Muss man seinen Eltern alles verzeihen? wo ist Schluss?

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.
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blade
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Beitrag Sa., 14.03.2015, 14:05

Wenn die Klügeren immer nachgeben, dann regieren die Dummen (Groben und Schlechten) die Welt.
In dieser Welt ohne Grenzen (auch vordergründig positiv) nehmen dann die Letztere den Ersteren alles weg.
Eine überfamiliäre Instanz, welche solche "Glaubenssätze" austeilt wäre dann mitverantwortlich (hauptverantwortlich?)
für die Zustände.

Die Familienaufstellungs-Leute nach Hellinger behaupten eine derartige Instanz und nennen es "Das wissende Feld."
Und dienen diesem Feld mit genau solchen "Glaubenssätzen" wie Sie oben beschrieben haben.
In dieser "Therapie" (früher nannten die sich tatsächlich selbst "Therapeuten", manche sind und waren auch eingetragene Psychotherapeuten) werden dann geplagte Menschen vor einem großen bis öffentlichen Kreis eigentlich mit Suggestion und Manipulation und dem Druck des dort versammelten Kollektivs dazu erpresst solche Sätze in einem Unterwerfungsritus vor diesem Feld zu sprechen (etwa: Für Dich habe ich es gerne getan.)

Sehr Finster.

Selbst wenn es eine solche Instanz gibt, dann bedeutet daß noch immer nicht, daß sie recht hat oder im Recht ist.
Wie man an den faktischen Zuständen eigentlich ablesen könnte, kann das gar nicht so sein.
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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 14.03.2015, 18:05

blade, ich versuche mal die für mich stimmige Essenz aus deinem Beitrag herauszufiltern, bin mir nicht sicher, ob wir uns verstehen.

'Familienstellen nach Hellinger' finde ich ebenso finster wie du. Der Zwang nach Unterwerfung (man nennt es Anerkennung der Ahnenreihe) und der Druck nach Vergebungsritual, koste es, was es wolle. Nein, danke.
Das Aufstellen an sich - gewachsen aus der Familienskulptur einer Virginia Satir und weiterentwickelt in systemischen oder freiem Aufstellen ohne diesen religiös-patriarchalischen Druck und Überbau kann bestimmt viel mehr - so meine Überzeugung. Ich denke, da ist sehr zu differenzieren, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Interessant deine Frage: wen oder was könnte man als diese höhere Instanz verorten? Und nein, in der Hellinger Philosophie ist das 'Wissende Feld' jedenfalls nicht diese 'Instanz' die ich meinte und auch von der du hier schreibst, das ist nochmal was anderes. (Führte jetzt aber ein bischen zu weit.)
Ich habe dabei nicht mal eine vermutet, sondern eher mich selbst von außen aus der Vogelperspektive versucht zu erfassen (ohne es in so einem Fall natürlich wirklich komplett frei betrachten zu können, bin ich doch Teil des Systems und speziell dieser Familie).

Es eröffnet allerdings ein interessantes Gedankenexperiment. Nähmen wir so eine Instanz mal als Hilfskonstrukt so wie Mathematiker das machen, eine Variable einbringen, die dann am Schluss wieder rausfällt, die aber zum Lösen nötig ist - bräuchte man sie nicht vorab abzulehnen. Dann könnte ich mir ein wunderbares selbstgebautes Ritual vorstellen, in dem ich diesen meinigen Glaubenssatz einfach zurückgebe. Dann darf die Hilfsvariable wieder verschwinden. Ob es so einfach ist? Es kommt auf einen Versuch an.

Zwei Formen von Fragen stellen sich mir in dem Zusammenhang, möge sich jeder seiner Lieblingsrichtung daran bedienen:
psychoanalytisch: WAS muss gegeben sein, dass man so einen auf dem Tablett gereichten, reich verzierten Glaubenssatz überhaupt angenommen, sich zu eigen gemacht, geglaubt hat?
lösungsorientiert: WAS kann ich tun, um ihn zu wandeln in etwas hilfreiches und wie schaut das genau aus? Was wäre also der passende für mich komplementäre, lösende Glaubenssatz, den ich statt dessen glauben möchte?

