Austausch zwischen Uno's und Multi's

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Di., 29.12.2015, 06:02

Jenny Doe hat geschrieben:Eine Antwort, wie es ist multipel zu sein, kann kein einzelner Multipler generalisiert für alle Multiplen dieser Welt beantworten, so wie kein Uno für alle Unos sagen kann, wie es ist ein Uno zu sein.
Das unterstreiche ich mal subtil... und vielleicht es das, womit ich hier etwas Schwierigkeiten habe. Auch existiert die Dichotomie Uno versus Mulit so nicht... sondern man geht eher von einem Kontinuum aus, was den Grad der Dissoziation angeht. Und so liegt zwischen einem normalen und bewussten und beabsichtigten Rollenwechsel den Wandelröschen beschreibt und Innenanteilen, die anamnestisch getrennt sind auch nochmals jede Menge (von gesund bis pathologisch... und auch der ICD kennt verschiedene Ausprägungen von Dissoziation).

---------------------------

Und so sehe ich z.B. auch im Nuckeln an sich (was als Beispiel genannt wurde) nicht den großen Unterschied... das Nuckeln trifft konsequenterweise lediglich auf ein unterschiedliches Identitätserleben, möchte ich behaupten... so sagen manche z.B., das betrifft einen einen anderen Persönlichkeitsanteil, der das braucht und das ist mir auch nicht bewusst. Andere erleben es als bewusstes Bedürfnis und können von "ich" sprechen. Und dazwischen liegt ein Kontinuum an Identitätserleben.

"Die Dissoziative Identitätsstörung spiegelt die Unfähigkeit wider verschiedene Aspekte der Identität des Gedächtnisses und des Bewußtseins zu integrieren Jeder der Persönlichkeitszustände kann eine unterschiedliche persönliche Geschichte ein unterschiedliches Selbstbild und eine unterscheidbare Identität mit verschiedenen Namen haben."
http://www.dissoc.de/issd13.html

Die mehr als schreckliche Bezeichnung "Uno" gibt es außerdem gar nicht offiziell... ist eher eine Erfindung von DIS-Patienten, wie mir scheint - in Abgrenzung zu sich, aber keineswegs eine "definierbare" Masse. Wenn Abgrenzung, dann durch den ICD, der ja auch definiert, was DIS ist, so dass Patienten mit diesen Kriterien auch die Diagnose erhalten.

Dass es zu Imitationen kommt: Jo, hört man immer mal wieder.... trotzdem sollte man wohl die Beurteilung Fachleuten überlassen (wie bei der NPS, vgl. anderer Faden ). Finde ich sehr befremdlich und schadet ja irgendwo - z.B. wegen einer Fehlbehandlung.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Werbung

Benutzeravatar

Myhre
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 40
Beiträge: 572

Beitrag Di., 29.12.2015, 06:18

Liebe stern,
ich habe diesen Fall nur angeführt ,weil ich bei Psychiater und Therapeutensitzung dabei war und aus erster Hand davon weiss.
Ich hätte mistrauisch werden sollen bei der gar so bizarren Geschichte der Dame.
Das Gute daran war:
Ich habe gesehen wie stark mein Helfersyndrom und meine Naivität ausgeprägt ist und arbeite daran.

Es tut mir leid...ich wollte niemand mit dem Begriff "Uno" verletzten.
Ich habe einfach den Begriff genommen den ich kenne und bisher hab ich noch nie gehört,dass jemand sich dadurch diskriminiert fühlte.
Was wollen wir denn als Begriff nehmen?
Nicht-Multi klingt doof.
Betroffener und Nicht-Betroffener klingt auch doof...sowie Mann und Nicht-Mann etwa
Herzliche Grüsse
Myhre
P.S. Es gibt User,die wüssten gerne wer schreibt.Wollt ihr,dass wir mit dem Anteilnamen (abgekürzt) unterschreiben?
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Di., 29.12.2015, 06:43

Besteht keine Notwendigkeit sich zu entschuldigen. Das war auch nicht speziell auf die gemünzt, sondern ich denke tatsächlich, dass die Diagnostik nicht immer leicht ist und gerade Laien-Diagnosen sind mit Vorsicht zu genießen (fachmännische leider teilweise ebenfalls). Und so kann es durchaus sein, dass eine Störung vorliegt - aber evtl. eine andere. Für mich ist schwer vorstellbar, wie man derartige Bedürfnisse haben kann... aber gut, es gibt auch Eltern, die gezielt ihre Kinder (schwer) verletzten, um so eine gewisse Aufmerksamkeit zu erzielen durch eine ärztliche Behandlung... hier spricht man z.B. von Münchhausen und die Schwere der Störung liegt auf der Hand... nur mit der Empathie, das nachzuvollziehen, tue ich mir in solchen Fällen tatsächlich schwer. Auch wenn jemand nur für sich so ein Gebilde aufbaut.

