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Mi., 21.01.2015, 10:01
Nun, Geld spielt in der ganzen Sache schon eine größere Rolle, als man im ersten Moment vielleicht wahrhaben will. Immer wieder lese ich das Argument, man könne sich vegan/vegetarisch sein gar nicht leisten (finanziell.) Dies aber ist nur deswegen der Fall, weil Fleisch auf Teufel komm raus subventioniert ist. Es ist zwar schon lange her, seit ich zuletzt Fleisch gekauft habe, aber Fleisch von Tieren die in kommoden Gruppen auf einer Alm aufgewachsen sind und natürlicheres Futter bekamen, war damals stehts (wesentlich) teurer, als Fleisch aus der industriellen Massentierhaltung. Wenn mir also jemand dann mit dem Argument kommt, er könne wegen des Geldes nicht Vegetarier sein, dann muss ich annehmen, wegen des Geldes könne er aber auch kein Biofleisch kaufen. Hierzulande, von einigen Ausnahmen abgesehen, ist es doch tatsächlich so, dass nicht die Nahrung den Hauptteil der Ausgaben macht und oft ein unnötiges Produkt weniger im Monat schon deutlich an der Nahrungsmittelqualität schrauben könnte. Das Bild bringt es eh schön, das mit dem Huhn. Es sind andere Kosten, wenn man ihm selbst Platz, Futter und Pflege zukommen lassen muss, es töten, rupfen und ausnehmen muss, bis es so schön ist, wie im Fleischregal. Wie bei vielen Produkten wird doch auch hier klar, dass für den Preis jemand leiden muss, oder/und dass hier Subventionen in Massen fließen. Und diese wiederum finanzieren auch Vegetatier/Veganer mit ihren Steuern.
Wie das Zusammenleben funktioniert, hängt auch sehr vom Umfeld ab. Lebt man in einer Familie, in der Fleisch das täglich Brot ist, sei es, weil es die Familie ernährt, sei es, weil vergangene Entbehrungen dazu führen, dass es fast schon religiösen Charakter hat, ist es sicher anders, sich als Veganer durchzuschlagen, als wenn man etwa Nachfahre der alternativen Szene ist und vielleicht dadurch auch selbst in entsprechenden Kreisen verkehrt. Ich kenne Menschen, für die würde sich die Welt zu drehen aufhören, wenn sie etwa zu Weihnachten kein Fleisch bekämen. Für die gehört das so dermaßen zu bestimmten Ritualen, dass sie in armen Zeiten sogar ihren Urlaub, ihr Auto, ihren Körper verkaufen würden, nur damit ein Stück Fleisch am Teller liegt. Denen tut das richtig weh, wenn sie hören, dass es bei mir kein Fleisch gibt. Andere wiederum sind zwar (überzeugte) Fleischesser, haben aber nicht das geringste Problem damit, auch mal über Wochen oder Monate hinweg kein Fleisch zu essen, einfach, weil es sich gerade nicht ergibt, ob ihr Geburtstag oder Weihnachten ist, spielt dabei keine Rolle. Insofern ist es, denke ich, normal, dass der eine sich mit seinen Lebenseinstellungen durch ein Umfeld kämpfen muss, dass ihm Steine in den Weg legt und das nicht dulden will, andere wiederum überall toleriert, akzeptiert und willkommen sind.
Natürlich gibt es Gründe und Ursachen, warum man für eine Sache kämpft, und warum für diese. Ein interessantes Feld. Was hätte passieren oder nicht passieren müssen, damit ich kein Veganer werde? Oder damit mich gewisse Dinge nicht auf die Straße bringen. Ich habe ein paar Geschwister und die Mehrheit davon war nie auf einer Demonstration oder kämpfte auf andere Art für die eigenen Rechte oder die anderer, im Gegenteil, verstehen gar nicht, warum ich mir das angetan habe – ob ich denn keine dringlicheren Probleme hätte, usw. Wieso ist für sie die Anschaffung und Instandhaltung eines Autos oder Hauses ein dringlicheres oder gleich dringendes Problem, wie für mich etwa Handelsabkommen, Tierrechte oder überhaupt Rechte und Freiheiten mir unbekannter Menschen? Damit will ich ihre Probleme nicht schmälern, ich finde es nur interessant. Simmt der Vorwurf, ich wolle nur von meinen eigenen Problemen ablenken? Aber tut die Fixierung auf Besitzstand, Status und Karriere nicht genau dasselbe? Hat es mit Individualisierung zu tun? Warum rennen die einen in die Kirche und denken, jemand, der nicht an Gott oder zumindest an die Esoterik glaubt, wäre verloren und ohne Moral, tut aber außer beten nicht viel, der andere ist Atheist und kämpft für Rechte und Freiheiten anderer, sogar "niedererer" Lebewesen? Wieso bahnt sich der Idealismus auf so verschiedene Weise bahn? Warum tritt einer der Gewerkschaft bei und bestreitet einen Arbeitskampf, der andere nimmt die Verschlechterung hin? Stören tut doch beide etwas. Ist es Depression? Kann auch nicht sein, denn meiner Beobachtung nach ist das recht gleichverteilt.
Ich gestehe aber, dazu hab ich noch nicht recherchiert, gibt aber wahrscheinlich Studien dazu.
Zur Wurst: Es gibt verschiedene Gründe, Vegetarier zu werden. Den einen schmeckt Fleisch nicht. Die wird es nicht nach Fleischersatzprodukten gieren. Wer aber aus ethisch-moralischen Gründen Vegetarier ist, dem muss der grundsätzliche Appetit an Fleisch ja nicht vergangen sein, nur kann er das Ausleben für sich nicht verantworten. Solche Leute würden durchaus auch künstlich gezüchtetes Flesich essen, denen geht es ja um das Leid der Tiere, nicht das Produkt an sich.
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