Termin-Vorlieben

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Tränen-reich
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Beitrag Di., 16.08.2016, 17:48

Also, Leute, ich muss euch ja enttäuschen, wa , aber manche Argumente, die hier gefallen sind, sind - nicht NUR selbst auf Patienten beruhend - gewünscht, dass Klienten erst um 58./59. Minute erscheinen sollen (um nur ein Beispiel zu nennen) und ich kann dem hier grob beipflichten. Es ist auch von Therapeuten gewünscht! Und ich muss sagen, ich kenne das gar nicht anders. Praxen mit Wartezimmer wären mir nichts, ich hab auch immer min. die halbe Stadt fahren müssen und mir nen Zeitpuffer gelegt. Und ich finde IMMER eine Ecke, wo ich abseits stehe und mich erst etwa 57. vor der Tür stelle, denn ich weiß, dass meine Thera hauptsächlich allerspätestens um 52. Stunden-Schluss einläutet und derjenige, dann definitiv weg ist.

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ziegenkind
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Beitrag Di., 16.08.2016, 17:51

Ich glaub, das könnte auch ein ziel sein: seine bedürfnisse nicht zwanghaft als normal deklarieren zu müssen, um den anderen nicht bitten zumüssen, sondern zwingen zu können, sie zu erfüllen.

Ich glaube viele von uns hatten mütter und väter, die genau das mit uns gemacht haben: uns abgerichtet, ihre bedürfnisse zu erahnen, ohne worte. Wär ein fortschritt, wenn wir das nicht mehr mit anderen so machen müssten, weil wir es so kennen. Ein schönes gefühl übrigens, um die berücksichtigung von bedürfnissen bitten zu können auch dann, wenn sie vielleicht nicht normal sind.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


Tränen-reich
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Beitrag Di., 16.08.2016, 17:53

Speechless hat geschrieben: Das Wartezimmer von ihr ist sehr hellhörig und ein Kontakt garantiert. Der Wartebereich ist im Gang direkt vor den Behandlungszimmern und ungefähr höchstens 1 m breit. Wenn ich also aus der Tür rausgehe falle ich quasi auf die Person, die dort sitzt, drauf. Es gibt keine Möglichkeit eine Begegnung zu vermeiden. Ich glaube inzwischen haben alle Therapeuten dort darauf hingewirkt, dass da keiner mehr zu früh sitzt, es ist wirklich höchst unangenehm.
Ich fände das auch sehr unangenehm. Die Hellhörigkeit würde mich hemmen, meine Wut rauszulassen, die schon mal etwas lauter ist oder wenn ich gar impulsiver spreche.

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Thread-EröffnerIn
lisbeth
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:00

isabe hat geschrieben:lisbeth:
Bist du noch nie von jemandem bedrängt worden (nicht nur physisch)? Dann sei froh... Natürlich ticken die Menschen unterschiedlich; deshalb weise ich auch darauf hin, dass es Patienten gibt, die mehr Abstand brauchen. Den zu gewähren, halte ich weder für unverschämt noch für übertrieben, sondern für das Mindeste. Ob du vor der Haustür wartest oder 50 Meter weiter, ändert an den Temperaturen überhaupt nichts. Man kann überall spazieren gehen, vorausgesetzt, der Therapeut hat seine Praxis nicht auf dem Mond.
Ich kenne sehr wohl das Gefühl der Bedrängung, physisch und auch psychisch. Und ich weiß auch, dass das sehr viel mit mir und meinen Bedürfnissen in dem Augenblick zu tun hat (wenn wir jetzt mal nicht über sexuelle Übergriffe reden oder anbrüllen durch den Chef oder häusliche Gewalt oä).

Ich weiß auch, dass ich in solchen Momenten dafür sorgen muss, dass meine Grenzen eingehalten werden. Verärgert zu warten, dass der andere merkt, was los ist, da kann ich warten (und mich ärgern) bis ich 80 und runzlig bin. Das ist meine ureigene Verantwortung auch wenn es mir mitunter schwer fällt.

Von daher finde ich es bemerkenswert, wie du immer wieder die andere Person dafür verantwortlich macht, dass sie deine Bedürfnisse erkennen muss, per Antizipation oder Osmose. Und sie auch mit dafür sorgen muss, dass deine Grenzen einghalten werden. Und die Person dann als taktlos beschrieben wird, oder "glotzend" - das sind ganz schön heftige Zuschreibungen für eine Person, die du eigentlich gar nicht kennst.

Ich möchte mir von dir wiederum nicht vorschreiben lassen, wo ich warten soll oder spazieren gehen soll. Vielleicht gehe ich momentan an Krücken und bin nicht gut zu Fuß? Vielleicht bietet der Hauseingang mehr Schutz vor Regen und Wind?
Und was machen wir jetzt? Lose ziehen? Würfeln? Welches Bedürfnis wiegt "schwerer"? Was ich deutlich machen will, du hast ein Bedürfnis, andere haben auch eins. Die prallen hier aufeinander, wie so oft im Leben. Und da machst du es dir nach meinem Geschmack mit deiner Haltung ein bisschen einfach.
isabe hat geschrieben: Man muss halt gucken, wie oft sich derartige Probleme ergeben: Wie gesagt: Die Leute, die ich als nervig empfunden habe, sind nie lange geblieben (oder sie wurden alle umgelegt oder sie sind später erschienen).
Glück gehabt.
isabe hat geschrieben: Mir persönlich erscheint es jedenfalls eher auffällig, wenn so argumentiert wird: "Ich lasse mir nicht vorschreiben, nicht vor der Tür warten zu dürfen". Da frage ich mich: Wo ist dein Problem? - ich mag halt auch einfach keine Menschen, die mit so einem Schild von wegen: "Ich lasse mir nicht vorschreiben, dass..." durchs Leben gehen. Ist mir persönlich einfach unsympathisch. Unabhängig davon, ob die im Recht sind oder nicht.
Mir geht es darum, dass du mir vorschreibst, dass ich antizipieren soll, dass du dich beengt fühlen könntest, wenn ich vor der Haustüre warte. Das mit dem Antizipieren habe ich mir mühsam abgewöhnen müssen, das hatte ziemlich ungesunde Ausmaße bei mir angenommen. Hatte ja auch jahrelange Übung von kleinauf. Von daher finde ich, dass erwachsene Menschen, die etwas von mir wollen, das bitteschön auch äußern können.

Mir geht es außerdem darum, dass du der Mitpatientin ultimativ das Recht absprichst, dort zu sein. Weil du schon da bist. Und da darf niemand sonst sein. Hm. Ich komme da echt nicht mit.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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Alyssa
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:02

Herrje, ich frage mich gerade, ob ich zu simpel gebaut bin für Therapie. Ich denke über solche Dinge wie das Treffen von Mitpatienten, wann man frühestens/spätestens zur Stunde da sein soll, was noch in den Bereich des "Therapeuten-geschützten Areals" fällt usw. gar nicht nach.

Ich weiss, dass ich nicht die einzige bin, die mein Therapeut zu sich bestellt. Ich weiss, dass ich nur begrenzte Zeit mit ihm habe. Ich weiss, dass es Notfälle gibt, die dazu führen, dass er nicht pünktlich zur Stunde erscheint, und dass ich dann warten muss. Ich weiss, dass ich in dem Haus Mitpatienten und Angestellten über den Weg laufen kann, sowohl vor wie auch nach meiner Stunde. Ich weiss auch, dass ich im Vergleich mit seinen stationären Patienten weniger Zeit mit ihm verbringe.
Ich denke da aber einfach nicht weiter drüber nach. Es ist nicht wichtig für mich. Es beeinflusst mich nicht negativ.

Vielleicht ist aber genau dieses nicht drüber nachdenken schon ein Erfolg der Therapie? Dass ich Dinge einfach so sein lasse, wie sie sind, dass ich nicht mehr alles hinterfrage, analysiere und versuche zu steuern, bzw. wenn ich es nicht steuern kann, versuche, es mir "gerade zu reden" nach den Gesetzen meiner eigenen Welt?
isabe hat geschrieben: Eine Praxis, die kein Wartezimmer hat, suggeriert Vertraulichkeit und eine persönliche Beziehung
Finde ich absolut nicht. Da hätte ich das Gefühl, es ginge nach dem Prinzip "Patient schnell rein - abarbeiten - schnell raus, nächster Patient". Keinen Platz zu haben, wo man vor Beginn der Therapie ankommen und sich sortieren kann, finde ich unangenehm. Und wenn es nur der Flur, das WC oder ein Vorraum egal welcher Art ist.

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stern
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:04

In diesem Zustand sind viele Patienten verletzlich, empfindlich, irritierbar oder überhaupt verstört; manchmal sind sie sehr traurig, wenn sie gehen müssen und die Stunde beendet ist; manchmal sind sie auch wütend oder enttäuscht - und ja, manchmal sind sie auch glücklich und möchten die ganze Welt umarmen. Meist aber sind sie in einem "seltsamen" Zustand, der mit ihrem Alltags(er)leben nicht viel zu tun hat. Von plattgelegenen Haaren und verheultem Gesicht mal ganz abgesehen. Ich vermute, dass es selten der Fall ist, dass ein Patient, bei dem die Analyse "läuft" und die Übertragungen im Gange sind, eine Stunde so verlässt, dass er z.B. sofort Herr seiner Sinne ist und vollkommen aufgeräumt und gleichgültig ist.
Sind das jetzt wieder Vermutungen, wie du es selbst bezeichnet hast? Oder triffst du so häufig andere Patienten und tauschst dich mit ihnen aus, wie es ihnen nach der Sitzung geht und was sie dann wünschen, weil du für viele Patienten sprichst?

Verallgemeinerungen wie Psychoanalysen typischerweise sind, finde ich kritisch... man ist doch kein Mäuschen.

Nun, ich habe ja in der anderen Therapie zugelassen, dass ich es nicht so eng sehe, wenn ich anderen Patienten begegne. Unterschiedlich, wie Menschen es eben sein können. Und Patienten, Beziehungen und Therapieschwerpunkte sind doch echt nicht gleich. Sondern hochgradig individuell. Wenn jemand nicht an einer "Geschwisterrivalität" leidet, wird das auch nie Thema... insofern ist das nichts, was ich als analysetypisch ansehe, sondern hochgradig individuell ist.

Und vor allem sollte man in der Lage sein Übertragungen von der Realität unterscheiden zu können. Der wartende Patient hat nichts mit den Übergriffen zu tun, die man evtl. diesbzgl. erlebt hat.

In der Klinik hieß es strikt: Man hat sich um sich selbst zu kümmern... fand ich gut.
Liebe Grüße
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isabe
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:05

stern hat geschrieben: Sind das jetzt wieder Vermutungen, wie du es selbst bezeichnet hast? Oder triffst du so häufig andere Patienten und tauschst dich mit ihnen aus, wie es ihnen nach der Sitzung geht und was sie dann wünschen, weil du für viele Patienten sprichst?
Literatur

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:07

Ich mache ja keine Analyse, kenne das aber, dass ich in den ersten Minuten nach der Sitzung (wenn ich aus dem Haus raus bin, kann ich mir das eh nur noch bedingt leisten) oft noch in Gedanken bei der Sitzung bin - allerdings so sehr, dass ich eventuelle Mitpatienten gar nicht wahrnehme.

Aber offenbar geht das auch anders.

Dass es sie gibt, weiß ich (das merke ich in der Regel vor Beginn der Sitzung), aber dagegen kann ich nichts machen und wenn sie ein Problem sind, dann sehe ich das in der Regel als in meiner Verantwortung liegend, weil normal, an.

Weil meine Therapeutin die Stunden selten überzieht, versuche ich, in der Pause dazwischen anzukommen.

Sie hat übrigens ein Wartezimmer.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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Louisa*
sporadischer Gast
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:21

Hallo,
also ich habe mir das jetzt alles durchgelesen und obwohl ich Therapieneuling bin,kann ich Isabe voll gut verstehen.
Ich selbst habe mir darüber nocj gar keine Gedanken gemacht,komme aber auch erst um 59,weil ich andere Patienten nicht stören möchte und ihnen Begegnen möchte. Nicht weil ich eigersüchtig bin,sonder weil ich denke,dass das denen peinlich sein könnte oder so.
Ich selbst mag es auch gar nicht,wenn Passanten oder wer auch immer in dem Moment die Straße lang gehen,wenn ich da vor der Tür stehe und warte,dass sie aufdrückt.
Rational ist mir klar,dass 'normale' Menschen wahrscheinlich nicht mal wissen,dass da ein Therapeut praktiziert,peinlich ist's mir trotzdem.
Schließe halt von mit auf andere und lasse denen ihren Raum.
Einmal begegnete ich meinem Vorgänger und ich sah deutlich,dass ihm nicht wohl dabei war. Er sänkte sofort den Kopf und schlich schnell vorbei. Da hat sie überzogen,ich konnte es also nicht verhindern.
Das war 1x, dass dies passierte.