Wegen mir kann auch "Uno" beibehalten werden... anfreunden und identifzieren kann ich mich halt nicht damit. Muss aber auch nicht sein. Multi finde ich auch nicht wesentlich besser... aber vielleicht gibt es auch keine "schönen" Formulierungen. Also auch insofern alles o.k.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Quatsch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 204

Beitrag Di., 29.12.2015, 06:48

erstmal DANKE dafür, dass die Unos die Welt der Multis betreten dürfen.

Bitte jetzt keine Diskussion über die Begrifflichkeit "Uno". Aus dem Gesprächs-GESCHEHEN ist ja wohl ersichtlich, dass es "einfach nur" eine Bezeichnung zum Verständnis ist. Alles andere ist nach meinem Empfinden Über-empfindlich.

Aufmerksamkeits-Schreier gibt es. Leider!, ist doch ein Kennzeichen die negative Aufmerksamkeit und immer ist es ich, ich, ich. Das hat nichts mit Multi zu tun. Ich höre heraus, wenn es einer Person schlecht geht, ob es nun ein Uno ist oder eine Person im Multi-System. Ob der/die Aufmerksamkeits-Schreier/in nun bewusst handelt - das frage ich mich.

Liebe Myhre: du fragst, ob ihr mit Anteilnamen unterschreiben sollt. Ich möchte dazu gerne auf den "Schonraum", den JEDER sich gewähren möchte hinweisen. Dieser Schonraum ist wichtig, wenn nicht die gesamte Person (gilt für Multis und Unos) offengelegt werden soll. Ich denke da an mögliche Grenzverletzungen. Natürlich gehe ich hier von mir aus.

Werbung

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Di., 29.12.2015, 06:51

ich finde nicht, dass das etwas mit über-Empfindlichkeit zu tun hat, da mich noch nicht einmal von der Formulierung "uno" angesprochen fühle (da schreckliche Formulierung), geschweige denn, dass ich mich damit identifziere... sondern meine Argumentation ist eher, dass bei einer Zweitteilung verloren geht, dass es sich um ein Dissoziations-Kontinuum handelt (wird zumindest öfters so gesehen)... und die Masse der sog. "Unos" auch nicht definierbar ist (höchstens als Abgrenzung, also: als Nicht-DIS, was eine nicht minder schreckliche Formulierung ist... aber andernfalls wären sie DIS).
Zuletzt geändert von stern am Di., 29.12.2015, 07:08, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Di., 29.12.2015, 07:41

Hallo Wandelröschen
Diese Amnesien bei DIS sind anders. Da fällt einen wirklich nichts ein da fehlt was.
Solche Amnesien, wie Du sie beschrieben hast, gibt es auch bei Unos.
Ich habe bis heute nicht den blassesten Schimmer, wie ich da hin komme.
Ich kenne solche Situationen z.B. dann, wenn ich unter Stress stehe und nur noch irgendwie automatisiert funktioniere.
Mir ist es schon einige Male passiert, dass ich so im Gedanken war bzw. so gestresst war, dass ich mich wunderte, dass ich schon am Zielort angekommen bin. An den Weg dort hin konnte (und kann) ich mich nicht mehr erinnern. Ich war so in Gedanken vertieft ("weggetreten") bzw. funktionierte nur noch irgendwie, so dass ich nichts mitbekam und nichts um mich herum wahrnahm. Ich lief einfach nur und war plötzlich am Zielort ohne eine Ahnung zu haben, wie ich dort hingelangt bin. Bis heute kann ich den Weg nicht rekonstruieren. Ich hatte nichts mitbekommen, nichts wahrgenommen.
Oder ich komme aus einer stressigen Prüfungssituation und war danach absolut nicht mehr in der Lage zu sagen, welche Fragen mir der Prüfer gestellt hat.

Ich verallgemeinere jetzt mal, obwohl es auch bei Unos große Unterschiede gibt: Alltagsamnesien kennen auch Unos. Doch Unos sagen nicht "das war ein Persönlichkeitsanteil von mir", sondern sind sich bewusst, dass sie es waren, die zum Zielort gelaufen sind, auch wenn sie sich nicht daran erinnern können, dass sie die Prüfung abgelegt haben, auch wenn sie sich nicht mehr an die Fragen erinnern können, ... Unos nehmen auch "sich nicht erinnern können" als ein Teil ihrer Identität wahr.
Es spielt auf dem Spielplatz mit den anderen Kindern, wundert sich höchstens darüber, dass der Körper anders aussieht als bei den anderen Kinder, aber das war ja schon lange so, also „Normalzustand“ für das Kind, anders auszusehen. Es weiß aber eben nicht, dass es Erwachsen ist.
Das scheint auf den ersten Blick der große Unterschied zwischen Unos und Multis zu sein. Multis fehlt das Bewusstsein, dass sie das selber sind, dass das alles ihre Identität ist, dass alles eine Person und Persönlichkeit ist, zu ihnen gehört, ... dass sie erwachsen sind, auch wenn sie sich im Kindheitszustand befinden.

Aber: Auch dieses Problem können Unos gleichermaßen haben. Auch Unos sind nicht immer in der Lage alles, was ihre Identität, ihre Persönlichkeit, ihr Ich ausmacht auch als zu sich Gehörig wahrzunehmen.
Im Jugendalter hatte ich massive Probleme damit wahrzunehmen, dass die kindlichen Bedürfnisse nach Babyflasche usw. zu mir gehören. Sie passten nicht zu mir, zu dem erwachsenen Körper. Ich hatte das Gefühl, "das ist eine andere Person". Ich war erwachsen, fühlte mich erwachsen und konnte diese kindlichen Bedürfnisse nicht als Teil meines Ichs, meiner Persönlichkeit wahrnehmen und damit auch nicht in meine Identität integrieren. Da ich diese Bedürfnisse nicht als Ich wahrnehmen konnte, konnten sie auch nicht Teil meiner Identität werden. Denn ich identifizierte mich nicht mit den kindlichen Bedürfnissen, sondern mit der Erwachsenen.
Auch heute habe ich noch ähnliche Probleme. In meinem Blog habe ich beschrieben, wie Stress bei mir in einem Aggressionsausbruch münden kann. Ich kann die Aggression nicht als Ich wahrnehmen, nicht als zu mir Gehörig wahrnehmen. Denn ich bin eigentlich genau das Gegenteil. Ich stehe jetzt vor der Aufgabe zu lernen zu akzeptieren, dass auch solche Aggressionen zu mir gehören. So langsam beginne ich das zu begreifen, und dennoch empfinde ich die Aggression nicht zu meiner Identität gehörig. Ich identifiziere mich nicht mit der Aggression, sie ich nicht meine Persönlichkeit. Ich erlebe die Aggressionen wie ein nicht zu mir gehöriger Persönlichkeitseinteil, der wiederholt die Kontrolle über mein Verhalten übernimmt.

Die Grenzen zwischen der Dissoziativen Identitätsstörung und den "Unos" sind fließend, sehr fließend. Das Problem "verschiedene Aspekte der Identität des Gedächtnisses und des Bewußtseins zu integrieren" können auch Uno haben.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Di., 29.12.2015, 07:47

Hallo Stern
Wegen mir kann auch "Uno" beibehalten werden... anfreunden und identifzieren kann ich mich halt nicht damit.
Ich auch nicht. Unos gibt es meiner Meinung nach nicht. Alle Menschen sind multipel, ... schlüpfen in verschiedene Rollen, haben verschiedene zuweilen ambivalente Gefühle, haben verschiedene Persönlichkeitsanteilen, bestehen aus dem Kind, das sie mal waren und dem Erwachsenen, verhalten sich unterschiedlich, ... Ich kenne keinen "Uno", der Uno ist.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Di., 29.12.2015, 07:53

Dass es Unterschiede/Abstufungen im Dissoziationsgrad/-ausprägung (bzw. Identitätserleben) gibt, bringen ja die verschiedenen Diagnosen zum Ausdruck... man sieht es aber (wie bei vielen Diagnosen) als ein Kontinuum und nicht Zweitteilung à la: Einmal so und einmal ganz anders. Sondern es gibt fließende Übergänge (gemeinhin als Kontinuum bezeichnet... auch wo gesund aufhört und pathologisch anfängt). Sobald Co-Bewusstsein vorhanden ist, liegt auch keine Amnesie i.e.S. mehr vor... das ist auch bereits eine Abstufung. Und es müssen ja mehrere Kriterien vorhanden sein - nicht nur eines, an dem man alles festmachen kann...

Und insofern stimmt es wohl schon was pivello geschrieben hat: Dass der extremeste Form der Dissoziation eine vollständige Dissoziation ist. Und du hast recht, wenn du sagst, das ist aber typisch.
Die psychogene Amnesie ist per definitionem das zentrale Symptom bei
dissoziativen Amnesien (Coon & Milstein, 1992), ebenso bei dissoziativer Fugue, nicht
näher spezifizierten dissoziativen Störungen (NNSDS; Ross, 1992) und bei dissoziativen
Identitätsstörungen (DIS, ehemals multiple Persönlichkeitsstörung). Was die DIS betrifft,
so wurden in 94,9% von 236 Fällen (Ross et al., 1989), in 98% von 100 (Putnam et al.,
1986), in 100% von 102 (Ross et al., 1990) und in 100% von 100 Fällen mit DIS (Boon &
Draijer, 1993) schwere dissoziative Amnesien festgestellt. Die psychogene Amnesie kann
darüber hinaus auch als Symptom einer somatisierten Störung auftreten. Allgemein aner-
kannt ist, daß die dissoziativen Symptome hoch mit der Schwere, der Dauer und der Wie-
derholungshäufigkeit sowie mit dem Alter der Betroffenen zu Beginn der Traumata korrelieren
http://www.onnovdhart.nl/articles/erfahrungen.pdf
Will auch heißen... also auch was Amnesien betrifft, ist das anderen Störungen nicht ganz fremd. Und so gibt es eben fließende Übergänge. Mein Stein des Anstoßes ist also eher die Zweitteilung, die es so gar nicht gibt.
Zuletzt geändert von stern am Di., 29.12.2015, 08:27, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Candykills
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 31
Beiträge: 5058

Beitrag Di., 29.12.2015, 07:58

Jenny Doe hat geschrieben:Hallo Stern
Wegen mir kann auch "Uno" beibehalten werden... anfreunden und identifzieren kann ich mich halt nicht damit.
Ich auch nicht. Unos gibt es meiner Meinung nach nicht. Alle Menschen sind multipel, ... schlüpfen in verschiedene Rollen, haben verschiedene zuweilen ambivalente Gefühle, haben verschiedene Persönlichkeitsanteilen, bestehen aus dem Kind, das sie mal waren und dem Erwachsenen, verhalten sich unterschiedlich, ... Ich kenne keinen "Uno", der Uno ist.
Klar, DIS ist einfach nur eine Spaß Diagnose und wir stellen uns halt etwas mehr an...so wie du dich halt mit deiner Störung nur anstellst.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

Quatsch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 204

Beitrag Di., 29.12.2015, 08:08

Danke Jenny für deinen Beitrag. Ich möchte noch hinzufügen:

Wenn der Stress übermächtig ist, können wir Menschen gar nicht anders als unsere äußere und innere Wahrnehmung zweiteilen, oder wie du es nennst funktionieren. Das scheint bei dir Aggressionen auszulösen – verständlich. Dennoch denke ich, dass du mit den Gemeinsamkeiten eine Tür zur Erklärung der Andersheit öffnest, damit aber an der Oberfläche bleibst. (Erklärung meint, wir gehen von einem gleichen Wissens-Standpunkt aus). Erst in der Tiefe, nämlich wenn die Andersheit anders SEIN darf, dann wird uns der Andere verständlich.

Überspitzt formuliert: wenn wir nicht in die Tiefe gehen, kann Gleichmachen, auch positiv gemeint, zur Selbstverabsolutierung führen, d. h. wir sehen nur in den Zerrspiegel.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Di., 29.12.2015, 08:11

Klar, DIS ist einfach nur eine Spaß Diagnose und wir stellen uns halt etwas mehr an...so wie du dich halt mit deiner Störung nur anstellst.
Ich habe nicht geschrieben, dass alle Menschen eine Dissoziative Identitätsstörung haben, sondern dass alle Menschen multipel sind, was übersetzt heißt, mannigfaltig, vielfältig sind.

Komm mal wieder runter und ließ mal, was geschrieben wurde.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


Waldschratin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4199

Beitrag Di., 29.12.2015, 08:19

Hier wurde doch nach Erfahrungen,eigenem Erleben etc. gefragt,was die DIS angeht,oder?
Ich muß ehrlich sagen,daß es mir weh tut,wenn so nachdrücklich "theoretisiert" zu werden versucht.Oft mit nem Unterton von "Gibt es doch eh gar nicht,weils noch nicht in der Literatur "bewiesen" wurde" dabei.
Noch dazu von Menschen,die nachdrücklich von sich sagen,KEINE DIS aus eigener Erfahrung zu kennen.

