendigkeit" ist da auch nicht ihre "Behinderung",sondern wie sie damit umgehen,was sie draus machen.

Wenn ich jetzt mal rückkopple auf meine eigenes Erleben bzgl. der HS,so merk ich grade war und ist es auch für mich wichtig unterschieden zu bekommen,was da dran ich als "natürlich mitbekommen" empfinde,und was "erworben" bzw. "entwickelt" durch Lebensumstände.Und spür da tatsächlich Unterschiede...
Muß ich mal noch näher drüber nachdenken.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Di., 21.04.2015, 14:40

Hallo Jenny Doe!
Jenny Doe hat geschrieben: Nein. Ich habe Zeit meines Lebens gedacht, ich müsse mich nur zusammenreißen. Ich sah, dass andere viel mehr schaffen als ich, viel mehr aushalten als ich, weniger Ruhe brauchen als ich, kein Problem mit einem randvollen Terminkalender haben, von einer Party auf die nächste gehen können, nach der Arbeit noch problemlos ausgehen können, ... und dachte, dass das Ziel darin bestehen müsse, dahin zu kommen, wo andere Menschen sind. So geriet ich von einem Burnout ins nächste.
Diese Beispiele, die du hier gerade anführst, hatte ich eindeutig nicht bis etwa Mitte 30. Und ich hatte auch nie das Gefühl, dass ich ein Burn out gerate. Ich finde das jetzt für mich ganz interessant, denn hochsensibel bin ich dann offenbar nicht oder es ist dann dem psychischen Zusammenbruch geschuldet.
Ich begann mich selbst zu beobachten und meine Eigenbeobachtungen in einem Tagebuch festzuhalten.
Wahnsinn, dazu wäre ich viel zu faul!
Seitdem mir bewusst ist, was für mich Stress ist und wie die Kette von Stress bis zur Dissoziation bei mir verläuft, achte ich mehr auf meine Grenzen. Wenn ich Unruhe, Schwindel, ... spüre, dann weiß ich, dass meine Grenze erreicht ist und sorge jetzt für Ruhe. Seit ich auf meine Grenzen achte, ist diese Stress-Reaktionskette durchbrochen. Ich habe keine Dissoziationsprobleme mehr. Ich erreiche das Ende dieser Kette nur noch selten.
Das ist ja wirklich ein Erfolg!
Das Problem ist, dass HS ja keine psychische Störung ist. Das, was Probleme machen kann, aber nicht im DSM steht, kennen die meisten Therapeuten nicht.
Du hast ja meines Wissens eine entsprechende berufliche Vita. Wäre es nicht interessant für dich in die Richtung zu forschen?

Viele Grüße!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Di., 21.04.2015, 15:38

Huhu Candle,
Wäre es nicht interessant für dich in die Richtung zu forschen?
Ich bn völlig weg von der Psychologie und möchte auch nichts mehr in dieser Richtung machen.
Zum anderen, witzig, dass Du das fragst. Ich habe heute morgen noch gedacht, dass z.B. Aron, die ja als die "Begründerin" der HS angesehen wird, selbst eine HSP ist, zudem selber Psychologin ist und sich ihre eigene Problematik zum Forschungsgegenstand gemacht hat. Ganz ehrlich, .. ich habe versucht (Betonung liegt auf Versuch) ein Buch von ihr zu lesen und habe nach 60 Seiten aufgehört zu lesen. Was mich am meisten störte war, dass sie glaubt zu wissen, wie es für alle HSP ist. Ihr Buch ist voll von Suggestionen, wie man sich als Kind gefühlt haben muss usw. Zudem störte es mich, dass sie überall nur noch HSP sieht. Sie beschrieb z.B., dass sie bei zahlreichen ihrer Stundenten erkennen konnte, dass auch sie eine HSP sind. Ihre eigene Beobachtung reichte ihr zur "Diagnostik". Ich sehe da halt das Problem bzw. die Gefahr, dass man zu sehr von sich selbst ausgeht.
Ich finde das jetzt für mich ganz interessant, denn hochsensibel bin ich dann offenbar nicht oder es ist dann dem psychischen Zusammenbruch geschuldet.
Ich denke, dass auch eine HS nicht bei jedem gleich stark ausgeprägt ist. So wie es Menschen gibt, die keine HSP haben und Menschen gibt, die eine HSP sind, so werden sich auch die Individuen der Gruppe der HSP voneinander unterscheiden.
Während eines HSP-Gruppentreffens las eine Person aus einem HS-Buch eine Einteilung von HSP in Gruppen vor. Ich glaube, es waren vier Gruppen. Bei jedem ist die HS ja anders ausgeprägt, der eine reagiert auf auditive Reize "empfindlich", der andere auf visuelle, der vierte auf Gefühle usw. Dann gabs noch spirituelle, ... Kriege die genaue Einteilung nicht mehr hin. Interessant fand ich, dass ich in alle Gruppen gehöre, während sich andere nur ein, zwei oder drei Gruppen zugehörig fühlen. Will sagen, Du wirst anders sein als ich oder Waldschratin. Ich habe mit anderen einiges, aber nicht alles gemeinsam. Bei manchen HSP habe ich das Gefühl, die seien ich, so gleichen sich unsere Probleme. Andere HSP hingegen verstehe ich gar nicht. Die sind total anders als ich. Klar frage auch ich mich, wenn ich sehe wie unterscheidlich HSP sind, bin ich es wirklich? Sind die anderen es wirklich?
Das ist ja wirklich ein Erfolg!
Danke schön.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Mi., 22.04.2015, 13:39