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stern
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:25

Und wenn man in einer seltsamen Verfassung die Sitzung verlässt, hat man dann (lt. Literatur) noch viele Kapazitäten für die Aufmerksamkeit auf wartende Patienten? Also ich nicht... da kratzt mich dann alles andere aber sicherlich keine wartenden Patienten (aber wahrscheinlich habe ich andere Baustellen).

Einmal fand ich es unangenehm, dass mir direkt nach dem Verlassen des Therapieraums im Gang jemand begegnete (Leute, die vielleicht gar nicht zur Therapeutin wollten, keine Ahnung)... insbes. weil ich Bedenken hatte, dass das jemand mitgehört hat und ich nicht stolz auf diesen Auftritt war (ausgerechnet an dem Tag wurde mir auch noch angeboten, noch etwas oben warten zu können, aber das hätte ich wohl eh nicht gemacht). Da zischte ich dann schnell ab... insofern habe ich ja auch etwas Einfluss, inwieweit ich mit Blicken aussetze. Und in mehr als in einem Blickkontakt besteht der sog. Übergriff ja auch nicht.
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isabe
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:28

lisbeth:
Noch eine Frage - grundsätzlicher Art: Ist es dir tatsächlich lieber, wenn man dich erst ansprechen muss, wenn man möchte, dass du etwas tust oder lässt? Kennst du das nicht, dass du vorher erahnen möchtest, was der Andere wollen könnte - und zwar im POSITIVEN?

Teil meiner Problematik ist es auch, Beziehungswünsche des Anderen zu erahnen, um die Beziehung nicht zu gefährden. Das bedeutet aber als Therapieziel für mich überhaupt nicht: "Und ab jetzt soll mich bitte jeder ansprechen, wenn er was von mir will!" - das fände ich ziemlich traurig, irgendwie. Idealerweise dürfte es sich doch um einen Mittelweg handeln, wo man versucht, dem Anderen entgegenzukommen, BEVOR der einen ansprechen muss - hat auch was mit "Gesicht wahren" zu tun. Und so, wie wir selbst unter Menschen gelitten haben, die unsere Grenzen überschritten haben, so haben doch ANDERE Menschen, denen wir HEUTE begegnen, auch Beziehungswünsche, die sie nicht herausposaunen wollen, sondern von denen sie hoffen, dass du sie mit Taktgefühl erspürst.

Beispiel: Dir ist im Zug stickig, und du öffnest das Fenster - weil du dir denkst: "Wenn es jemanden stört, kann er es mir ja sagen!"? Vielleicht FRAGST du auch nicht vorher, weil du berücksichtigst, dass der Andere dich nicht zurückweisen möchte, weil er ein höflicher Mensch ist? Vielleicht ERAHNST du, dass es ihn stören könnte, weil er womöglich aussieht, als würde er bereits frieren? Oder muss er seinerseits erst unhöflich werden und dich blamieren, indem er dich bittet, das Fenster wieder zu schließen?

Kommunikation läuft auch nonverbal, durch Gesten und Feingefühl. Darauf zu pochen, dass der Andere doch den Mund aufmachen soll, wenn er was will, finde ich unhöflich. Und das hat gar nichts damit zu tun, dass er (in dem Falle: ich) nicht für seine Belange einstehen kann. Mir kommt diese Forderung: "Wer nichts sagt, darf sich auch nicht wundern, wenn ich seine potenziellen Wünsche nicht erahne" sehr stark nach "übers Ziel weit hinausgeschossen" vor.

Nur mal am Rande - hat mit dem Thema nicht mehr viel zu tun, denn: Wenn ich dich frage: "Könntest du vielleicht nächstes Mal ein paar Meter weiter warten und mich nicht so fixieren?" - wie würdest du dann wohl reagieren?


