Therapeutische Verstrickung

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AFI
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 07:16

Ich muss mir meinen Kummer noch mal von der Seele schreiben :/

Mir ging es den einen Abend so richtig schlecht. Schlecht, wie lange nicht mehr. Deswegen habe ich den Dummen Fehler gemacht und meinem Therapeuten Abend eine sms geschrieben, ob ich ihn sprechen kann. Er hat mir dann gesagt, dass er am nächsten Tag da und da ist und das ich dort hinkommen kann und wir reden können. Ich bin dann auch hingefahren und wir waren dann spazieren.

Ich habe ihn dann gefragt, was er eigentlich damit meinte, dass er sich verstrickt hat. Er wollte es mir nicht so richtig beantworten und hat die meiste Zeit drum herum geredet. Das einzige, was er gesagt hat dazu war, dass er es nicht mehr in die Rolle des Therapeuten geschafft hat als ich in seiner Praxis war und als er mich gesehen hat, wie ich den kindern vorgelesen habe. Er meinte, dass er aber das Gefühl hat, dass seine Verstrickung besser geworden ist und er da an sich gearbeitet hat. Unter festen Rahmenbedingungen kann er sich vorstellen, mich als Arzt weiter zu behandeln. Die festen Rahmenbedingungen braucht er aber, um sich nicht wieder zu verstricken.

Ich habe ihn dann gefragt, ob es für ihn überhaupt in Ordnung war, dass ich ihm die sms geschrieben hat. Daraufhin meinte er, dass er der Arzt ist und damit klar kommen muss….

Ich weiß nicht, ich stand da und ich habe nichts verstanden. Ich verstehe alles nicht mehr. Ich dachte, dass wir uns hier sehen am Wochenende nachdem ich ihm eine sms geschrieben habe ist doch Teil der Verstrickung. Für ihn scheint das alles in Ordnung zu sein und ich frage mich, ob ich irgendwie bekloppt bin….

Ich fühle mich so dumm 😢

Ich habe das dann meiner neuen Therapeutin erzählt und die war sehr sauer und meinte, dass sie gesagt hat, dass ich keinen Kontakt mehr mit ihm haben soll und das unter der Bedingung die Therapie statt findet. Das hat mich dann sauer gemacht, weil ich dachte, nicht das ich sie nicht verstehen kann und das richtig ist aber wenn es so einfach wäre, dann würde ich nicht hier sitzen und noch mal Hilfe brauchen :/

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Shukria
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 08:07

Also außen stehend ist es aber auch schwer nachvollziehbar warum du dich der Realität so vetstellst.

Er ist verstrickt (SMS, direkt Termin am WE, spazieren gehen...) Er kann es dir nicht erklären warum er was wie tut, da kannst du noch 20mal auf unterschiedlichsten Wegen nachfragen.

Vielleicht brauchst du selber immer wieder die eigene Erfahrung, das er sich in seinen Aussagen und Handeln in Widersprüche verstrickt und nicht mehr hilfreich für dich ist, um loslassen zu können. Vielleicht bist du einfach ein Mensch der das über die kognitive Ebene nicht gelöst bekommt. Weil wissen tust du es, das er es nicht hinbekommt mehr, aber ein Teil von dir glaubt das noch nicht so richtig oder gar noch Hoffnung um ihn wirklich nach so langer Zeit, in der dir der Kontakt gut tat, ihn jetzt loslassen zu können.

Das musst du selber für dich tun /schaffen, er hilft dir nicht dabei.

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lisbeth
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 08:23

AFI hat geschrieben: Mi., 01.12.2021, 07:16 Ich habe das dann meiner neuen Therapeutin erzählt und die war sehr sauer und meinte, dass sie gesagt hat, dass ich keinen Kontakt mehr mit ihm haben soll und das unter der Bedingung die Therapie statt findet. Das hat mich dann sauer gemacht, weil ich dachte, nicht das ich sie nicht verstehen kann und das richtig ist aber wenn es so einfach wäre, dann würde ich nicht hier sitzen und noch mal Hilfe brauchen :/
Dass es keine gute Idee war, mit ihm Kontakt aufzunehmen, weißt du ja sicher selbst...
Was hast du dir denn davon erhofft bzw erwartet?
Noch mehr von dem was dich in diese große Scheizze reingeritten hat? Oder ist das die ewige Hoffnung (eines kleinen Kindes), dass es doch noch "gut" werden müsste? Sorry AFI, diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen. Jedenfalls nicht mit ihm.

Dass deine Therapeutin es zur Therapie-Bedingung macht, dass du keinen Kontakt zu ihm suchst, kann ich nachvollziehen. Das ist für dich wie eine Sucht, der Kreislauf muss erstmal unterbrochen werden. Vorher kann keine wirkliche Arbeit an den dahinter liegenden Themen stattfinden. Auch deine Reue hinterher erinnert mich irgendwie an die Beteuerungen eines Suchtkranken, der weiß, dass seine Alkoholexzesse ihm (und seinem Umfeld) schaden und der dann sehr überzeugend versprechen kann, dass es "nie wieder" vorkommen wird. Bis zum nächsten Mal.

Meine Therapeutin hatte mal während einer Auseinandersetzung gesagt, dass sie nicht will, dass diese Therapie sich in eine "Folie à deux" auwächst. Was ich ihr damals ziemlich übel genommen hatte. Ihr steckt da aber mitten drin. Immer noch. Und dein Ex-Therapeut merkt das noch nichtmal sondern redet sich ein, dass er alles im Griff hat. Das ist wirklich wahnhaft. Rückblickend bin ich meiner Therapeutin jetzt fast dankbar, dass sie sich solche Fragen stellt und sie auch offen in den Raum stellt, damit es eben nicht dazu kommt.

Ja, du brauchst Hilfe und Unterstützung, das ist keine Frage. Aber du musst schon auch deinen Teil dazu tun. Die Kontakte aus deinem Telefon löschen, zum Beispiel. E-Mails und Briefe so wegpacken, dass du sie nicht ständig rausholen kannst und lesen /dich in ihnen verlieren kannst. (Ganz vernichten würde ich sie eher nicht, vielleicht brauchst du sie nochmal als "Beweismittel" für dich selbst oder für ein Verfahren). Du kannst auch mit der Therapeutin mal zusammen überlegen, welche alternativen Handlungsmöglichkeiten du hast, wenn der Druck zu groß wird, ihn zu kontaktieren. Die Kontaktaufnahme passiert nicht "einfach so". Das ist eine Kaskade an Gedanken - Gefühlen - Entscheidungen, und an jedem Punkt kannst du dich neu entscheiden oder Einfluss nehmen.

Dass du ihn kontaktierst und dann auch zu ihm hinfährst? Da spielst du aber auch ganz schön mit dem Feuer (und mit ihm). Und mir kommt es so vor, dass ein Teil von dir auch die 'Macht' genießt, die du über ihn hast. Du brauchst nur "komm her!" rufen, und er sitzt bettelnd vor dir wie ein kleines Hündchen und frisst dir aus der Hand.
Dass er immer noch die Realität verleugnet, weil er denkt, er sei nicht mehr verstrickt, ist blanke Hybris.
Wenn er nicht mehr verstrickt wäre, würde er kurz und knapp auf deine SMS antworten und sagen: Frau AFI, das ist keine gute Idee. Wenden Sie sich an Ihre aktuelle Therapeutin. Ich werde in Zukunft auf ihre Kontaktangebote nicht mehr reagieren.

Da ist an so vielen Punkten schon so viel schief gelaufen, wo er als Therapeut immer wieder den therapeutischen Rahmen verlassen hat. Dass du jetzt keine Ahnung mehr hast, wie ein vernünftiger, korrekter Rahmen aussieht, ist mehr als verständlich. Ich fürchte aber, der einzige Weg, der aus diesem Chaos herausführt, ist Abstinenz. Auch von deiner Seite. Und dann immer wieder mit der aktuellen Therapeutin draufschauen. Welche Impulse tauchen auf und warum? Was bedeutet das? Welches Bedürfnis steckt dahinter? Was kannst du unternehmen (außer den Ex-Therapeuten zu kontaktieren)... Wenn du immer wieder zum Ex-Therapeuten rennst, wird nur deine "Sucht" befriedigt. Aber du wirst dann nie rauskommen. Und verstehen wirst du auch nichts, denn er versteht ja noch nicht mal selbst, was da passiert.
Zuletzt geändert von lisbeth am Mi., 01.12.2021, 08:26, insgesamt 1-mal geändert.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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MerleX
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 08:25

Wichtig finde ich immer, sich selbst bei allem im Blick zu behalten.

Was dein Therapeut dabei geleitet hat, ist ja eigentlich egal. Viel interessanter ist doch, was dich dabei lenkt. Hast du einen guten Zugang zu deinen Gefühlen? Dann prüf doch einfach mal für dich selbst, wie sich das angefühlt hat … das Warten auf Antwort, der „geheime“ Treffpunkt, der gemeinsame Spaziergang, das Gefühl, „jemand verstrickt sich wegen mir“ (das kann ein richtig tolles, kribbeliges, spannendes Gefühl sein).

Du hältst nicht „umsonst“ die Verstrickung am Leben. Das meine ich nicht als Vorwurf, sondern als Beschreibung.

Du musst dir nur bewusst sein - den „schwarzen Peter“ (den vom Kartenspiel), den wirst zum Schluss du in den Händen halten, wenn du dich weiter auf dieses Verstrickungsspiel einlässt. Das hat nichts mit „dumm“ zu tun, sondern nur mit Entschiedenheit.

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peppermint patty
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 08:44

Mir scheint, du schreibst von einem „dummen Fehler“ den du gemacht hast, dieser bei dir jedoch nur kognitiv ankommt - wenn überhaupt so richtig - emotional jedoch nicht.
Ich denke auch, dass deine Sehnsüchte dir ein wenig die Sicht auf die Dinge erschweren. Oder anders ausgedrückt, etwas in DIR möchte oder kann die Situation nicht sehen, wie sie ist. Nämlich missbräuchlicher Therapeut, der sich arg mit dir verstrickt hat. Dieser Therapeut soll dir jetzt die Antwort geben, wieso alles so gekommen ist wie es ist. Das kann er doch gar nicht. Und schon gar nicht, dass es bei dir emotional (verständlich) ankommt, weil du wahrscheinlich anderes ersehnst. Schon allein deshalb nicht, weil auch du mit ihm verstrickt bist und dich (teilweise) abhängig fühlst.
Er hätte sich vermutlich nicht mit dir verstrickt, wenn ihm alles bewusst und erklärbar wäre - ich unterstelle jetzt mal keine Absicht. Zudem kann er seine Situation selbst nicht richtig einschätzen, hat also die Realität aus den Augen verloren, sonst würde er nicht so tun, als sei eine Fortsetzung der Therapie bei ihm möglich. Da verlangst du etwas von ihm was ihm mMn nicht möglich ist.
Ich glaube deine Fragen und Antworten haben wollen zeigt, dass du die Situation als solche auch noch nicht verstanden (meine ich nicht als Vorwurf) hast und dort immer noch nach etwas suchst - was nicht (mehr?) da ist und vermutlich auch nicht mehr da sein wird. Wie ein nicht realisieren können/wollen und eine Phase der Nichtakzeptanz.
Das deine Thera sauer ist, kann ich teilweise nachvollziehen, obwohl sich das für dich unangenehm anfühlt. Sie kann nicht erfolgreich mit dir arbeiten, solange du noch „Täterkontakt“ hast. Das ist wie bei einem Süchtigen, da verlangen Theras auch Entzug und Abstinenz vom Suchtmittel. Sie ist da klar und abgegrenzt- könnte man auch als professionellen therapeutischen Umgang betrachten, wobei natürlich der Ton die Musik macht.
Meiner Auffassung nach gilt es dich selbst zu fragen was du möchtest: Die Sache aufarbeiten? Oder weiterhin in der Verstrickung bleiben?

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AFI
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 09:00

Ich glaube ich habe gerade beim Lesen Euer Beiträge wenigstens einen kleinen Teil realisiert. Ihr habt recht, was hält mich so daran. Warum will ich es unbedingt geklärt haben….darüber habe ich noch nie so nachgedacht.

Jetzt ist mir gerade bewusst geworden, dass mich die Situation an meine Situation mit meinem Vater erinnert. Er hat mich gedemütigt und misshandelt und ich wollte immer alles mit ihm klären und das er sich entschuldigt und das alles wieder gut wird und dann ist er plötzlich verstorben. Ich glaube vielleicht halte ich mich deswegen so daran fest, dass es geklärt werden muss und ein gutes Ende findet damit ich es nicht wieder so erleben muss, wie ich es schon mal erlebt habe mit meinem Vater…

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Shukria
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 09:48

Du hättest es auch mit deinem Vater nicht geklärt bekommen. Du brauchst für Dich einen festen Standpunkt, unabhängig von Deinem Gegenüber und den kannst Du Dir am besten mit der neuen Therapeutin erarbeiten.

Solange Du noch erwartest mit dem "Täter" etwas klären zu können, also das der seinen Beitrag dazu leistet, bleibst Du in der emotionalen Abhängigkeit an diese Menschen. Verantwortung für dich übernehmen bedeutet von diesen Menschen unabhängig Standpunkte zu beziehen und für dich zu sorgen. Vielleicht sogar sie dafür von ihrem Podest zu stoßen, auf die du sie stellst.

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peppermint patty
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 14:38

Für mich stellt es sich eher so da, die Sache ansich IST (im Großen und Ganzen) geklärt, nur an dem wahr haben wollen und der Akzeptanz mangelt es.
Was noch nicht geklärt ist, ist meines Erachtens nach das Motiv von dir AFI, also die Gründe weshalb du nicht loslassen kannst, was dich bindet und welchen Hintergrund die Geschichte in deinem Lebenskontext hat.
Und mit dieser „Erforschung“ hast du ja schon angefangen, wie dein obiger Beitrag zeigt.


schnee
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 14:39

Hallo liebe AFI,

hast du schon mal was Traumabindung/Trauma Bounding gehört? Es beschreibt warum Menschen die in missbräuchlichen Beziehungen sind, diese nicht so einfach beenden können und immer wieder zum Täter zurückkehren. Ich kann das nicht so gut erklären aber es entsteht eine Dynamik zwischen Nähe und Abstoßung die die Bindung zum Täter stärkt und eine Verwirrung beim Opfer erzeugt. (im Netz gibt es einiges dazu, z.B. auch auf Wikipedia. Vielleicht hilft dir das Wissen ein bisschen Abstand zu bekommen, dich selbst nicht zu beschuldigen und dann aber auch Verantwortung zu übernehmen.)

Diese Dynamik wird auch oft mit einem einarmigen Banditen verglichen, wo man bei jedem Zug hofft, dass diesmal der ganz große Gewinn kommt. Egal wieviel Geld man bereits reingesteckt hat aber "dieses mal wird es doch ganz bestimmt klappen, ein bisschen was habe ich doch schon gewonnen, dann muss ich ja bald den Jackpot knacken". Dann klappt es wieder nicht aber "noch dieses einmal".... "aber jetzt wirklich das letzte mal". Man verliert fast die ganze Zeit und ab und zu bekommt man auch kleine Gewinne, die aber nicht im Verhältnis dazu stehen wie viel man bereits verloren hat. Es sind Trostpreise die einen dazu animieren sollen weiter zu machen.

Diese Dynamik macht tatsächlich süchtig. Dh. du bist nicht dumm(!!!!!) sondern wahrscheinlich abhängig und eine Sucht kann man nicht einfach nur mit Willenskraft beenden und auf Vernunft hört eine Sucht in der Regel auch nicht, sonst wäre es keine Sucht. Der Kontakt zu deinem ehemaligen Therapeuten scheint dein Suchtmittel zu sein, ich vermute, dass deine Therapeutin deswegen so sauer reagiert hat. Wie lisbeth bereits geschrieben hat ist es wichtig, dass du jeglichen Kontakt zu deinem ehemaligen Therapeuten abbrichst und dran arbeitest abstinent von ihm zu werden. Auch wenn es nicht deine Schuld ist, musst du jetzt sehr viel Arbeit reinstecken um auch diesen Teufelskreis auszubrechen. Um den harten Kontaktabruch wirst du nicht durmherum kommen aber deine Therapeutin wird dich da hoffentlich unterstützen und was auch immer hochkommt mit dir bearbeiten, rausfinden was deine Trigger sind und wie du damit gesünder umgehen kannst. Frage vielleicht noch andere Menschen (Freunde, Partner) ob du dich kurz bei ihnen melden kannst wenn "Suchtdruck" hochkommt, kurzes Telefongespräch, eine Sprachnachricht oder eine kurze Nachricht zu schreiben "ich bin kurz davor meinem Ex-Therapeuten zu schreiben" und sich mit dem süchtigen Verhalten zu zeigen, Abstand zu gewinnen und zu merken ich bin nicht allein, ich kann mich an andere wenden, selbst wenn die nur antworten "ich hab es gelesen" oder dir nur für 5 min zuhören ohne großartig was zu sagen. Oder du gehst ohne Telefon kurz spazieren (sofern es die Umstände erlauben), ne Runde Joggen um von dem Druck runterzukommen. Was auch immer bei dir hilft.
Diesen Schritt kann dir keiner abnehmen aber du bist nicht alleine damit.

LG

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Griselda
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 16:03

Vielleicht ist das Ganze viel einfacher und primitiver. Vielleicht ist einfach sexuelle Anziehung da. Dass der Mann nun Therapeut ist, ist eher nebensächlich. (abgesehen davon, dass er sich das verbieten müsste)
Der Mann wird als "Opaersatz" geschildert, ist wohl eher älter und erlebt jetzt seinen zweiten Frühling.
Du, AFI bist vermutlich von ihm angezogen, er scheint Beschützerinstinkte zu wecken und "weiß wohl generell wo es langgeht". Dazu kommt noch die Erkrankung der Tochter, vermutlich brauchst du jetzt etwas wo du dich lebendig fühlst, wo es spannend ist und kribbelt und nicht nur immer schwer und bedrohlich ist.
Warum das nicht einfach ausleben?

Ich mein, versuch doch ehrlich zu beantworten, ob du dir auf die Frage was verstricken bedeutet, nicht sowas als Antwort gewünscht hast wie "Ich war/bin verliebt"?

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 01.12.2021, 17:57

Bei Sucht ist es normal, dass im Prozess des Abstinent werdens Rückfälle eintreten.

Von daher finde ich es nicht akzeptable dass die neue Therapeutin dich dumm anmacht. Es ist ihr Job rauszufinden WARUM du es gemacht hast damit du beim nächsten Mal wenn du so Anwandlungen bekommst besser wiederstehen kannst und dich beim Management dieser Sehnsüchte zu unterstützen.

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AFI
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Beitrag Fr., 17.12.2021, 10:53

Hallo,

ich möchte noch einmal schreiben, um meine eigenen Gedanken zu sortieren und neutrale Blickwinkel zu erhalten weil ich gerade gefühlt nicht mehr weiß, was eigentlich los ist…

Ich hatte ja erzählt, dass ich beim letzten Spaziergang mit meinem alten Therapeuten gefragt hatte, was er eigentlich damit gemeint hat, dass er sich verstrickt hat. Er hatte ja daraufhin gesagt, dass er es nicht mehr in die Rolle des Therapeuten geschafft hat als ich in seiner Praxis mit meinen Kindern war und ihnen vorgelesen habe und das er aber der Meinung ist, dass er seine Verstrickung jetzt gut aufgearbeitet hat…

Naja jedenfalls bin ich auch dabei mit meinem neuen Therapeuten, die Situation aufzuarbeiten und ich habe das Gefühl, das es auch werden kann…

Ich hatte dann die Tage einen Termin in der Praxis bei meinem alten Therapeuten und weil ich kein Wort rausbekommen habe, hat er mir angeboten, dass wir noch mal spazieren gehen in der Stunde und das war auch besser. Jedenfalls habe ich ihn dann gefragt, warum er nie die Therapie abgebrochen hat und mich zu einem Kollegen überwiesen hat. Er meinte daraufhin, dass er verstrickt war aber nie das Gefühl hatte, dass er es nicht mehr hin bekommt. Ich habe ihn dann noch gefragt, warum er mir nie alles Gute zum Abschied gewünscht hat. Er meinte, er wusste nicht, was er schreiben sollte und für ihn war das dann so ok. Ich habe diese zwei Fragen gestellt weil ich das noch wissen wollte für mich. Er meinte dann nur, dass er sich nicht aus der Verantwortung ziehen will aber ich sollte das alles mit meinem neuen Therapeuten besprechen. Dann hat er mich gefragt, ob ich wütend und traurig auf ihn bin und ich meinte ja, das bin ich. Daraufhin meinte er, dass er ja dann wenigstens jemand ist auf den ich wütend und traurig sein kann.
Er meinte dann, dass er für mich bis zur Rente als Arzt, den ich gut kenne, da sein kann. Wenn ich das möchte.

Jedenfalls stand ich dann vor ihm und dachte mir, was will ich eigentlich ? Ich wusste es selber nicht mehr…keine seiner Worte können das gut machen, was passiert ist. Das er gesagt hat, dass er nicht mehr in die Rolle des Therapeuten gefunden hat, hat mir nicht geholfen und seine Antworten auch nicht. Ich wusste dann überhaupt nicht mehr, was ich eigentlich will und dann kam die Resignation, dass nichts mehr iwas bringen wird und ich musste an eure Worte denken.

Und dann stand ich vor ihm zum Abschied und mir kamen die Tränen, weil ich dachte, dass ich ihn auf irgendeine komische Art und Weise anscheinend ‚liebe‘ und ich ihm egal bin.

Und jetzt bin ich so wütend weil ich so für ihn empfinde und unendlich traurig, das er nicht das gleiche für mich empfindet und verzweifelt über meine ‚Dummheit‘ und die Situation…

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peppermint patty
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Beitrag Fr., 17.12.2021, 11:49

AFI hat geschrieben: Fr., 17.12.2021, 10:53
Jedenfalls stand ich dann vor ihm und dachte mir, was will ich eigentlich ? Ich wusste es selber nicht mehr…keine seiner Worte können das gut machen, was passiert ist. Das er gesagt hat, dass er nicht mehr in die Rolle des Therapeuten gefunden hat, hat mir nicht geholfen und seine Antworten auch nicht. Ich wusste dann überhaupt nicht mehr, was ich eigentlich will und dann kam die Resignation, dass nichts mehr iwas bringen wird und ich musste an eure Worte denken.

Und dann stand ich vor ihm zum Abschied und mir kamen die Tränen, weil ich dachte, dass ich ihn auf irgendeine komische Art und Weise anscheinend ‚liebe‘ und ich ihm egal bin.

Und jetzt bin ich so wütend weil ich so für ihn empfinde und unendlich traurig, das er nicht das gleiche für mich empfindet und verzweifelt über meine ‚Dummheit‘ und die Situation…

Hallo AFI,

ich finde die Frage "was will ich?" gut, denn sie zeigt dir, dass du bestimmte Erwartungen an deinen Therapeuten hast, die du nicht erfüllt bekommst. Als Konsequenz daraus, kannst du handeln, trauern und dich verabschieden. Aber auch deinen Teil der Situation hinterfragen und verarbeiten.

Zu den Erwartungen an deinen Therapeuten: Ja, er kann nicht wieder gut machen was vorgefallen ist. Wie auch? Es ist Vergangenheit, die so stehen bleibt, egal was er sagt oder wie er sie begründet. Er kann nur bedauern was vorgefallen ist und sich entschuldigen. Und es ist offensichtlich, dass er nicht in die Rolle des Therapeuten zurück kann, er sieht es mittlerweile selbst ein.
Dennoch lese ich aus deinen Zeilen heraus, dass du eine ganz bestimmte Antwort von ihm erwartet hast, denn eigentlich ist nach meiner Auffassung eigentlich (fast) alles beantwortet. Du wolltest von ihm hören, dass er ebenso wie du empfindest. Ich kann verstehen, dass du diesen Wunsch hegst, finde aber, dass du dadurch nicht für die Realität offen bist. Zumindest macht es für mich den Anschein, dass du deshalb immer wieder Antworten forderst, weil sie bisher nicht "die richtigen" waren.
(Aber selbst wenn er zu dir gesagt hätte, dass er dich liebt, was hätte dies gebracht? Aus meiner Sicht, wäre dies für den Moment eine befriedigende Antwort gewesen - hätte aber all den Verstrickungen noch mehr Auftrieb gegeben. Die never ending Story wäre in die nächste Runde gegangen...)

Nun ziehst du aus seinen Antworten, die dich nicht befriedigen einen Schluss, den ich extrem finde. Entweder er liebt dich (wobei ich deine Liebe eher als Abhängigkeit einschätze) oder du bist ihm egal. Das ist schwarz weiß - Denken.

Ich bin mir sicher, dass du ihm nicht egal bist, nicht warst und auch nicht sein wirst. Und auch, wenn er Fehler gemacht hat, so sicher nicht aus dem Grund, dass du ihm egal bist, eher im Gegenteil. Dennoch hat er persönliches mit privatem vermischt - und das ist heftig nach hinten losgegangen.

Vielleicht könntest du seine Antwort so stehen lassen und nicht interpretieren? Denn so wie du sie interpretierst ist es für dich selbstverletzend und nicht realitätsangemessen.

Ich würde aber die Erkenntnis, dass du von ihm dasselbe hören wolltest, nämlich dass er dich "liebt" mit in die neue Therapie mitnehmen und dort bearbeiten. Das scheint für mich ein "Schlüssel" zu sein.

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Shukria
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Beitrag Fr., 17.12.2021, 13:39

Ich habe beim Lesen deiner Beiträge auch den Eindruck erhalten das du selbst auch noch immer eine Erwartung an ihn hast über die du dir selber noch nicht ganz klar bist. Sonst würdest du nicht immer wieder von dir aus den Kontakt suchen.

Ich glaube auch das du dad was hinter diesem Kontakt Wunsch steht in der neuen Therapie aufarbeiten kannst. Mit ihm nicht. Wenn du das schaffst und dich mit den dahinterliegenden Bedürfnissen auseinandersetzt und den Gefühlen dazu wird der Drang, immer wieder bei ihm sein und von ihm gemocht werden zu wollen deutlich nachlassen.

LG

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AFI
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Beitrag Fr., 17.12.2021, 14:45

Ja :/

Das ist mir gestern irgendwie erst so richtig bewusst geworden als er vor mir stand und meinte: „Was kann ich für Sie tun?“

Da stand ich da und war der Verzweiflung nahe weil mir klar geworden ist, dass es nichts gibt, was er für mich tun kann und ich es auch einfach nicht weiß. Und das ich das jetzt für mich alleine mit meinem neuen Therapeuten klären muss und ich nichts mehr daran ändern kann, was passiert ist. Irgendwie habe ich immer gehofft, dass wenn ich das ‚klären‘ kann sich meine Gefühle für ihn in Luft auflösen. Völlig naiv wenn ich jetzt darüber nachdenke. Das er nicht das gleiche für mich empfindet, wie ich für ihn tut trotzdem unendlich weh. Da muss ich mir jetzt wohl Zeit geben.

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