Ich weiß nicht,was es alles "gibt" oder nicht.Grundsätzlich halte ich,was menschliches Erleben angeht,NICHTS für "unmöglich" - sondern nur für momentan noch nicht denkbar,vielleicht für manchen Menschen aus unterschiedlichen Gründen (noch?) nicht denkbar...?

Aber jemandem sein Erleben "austheoretisieren" zu wollen - das tut einfach nur weh!
Irgendwie hab ich dann immer das Gefühl,jetzt fehlt nur noch ein "q.e.d" drunter und ich kann mich wegwerfen.Denn mich gibt es ja dieser "bewiesenen Gleichung" nach eigentlich dann gar nicht.
Oder besser : Mich DARF es demnach nicht geben...

Woher kenn ich das jetzt nur...?

Andererseits : Natürlich gibt es auch bei DIS diejenigen,die "vortäuschen".
Die gibt es doch überall : Manipulatives Verhalten ist so weit verbreitet wie die Menscheit.
Und sekundärer Krankheitsgewinn leider auch.

Mich bringt sowas auch auf die Palme.Weil es - ähnlich wie bei Borderline oder sex. Mißbrauch - dazu beiträgt,daß die tatsächlich Betroffenen nicht mehr ernstgenommen werden.


leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Di., 29.12.2015, 08:25

Stern, danke für diesen Aspekt! Natürlich existiert Sprache nicht einfach so (@ Quatsch); es wird im Gegenteil gerade auch hier deutlich, wie sehr man mit Worten und Bezeichnungen Identitäten herstellt (Butler). Und so wird hier also der "Uno" kreiert, den es nicht gibt. Aber um mit den "Multis", die sich logischerweise nennen können, wie sie wollen, reden zu können, braucht es diese Opposition offenbar. Interessant.

Wandelröschen, zum Kindsein(wollen): Du hast ein Beispiel genannt und es mit den Worten "jeder von euch kennt bestimmt" eingeleitet: Ich glaube, da liegt das Problem: dass angenommen wird, dass jeder etwas kenne, was der Andere sich vorstellt. Wenn ich gestern so ausführlich beschrieben habe, wie das bei mir ist, dann auch deswegen, weil ich versuchen wollte, darzulegen, dass ich nicht "jeder von euch" bin, genauso wenig wie z.B. stern oder widow oder Jenny oder sonstwer "jeder austauschbar Beliebige einer bestimmten Gruppe ist". Du hast dann wieder diese Opposition hergestellt, die darauf hinauslief, dass "alle" zwar gerne mal Kind sein wollen und das im Kontakt mit einem Kind ggf. auch ausleben, dass aber der einzige Unterschied besteht, dass die Multis es nicht automatisch "zurück" schaffen in die Erwachsenenwelt. Ich weiß nicht, wie es bei "allen" Multis ist, aber ich weiß, dass es nicht bei allen Nicht-Multis so ist, dass sie mal eben so ihre kindliche Seite zeigen und sich dann wieder ganz "normal" an den Tisch setzen. Massive Identitätsprobleme kennen auch Nicht-Multis. Noch mal: Es geht nicht um "schlimmer", sondern, wie auch montagne feststellte, um vermutlich unzählige Stufen auf einer Kontinuitätsskala, auf der nicht nur die Multis für sich feststellen, dass etwas nicht so funktioniert, wie man es wohl idealerweise mit dem Begriff "Identität" verbindet.

Benutzeravatar

Quatsch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 204

Beitrag Di., 29.12.2015, 08:34

Butler spricht in diesem Fall von Ko-Kreieren. Auf weitere sinnlose Haarspaltereien lasse ich mich nicht ein.


leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Di., 29.12.2015, 08:42

Butler hat sich ziemlich ausführlich über das Bezeichnen geäußert, darüber, wer wen wie bezeichnen kann und darüber, dass Sprache niemals einfach so existiert, sondern dass es gerade in der Anrede von Anderen immer auch um Verletzungen und Machtausübung geht. Die Frage wäre, warum jemand sich als "Uno" bezeichnen lässt und dies mitmacht. In diesem Fall dürfte das so sein, weil es anders nicht möglich ist, in dieses Gespräch einzusteigen, da eine Bezeichnung immer eine Oppoistion voraussetzt (ansonsten wäre der Begriff überflüssig, wenn er mit nichts kontrastiert). Womit also kontrastiert "Multi"? - jedenfalls ganz sicher nicht mit "Uno" (auch wenn ich mich anfangs hab einspannen lassen in diese Zuschreibung).

Und gerade Butler ist es, die sich gegen binäre Zuschreibungen ausspricht, sondern die die Welt als Kontinuum sieht.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag