Tierleid verdrängen

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.
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Seiltänzer
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Beitrag Sa., 17.01.2015, 11:21

montagne hat geschrieben:Ich denke, dass vegan Leben, sich als Veganer definieren, gar Tiere aus der Massentierhaltung befreien ebenso egoistische Motive hat, wie für Kinder in Afrika spenden, ehrenamtlich bei der Tafel arbeiten oder Kindern an Brennpunktschulen was vorzulesen oder auch XXL-Schnitzel zu essen, Auto zu fahren und ein Haustier zu halten.
Du hast Recht, Altruismus ist im Ursprung immer egoistisch motiviert - die einen wollen sich damit gut (besser als andere) fühlen, die nächsten eine Eintrittskarte ins Paradies kaufen. So viel ich weiß, hat sich Albert Schweitzer immer zuerst bei den Menschen, denen er geholfen hat, dafür entschuldigt, weil er sich mit seiner Hilfe automatisch über sein Gegenüber gestellt und denjenigen damit quasi erniedrigt hat. Dennoch: Wo wäre die Welt ohne Idealisten und Altruisten? Da würde es hier noch viel trüber aussehen. Und manch einer erreicht vielleicht doch die Reife, eines Tages ohne unbewusste Hintergedanken zu helfen und zu geben.

"Es ist auf Erden alles unvollkommen, das ist das ew'ge Lied der Deutschen. Ach, wenn nur diesen Gotteverlassenen einmal einer sagen würde, dass alles so unvollkommen ist, weil das, was sie tun, ohne Liebe geschieht." (Friedrich Hölderlin)

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Hiob
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Beitrag Sa., 17.01.2015, 13:10

vom Nico:
Ich finde es eher eine faule Ausrede immer für alles das Geld verantwortlich zu machen.
Ist ja genauso wenn Leute sagen:" ich würde schon Fleisch aus artgerechter Haltung kaufen wenn ich es mir leisten könnte."
Hai Nico.
Lasst euch doch nicht auf dem Gebiet auch wieder gegen einander aufhetzen. Man hat euch in ärmere und reichere geteilt, damit ihr solche Sätze sagt. Geld wird jeden Tag güterzugweise aus Luft hergestellt, aber es kommt irgendwie nie bei euch an, warum? Teile und herrsche, wie im alten Rom. Damit ihr euch mit einander beschäftigt und euern echten Gegner nicht seht. Raucher gegen Nichtrauer, Pegida gegen Antipegida, schwarze gegen weiße, Schulmedizin gegen Naturmedizin, EU gegen Russland, Charly gegen ISIS... es nimmt nie ein Ende, es werden immer wieder neue Theaterstücke inszeniert.

Der Gedanke „ich kann mir Bio leisten, der Rest ist einfach nur zu faul dazu“ ist so ähnlich wie ein Millionär in nem düsseldorfer Villenviertel, der sagt „euere Angst vor Ausländern ist Dummheit“. Ja, logisch, kann ich das sagen, wenn ich mir den Pool einlasse und so abgetrennt davon lebe, dass ich keinem Einwanderer begegne und meine Kinder auf ne Privatschule schicke. Es fehlt einfach das Verständnis für einander. Mitgefühl Tieren gegenüber ist doch ok, aber den Menschen gegenüber und sich selbst gegenüber, das wäre viel weiter ausgeholt, viel wichtiger. Würde viel mehr bewirken, als meine lächerliche Rohkosternährung, die ich jedem auf die Nase binde. Sobald alle Vegetarierinnen sind, weil die Krise richtig zuschlägt...esse ich dann wieder Fleisch, weil dann das wiederum elitärer ist.
Es gibt keine Normernährung, wo sich jeder, der davon abweicht, rechtfertigen muss und seine Fehler einsehen. Das ist doch der Geist der alten Zeit. „Rübe ab, wenn du Fleisch essen!“ Es ist eher mal Zeit dafür, die zugrundeliegenden Themen anzugehen und dabei seine eigenen Wertvorstellungen, das gesamte Gerüst aus Ehrgeiz, Autoritätshörigkeit, Sicherheit durch Geld, das an Bedingungen geknüpfte Dasein, die Sucht nach Zustimmung und Anerkennung, die Identifikation mit der Rolle, mit der Berufs-Rolle...aufs Spiel zu setzen. Um das zu vermeiden, sag ich einfach „du bist nur zu bequem, im Bioladen einzukaufen“. Damit stabilisiere ich mein Weltbild...obwohl ich insgeheim weiß, dass es gerade genauso bröckelt, wie das Biosiegel, dem ich bis heute vertraut hab. Amen.

Hiob

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Nico
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Beitrag So., 18.01.2015, 08:07

Nun Hiobine, es scheinst aber du diejenige zu sein, die die Welt in Arme und Reiche einteilt wenn ich dein Posting so lese.
Ich teile die Welt nur in Menschen mit verschiedenen Prioritäten ein und davon gibt es dann nochmals verschiedene Gruppen die halt zu ihren Prioritäten stehen oder die nach diversen Ausreden und Schuldzuweisungen suchen.
Am bequemsten ist natürlich die " die Welt ist generell schlecht - Bewegung".
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Ephraim
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Beitrag Di., 20.01.2015, 09:23

montagne hat geschrieben: Der eine genießt ein gutes Fleischgericht, der nächste kuschelt mit seiner Katze und einigen tut es eben auch gut, sich als Wohltäter und Retter zu sehen oder sich mit vermeintlich progressiven oder gar rebellischen Gesellschaftsgruppierungen identifizieren zu können.

Und dann denke ich, warum missionieren manche und andere nicht?
Manche empfinden einen Mißstand, eine Notlage, etwas das geändert, abgeschafft werden sollte. In diesem Sinne arbeiten sie darauf hin, sich selbst, bzw, ihre Aktionen überflüssig zu machen.

Andere genießen den aktuellen Zustand und möchten diesen fortführen, weitererhalten.
"Sometimes we battle to protect someone, sometimes we battle to protect someones honor" Ichigo Kurosaki; Ich stelle keine rhetorischen Fragen

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luftikus
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Beitrag Di., 20.01.2015, 10:39

Ich habe es bisher nur geschafft, die ersten neun Seiten der Diskussion zu lesen. Letztlich scheint sie sich ja auf den Austausch der üblichen Argumente pro und contra zu beschränken.

Mir fällt allerdings auf, dass ich Diskussionen dieser Art im realen Leben so gut wie nie erlebe. Fast so, als ob es sich um ein Internet-Phänomen handeln würde. Im Bekanntenkreis und unter Kollegen verhält sich einfach jeder nach seiner Facon, und ich habe noch nie Bekehrungsversuche oder Kritik am Essverhalten des Gegenübers erlebt, weder in die eine, noch in die andere Richtung. Die Allesesser essen (auch, aber nicht immer) Fleischgerichte, die Vegetarier essen kein Fleisch, usw, aber in der Regel erlebe ich freundliches Akzeptieren der anderen am Tisch.

Wie ist das bei Euch? Gibt es da am Esstisch manchmal ähnlich hitzige Diskussionen wie hier im Forum?

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Hiob
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Beitrag Di., 20.01.2015, 20:15

Also wenn ich am Esstisch davon rede, dass die Gallenblase alles grün färbt, wenn man sie versehentlich ansticht, beim Ausnehmen oder wie man den Kropf raus macht, dann erregt das eher Neugier. Wußtest du, dass gekaufte Hühnchen weißes Fett haben, das der Hühnchen die Wiese essen, aber gelb ist? Meintest du diese Art von Diskussion?

Fragt
Hiob

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luftikus
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 08:49

Hiob hat geschrieben:Meintest du diese Art von Diskussion?
Vielen Dank für die rhetorische Frage...

Jedenfalls: mir sind persönlich weder leidenschaftliche Veganer/Vegetarier noch aggressiv-verteidigende Fleischesser bekannt. Eigentlich kommen wir immer gut miteinander aus, und jeder isst, was ihm schmeckt. Im Restaurant bestellt eben jeder, was ihm schmeckt. Und wenn man privat beim Vegetarier eingeladen ist, isst man brav alles, was es gibt. Umgekehrt muss man es natürlich im Voraus wissen, dass Vegetarier unter den Gästen sein werden, um sich anpassen zu können...

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Nico
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 09:36

Lustig ist ja, dass jetzt im Fernsehen fleissig Reklame für fleischlose Wurst gemacht wird.
Das würde ja dann bedeuten, dass es Vegetarier sehrwohl nach Wurst ist, oder ?
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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luftikus
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 09:59

Nico hat geschrieben:Das würde ja dann bedeuten, dass es Vegetarier sehrwohl nach Wurst ist, oder ?
In unseren Supermärkten häufen sich inzwischen die veganen Wurst- und Käseimitate. Soweit ich mich erinnere gibt es z.B. vegane Nürnberger Bratwürstchen, die rein optisch sehr echt aussehen. Also, da muss es schon Bedarf geben, sonst würde man das nicht anbieten.

