Echolotin hat geschrieben: ↑So., 01.03.2020, 07:52
Es gibt mittlerweile einige die nicht nach der klassischen Analyse arbeiten. Und dort gibt es Dialoge, dort darf auch ein dagegen existieren. Dort gibt es keine Deutungshoheit.
Du bist ganz am Anfang. Da kommt es auch noch darauf an die Methode und den Therapeuten kennenzulernen. Lass dich nicht irre machen, mit dem was noch kommen könnte. Das ist höchst individuell.
Das hier möchte ich mal ganz dick unterstreichen.
Es gibt nicht
die Analyse.
Klar, es hängt viel vom Analytiker oder Analytikerin ab, welches Selbstverständnis sie haben.
Da gibt es inzwischen viele unterschiedliche Richtungen, nicht nur die klassisch-abstinente Variante.
Dein Analytiker scheint zwar wirklich relativ abstinent zu arbeiten, aber keiner kann dir sagen, welchen weiteren Verlauf das nehmen wird, wir sind alle keine Hellseher. Und welchen Verlauf das nimmt, hängt nicht nur vom Analytiker ab sondern auch von dir selbst.
Was hier für mich beim Lesen deutlich wird: Du bist total unsicher, ob das so für dich passt. Ob das am Ende passt oder nicht, kann dir hier auch keiner sagen. Ich sehe schon Signale, dass das für dich bei diesem Analytiker nicht so richtig optimal sein könnte. Es kann aber auch sein, dass das "nur" die Anfangsschwierigkeiten sind und dass ihr da noch gemeinsam die Kurve kriegt...
Ich persönlich könnte mit so einem oberabstinenten Analytiker nicht. Ich persönlich hätte vor 10 Jahren mit Analytikern jeglicher Art ein großes Problem gehabt und hätte mit dieser Therapieform nichts anfangen können. Heute bin ich bei einer Analytikerin, aber bei einer, die auf Dialog setzt, die das Ganze als partnerschaftliche Expedition betrachtet, und die mich nicht am ausgestreckten Arm verhungern lässt, weil sie als Person im Prozess präsent ist.
Ich könnte auch nicht mit einem Analytiker, der seine Methode als das Allheilmittel präsentiert und alle anderen Therapierichtungen abwertet. Es gibt auch genug Menschen, denen es nach einer Analyse nicht deutlich besser geht, das blenden Analytiker gerne mal aus. Und wenn sie es doch zur Kenntnis nehmen, liegt es in ihren Augen meistens am Patient (Stichwort "Widerstand"), mit ihnen selbst und ihrer Haltung hat das dann gar nichts zu tun.
Es gibt auch Probleme und Störungen, wo eine klassische Analyse einfach nicht gut funktionieren
kann. Aber davor verschließen die (klassischen) Analytiker auch mal die Augen. Sie sind oft auch gar nicht in der Lage, ihr Vorgehen entsprechend anzupassen (zB bei strukturellen Störungen oder so genannten "frühen" Störungen).
Was ich kritisch sehe: Dass du mit deinem Analytiker deine Zweifel (passt das hier überhaupt für mich?) nicht wirklich diskutieren kannst. Dass er dir schablonenhafte Antworten gibt, die keine wirklichen Antworten sind. Was auch klassisch Analyse ist. Da beißt sich dann die Katze in den Schwanz. Und das kann auch wirklich irre machen.
Antworten kriege ich von meiner Analytikerin auch oft nicht, jedenfalls ganz bestimmt nicht die, die ich erwarte oder mir wünsche. Aber sie überlegt mit mir zusammen weiter. Und dadurch komme ich aus meinen eigenen Kreisläufen raus und finde eine andere Perspektive. Sie fragt: Was würde das bedeuten, wenn es wirklich so wäre? Woran liegt es in Ihren Augen, dass...? Was macht das mit Ihnen, wenn....? Wie fühlen Sie sich dabei? Sie hilft mir dabei, dass wir von diesen "Aufhängern" wegzuschauen und hin zu dem, worum es wirklich geht. Das sehe ich bei deinem Analytiker so gar nicht. Der wartet wirklich ganz stoisch drauf, dass du von alleine in die "richtige" Richtung schaust... Wobei es gar nicht um richtig/falsch geht, sondern einfach mal darum in eine andere Richtung als gewohnt zu schauen.
Was es in einer Analyse (egal wie der Analytiker arbeitet) wahrscheinlich wirklich nicht gibt, sind 7-Meilen-Schritte. Analyse ist ein langsamer Prozess, der Zeit braucht. Da gibt es nicht die Veränderungen, die "über Nacht" passieren.
Praktische Hilfe gibt es so gut wie gar nicht, egal wie der Analytiker arbeitet. Das, was sich ändert, erarbeitest du selbst. Das, was sich ändert, ist eine neue Haltung dir selbst und deiner Umgebung gegenüber. Dadurch verändert sich dann auch etwas in deinem Erleben. Aber wie gesagt: Das braucht Zeit und passiert meist im Schneckentempo.
Die Entscheidung, ob das für dich passt oder nicht, ob du dich weiter drauf einlassen willst (mit allen Chancen und Risiken), die musst du ganz alleine für dich treffen... Du wirst für dich schauen müssen, wie wichtig dir das Praktische in einer Therapie ist, ob dir die Analyse zu "luftleer" ist....Wobei ich inzwischen für mich erkannt habe, dass das, was ich als "luftleer" empfinde, ganz oft meine eigene Leere ist, die sich da spiegelt. Das ist manchmal schwer auszuhalten. Und wie gesagt, vor 10 Jahren oder so hätte ich damit gar nichts anfangen können und es hätte mich nur irritiert.
Egal, was dein Analytiker behauptet: Es gibt jedenfalls nicht den
einen Weg, der nach Rom führt. Sondern ganz viele. Welcher davon für dich passt, das ist deine Entscheidung.