Tränen-reich
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:32

stern hat geschrieben:Und wenn man in einer seltsamen Verfassung die Sitzung verlässt, hat man dann (lt. Literatur) noch viele Kapazitäten für die Aufmerksamkeit auf wartende Patienten? Also ich nicht... da kratzt mich dann alles andere aber sicherlich keine wartenden Patienten (aber wahrscheinlich habe ich andere Baustellen).
Die seltsamen Verfassungen passen zum Beispiel ganz gut zu mir. Und - nicht lachen, ja - es gibt da wirklich auch unterschiedliche Intensitäten. Ich hatte das erst in der letzten Stunde, da war ich auch aufgewühlt, die Haare nicht zurechtgezuppelt und die Augen leicht verweint (das ist ein Zustand, z. B., der schon reicht, mir jedenfalls). Und da stand ne Patientin vor der Tür und schaute vom Smartphone hoch und schaute mich an. Ich dachte dann nur, guck doch einfach weg, wenn du hier schon stehst.
Wobei, in dem Zitat hier, ja, kann ich auch sagen, dass ich einmal so 'n Blackout hatte, dass mir wirklich ALLES egal war, habe selbst auf der Bordsteinkante neben meinem Auto gesessen und geheult und mir zwanghaft meine 1. Zigarette hustend reingewürgt und hing da wie ein Häufchen Elend. Aber das kommt, glücklicherweise nicht so oft vor.

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stern
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:50

isabe hat geschrieben:Nur mal am Rande - hat mit dem Thema nicht mehr viel zu tun, denn: Wenn ich dich frage: "Könntest du vielleicht nächstes Mal ein paar Meter weiter warten und mich nicht so fixieren?" - wie würdest du dann wohl reagieren?
Nun, vielleicht kommt das auch etwas darauf an, was man dem anderen ohne Worte mitteilt. Also wenn man die innere Überzeugung hat, dass der andere sich zu verp*ssen hat, weil man sich selbst noch Raum nehmen möchte, fällt die Reaktion vielleicht anders aus als auf eine einfache Bitte (wie sie z.B. ziegenkind formulierte) und wenn man auch ein Nein respektieren kann bzw. dass selbstverständlich auch andere Patienten Bedürfnisse haben. Wenn man den Anspruch hat 0-2 Min. vorher in der Praxis zu sein, muss man zu der Zeit schon recht nahe an der Praxis sein.

Ich glaube, solange jemand nicht so fordernd ist, wie andere sich am besten zu verhalten haben (wie es hier tatsächlich wirkt durch die Schilderungen, was einen taktvollen Patienten ausmacht und sogar von Übergriffen gesprochen wird bzw. Vergleichen zu früheren Übergriffen gezogen, die damit rein nichts zu tun haben), hätten viele Menschen kein Problem damit. Insbes. wenn man merkt, dass sich ein Patient wirklich unbehaglich fühlt.

Wenn jemand sehr einfordernd daherkommt, ist eine Grenzziehung hingegen naheliegender à la: Ich lasse mir doch nicht vor dir sagen, wo ich warte.
Liebe Grüße
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isabe
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Beitrag Di., 16.08.2016, 18:59

Klingt für mich eher nach: "Wenn du schön artig bist, überlege ich mir vielleicht, ob ich rücksichtsvoll bin" - das IST dann aber keine wirkliche Rücksicht, sondern es soll nur so aussehen. In Wirklichkeit bleibst du damit aber in deinem eigenen Bewertungsmaßstab, anstatt dich in den Anderen hineinzuversetzen.

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stern
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Beitrag Di., 16.08.2016, 19:09

Tränen-reich hat geschrieben:Die seltsamen Verfassungen passen zum Beispiel ganz gut zu mir. Und - nicht lachen, ja - es gibt da wirklich auch unterschiedliche Intensitäten.
Finde ich nicht lächerlich. Ich kenne auch unterschiedliche Intensitäten. Wenn ich gut drauf bin, vermiest mir auch kein anderer Patient die Laune. Und bei seltsamer Verfassung achte ich umso weniger auf andere je seltsamer die Verfassung ist. Da verlagern sich die Prioritäten dann oft.

Stichwort Verlagerung: Daheim ärgerte ich mich in dem einem Fall mal über die Leute in der Praxis - was auch immer so wollten, weil ich damit das Angebot nicht annehmen konnte. Aber ich hätte es eh nicht in Anspruch genommen... Weswegen ich aber so angestachelt war hatte (in diesem meinem) Fall aber wohl eher einen anderen Hintergrund. Auch das kann es geben. Also dass andere Patienten Frust (und sei es im Geiste) stellvertretend abbekommen. Und das ist auch bei Übertragungen, die man schiebt, der Fall. Dabei ist der andere Patient niemand, der so übergriffig war wie evtl. Bezugspersonen, die das waren. Das das nicht jeder Patient unterscheiden kann, ist für manche Störungen typisch.
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