Hallo Jenny Doe!
Jenny Doe hat geschrieben: Ich bn völlig weg von der Psychologie und möchte auch nichts mehr in dieser Richtung machen.
Zum anderen, witzig, dass Du das fragst.
Das kann ich natürlich verstehen! Besser ist dann doch manchmal sich selber zu helfen statt noch anderen.
Ich habe heute morgen noch gedacht, dass z.B. Aron, die ja als die "Begründerin" der HS angesehen wird, selbst eine HSP ist, zudem selber Psychologin ist und sich ihre eigene Problematik zum Forschungsgegenstand gemacht hat. Ganz ehrlich, .. ich habe versucht (Betonung liegt auf Versuch) ein Buch von ihr zu lesen und habe nach 60 Seiten aufgehört zu lesen.
Inzwischen habe ich das mitbekommen, dass sie der Stein des Anstoßes war. Gelesen habe ich aber nichts. Vermutlich ging es dir damit so ähnlich wie mir mit Alice Miller.
Das Problem was ich dann so habe- egal welche Themen- dass ich mich kaum bis nie irgendwo wiederfinde. Das ist echt frustrierend. Ich bin wohl doch ein Gefühlsalien.
Ich sehe da halt das Problem bzw. die Gefahr, dass man zu sehr von sich selbst ausgeht.
Eh klar, aber das passiert auch häufig, wenn jemand erstmal eine neue Idee verfolgt. Da sind dann die Nachfolger in der Pflicht.
Will sagen, Du wirst anders sein als ich oder Waldschratin.
Ja eh klar. Was würdest du denn meinen: Reicht eine Gruppe um sich als hochsensibel zu sehen oder würdest du vielleicht mindestens zwei Gruppen als Standard setzen? Ich frage mich nämlich, ob eine "Komponente" überhaupt ausreicht um überempfindlich zu sein?
Klar frage auch ich mich, wenn ich sehe wie unterscheidlich HSP sind, bin ich es wirklich? Sind die anderen es wirklich?
Diese Fragen erinnern mich an ein Buch, dass mir hier eine Userin zusendete. Ich habe auch nur wenige Seiten gelesen und dann das Handtuch geworfen, weil mir das mehr so (überzogen gesagt) in Richtung Heulsuse und damit verbundene soziale Schwierigkeiten ging. Naja, ich habe das nicht mehr so in Erinnerung. Da ist sie wieder die Diskrepanz von Befindlichkeiten im Zusammenhang mit psychischen Befinden und Charakter. Es gibt ja durchaus Menschen, die ihre Befindlichkeiten ständig äußern, was es nicht wahrer macht, aber eben hängenbleibt als Überempfindlichkeit/ Hochsensibilität dieser Person.

Lieben Gruß!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Mi., 22.04.2015, 15:23

@ Candle
Was würdest du denn meinen: Reicht eine Gruppe um sich als hochsensibel zu sehen oder würdest du vielleicht mindestens zwei Gruppen als Standard setzen? Ich frage mich nämlich, ob eine "Komponente" überhaupt ausreicht um überempfindlich zu sein?
Wenn Du fragen würdest "ich ziehe mich zurück", ich bin traurig usw., bin ich depressiv?" dann könnte man den DSM/ICD aufschlagen und gucken, wie viele Anzeichen einer Depression Du erfüllst, wieviele Du erfüllen müsstest und wie lange Deine Symptome anhalten müssten und Dir sagen "Du hast (k)eine Depression". Für die HS hingegen gibt es keine Kriterien. Es gibt keine Kriterien, wieviele Symptome man erfüllen muss, wie lange man reizüberflutet sein muss, wie stark ausgeprägt die Wahrnehmung sein muss, ... um von einer HS sprechen zu können. Im Prinzip kann sich jeder der mag als HSP bezeichnen.
Vermutlich ging es dir damit so ähnlich wie mir mit Alice Miller.
Bei der gings mir auch so , ebenso bei einigen anderen Psychologen. Ist halt das Problem, wenn man sich zusehr mit einem Thema beschäftigt und dann plötzlich überall nur noch das sieht, was im eigenen Kopf gerade am präsentesten ist. Wenn man sich tagtäglich jahrelang nur mit Birnen beschäftigt, sieht man irgendwann nur noch Birnen
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Mi., 22.04.2015, 15:48

@ Waldschratin,

Deine Postings musste ich erst mal "verdauen" Sie enthalten sehr gute Gedanken, mit denen ich viel viel anfangen kann.
Insbesondere diese Sätze von Dir
Um wegkommen zu können vom "aushalten müssen", denk ich,muß man erstmal sich angucken,worauf man sein Selbstverständnis gegründet hat.Und für mich besteht des Rätsels Lösung tatsächlich darin,meine eigene Normalität zu definieren,ohne deshalb mich als "defizitär" zu erleben."Mich aussöhnen" zu lernen mit dem,was IST bei mir,ohne dauernd "hinschielen" zu wollen zu dem,was andere haben...Sondern eher von nem "Aushalten" hinzufinden zu nem für mich sinnvollen "Haushalten".
Ich habs zum Glück geschafft - noch vor meinem Rentenalter - soweit zu kommen, dass mir heute nicht mehr darum geht, wie ich sein müsste, sondern mein Leben an mich anzupassen, an dem was ich kann und was ich bin. Seit ich auf meine Grenzen achte geht es mir nicht nur viel viel besser, ich fühle mich zudem heute im Einklang mit mir selber, irgendwie echter als früher.
Wenn ich jetzt mal rückkopple auf meine eigenes Erleben bzgl. der HS,so merk ich grade war und ist es auch für mich wichtig unterschieden zu bekommen,was da dran ich als "natürlich mitbekommen" empfinde,und was "erworben" bzw. "entwickelt" durch Lebensumstände.Und spür da tatsächlich Unterschiede...
Vor dieser Hausaufgabe sitze ich auch noch
Magst Du erzählen, worin für Dich die Unterschiede bestehen? Ich spüre auch Unterschiede, habe aber noch nicht die richtigen Worte gefunden, mit denen ich das beschreiben könnte.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Do., 23.04.2015, 06:35

Candle, noch einen kleinen Gedankengang zur Ergänzung: Wenn ich keine zwei Minuten still auf dem Stuhl sitzen kann, dann brauche ich keinen DSM der mir sagt, dass ich unruhig und hyperaktiv bin. Wenn ich gerne unter Menschen bin, dann weiß ich auch ohne DSM, dass ich extrovertiert bin. Wenn ich merke, dass ich schnell von Reizen überflutet bin, dann weiß ich auch ohne DSM, dass ich ein Reiz-Problem (oder Begabung) habe. ...
HS ist keine psychische Störung, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal, so wie Extraversion, Schüchternheit usw. Es gibt zwar auch Tests, mit denen man messen kann, ob man schüchtern, extrovertiert usw. ist. Trotzdem sind diese Persönlichkeitseigenschaften keine psychischen Störungen, sondern Eigenschaften, die mensch so haben kann.
Das mal so als Gedankenregung auf dem Weg zur richtigen "Diagnose". Weder HS, noch Extraversion oder eine andere Persönlichkeitseigenschaften sind psychische Störungen und damit auch keine "Diagnosen".
Man muss nicht aus allem eine psychische Störung machen, nur damit der DSM einem sagen kann, wie wieviele Kriterien man erfüllen muss, muss um als extrovertiert, hochsensibel, schüchtern, ... zu gelten. Wenn Du ein Problem mit Reizen hast, dann hast du dieses Problem. Man muss nicht in DSM-Kategorien reigepresst werden, um sich mit Problemen auseinandersetzen zu können.
Mein Wort zum Donnerstag
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15223

Beitrag Do., 23.04.2015, 09:28

Wie kommst du nun auf das Wort zum Donnerstag?
Mir ist das eigentlich völlig klar! Nur ist es auch schön das mal irgendwo nachlesen zu können.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag