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isabe hat geschrieben:Existenziell bedrohlich wäre danach z.B. die Angst, und der Sinn der Existenz wäre das Streben nach Freiheit.
Ich habe das in meinen "Todesangst" Phasen gelernt, das so zu sehen. Wenn Du den ganzen Tag 24/7 Todesangst hast, dann wird ziemlich viel egal. Dann möchtest Du nur noch, dass Du überlebst. Und dafür ist es egal, ob die Angst begründet oder unbegründet ist.
Nun lässt sich Angst auch über( bewusst durch)leben und das macht dann wiederum frei.
Tristezza hat geschrieben:Es geht hier ja auch nicht um existenzielle Abhängigkeit, sondern "nur" um emotionale Abhängigkeit. Vielleicht fühlt die sich für manche existenziell an, das ist sie aber nicht.
"Nur" emotional abhängig dürfte sich für Betroffene existentiell anfühlen, spätestens dann, wenn derjenige von dem Du abhängig bist wegbricht. Das ist ja das fatale daran. Ein Stück weit ist das normal und gehört zu Nahbeziehungen dazu. Aber im Übermass wird es "lebensfeindlich", weil sich dann schwerer neu orientiert werden kann bzw. wahrscheinlich sowieso kaum weitere Beziehungen bestehen, neben der, von der man abhängig ist. So gesehen: Kein Schlotzer.
Hä? Schlotzer? Ich wollte mich noch nie wegen emotionaler Abhängigkeit umbringen. So weit reichte mein Verstand dann doch noch ... Bei manch anderem kann emotionale Abhängigkeit natürlich fatal enden. Aber man stirbt normalerweise nicht an einer Trennung.
Diese Argumentation, Tristezza, verstehe ich nicht: Wenn du emotionale Abhängigkeit kennst - und ich meine nicht nur die zu deiner Therapeutin -, dann weißt du doch bestimmt, dass das den Betroffenen innerlich zerstören kann. Man kann doch nicht sagen: "Wenn es nicht den biologischen Tod bedeutet, ist es nicht sooooooo schlimm".
Tristezza hat geschrieben:Aber man stirbt normalerweise nicht an einer Trennung.
Nö, natürlich nicht. Aber wer emotional abhängig ist, wird sich so fühlen. Das ist ja das, was dann ins "Kindliche" zurückschlägt (emotionale Abhängigkeit ist was kindliches), das hat MariJane ja schon geschrieben.
Solange Dir das klar ist, dass Du nicht stirbst (und Du das auch so fühlst) bist Du nicht wirklich emotional abhängig. Meine Meinung. Dann brauchst Du jemanden vielleicht, weil Du ihn magst. Aber Du magst ihn nicht, weil Du ihn brauchst. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied.
Aber um nochmal auf die Ursprungsfrage zurückzukommen. Wie kann man einem Menschen zu mehr Autonomie verhelfen? Mir fallen dabei spontan folgende Dinge ein:
- Jemandem vermitteln, dass man ihm zutraut, selbst ein gutes und zufriedenes Leben zu führen. Allleine dieses Zutrauen
würde mir schon helfen.
- Jemanden dazu anhalten, Entscheidungen eigenständig zu treffen, auf sein Gefühl zu vertrauen und sich von
der Meinung anderer unabhängig zu machen
- Ihm bei Zweifel zuhören, ihn ermutigen
- Ihm helfen, außerhalb der Therapie Halt zu finden (durch Hobbys, Familie, andere Menschen, Perspektiven usw.)
- Sich als Begleiter sehen, der immer mehr Freiräume lässt
- Vom anderen auch einfordern, dass er Verantwortung für sich selbst übernimmt
Mehr fällt mir gerade nicht ein, aber ich denke weiter nach
isabe hat geschrieben:Diese Argumentation, Tristezza, verstehe ich nicht: Wenn du emotionale Abhängigkeit kennst - und ich meine nicht nur die zu deiner Therapeutin -, dann weißt du doch bestimmt, dass das den Betroffenen innerlich zerstören kann. Man kann doch nicht sagen: "Wenn es nicht den biologischen Tod bedeutet, ist es nicht sooooooo schlimm".
Ich habe nicht gesagt, es ist nicht so schlimm, sondern es ist nicht existenziell (im engen Wortsinn, wie von mio definiert).
Tristezza hat geschrieben:Aber man stirbt normalerweise nicht an einer Trennung.
Nö, natürlich nicht. Aber wer emotional abhängig ist, wird sich so fühlen. Das ist ja das, was dann ins "Kindliche" zurückschlägt (emotionale Abhängigkeit ist was kindliches), das hat MariJane ja schon geschrieben.
Solange Dir das klar ist, dass Du nicht stirbst (und Du das auch so fühlst) bist Du nicht wirklich emotional abhängig. Meine Meinung. Dann brauchst Du jemanden vielleicht, weil Du ihn magst. Aber Du magst ihn nicht, weil Du ihn brauchst. Das ist ein ganz entscheidender Unterschied.
Ja, anfühlen mag es sich existenziell, das streite ich ja nicht ab. Trotzdem ist es nicht existenziell, darum ging es ja.
Tristezza hat geschrieben:Ich wollte mich noch nie wegen emotionaler Abhängigkeit umbringen. So weit reichte mein Verstand dann doch noch ... Bei manch anderem kann emotionale Abhängigkeit natürlich fatal enden. Aber man stirbt normalerweise nicht an einer Trennung. -- Quelle: viewtopic.php?f=20&t=38345&start=180
Wenn ich mich an meine schlimmsten Zeiten diesbezüglich erinnere, konnte ich nicht sagen: "So weit reicht mein Verstand dann doch noch". Es war eine innere Zerstörung, die ihrerseits ihre Ursache in einer früheren Zerstörung hatte. Nur weil sich jemand nicht umbringt, heißt das ja nicht, dass er innerlich nicht zerstört ist.
Ich bleibe dabei, dass auch ein "es fühlt sich an wie der Tod" eine innere Zerstörung ist (wenn es sich wirklich so anfühlt und nicht nur Drama ist). Und ich denke, dass man das nicht relativieren darf.
Zuletzt geändert von isabe am Mo., 09.01.2017, 20:33, insgesamt 2-mal geändert.
Tristezza hat geschrieben:
Ich habe nicht gesagt, es ist nicht so schlimm, sondern es ist nicht existenziell (im engen Wortsinn, wie von mio definiert).
Dann hast Du es wohl noch nie erlebt, dass sich ein "Hinterbliebener" nach dem Tod seines Partners selbst das Leben genommen hat, weil er emotional abhängig war.
Nein, Tristezza, denn Du verharmlost etwas. Wenn DU nicht wirklich emotional abhängig bist, dann solltest Du auch keine Lanze dafür brechen, dass das ja völlig unproblematisch ist...denn dann hast Du schlicht keine Ahnung davon, was das wirklich bedeutet. Oder Du verleugnest es vor Dir selbst.
Ich reagiere da ziemlich angepiekst, weil das nun einmal mein Thema ist. Mir tut das richtig weh, wenn du sagst, dass es sich nur existenziell bedrohlich anfühlt, ohne es wirklich zu sein. Ich denke mir dann auch, dass du das vielleicht nicht kennst und nicht weißt, wie sich das anfühlt, wenn man wirklich am Boden zerstört ist, weil eine Beziehung zerbricht, von der man abhängig war. Und wenn du sagst "im allgemeinen", dann fühle ich mich damit vollkommen übersehen. Also, wir reden hier ja nun mal über Abhängigkeit, und da möchte ich nicht übersehen werden mit meiner eigenen Schädigung.
isabe hat geschrieben:Und genau deswegen finde ich es wichtig, das Thema "Abhängigkeit" in der Therapie zu bearbeiten und nicht nur "laufen zu lassen".
Das nicht zu bearbeiten wäre das einzige, was ich als fatal ansehen würde. So kommt es mir auch von einigen der Abhängigkeits"gegner" beschrieben vor..als müssten sie das alles mit sich selbst alleine ausmachen und könnten das nicht in der Therapie ansprechen. Wenn es so aus dem Ruder läuft war es vermutlich ein schlechter Therapeut.