Danke für das Erinnern an DEN Satz "Wo die Klügeren immer nachgeben, regieren die Dummen!".
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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blade
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Beitrag Sa., 14.03.2015, 19:09

Hallo Miss,

Ich versuche mich an einer Antwort.
Frage 1: Ein Glaubenssatz ist ein "Gegengeschäft". Etwas wird Dir genommen und dafür kriegst Du einen Glaubenssatz.
(Bsp: Erlebter Kontrollverlust wird ersetzt durch die Illusion von Kontrolle.)
Frage 2: Mehrere Lösungen denkbar. Ergänzung zum Ganzen hin.
Verwerfen.
Falsifizieren
Verfizieren
Modifizieren
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Annehmen...................
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Miss_Understood
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Beitrag Sa., 14.03.2015, 19:13

Deine Antwort auf 1 verstehe ich höchstenfalls, wenn ich drei Mal ums Eck denke und das auch nur unter der Prämisse, wenn es sich um 'schädliche' Glaubenssätze handelt. Aber es gibt ja auch die Positiven! Dein Beispiel - ich lese es und verstehe es, nur nicht in dem Zusammenhang - betrifft ja auch nichts, was ich dem Themenbereich Glaubenssatz zuordnen würde?

Mit 2 kann ich sehr viel anfangen.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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blade
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Beitrag Sa., 14.03.2015, 19:26

Erläuterung:

Man wird unterworfen/die Grenzen werden mit Gewalt verletzt.
Man rettet einen möglichst großen Teil seines Selbstwertes indem man den Glaubenssatz "Der Klügere gibt nach" annimmt.

und daraus eine Maxime für sein weiteres Leben macht (die manchmal stimmig sein kann, aber eben als Möglichkeit nicht als Maxime)

Ergänzung zum Ganzen hin zB: "Der Klügere gibt nach, wenn er keine andere Möglichkeit hat und Widerstand nur zu vermehrter Verletzung führen würde, ohne die Chance auf eine reelle Verbesserung" (eigentlich schon zu lange für einen Glaubenssatz)
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blade
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Beitrag So., 15.03.2015, 08:00

ich habe für mich erkannt, daß ich voll bin mit Glaubenssätzen.
einige dieser "Parolen" sind wohl noch immer verschüttet und bilden vermutlich zumindest eine Basis für meine Denkungsart und für meine Handlungen/Nichthandlungen.
Obwohl ich mich bemühe meine Denkungsart und die konsekutiven Handlungen an einem ethischen Konzept auszurichten, bin ich mir über die Basis sehr oft nicht sicher.

im Zuge des Versuches der vertieften Selbstwahrnehmung in der Meditation und des damit verbundenen Wiedererinnerns an Dinge welche ich schon lange vergessen hatte, konnte ich einigen Zusammenhängen auf die Spur kommen, ich vermute aber, daß da noch immer andere Zusammenhänge "im Verborgenen" sind.

Vor etwa drei Jahren oder so habe ich mich daran erinnert, wie stolz meine Mutter auf mich war einst als ich noch sehr klein war. Wenn ich mich recht erinnere, dann war ich noch nicht im Kindergarten.
Sie war stolz auf mich, weil ich das, was sie mir vorgelegt hatte lesen und auswendig lernen konnte (sie hatte sich tatsächlich bemüht mir schon sehr früh das Lesen beizubringen).
Ich erinnere mich auch, daß mich das sehr erfreute und ich um dieses gute Gefühl von meiner von mir damals innig geliebten Mutter möglichst oft zu bekommen ihr diesen Text immer wieder aufsagte.
Eigentlich eine gute Erinnerung.

Dann habe ich mich daran erinnert was für einen Text sie mir zu lesen und zum auswendig lernen und zum Aufsagen vorgelegt hatte.

Es war der Fahneneid auf den Führer. (Hitler)

Als Kind wusste ich nicht, was das bedeutet (der Text klang ja auch nicht so schlimm, es war die Rede von Ehre und Treue und Hingebung an ein großes und gutes Ziel, welches in der Gestalt dieses Führers offenbar am Besten zu erreichen sei)

Als ich das erste Mal mit der Schule eine KZ-Gedenkstätte besuchte war die Erinnerung an die oben genannte Episode schon lange verschwunden.
Ich weiß nur, daß ich sehr oft Hakenkreuze gezeichnet habe (als Kind) ohne mir etwas böses dabei zu denken.
Ich fand die Geometrie einfach irgendwie schön.
Ich verstand nicht, wieso ich dafür von den Lehrern oft komische Blicke erntete.

Heute weiß ich es.