Einmal sind wir auch bei veganen Freunden eingeladen gewesen, da gab es ein schwäbisches Standardessen: Linsen mit Würstchen. Letztere waren ein veganes Ersatzprodukt, somit hatte ich schon mal die Gelegenheit, sowas zu probieren. Die Würstchen schmeckten ungefähr wie geschmacklich zurückhaltende Dosenwürstchen vom Discounter, die Form und die Konsistenz wirkten ein wenig "künstlich". Man konnte es gut essen, was aber hauptsächlich an dem Linseneintopf lag.

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Rezna
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 10:01

Nun, Geld spielt in der ganzen Sache schon eine größere Rolle, als man im ersten Moment vielleicht wahrhaben will. Immer wieder lese ich das Argument, man könne sich vegan/vegetarisch sein gar nicht leisten (finanziell.) Dies aber ist nur deswegen der Fall, weil Fleisch auf Teufel komm raus subventioniert ist. Es ist zwar schon lange her, seit ich zuletzt Fleisch gekauft habe, aber Fleisch von Tieren die in kommoden Gruppen auf einer Alm aufgewachsen sind und natürlicheres Futter bekamen, war damals stehts (wesentlich) teurer, als Fleisch aus der industriellen Massentierhaltung. Wenn mir also jemand dann mit dem Argument kommt, er könne wegen des Geldes nicht Vegetarier sein, dann muss ich annehmen, wegen des Geldes könne er aber auch kein Biofleisch kaufen. Hierzulande, von einigen Ausnahmen abgesehen, ist es doch tatsächlich so, dass nicht die Nahrung den Hauptteil der Ausgaben macht und oft ein unnötiges Produkt weniger im Monat schon deutlich an der Nahrungsmittelqualität schrauben könnte. Das Bild bringt es eh schön, das mit dem Huhn. Es sind andere Kosten, wenn man ihm selbst Platz, Futter und Pflege zukommen lassen muss, es töten, rupfen und ausnehmen muss, bis es so schön ist, wie im Fleischregal. Wie bei vielen Produkten wird doch auch hier klar, dass für den Preis jemand leiden muss, oder/und dass hier Subventionen in Massen fließen. Und diese wiederum finanzieren auch Vegetatier/Veganer mit ihren Steuern.

Wie das Zusammenleben funktioniert, hängt auch sehr vom Umfeld ab. Lebt man in einer Familie, in der Fleisch das täglich Brot ist, sei es, weil es die Familie ernährt, sei es, weil vergangene Entbehrungen dazu führen, dass es fast schon religiösen Charakter hat, ist es sicher anders, sich als Veganer durchzuschlagen, als wenn man etwa Nachfahre der alternativen Szene ist und vielleicht dadurch auch selbst in entsprechenden Kreisen verkehrt. Ich kenne Menschen, für die würde sich die Welt zu drehen aufhören, wenn sie etwa zu Weihnachten kein Fleisch bekämen. Für die gehört das so dermaßen zu bestimmten Ritualen, dass sie in armen Zeiten sogar ihren Urlaub, ihr Auto, ihren Körper verkaufen würden, nur damit ein Stück Fleisch am Teller liegt. Denen tut das richtig weh, wenn sie hören, dass es bei mir kein Fleisch gibt. Andere wiederum sind zwar (überzeugte) Fleischesser, haben aber nicht das geringste Problem damit, auch mal über Wochen oder Monate hinweg kein Fleisch zu essen, einfach, weil es sich gerade nicht ergibt, ob ihr Geburtstag oder Weihnachten ist, spielt dabei keine Rolle. Insofern ist es, denke ich, normal, dass der eine sich mit seinen Lebenseinstellungen durch ein Umfeld kämpfen muss, dass ihm Steine in den Weg legt und das nicht dulden will, andere wiederum überall toleriert, akzeptiert und willkommen sind.

Natürlich gibt es Gründe und Ursachen, warum man für eine Sache kämpft, und warum für diese. Ein interessantes Feld. Was hätte passieren oder nicht passieren müssen, damit ich kein Veganer werde? Oder damit mich gewisse Dinge nicht auf die Straße bringen. Ich habe ein paar Geschwister und die Mehrheit davon war nie auf einer Demonstration oder kämpfte auf andere Art für die eigenen Rechte oder die anderer, im Gegenteil, verstehen gar nicht, warum ich mir das angetan habe – ob ich denn keine dringlicheren Probleme hätte, usw. Wieso ist für sie die Anschaffung und Instandhaltung eines Autos oder Hauses ein dringlicheres oder gleich dringendes Problem, wie für mich etwa Handelsabkommen, Tierrechte oder überhaupt Rechte und Freiheiten mir unbekannter Menschen? Damit will ich ihre Probleme nicht schmälern, ich finde es nur interessant. Simmt der Vorwurf, ich wolle nur von meinen eigenen Problemen ablenken? Aber tut die Fixierung auf Besitzstand, Status und Karriere nicht genau dasselbe? Hat es mit Individualisierung zu tun? Warum rennen die einen in die Kirche und denken, jemand, der nicht an Gott oder zumindest an die Esoterik glaubt, wäre verloren und ohne Moral, tut aber außer beten nicht viel, der andere ist Atheist und kämpft für Rechte und Freiheiten anderer, sogar "niedererer" Lebewesen? Wieso bahnt sich der Idealismus auf so verschiedene Weise bahn? Warum tritt einer der Gewerkschaft bei und bestreitet einen Arbeitskampf, der andere nimmt die Verschlechterung hin? Stören tut doch beide etwas. Ist es Depression? Kann auch nicht sein, denn meiner Beobachtung nach ist das recht gleichverteilt.

Ich gestehe aber, dazu hab ich noch nicht recherchiert, gibt aber wahrscheinlich Studien dazu.

Zur Wurst: Es gibt verschiedene Gründe, Vegetarier zu werden. Den einen schmeckt Fleisch nicht. Die wird es nicht nach Fleischersatzprodukten gieren. Wer aber aus ethisch-moralischen Gründen Vegetarier ist, dem muss der grundsätzliche Appetit an Fleisch ja nicht vergangen sein, nur kann er das Ausleben für sich nicht verantworten. Solche Leute würden durchaus auch künstlich gezüchtetes Flesich essen, denen geht es ja um das Leid der Tiere, nicht das Produkt an sich.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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luftikus
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 10:21

Rezna hat geschrieben:Zur Wurst: Es gibt verschiedene Gründe, Vegetarier zu werden. Den einen schmeckt Fleisch nicht. Die wird es nicht nach Fleischersatzprodukten gieren. Wer aber aus ethisch-moralischen Gründen Vegetarier ist, dem muss der grundsätzliche Appetit an Fleisch ja nicht vergangen sein, nur kann er das Ausleben für sich nicht verantworten. Solche Leute würden durchaus auch künstlich gezüchtetes Flesich essen, denen geht es ja um das Leid der Tiere, nicht das Produkt an sich.
Ja, kann ich nachvollziehen. Was mir an den Ersatzprodukten auffällt, bzw. mein Eindruck ist, dass sie bislang hauptsächlich billige Standardware imitieren. Ersatzkäse sieht aus wie billiger Scheiblettenkäse, der mir auch im Original nicht schmecken würde. Ersatzwürstchen sehen eher aus wie billige Discounterware, usw.

Bei mir ist es so, dass ich sehr gern eine breite Palette an Speisen esse, also z.B. verschiedene Arten von Schafs- oder Ziegenkäse, oder diverse Wurst- oder Schinkenspezialitäten, sowie Fisch (z.B. Matjes). Soweit ich weiß, gibt es aber noch kein Ziegenkäseimitat, das auch nach Ziegenkäse schmeckt, oder? Gibt es inzwischen Fisch-Imitat?

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Rezna
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 10:48

Nun, warum sollen Veganer einen erleseneren Gaumen haben als der Durchschnittsmensch.

Das Problem ist, dass der Anteil an Veganern in einer Region meistens sehr begrenzt ist. Die "große Kohle" kann man damit also in normalen Geschäften nicht machen, daher ist auch das Angebot sehr begrenzt. Ich hab schon eine Menge Imitate gesehen, auch Fischimitate, aber gegessen noch nicht, was auch daran liegt, dass das Tiefkühlware war und das Geschäft zu weit entfernt, als davon was mit nach Hause nehmen zu können. War also mehr ein "Jö, schau, was es alles gibt, wäre mal interessant." In meiner Nähe gibt es aber nur Imitate von solchen Standardwaren, wie diesen Käse eben, Würste, Schnitzel.

