heissundkalt hat geschrieben:
du bist dir gar nicht bewußt, wer in dir die "führung" übernimmt?
aber fühlst du dich selbst dich nicht anders? also ohne bewußt hinzuspüren, meine ich jetzt.
Das ist eine sehr leichte Frage, darum nervst du mich auch nicht.
Ich werde von außen auf mich aufmerksam gemacht. Ich SEHE mich selber nicht unterschiedlich, sondern als ganz "Normale" in all ihren bunten Facetten. Ich lebe doch das jeweilige ICH, auch wenn ich nicht das jeweilige "ICH" verkörpere. Ist wie, als begebe ich mich in den entsprechenden Zustand, nee besser beschrieben, ich bin dieser Zustand.
In meinem Gutachten steht:
"Durch erlernte Dissoziation wurden traumatisierte Erlebensmuster mit kindlicher Anmutung, trotzige und auch zum kokettieren fähige Anteile mit jugendlicher Anmutung und erwachsene Verhaltensmuster, die weitgehend von Emotionen abgespalten hochgradig effizient erscheinen, getrennt nebeneinander geschaffen und erhalten. Zwischen diesen wechselt sie sehr abrupt je nach Anforderungssituation von außen". - "Es finden sich separate Funktionszustände mit individuell unterschiedlichem Erinnern, differenten kognitiven Muster, emotionalem Erleben und unterschiedl. Psychosomatik, zwischen denen aber keine Erinnerungsbarriere steht.
Das heißt, ich kann scheinbar die einzelnen Zustände "aufrufen". Ist wie eine Datei, die du öffnest, nur mit dem kleinen Unterschied, dass ich dann die Datei bin. Oder anders beschrieben, ich übernehme kurzweilig die Gefühle, Erinnerungen, Erlebenszustände der entsprechenden Seite von mir.
Ich bin mir wirklich nicht bewußt, wer die Führung in mir übernimmt, weil ich denke allein zu sein. Dieses dissoziative Funktionieren geschieht ganz von selbst, wie losgelöst von mir. Mir wird erst hinterher bewußt, dass ich das gar nicht war, weil ich ja nicht so denke und fühle.
Kleines Beispiel: Es gibt Seiten, die empfinden rein gar nichts für andere Menschen. Die sind eiskalt. Sie empfinden auch keine Liebe. Sind sie vorne, kriegt das mein Mann voll ab. Sie reden natürlich auch von Trennung usw.
Erst viel später erinnere ich mich daran, so kühl gewesen zu sein. Ich, die soviel Liebe für meinen Mann empfindet, ich, die ihn niemals verlassen würde. Im aktuellen Zustand kann ich mich so nicht erkennen. Ich kann eh nie ein ICH erkennen, weil so unterschiedlich drauf. Und dieses sich Andersfühlen empfinde ich nicht als anders.
Manchmal, aber wirklich nur manchmal, kriege ich mit, dass ich bewußt dissoziiere, in der Therapie oder in extremen Situationen. Trotzdem könnte ich dann nicht eingreifen oder mich selber aus dem Zustand herausholen. Im Beisein meines Therapeuten ist es was anderes, weil er mich darauf aufmerksam macht, mich ruft bzw. mich auffordert, einen ganz bestimmten Zustand zu verlassen.
Ich könnte stundenlang weiterschreiben, habe aber die Sorge, dass es euch zuviel wird.
LG Zerrissene