Ich weiß auch, daß ich damals ein Ritter sein wollte, natürlich ein guter Ritter.
Ich wusste nicht, daß meine Mutter mich dazu brachte dem "Drachen" die Treue zu schwören.
Ich habe den Eid natürlich widerrufen und betrachte diesen keineswegs als verbindlich, weil er auf Täuschung und Vertrauensbruch basierte, aber die Vertreter des Drachen (Hellinger) versuchen trotzdem auf solche "Vereinbarungen" Ansprüche anzumelden.
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blade
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Beitrag So., 15.03.2015, 09:22

die Lösung welche ich für mich anstrebe ist diese:

die Vergangenheit aufzudröseln und zu beleuchten ist sicher ein Weg.
mühsam steinig oft schmerzhaft

aber selbst wenn man es schafft, dann kommen irgendwelche ethisch/moralisch eingeschränkten "Autoritäten" mit der nächsten Falschbehauptung daher (Bsp: Seelenvertrag). Die kann man verwerfen, wenn man aber tief gegraben hat findet man Sachen, die dann eine solche Behauptung zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht ganz so unmöglich erscheinen lassen. Und genau diesen Zeitpunkt wählen dann diese Täuscher und Ablenker.

Also versuche ich das Fundament unter der Basis zu finden, das was ich wirklich bin und vermutlich schon immer war.

Ich vermute (ohne es zu wissen) dort gibt es dann keine Glaubenssätze mehr.
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Miss_Understood
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Beitrag So., 15.03.2015, 20:07

Danke, blade. Das Umwandeln, auflösen von Glaubenssätzen scheint ein Lebensthema zu sein. Und dann geht es eben immer tiefer. Wenn man den untersten nicht erwischt, scheint es eine Sisyphosarbeit. So kam es mir vor. JETZT glaube ich (ha) bin ich an einem DER Kernsätze dran. Ich hoffe, eine kompetente Begleitung zu finden, die gewissermassen meine durch mehrere Therapien erreichte Identifikationsarbeit (der Glaubenssätze) nun im finalen (?) Schritt der Lösung/Heilung/Umwandlung begleitet. Ich glaube nämlich inzwischen auch, dass viele Therapien genau da stehen bleiben - oder man selbst da stehen bleibt. Gefahr erkannt ist da nämlich NICHT 'Gefahr gebannt'. Danke, blade.
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Krang2
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 07:47

Man kann für sich selbst immer differenzieren und auch entscheiden, wie man Glaubenssätze oder Sprichwörter oder Lebensweisheiten oder wie auch immer man es nennen mag für sich interpretieren und mit Sinn füllen möchte.
Jemanden sein So-sein zu lassen bedeutet für mich z.B., daß ich anerkenne und akzeptiere, wie seine Persönlichkeit ist und wo seine Schwächen liegen (also z.B. die Schwächen der eigenen Eltern in ihrer Elternrolle). Es bedeutet aber wiederum nicht, sich schlechtes oder übergriffiges Benehmen gefallen zu lassen, sondern man kann sich überlegen, an welchem Punkt man eine Grenze zieht und sich schützt, dieser Punkt kann auch je nach Situation variabel sein. Oder der Satz "Der Klügere gibt nach" muß auch nicht heißen, daß man sich von Dümmeren alles gefallen läßt. Aber er kann z.B. bedeuten, daß man aus Weitsicht oder Verständnis (z.B. für den Wahn eines Schizophrenen oder das Gedankengebäude des Gegenübers) eine Diskussion nicht weiterführt, weil sie nicht so wichtig für den Kontakt ist, sondern das Fortführen eher zerstörerisch und eigentlich eher unnötig wäre. Kommunikation mit Menschen, die man mag, soll kein Kampf oder Wettbewerb sein, das mußte ich z.B. mühsam lernen, und eine wichtige Botschaft sollte Respekt sein, Respekt gegenüber den Freunden und Familienmitgliedern, und als Kind kann man den auch von seinen Eltern einfordern, nicht nur umgekehrt. Mir fällt oft auf, daß viele Eltern von ihren Kindern mehr erwarten, als sie umgekehrt geben z.B. an Ehrlichkeit, Umgangsformen, Regeln usw. Dabei ist doch Vorbild das Wichtigste in der Erziehung.
Und Gleiches gilt dann auch für das Vergeben. Es bedeutet nicht, daß man die Taten der Eltern gutheißt, sondern lediglich, daß man erkennt, daß sie damals in der Situation nicht bewußt dem Kind schaden wollten, sondern auch nur fehlbare Menschen sind. Das heißt trotzdem, daß man sich gegen Angriffe in der Zukunft wappnet und wie in obigem Beispiel auch mal die Mutter als Besucherin einläßt und dem Vater ins Gesicht sagt, er sei nicht erwünscht, bis er gewisse Regeln bei Besuchen akzeptiert. Für mich sind Glaubenssätze wie Richtlinien, sinnvoll, aber nicht unfehlbar. Eine überfamiliäre Instanz könnte die eigene innere Stimme sein. Manchmal "weiß" man etwas oder was richtig wäre, aber man könnte nicht genau erklären, woher und warum.

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Thread-EröffnerIn
ubeda
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 08:09

Feenya hat geschrieben:
Was würdest du dir von deiner Mutter wünschen? Wie sollte sie sich verhalten?
Eine Mutter sollte sich IMMER auf die Seite ihrer Kinder stellen. Wenn eins ihrer Kinder angegriffen wird sollte sie versuchen es zu schützen und zu trösten & NICHT mit dem Täter zusammen weiterleben, als wenn nix gewesen wäre.
Konkret würde ich erwarten dass sie ihm KLAR zeigt dass er viel zu weit gegangen ist.

Wenn ich einen Mann hätte, der meinen Hund schlägt, dann wäre dieser miese Kerl morgen nicht mehr mein mann. Ich würde ihn rausschmeißen.

Ja, das würde ich mir wünschen. und nicht aus Rache an meinem vater, sondern dass sie mir damit zeigt, dass sie auf meiner seite steht. zu 100%


@Krang2 - ja du hast absolut Recht, meinem Vater wäre es wahrscheinlich auch egal, wenn meine Mutter ihn verlassen würde. Er hat keine Gefühle! Für niemanden.... ich habe in meinem ganzen Leben NIE gesehen dass meine Eltern sich mal lieb in den Arm nehmen oder küssen.... eigentlich erschreckend. Kein Wunder dass ich beziehungsunfähig bin...

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Miss_Understood
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 09:45

ubeda hat geschrieben: @Krang2 - ja du hast absolut Recht, meinem Vater wäre es wahrscheinlich auch egal, wenn meine Mutter ihn verlassen würde. Er hat keine Gefühle! Für niemanden.... ich habe in meinem ganzen Leben NIE gesehen dass meine Eltern sich mal lieb in den Arm nehmen oder küssen.... eigentlich erschreckend.
Ich frag mich wirklich auch öfter, warum meine Eltern noch zusammen sind bzw was sie zusammenhält. Außer Gewohnheit und das gemeinsame Haus. Aber sie haben sich arrangiert. Und irgendwas wird es wohl sein. Nicht mein Bier.
Und ich war mehrmals nahe dran meiner Mom zu sagen, dass ich es verstehen könnte, wenn sie sich scheiden liesse bzw. es sogar gut fände. Aber das steht mir nicht zu. Wozu sollte ich das sagen?

Meine Mutter kann offenbar die 'Liebe' unter all seiner Grummelei, blöden Witzen sehen. Zumindest finanzielle Fürsorge ist und war gegeben. Vielleicht bleibt sie deswegen jetzt im Alter einfach aus Dankbarkeit und auch Bequemlichkeit? Nun, wie gesagt: ihr Ding.

Sie haben mich ja auch recht gut finanziert, also mein Vater. Meine Mutter war immer Hausfrau, mit wechselndem Zuverdienst, freiwillig für sich, und das immer noch.