Spezialitäten, wie du aufzählst, sind ja schon in der Durchschnittsbevölkerung eher exklusiv, noch seltener also würden sie bei Veganern nachgefragt, was natürlich auch an der Motivation schraubt, solche Produkte zu entwickeln.

Veganer mit feinerem Gaumen stellen fast alles selbst her und greifen auch so gut wie nicht zu diesen Ersatzprodukten. Sogar Fleischersatz oder Käse wird in der eigenen Küche nachgebaut, so überhaupt Bedürfnis danach vorherrscht. Es gibt eh genug anderes leckeres Zeug.

Was ich an mir feststelle, ist, dass ich nach rund zehn Jahren gar nicht mehr weiß, wie echtes Fleisch oder echte Wurst schmeckt. Ersatzprodukte esse ich zwar selten, aber ich könnte nicht mehr sagen, ob sie an das Original rankommen. Allerdings schätze ich so Sachen, wie dass es da keine Flachsen oder sowas gibt. Ein starker Fleischesser aber war ich nie, mich hat vor den meisten Sachen geekelt, eben dieses Zähe, das Fettdurchzogene und so weiter. Auch dieses latente Aroma von Verwesung, das selbst bei frischer Ware mitschwingt. Insofern war bei mir die Umstellung kein Problem, eher eine gewisse Befreiung, weil ich immer dachte, man "müsse" Fleisch essen und nun brauchte ich es nicht mehr tun, auch wenn es bei mir moralisch-ethische Gründe waren, keine gesundheitlichen oder geschmacklichen.

Ich habe die Ersatzprodukte nie als Eratz gegessen, sondern stets als eigene Speise betrachtet. Dadurch hatte ich auch nicht den Anspruch, dass Käse wie echter Käse schmecken muss, oder Wurstersatz wie echt Wurst. Inwiefern sich die Produkte von den "echten" unterscheiden, kann mir heute nur ein Fleischesser sagen, weil er noch den Direktvergleich hat.

Ich denke aber, in erster Linie sind es solche Produkte, die gefragt werden, weil durchaus eine gewisse Sehnsucht nach den Gewohnheiten und Gelüsten aus der Vergangenheit bestehen. Eine Junkfood-Sehnsucht. Die meisten Veganer ernähren sich nicht in erster Linie von solchen Produkten, sondern es ist für sie eher eine Ausnahme, analog zu mal gut Essen gehen. Also gewissermaßen das kulinarische Andersrum. Der Scheiblettenkäse ist das (exquisite) Extra, das es sonst nicht gibt, oder das Schnitzel die seltene Abwechslung, wie etwa für einen Fleischesser ein ... hm ... mal ein indisches Curry oder so, als blödes Beispiel, weil mir gerade keine Ausnahmemahlzeit einfällt.
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Beitrag Mi., 21.01.2015, 11:02

Rezna hat geschrieben:Insofern war bei mir die Umstellung kein Problem, eher eine gewisse Befreiung, weil ich immer dachte, man "müsse" Fleisch essen und nun brauchte ich es nicht mehr tun, auch wenn es bei mir moralisch-ethische Gründe waren, keine gesundheitlichen oder geschmacklichen.
Das wäre in meinem Fall anders, da ich Fleisch-, Wurst- und Käseprodukte eigentlich nicht widerwillig, sondern gern esse. Insofern würde ich vegane/vegetarische Dauerernährung nicht als Erleichterung empfinden.

Dabei bin ich eher ein moderater Tierprodukteesser, da ich wie erwähnt am liebsten sehr abwechslungsreich und vielfältig esse. Das heißt, ich mag auch sehr gern pflanzliche Nahrung (z.B. Oliven, getrocknete Tomaten und andere Tapas/Antipasti), Ratatouille, Auberginen, Linsen, etc. Und wenn Tierprodukte dabei sind, sind es oft kleinere Mengen (eine dünne Scheibe Schinken, ein Stück Ziegenkäse, etc.)

Habe vorhin übrigens mal nach veganem Fischersatz gesucht. Es gibt wohl inzwischen Rezepte für veganes Fish&Chips, wobei der aus Tofu bestehende Fischersatz auch wieder sehr nach gepresster Industrieware aussieht, was mich jetzt weniger ansprechen würde.

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Nico
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Beitrag Mi., 28.01.2015, 13:46

Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


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Beitrag Mi., 28.01.2015, 20:20

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