Sie haben mir Geld geliehen und aktuell kämpfe ich extrem mit der Notwendigkeit erneut welches zu erbitten. Was umgekehrt dann doch wieder dazu führt sich enger zu verzahnen und die Frage nach der Dankbarkeit aufwirft? Mir wurde oft vorgeworfen, ich sei undankbar. Undankbare Dynamik, schon. Aus der man wie herauskommt? Da steht oft die sog. 'bedingungslose Liebe und Unterstützung' der Eltern im Raum, aber wie lange erlaube ich mir die zu 'nehmen', wenn man erwachsen ist und eigentlich für sich selbst sorgen müsste? Wenn dann Krankheiten dazwischen grätschen? Aber man es doch 'trotzdem' schaffen müsste, weil - andere eingeschränkte/behinderte können das doch auch? Oder ist temporär okay? Und dann zu hören, dass die Eltern einem doch kaum mehr was geben können, weil sie doch selbst ihr Haus brauchen, wenn sie ins Altersheim kämen, weil 'Du wirst ja nun nicht für uns sorgen können. (Du bist weit weg und hast ja selber nichts und zu kämpfen.)' (was stimmt). Nicht so einfach.
ubeda hat geschrieben:Kein Wunder dass ich beziehungsunfähig bin...
Wie lange gibt man den Eltern die Schuld daran?
Ja, ich bin auch oft darüber resigniert und wütend und habe das auch meinem Vater mal so um die Ohren gehauen.
Und? Hat es was genutzt? Kann ER etwas dafür, dass er so ist wie er ist? Dass er sich okay findet, so wie er ist? Und das einfach nicht versteht. Null. Nada. KEINE Chance. Als ob man einem Stein sagt, warum sei er denn kein süßes kleines Kätzchen. Dass ER unterstützt von meiner Mutter, die sehr an sich gearbeitet hat - einfach so bleibt, weil sie das auch mitmacht mit einem lapidaren 'Er IST nunmal so.'?

Nein.
Du und ich und viele haben halt dooferweise nun mal eine verdammt schlechte Hypothek in dieser Hinsicht mitbekommen. Und müssen bei Minuszahlen auf der Skala der 'Beziehungsunfähigkeit' anfangen. Nur: wenn man nicht anfängt sich da durch zu wühlen wirds erst recht nix.

Demnach: auf erfolgreiches Upcycling!
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candle.
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 15:16

ubeda hat geschrieben: Ja, das würde ich mir wünschen. und nicht aus Rache an meinem vater, sondern dass sie mir damit zeigt, dass sie auf meiner seite steht. zu 100%
Ja, aber das ist jetzt wo du erwachsen bist mehr Kampf und Krampf und Erpressung als eine für alle zufriedenstellende Lösung. Jedenfalls nimmst du mit dieser Haltung auch keine Rücksicht auf deine Mutter. Ich hatte ja schon gefragt, ob du für sie ein neues Lebenskonzept in der Tasche hast, womit sie ohne ihn leben kann?

candle
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Miss_Understood
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Beitrag Mo., 16.03.2015, 16:25

Skala der BeziehungsFÄHIGKEIT meinte ich natürlich
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ubeda
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Beitrag Di., 17.03.2015, 09:01

Miss_Understood hat geschrieben:
Meine Mutter kann offenbar die 'Liebe' unter all seiner Grummelei, blöden Witzen sehen. Zumindest finanzielle Fürsorge ist und war gegeben. Vielleicht bleibt sie deswegen jetzt im Alter einfach aus Dankbarkeit und auch Bequemlichkeit? Nun, wie gesagt: ihr Ding.
Bist du sicher dass sie da Liebe sehen KANN?
Ich würde bei meiner Mutter sagen, dass sie das sieht, was sie sehen WILL!
Und das ist ein großer Unterschied... was da nicht ist kann man nicht sehen. Aber man kann sichs einreden. Aus Bequemlichkeit. oder viel eher aus ANGST vor dem Alleinsein oder sonstwas.
Wobei meine Mutter glaube ich inzwischen so weit ist, dass ihr klar ist dass das keine liebe ist. Es ist ein Zweckgemeinschaft. Die sie aber nicht aufgeben wird, auch nicht ihrere Tochter zuliebe. Da verzichtet sie lieber auf die Tochter.
Und DAS finde ich KRASS!

.......
ubeda hat geschrieben:Kein Wunder dass ich beziehungsunfähig bin...
Miss_Understood hat geschrieben:
Wie lange gibt man den Eltern die Schuld daran?
.............
Du und ich und viele haben halt dooferweise nun mal eine verdammt schlechte Hypothek in dieser Hinsicht mitbekommen. Und müssen bei Minuszahlen auf der Skala der 'Beziehungsunfähigkeit' anfangen. Nur: wenn man nicht anfängt sich da durch zu wühlen wirds erst recht nix.
Ich werde meinem Vater für IMMER die Schuld daran geben.
Ich habe viel viele Jahre Thearpie hinter mir - was heißt da, ich soll man ANFANGEN mich durchzuwühlen... ich habe es versucht. ich habe es nicht geschafft.

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Beitrag Di., 17.03.2015, 09:21

@ubeda,
Deine Mutter ist vielleicht zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt, um auf deiner oder seiner Seite zu stehen. Meine Mutter hat meine Bedürfnisse nie richtig wahrgenommen, nur als Teil ihrer Gedankenwelt interpretiert. Diese bedingungslose Schutzfunktion ist in deinem Alter nicht mehr aktuell. Wichtig finde ich, den Kindern immer, also auch in späteren Jahren, das Gefühl zu geben, daß man sie auch in Krisen lieb hat und sie jederzeit mit einem über alles reden können - vielleicht schafft ihr beiden das irgendwann, so ein Verhältnis herzustellen? Die Mutter kann aber, selbst wenn sie zu ihnen stünde, nicht die Probleme ihrer erwachsenen Kinder lösen. Ich meine, selbst wenn deine Mutter sich trennen würde, was würde das an deinen emotionalen Problemen ändern, was würde sich in dir selbst, an deiner Einstellung, deinen Gefühlen, deinem Wissen, deiner Beziehungsfähigkeit ändern? Und wenn es etwas ändern würde, weshalb kannst du das dann nicht auch ohne diesen "Loyalitätsbeweis" ändern, nur für dich allein, für deine eigene Zukunft? Versäumnisse aus der Vergangenheit können Eltern kaum "wiedergutmachen", sie können sich nur für die Zukunft verändern, und wenn sie das nicht können oder wollen, müssen die Kinder sich ohne ihre Hilfe weiterentwickeln. Ich denke, du kannst Beziehungsfähigkeit schon "üben", auch wenn du es schwerer hast als Menschen mit einem anderen Elternhaus. Wenn Eltern teilweise versagt haben, dann ist das traurig, aber ohne ihnen das zu vergeben wird man nie nach vorn schauen können, sondern immer in der Vergangenheit verhaftet sein, eine nachträgliche "Aufarbeitung" ersehnen. Du kannst beziehungsfähig werden, dich einem anderen öffnen, Vertrauen aufbauen, wenn du mit deiner Vergangenheit Frieden schließt, sonst bleibst du darin verhaftet. Das machst du dann nicht für deine Eltern, sondern nur für dich. Seit ich meinen Eltern ihre Fehler verziehen habe, geht es mir selbst besser, ich fühle eigentlich nur Trauer, weniger Wut als früher, sogar oft Mitleid. Oftmals sind die Eltern ja nur so, weil ihre eigenen Eltern sie auch wieder mit ihren Problemen beladen hatten (in meinem Fall teils genetisch, und dafür kann man nun keinen Vorwurf machen). Wenn du dich davon freimachst, dann bist du stärker, dann kannst du stolz auf dich sein, und dann hast du dir und auch deinem Umfeld bewiesen, daß du unterschätzt wurdest. Vielleicht hilft es dir, das so zu sehen. Stell dir vor, wie dein Vater gucken würde, wenn du ihn eines Tages besuchen und ihm deine - glücklichere - Familie vorstellen würdest!

@Miss_Understood,
Die finanzielle Frage ist ein wichtiger Faktor, der zu zusätzlichen Verstrickungen führen kann. Deshalb finde ich es auch hierbei wichtig zu trennen: Dankbarkeit für das Ausleihen oder Schenken von Geld darf ruhig sein, aber andererseits ist Dankbarkeit etwas, was man wie Schuldgefühle nicht einfordern kann, sondern das von allein aus Einsicht kommen muß. Das einzige, was man beeinflussen kann, ist z.B. bei empfundener Undankbarkeit kein Geld mehr zu geben. Außerdem bedeutet Dankbarkeit nicht, sich emotional erpressen zu lassen und Dinge zu tun oder zuzulassen, die einem nicht guttun. Ich habe an mir erkannt, daß manche emotional unselbständigen bzw. abhängigen Eltern dazu neigen, ihren eigenen Kinder ähnliche Selbstwertprobleme ("nicht allein zurechtkommen können") einreden zu wollen, um sie - auch finanziell - von sich abhängig zu machen oder an sich zu binden. Wenn man beim Annehmen von Geld ein mieses Gefühl hat, dann sollte man zusehen, ohne dieses Geld auszukommen. Ab 25 Jahren ist zumindest in Deutschland niemand mehr gezwungen, bei seinen Eltern zu leben (HartzIV-Gesetze), in problematischen Familien auch eher. Das gilt auch in anderer Richtung, man sollte seinen eigenen Eltern nicht aus Schuldgefühlen heraus helfen, sondern weil man es möchte.

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